Titel: | Untersuchung einiger Braunkohlen des Westerwaldes in Hinsicht auf die Producte, welche sie bei der trockenen Destillation liefern; von Professor Dr. R. Fresenius. |
Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. XXXVI., S. 129 |
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XXXVI.
Untersuchung einiger Braunkohlen des Westerwaldes
in Hinsicht auf die Producte, welche sie bei der trockenen Destillation liefern; von
Professor Dr. R.
Fresenius.
Aus den Mittheilungen des nassauischen Gewerbevereins,
1855, Nr. 13 u. 14.
Fresenius, Untersuchung einiger Braunkohlen des
Westerwaldes.
Im Auftrage des herzoglich nassauischen Finanzcollegiums habe ich die Braunkohlen der
Dominialgruben Nassau, und Oranien, welche mir in Stück-, Brocken- und Lesfohlen
übergeben worden waren, in Betreff der technisch wichtigen Producte untersucht,
welche sie bei der trockenen Destillation liefern.
Die Kohlen gehörten ihrer Hauptmasse nach zu den Pseudoligniten, enthielten aber auch
helle Lignite (vergleiche Casselmann, Annalen der Chemie
und Pharmacie Bd. LXXXIX S. 45 und 184). Bei den meisten Versuchen wurden die Kohlen
im Ganzen verwendet, nur wo es besonders angeführt ist, sonderte man die Lignite von
den Pseudoligniten. Die ganze Arbeit zerfallt in folgende Abschnitte:
I. Die trockene Destillation der Kohlen.
II. Die Destillation des Theers, d.h. seine Verarbeitung zu
Rohproducten.
III. Die Reinigung der bei der Destillation des Theers erhaltenen
Rohproducte.
IV. Die Bestimmung der Heizkraft der Kohks.
V. Die Bestimmung des Ammoniakgehaltes der bei der Destillation
erhaltenen wässerigen Flüssigkeiten.
VI. Schlußbemerkungen.
I. Trockene Destillation der
Braunkohlen.
Zur Destillation der Braunkohlen diente ein eigens erbauter kleiner Retortenofen. Die
angewandte eiserne Retorte war im Lichten 3 Fuß lang, 5,6 Zoll breit und 5 Zoll
hoch.
An ihrem Hinteren Ende befand sich ein eisernes Rohr, welches mittelst eines
kupfernen Vorstoßes mit einem durch ein Kühlfaß geführten Bleirohre in Verbindung
gesetzt wurde. Die Theerdämpfe wurden in diesem schon sehr vollständig verdichtet;
die noch unverdichteten traten mit den Gasen und dem verdichteten Wasser und Theer
in eine Wasser enthaltende Vorlage von Zinkblech nahe am Boden ein, woselbst
vollständige Verdichtung aller verdichtbaren Producte stattfand, während die Gase
durch ein im oberen Theil der Vorlage befindliches Rohr in die Feuerung geleitet
wurden; sie verbrannten mit schwach leuchtender Flamme. Die untere Oeffnung des
Zinkgefäßes war, wie bereits bemerkt, beständig durch eine 2 bis 3 Zoll hohe
Wasserschicht gesperrt; das sich ansammelnde Theerwasser (dessen Stand an einem
Wasserstandszeiger zu sehen war) wurde von Zeit zu Zeit mittelst eines kleinen Hahns
abgelassen. – Die Destillationen wurden ganz langsam betrieben und so lange
fortgesetzt, bis keine Gase mehr kamen und die ganze Retorte lebhaft roth glühte.
Nach jeder Operation ließ man den Ofen, bei noch geschlossener Retorte,
erkalten.
Man erhielt bei der Destillation:
a) Kohks in der Retorte,
b) Theer,
c) wässerige Flüssigkeit (Theerwasser),
d) Gase
Nach diesen allgemeinen Bemerkungen gehe ich über zur Darstellung der Resultate.
A. Grube Oranien.
I. Leskohlen.Die Leskohlen stellen ein Gemenge dar von kleinsten Stückchen und
Splittern bis zur Größe von 2–3 Männerfäusten; die kleineren
Stücke wogen etwa 25, die größten 300–400 Gramme.
Es wurden mit denselben folgende 5 Destillationen vorgenommen:
Textabbildung Bd. 138, S. 130
Die
Mittelzahl ist die wirkliche, erhalten durch Vergleichung der
Gesammtmenge der Kohlen mit der Gesammtmenge der Kohks.
Nr.; Verwendete Kohlen in
Gram; Erhaltene Kohks; 100 Theile Kohle liefert. Kohks; Theerwasser;
Theer; Gase; Gesammtmenge 16980 Gram; 100 Theile Kohle liefern 44,72;
Gesammtmenge 2040; 100 Theile Kohle liefern 5,37; Gesammtmenge,
berechnet aus dem Verlust, 6810 Gram; 100 Theile Kohle liefern 17,9
Thle. Gas; Sum.; im Mittel
II. Stückkohlen.Große Stücke
im Gewicht von 15–40 Pfd.
Es wurden ausgeführt 5 Destillationen:
Textabbildung Bd. 138, S. 131
Nr.; Verwendete Kohlen in
Gram; Erhaltene Kohks; 100 Theile Kohlen lief. Kohks; Theerwasser;
Theer; Gase; Gesammmtmenge 20945 Gram; 100 Theile Kohle liefern 40,77;
Gesammmtmenge 1640 Gram; 100 Theile Kohle liefern 3,19; Gesammmtmenge
10880 Gram; 100 Theile Kohle liefern 21,17; Sum.; im Mittel
NB. Der bedeutende Unterschied in der
Ausbeute an Kohks bei 4 und 5 rührt daher, daß die bei diesen Destillationen
verwendeten Kohlen sehr aschenreich waren.
B. Grube Nassau.
I. Leskohlen.
Es wurden ausgeführt 5 Destillationen:
Textabbildung Bd. 138, S. 131
Nr.; Verwendete Kohlen in
Gram; Erhaltene Kohks; 100 Theile Kohlen lief. Kohks; Theerwasser;
Theer; Gase; Gesammtmenge 17205 Gram; 100 Thle. Kohle liefern 43,69;
Gesammtmenge 1470 Gram; 100 Thle. Kohle liefern 3,78; Gesammtmenge 8385
Gram; 100 Thle. Kohle liefern 21,29; Sum.; im Mittel
II. Stückkohlen.
Ausgeführt 5 Destillationen. – Um den Einfluß eines langsamen
Austrocknens auf die Beschaffenheit der Kohks zu ermitteln, wurden zwei
Destillationen mit lufttrocknen, zwei mit 1 Tag lang bei
120–150° C. getrockneten und eine mit 2 Tage lang bei
120–150° C. getrockneten Kohlen vorgenommen. – Da der
Theer jeder einzelnen Destillation nicht besonders gewogen werden konnte, so
mußte auf die Bestimmung der Gase aus dem Verluste bei dieser Versuchsreihe
verzichtet werden.
Textabbildung Bd. 138, S. 132
Berechnet man
aus dem Theer der 5 Destillationen die Portion, welche von den
beiden ersten stammt, so ergibt sich für diese eine Gasmenge von
4125 Gram. im Ganzen = 22,8 Proc.
Nr.; Verwendete Kohlen in
Grammen; Erhaltene Kohks; 100 Theile Kohlen liefern Kohks; Theerwasser;
Theer; Gesammtmenge 7774; 100 Thle. Kohlen liefern 43,07 Proc.; Sum.; im
Mittel; 2) Destillationen mit 1 Tag lang getrockneten Kohlen, wobei 27,5
Procent Wasser entwichen; Gram. trocken; Gr. lufttrocken; 3)
Destillation mit 2 Tage lang getrockneten Kohlen, wobei 37 Procent
Wasser entwichen; Gesammtmenge 1285 Gramme; 100 Theile lufttrockene
Kohlen liefern 2,86 Procent
C. Lignite aus beiden
Gruben.
Die Lignite wurden durch Auslesen der Les- und Brockenkohlen erhalten und
nur solche zur Destillation verwendet, die ihre Holzstructur vollkommen bis in
die kleinsten Theilchen beibehalten hatten und nicht durch Infiltration schwerer
geworden waren. Ein Theil davon wurde durch Zerschlagen der Brockenkohlen und
Stückkohlen erhalten, in welchen sie ganze Adern bilden.
Es wurden ausgeführt sechs Destillationen, und zwar drei mit ungetrockneten, drei
mit bei 120–150° C. getrockneten Ligniten.
1) Destillationen mit ungetrockneten Ligniten.
Textabbildung Bd. 138, S. 133
Nr.; Verwendete Kohlen in
Grammen; Erhaltene Kohks; 100 Theile Kohlen lief. Kohks; Theerwasser; Theer;
Gase; Gesammtmenge 8050 Gr.; 100 Thle. lieferten 42,83; Gesammtmenge 1065
Gr.; 100 Thle. lieferten 5,613; Gesammtmenge 3250 Gr.; 100 Thle. lieferten
17,3; Sum.; im Mittel
2) Destillationen mit völlig (3 Tage lang) bei 120 bis 150° C. getrockneten Ligniten, wobei dieselben 22,5 Proc.
Wasser verloren.
Textabbildung Bd. 138, S. 133
Nr.; Verwendete Kohlen in
Grammen; Erhaltene Kohks; 100 Th. lufttrock. Kohlen lief. Kohks;
Theerwasser; Theer; Gase; trocken; lufttr.; Gesammtmenge 4070 Gram.; 100
Theile trockene Kohlen liefern 22,36; Gesammtmenge 1070 Gram.; 100 Th.
lufttr. Kohlenliefern (trocken verwendete) 5,878; Gesammtmenge 2290 Gram.;
100 Th. lufttr. Kohlen liefern (trocken verwendet) 12,6
Zusammenstellung. 100 Theile lufttrockene Kohlen
liefern:
Grube.
Sorte.
Zahl
derDestillation.
Kohks.
Theerwasser.
Theer.
Specifis.Gew.
des Theers.
Gase.
Oranien
Leskohlen
5
31,97
44,72
5,37
1,043
17,94
Oranien
Stückkohlen
5
34,86
40,77
3,19
0,952
21,17
Nassau
Leskohlen
5
31,28
43,69
3,78
1,064
21,29
Nassau
Stückkohlen
5
31,22
43,07
2,86
1,041
22,80
Oranien
Lignite
ungetrocknet
3
34,21
42,83
5,61
1,079
17,35
und
Nassau
Lignite
(getrocknet verwendet,
auflufttrockene berechnet)
3
36,42
5,88
1,072
12,60
II. Die Destillation des Theers, d.h.
Verarbeitung desselben zu Rohproducten.
1) Verfahren.
Der vom Wasser mittelst eines Scheidetrichters möglichst befreite Theer wurde in
einer kleinen kupfernen Destillirblase bei anfangs gelindem, allmählich gesteigertem
Feuer erhitzt; die übergehenden Dämpfe leitete man durch einen Kühlapparat.
Die bei ganz gelinder Hitze zuerst übergehenden Tropfen hatten einen holzgeistartigen
Geruch; bald mehrte sich die Menge des Destillats bedeutend bei einer Temperatur,
bei welcher der Inhalt der Retorte nicht hörbar kochte – der Geruch des
Destillats wurde jetzt unangenehm empyreumatisch. Die nicht verdichtbaren Gase und
Dämpfe reagirten alkalisch und enthielten viel Schwefelammoniumdampf. Es ging
nunmehr längere Zeit Wasser über mit etwas Oel, dann bei wenig verstärktem Feuer
reichlich und rasch dünnes Oel; die entweichenden Dämpfe reagirten fortwährend
alkalisch, schwärzten Bleipapier und rochen höchst unangenehm. Sobald das Oel dick
wurde, wechselte man die Vorlage und fing das nun übergehende, mit dem immer noch
Wasser überdestillirte, gesondert auf. Die Destillation wurde fortgesetzt, bis bei
starkem Feuer nichts mehr überging. Die zuletzt übergehenden Tropfen erstarrten
butterartig; das dicke Oel zeigte viel Paraffinkryställchen. – Man trennte
jetzt das leichte, wie das schwere Oel von dem mit übergegangenen Wasser und wog
jene wie dieses besonders; ebenso wog man den in der Retorte gebliebenen harten,
pulverisirbaren, asphaltartigen Rückstand, den ich der Kürze halber Asphalt nennen
will.
2) Resultate.
A. Theer von der Grube
Oranien.
a. Von den Leskohlen.
Der Theer war ziemlich dickflüssig, von 1,043 spec. Gewicht.
1900 Gram. Theer lieferten:
100 Thle. liefern:
dünnes Oel
580
30,53
dickes Oel
145
7,63
Asphalt
256
13,47
Wasser und
Gase
919
48,37
––––––
–––––––
1900
100,00
b. Von den Stückkohlen.
Der Theer war dickflüssig, von 0,952 spec. Gewicht.
1540 Gram. Theer lieferten:
100 Thle. liefern:
dünnes Oel
410
26,62
dickes Oel
290
18,83
Asphalt
210
13,64
Wasser und
Gase
630
40,91
––––––
–––––––
1540
100,00
B. Theer von den Kohlen der
Grube Nassau.
a. Von den Leskohlen.
Der Theer war ziemlich dickflüssig, von 1,064 spec. Gewicht.
1320 Gram. Theer lieferten:
100 Thle. Theer liefern:
dünnes Oel
644
48,79
dickes Oel
164
12,42
Asphalt
320
24,24
Wasser
157
11,89
Gase (aus dem
Verlust)
35
2,66
–––––
–––––––
1320
100,00
b. Von den Stückkohlen.
Der Theer war ziemlich dickflüssig, von 1,041 spec. Gewicht.
1153 Gram. Theer lieferten:
100 Thle. Theer liefern:
dünnes Oel
429
37,21
dickes Oel
105
9,10
Asphalt
205
17,78
Wasser
367
31,83
Gase (aus dem
Verlust)
47
4,08
–––––
–––––––
1153
100,00
C. Theer von den Ligniten
beider Gruben.
Der Theer war dünnflüssig, von 1,072 spec. Gewicht.
1010 Gram. Theer lieferten:
100 Thle. Theer liefern:
dünnes Oel
518
51,29
dickes Oel
200
19,80
Asphalt
200
19,80
Wasser und Gase
92
9,11
–––––
–––––––
1010
100,00
Man ersieht auf den ersten Blick, daß die auffallende Ungleichheit in der
Ausbeute an Theer darin begründet ist, daß die verschiedenen Theere ganz
ungleichen Wassergehalt haben; ich stelle daher im Folgenden nochmals die Kohlen
zusammen mit den Mengen an Oelen und Asphalt, welche ihr Theer lieferte.
100 Theile lufttrockene Kohlen lieferten:
Grube.
Sorte.
rohenTheer.
dünnes Oel.
dickes Oel
Asphalt.
Summader drei letzten.
Oranien
Leskohlen
5,37
1,64
0,41
0,72
2,77
Oranien
Stückkohlen
3,19
0,85
0,60
0,44
1,89
Nassau
Leskohlen
3,78
1,84
0,47
0,92
3,23
Nassau
Stückkohlen
2,86
1,06
0,26
0,51
1,83
Beide Gruben
Lignite(getrocknet verw.)
5,88
3,01
1,16
1,16
5,33
III. Verarbeitung der in II. erhaltenen Rohproducte zu verkäuflicher Waare.
Von den in II genannten Producten dient das dünne Oel in gereinigtem Zustande als
Leuchtöl und kommt unter dem Namen Mineralöl im Handel vor; das dicke Oel wird im
gereinigten Zustande als Maschinenschmieröl oder auch in Gasfabriken zur
Verbesserung schwach leuchtenden Gases benutzt; auch läßt sich daraus Paraffin, aber
nur in verhältnißmäßig geringer Menge abscheiden.
Die Reinigung der Oele etc. ist kein Geheimniß mehr. Es liegen viele Abhandlungen vor
über diesen Gegenstand, welche fast alle darauf hinauslaufen, daß die Oele zuerst
mit Schwefelsäure und chromsaurem Kali, dann mit Natronlauge behandelt und zuletzt durch
nochmalige Destillation gereinigt werden. Man kann rechnen, daß man von 100 Theilen
rohen Oels 70 Theile reines erhält.
Ich wandte bei der Reinigung der Oele im Wesentlichen die Vorschriften von Brown an (polytechn. Journal, 1854, Bd. CXXXII S. 430),
wonach man die Oele mit 5–10 Procent Schwefelsäure und 2 1/2–5 Proc.
saurem chromsaurem Kali behandelt, und stellte so die drei Oele dar, welche Wagenmann (polytechn. Journal Bd. CXXXV S. 138) als Handelsartikel
bezeichnet, nämlich:
1) Mineralöl (Photogène);
2) Solaröl (zum Brennen in Argand'schen und Carcel-Lampen
geeignet);
3) Maschinenschmieröl (lubricating
oil).
Das Mineralöl ist klar, anfangs fast farblos, allmählich gelb werdend, dünnflüssig
von 0,9397 spec. Gewicht, von mäßig starkem, nicht besonders unangenehmem Geruch,
brennt leicht mit stark rußender Flamme, gibt in geeigneten Lampen verbrannt eine
nicht rußende, sehr helle Flamme.
Das Solaröl, ähnlich, aber doch etwas anders riechend als das Mineralöl, ist anfangs
fast wasserhell, wird allmählich bräunlich; es fließt wie dünnflüssiges Oel, sein
spec. Gewicht ist 0,9692; es brennt erhitzt, mit rußender Flamme, läßt sich in gut
ziehenden Lampen sicher mit Erfolg brennen.
Das Maschinenschmieröl geht schon bei der Destillation nicht farblos über; es nimmt
allmählich eine braungrüne schillernde Farbe an, fließt wie dickeres Oel, setzt in
der Kälte viele feine Paraffinkryställchen ab; es riecht schwach, nicht eben
unangenehm, sein spec. Gewicht ist 0,9775.
Aus einem Theile des dicken Oels schied ich das Paraffin mittelst Weingeist ab;
dasselbe war, nach dem Reinigen, blendend weiß, die Ausbeute sehr gering.
Der bei der Theerdestillation im Rückstande bleibende Asphalt scheint ähnliche
Verwendung finden zu können, wie der aus Steinkohlentheer gewonnene.
Die Flüssigkeit, welche man beim Schütteln der rohen Oele mit verdünnter
Schwefelsäure erhält, entwickelt mit Kalkhydrat gemischt einen ammoniakalischen,
sehr stechenden Geruch; sie enthält eine Reihe flüchtiger Basen, welche ich noch
nicht näher untersucht habe.
IV. Beschaffenheit der Kohks und
Bestimmung ihrer Heizkraft.
Die Beschaffenheit der Kohks von den Kohlen beider Gruben stimmt so sehr überein, daß
ich im Folgenden die sämmtlichen Kohks zugleich besprechen kann. Wie die Kohlen
selbst, so sind auch ihre Kohks sehr verschieden. Die vollkommenen Lignite liefern
Kohks, welche bald mattglänzend schwarz, bald glänzend dunkelgrau sind und,
abgesehen davon daß sie sich nach der Richtung der Fasern leicht spalten lassen,
guten Zusammenhang zeigen. Sie sind etwas leichter als Wasser, enthalten nur
ungefähr 1 Procent Asche und reduciren, mit überschüssiger Bleiglätte geschmolzen,
fast soviel Blei als Holzkohle, so daß sie in ihrem Brennwerthe nur wenig von dieser
abweichen. – Bei vorgenommener Prüfung reducirten 3 Gram. 93,3 Blei. Somit
entwickelt 1 Pfund beim Verbrennen soviel Hitze, daß man damit 70,4 Pfund Wasser von
0° auf 100° C. erhitzen kann, oder ihr Brennwerth ist, wenn man den
reinen Kohlenstoff gleich 100 setzt, 90,2.
Die in der Zersetzung vorgerückteren Kohlen dagegen liefern Kohks, welche wenig
Zusammenhang haben und nicht wohl transportabel sind; sie sind zum Theile leichter
als Wasser, zum Theile viel schwerer bis 1,8 spec. Gewicht. Ebenso sehr schwankt ihr
Aschengehalt, etwa von 10–30 Procent, und ihr Brennwerth, der sich –
den des reinen Kohlenstoffs gleich 100 und somit den der Holzkohlen etwa gleich 94
gesetzt – auf 60 bis 78 berechnet. Bei der Prüfung reducirten 3 Gramme eines
leichten Kohksstückes 80,5; 3 Gramme eines schweren Stückes dagegen 60,9 Grm. Blei;
ersteres Stück enthielt 10,3, letzteres 32,6 Procent Asche. – Es gelang
nicht, durch Trocknen der Kohlen vor der Destillation zusammenhängendere Kohks zu
erhalten, wodurch der Einwand beseitigt wird, daß vielleicht durch zu rasches
Erhitzen die Kohlen von den Wasserdämpfen auseinandergesprengt würden. Schon beim
vorsichtigen Trocknen verlieren die Kohlen viel von ihrem Zusammenhang; bei den
Kohks zeigt sich diese unangenehme Eigenschaft dann in erhöhtem Grade.
Sämmtliche Kohks brennen gut, die der Lignite ausgezeichnet, sie lassen sich ganz wie
Holzkohlen verwenden. Bei dem Brennen der Kohks der gewöhnlichen Kohlen ist ihr
großer Reichthum an Asche sehr hinderlich und beschwerlich.
V. Bestimmung des Ammoniakgehaltes der
bei der Destillation der Kohlen erhaltenen wässerigen Flüssigkeiten.
Die wässerigen Flüssigkeiten, welche bei der Destillation erhalten worden waren,
hatten üblen empyreumatischen Geruch und gelbe Farbe. Die von den Kohlen der Grube
Nassau reagirte schwach alkalisch, die von den Kohlen der Grube Oranien war neutral,
die von den Ligniten reagirte schwach sauer.
Zur Feststellung des Gehaltes an Ammoniak wurden abgemessene Mengen mit Natronlauge
destillirt, das übergehende ammoniakalische Wasser in verdünnter Schwefelsäure von
bekanntem Gehalte aufgefangen, und die noch freie Schwefelsäure mittelst Natronlauge
von bekanntem Gehalte festgestellt. Es ergab sich auf diese Weise, daß 100 Theile
Theerwasser enthalten:
Ammoniak:
entsprechend Salmiak:
von den Kohlen der Grube Oranien
0,214
–
0,663
von den Kohlen der Grube Nassau
0,264
–
0,818
von den ungetrockneten Ligniten beider
Gruben
0,094
–
0,291
von den getrockneten Ligniten beider
Gruben
0,145
–
0,449
Somit liefern 100 Theile lufttrockene
Kohlen:
Ammoniak:
Salmiak:
von der Grube Oranien
0,092
–
0,285
von der Grube Nassau
0,113
–
0,352
Ich versäume nicht zu bemerken, daß das aus den obengenannten Wassern gewonnene
Ammoniak kleine Mengen jener flüchtigen Vasen enthält, in denen Wasserstoff durch
Alkoholradicale ersetzt ist.
VI. Schlußbemerkungen.
Nachdem nun die vorliegende Arbeit die wesentlichsten Grundlagen geliefert hat,
welche erforderlich sind bei Beurtheilung der Frage, ob trockene Destillation der
Braunkohlen, in größerem Maaßstabe betrieben, zu einem gewinnbringenden
Industriezweige ausgebildet werden könne, ist es zur definitiven Entscheidung noch
erforderlich, festzustellen, ob die Kohks gut verwendbar sind, und zu welchem Preise
sie verwerthet werden könnten.
Würde diese Frage in günstiger Art entschieden, so könnte davon die Rede seyn, die
Braunkohlen in geschlossenen, von außen geheizten Räumen zu verkohlen und die
Destillationsproducte als Nebengewinn zu betrachten; würde sie dagegen verneint, so
muß man von der Gewinnung der Kohks gänzlich absehen und könnte alsdann Oefen in
Aussicht nehmen, denen ähnlich, welche in Schottland und an anderen Orten bei der
trockenen Destillation des Torfes etc. angewendet werden, d.h. schachtförmige Oefen,
in denen die oben entstandenen Kohks unten verbrennen und die nöthige Hitze zum
Abdestilliren der oben eingeschütteten Kohlen liefern. Diese Oefen arbeiten
perpetuirlich und liefern nur Asche, Theer, ammoniakalisches Wasser und Gase. Man
ersieht leicht, daß man in solchen enorme Massen solcher Kohlen destilliren könnte,
die ihrer Kleinheit und Beschaffenheit wegen nicht mehr verkäuflich sind, und es ist
als ein günstiger Umstand zu betrachten, daß gerade die kleineren Kohlen, die
Leskohlen, die günstigsten Resultate in Betreff ihrer Destillationsproducte
geliefert haben. Recht zweckmäßig ließe sich nach meiner Ansicht auch eine solche
Destillation in Schachtöfen, in denen die schlechtesten Kohlen destillirt würden,
verbinden mit einer Destillation von Ligniten in Retorten, und zwar in der Art, daß
man die aus den Schachtöfen strömenden Gase benutzte zur Heizung der Retorten.
– Daß die Lignit-Kohks im Hüttenbetrieb eine sehr gute Verwendung
finden können, darüber bin ich gar nicht im Zweifel, sie werden im Werthe den
Holzkohlen nur wenig nachstehen.