Titel: | Verbesserungen an elektrischen Telegraphen, welche sich Carl Wilhelm Siemens am 25. Februar 1854 für England patentiren ließ. |
Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. XLVIII., S. 176 |
Download: | XML |
XLVIII.
Verbesserungen an elektrischen Telegraphen,
welche sich Carl Wilhelm
Siemens am 25. Februar 1854 für
England patentiren ließ.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Septbr.
1855, S. 220.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Siemens' Verbesserungen an elektrischen Telegraphen.
Der erste Theil der Erfindung betrifft einen verbesserten Isolator zum Aufhängen telegraphischer Leitungsdrähte an Pfosten, Mauern
oder anderen Stützen.
Fig. 14 ist
eine Seitenansicht desselben. Er besteht aus einem schmiedeisernen Haken a, in dessen Oehr der Leitungsdraht aufgehängt ist. Der
Stiel des Hakens a ist mittelst Schwefel in eine
umgekehrte Schale b von Porzellan, Glas oder überhaupt
einem nichtleitenden Material gekittet, deren vorstehender Rand durch Emaillirung
oder auf andere Weise eine möglichst glatte Oberfläche erhielt, um dem Anhangen von
Feuchtigkeit vorzubeugen. Die Schale oder der Hut b
steckt in dem cylindrischen Vorsprung des Halses einer gußeisernen Glocke c, worin er mit Schwefel festgemacht ist. Die Glocke c selbst ist an dem Pfosten oder der Mauer einfach durch
eine Holzschraube befestigt, die von der Glocke hervorragt.
In gewissen Zwischenräumen oder an den Spannpfosten wird ein größerer Isolator
angewendet, mit einem Drahthalter von der Form wie sie in Fig. 15 und 15'
dargestellt ist. Das Ende des Halters hat zwei Einschnitte a und b, die nach entgegengesetzten Seiten
schmaler auslaufen, um die Einführung von Keilen und Schließen zuzulassen. Die Enden
von zwei zu verbindenden Leitungsdrahtstücken werden jedes auf den Grund eines der
Einschnitte geführt, mit Hülfe eines an dem Pfosten befestigten geeigneten
Mechanismus hinlänglich fest angezogen und dann die Keile von entgegengesetzten
Seiten eingesteckt, so daß der Zug des Leitungsdrahtes den Keil einzutreiben und ihn
auf dem Grunde der Vertiefung festzuhalten strebt. Der Vortheil dieser Methode, den
Draht an den Spannpfosten zu befestigen, besteht darin, daß der Contact zwischen den
Endstücken desselben durch den Halter bewerkstelligt wird und daß jedes Stück nach
Erforderniß nachgelassen oder fester angezogen werden kann.
Der Zweck der Gußeisenglocke des Isolators besteht darin, den emaillirten Rand der
isolirenden Schale b vor Regen, Schmutz und
Beschädigungen zu schützen; da derselbe innen und außen trocken erhalten wird, so
isolirt er die
Gußeisenglocke von dem Drahthalter, oder den Pfosten von dem Leitungsdrahte
vollkommen.
Die Erfindung betrifft ferner eine verbesserte Einrichtung für
die Entladung der statischen Elektricität oder des Blitzes von dem
Leitungsdrahte.
Fig. 16 ist
eine Verticalansicht des zu diesem Zwecke dienenden Apparates. a ist ein Cylinder von Glas, Gutta-percha oder
anderem nichtleitenden Material, welcher vollkommen luftdicht zwischen zwei
Metalldeckeln b, c eingelegt und verkittet wird.
– Eine Metallscheibe f wird in den einen der
Deckel eingeschraubt und dient, um die Entfernung zwischen den beiden einander
gegenüberliegenden Metallflächen zu reguliren. Der zweite Deckel ist mit einem Loche
d versehen, welches durch einen Sperrhahn l verschlossen werden kann und dazu dient, die
atmosphärische Luft aus dem Innern zu pumpen. Nachdem der Sperrhahn geschlossen ist,
wird er vor Zwischenfällen durch den Ring g geschützt,
welchen man über ihn schiebt, und der Apparat ist dann für die Verwendung am
Leitungsdrahte fertig, zu welchem Zweck er mit zwei Verbindungsschrauben i und h versehen ist, um die
metallische Verbindung der einen Seite mit dem Leitungsdrahte und der andern Seite
mit der Erde herzustellen. Die statische Elektricität oder der Blitz geht nun mit
großer Leichtigkeit durch den leeren Raum zwischen den zwei einander
gegenüberstehenden Metallscheiben, und so ist jeder Unfall von den
Telegraphirapparaten abgewendet.
Ein anderer Theil der Erfindung besteht in gewissen Anordnungen, durch welche einem
in Bewegung befindlichen Eisenbahnzug telegraphische
Mittheilungen gemacht werden können, ohne daß es nothwendig wäre die
einzelnen Wagen mit einander metallisch zu verbinden.
Es wird eine galvanische Batterie auf der Maschine oder dem Tender des Trains
angebracht und eine ähnliche Batterie kommt auf den letzten Wagen oder
Bremserkasten. Zwischen beiden Batterien werden zwei metallische Verbindungen
hergestellt durch die Linie der Ziehhaken, durch die zwei Linien von Seitenketten
(indem man die entgegengesetzten Ketten jedes Wagens mittelst Drahten verbindet,
welche unter dem Gestell durchgehen), oder durch die Räder und Schienen, nämlich in
der Weise, daß die eine Leitung die zwei positiven, die andere die zwei negativen
Pole der Batterien vereinigt. Angenommen, die Stärke beider Batterien sey ganz (oder
nahezu) gleich, so werden beide einander die Waage halten und in Folge dessen geht
kein Strom durch die metallischen Verbindungen. Wenn jedoch an. einem Punkte des
Zuges die zwei metallischen Verbindungslinien durch eine metallische Querverbindung
gekuppelt werden, so wird für jede Batterie ein ununterbrochener metallischer Kreislauf
gebildet. Schaltet man in jene Verbindungslinien Elektromagnete ein, und stellt die
galvanischen Ströme mittelst der Querverbindung her, so werden die Elektromagnete
ihre Armatur anziehen, wobei Wecker losgelassen oder andere verabredete Signale
gemacht werden können.
Fig. 17 ist
der Grundriß von zwei Eisenbahnwaggons die den Theil eines Zuges bilden, an welchem
der Apparat angebracht ist. A ist der vergrößerte
Grundriß der Batterie an dem einen Ende, B der Grundriß
der Batterie am andern Ende. a, a, a zeigt die
metallische Verbindungslinie, welche zwischen zwei gleichen Polen der Batterien
durch die Ziehhaken hergestellt ist; b, b, b zeigt die
metallische Verbindung zwischen den andern gleichnamigen Polen durch eine Linie der
Seitenketten, C ist ein Wecker, den man in der
Verbindungslinie b, b, b einschaltet (in Fig. 18 und 19 vergrößert
gezeichnet). D zeigt wie die Querverbindung durch
Niederdrücken eines Kopfes hergestellt werden kann (in Fig. 20 und 21 vergrößert
dargestellt). Statt der Verbindungslinie a, a, a durch
die Ziehhaken, kann man die zweite Linie c der
Seitenketten nehmen. Um die Continuität der Leitung besser zu sichern, können die
zwei Seitenkettenlinien die Verbindung zweier gleichnamigen Pole der Batterien, und
die Linie durch die Ziehhaken zusammen mit den Schienen die Verbindung zwischen den
anderen gleichnamigen Polen bilden; oder man kann, um zusammengesetzte Signale
hervorzubringen, ein doppeltes Verbindungssystem herstellen, indem man eine
Seitenbatterielinie mit dem Ziehhaken und der Erde (einzeln oder zusammen) für einen
Strom, und die zweite Seitenkettenlinie mit der Ziehhakenlinie und den Schienen für
den andern Strom verwendet.
Fig. 22 ist
ein senkrechter Längendurchschnitt eines Waggons mit einer Einrichtung, vermöge
welcher jeder Reisende die Querverbindung zwischen den zwei Leitungslinien
herstellen und dadurch Lärm oder sichtbare Zeichen gleichzeitig an allen Stellen des
Zuges machen kann, an denen sich hiefür Vorkehrungen befinden. Die Einrichtung
besteht einfach in einem Drahte l, welcher in der Nähe
der Decke der Länge nach durch den Wagen geht. Von diesem Draht ist das eine Ende am
Wagen, das andere Ende bei m an dem Hebel eines
Communicators, dem Berührungshebel, befestigt. Der Communicator ist mit Hülfe der
Nebendrähte n mit den zwei Hauptleitungslinien
verbunden, und bewirkt an der Leitung l eine metallische
Berührung zwischen denselben, wenn er stark genug gezogen wird, um den Widerstand
der zurückhaltenden Feder des Berührungshebels zu überwinden.
Um sich vor Unterbrechung des Stromes in der Seitenkettenleitung sicher zu stellen,
ist es gut, die Kette zu verzinken (gegenwärtig sind sie meistens gefirnißt). Ist
das Gestell des Wagens von Holz, so braucht man keine weiteren Vorsichtsmaßregeln,
um die Bolzen welche die Ketten zu halten haben, zu befestigen; ist das Gestell aber
von Eisen, so muß der Bolzen und seine Mutter isolirt werden. Die Art wie diese
Isolirung bewerkstelligt wird, ist in Fig. 23 und 24
dargestellt; f, f sind Platten, die einen Theil des
Gestelles ausmachen; g ist der Kettenbolzen, welcher
einen etwas geringeren Durchmesser hat als das Loch im Gestell, damit für eine über
ihn zu schiebende kurze Gutta-percha-Röhre Platz ist. Zwischen dem
hervorragenden Theil des Bolzens und dem Gestell werden die Stoßringe von
Gutta-percha k, k auf der einen Seite, und der
Stoßring o auf der andern Seite angebracht. Der Draht
p stellt die metallische Verbindung zwischen den
zwei entgegengesetzten Kettenbolzen her; er ist nämlich mit Maschen an den Enden
versehen und zwischen dem Stoßring o und der Mutter h eingeschraubt.
Als galvanische Batterie ziehe ich eine Modifikation der
Daniell'schen vor, von welcher Fig. 26 eine Zelle
darstellt. A ist ein Gehäuse von Gutta-percha,
welches durch Querscheider in eine Anzahl von isolirten Zellen abgetheilt ist. Jede
Zelle enthält ein poröses Gefäß G, an dessen offenes
Ende ein abgestumpfter Kegel von Gutta-percha angekittet ist. Ein
Kupferstreifen q geht auf den Boden des porösen Gefäßes
und an ihn ist quer über eine durchlöcherte Kupferscheibe p befestigt. Das poröse Gefäß umgibt ein offener Zinkcylinder, welcher mit
dem Kupfer der nächsten Zelle vermittelst eines Metallstreifens in Verbindung steht
u.s.w. Nachdem beide Gefäße und der sie umgebende Raum mit Wasser gefüllt sind,
füllt man den abgestumpften Kegel mit Kupfervitriolkrystallen, welche theilweise ins
Wasser tauchend, sich darin auflösen, bis das ganze Gefäß mit gesättigter Lösung
gefüllt ist, was während der Thätigkeit der Batterie so lange fortdauert, als sich
noch Krystalle in dem Kegel befinden. Eine solche Batterie ist in ihrer Wirkung sehr
constant und erfordert wenig Aufmerksamkeit. Fig. 25 ist die äußere
Verticalansicht dieser Batterie.
Der angemessenste Wecker ist nach Wegnahme der Thüre des
Gehäuses in Fig.
18 im Querschnitt und in Fig. 19 im senkrechten
Längendurchschnitt dargestellt. F ist der Elektromagnet
mit seiner Armatur r, die an einem Einfallhebel s befestigt ist. Die Anziehung der Armatur veranlaßt die
Auslösung eines Uhrwerks, das seine Bewegung zwei Hämmern t und t' mittheilt, die dann abwechselnd auf
zwei Glocken u und u' von
verschiedenem Tone schlagen, weil so der Weckerlärm leichter von einem andern Geräusch auf dem
Zuge unterschieben werden kann. Das Uhrwerk wird von Zeit zu Zeit an dem Zapfen v aufgezogen, der bei jeder Umdrehung das Zahnrad w mit seinem Hebel x um die
Breite eines Zahnes fortbewegt. Ist das Uhrwerk ganz aufgezogen, so steht der Hebel
x horizontal, und in dem Maaße als die Triebfeder
abläuft, wird die Stellung des Hebels eine andere, bis sie endlich anzeigt, daß die
Feder gänzlich abgespannt ist und damit für den Wärter das Zeichen zum Aufziehen
gibt.
Die Bewegung der Armatur wird durch eine Fortsetzung y
des Hebels s, die einen Inder durchläuft, sichtbar
gemacht, da sie jedesmal zum Vorschein kommt, wenn die Armatur sich bewegt.
Fig. 20 ist
ein Grundriß und
Fig. 21 ein
Verticaldurchschnitt des Communicators, vermittelst dessen die Signale gemacht
werden. Er besteht aus einem Holzbrettstück, an welchem zwei Contactschrauben 1 und
2 befestigt sind, von denen mittelst Drähten die eine mit einer Metallspitze 3, die
andere mit einer in einer Metallspitze 5 endigenden Feder 4 communicirt. Der Contact
erfolgt durch Niederdrücken der Metallfeder 4. Ein solcher Berührungshebel nebst
einem Wecker ist auf der Locomotive und jedem Bremserkasten des Zuges zum Gebrauche
der Bremser und des Maschinisten anzubringen, damit dieselben die verabredeten
Zeichen „Halt!“
„Achtung!“
„Bremsen!“ u.s.w. durch einmaliges, öfteres oder fortdauerndes
Weckerschlagen geben können. Man kann auch die Reisenden im Zuge auf oben angegebene
Weise in Stand setzen zu signalisiren. Soll bloß mit dem Maschinisten verkehrt
werden, so kann die Batterie am Ende des Zuges wegbleiben.