Titel: | Mechanismus mit gleichmäßiger Federspannung für Taschenuhren, welchen sich J. V. Weber zu London am 28. Nov. 1854 patentiren ließ. |
Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. LXXXVI., S. 343 |
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LXXXVI.
Mechanismus mit gleichmäßiger Federspannung für
Taschenuhren, welchen sich J. V.
Weber zu London am 28. Nov. 1854
patentiren ließ.
Aus dem Practical Mechanic's Journal, Juli 1855, S.
86.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Weber's Mechanismus mit gleichmäßiger Federspannung für
Taschenuhren.
Diese sinnreiche Vorrichtung ersetzt die gewöhnliche Schnecke und Kette der
Standuhren, Taschenuhren und Chronometer, und bezweckt einen gleichförmigen Druck
auf das Werk während der ganzen Zeit zwischen den Perioden des Aufziehens.
Bekanntlich wird bei einer gewöhnlichen Taschenuhrfeder die in Folge ihres Ablaufens
allmählich stattfindende Kraftverminderung durch die Schnecke wieder ausgeglichen,
indem die Kraft vermittelst der Kette auf einen stetig abnehmenden Hebelarm wirkt.
Bei Weber's Anordnung dagegen wird das Werk durch eine
Feder getrieben, welche stets die gleiche Spannung beibehält; es mag dieses paradox
erscheinen, und doch verhält es sich so.
Der zur Erreichung dieses Zweckes dienende einfache Mechanismus ist durch die Figuren 21,
22 und
23
dargestellt. Fig.
21 ist der Grundriß, Fig. 22 die Seitenansicht
der Vorrichtung. Das Uhrwerk wird durch das Stirnrad A
getrieben, welches an das Federhaus B befestigt ist. Die
Feder selbst ist auf gewöhnliche Weise mit dem einen Ende an das Federhaus, mit dem
andern Ende an die Spindel befestigt, um welche das Federhaus mit dem Rade A rotirt. Die Spindel, an welche das innere Ende der
Feder B befestigt ist, enthält ferner ein Stirnrad C, welches mit einem Stirnrade D in Eingriff steht. Dieses letztere ist an das Federhaus E befestigt, das eine stärkere Feder umschließt. Die
Spindel dieser Feder
enthält ein Sperrrad mit Sperrkegel F, und die bekannte
Vorrichtung G, durch welche dem Aufziehen ein Ziel
gesetzt wird. Das Stirnrad D greift in ein Rad H, auf dessen Fläche acht drehbare Stifte vertheilt
sind. I ist ein Rad mit doppelter spiralförmiger
Krümmung, dessen Spindel an ihrem andern Ende ein Getriebe enthält, welches mit dem
Rade A in Eingriff steht. Die Räder haben ein solches
Verhältnis daß das Rad I auf jede Drehung des Rades H vier Umdrehungen macht. Um das Werk in Gang zu setzen,
zieht man zuerst die Feder E auf, und setzt diese
Manipulation fort, bis auch die Feder B zur
erforderlichen Spannung aufgezogen ist. Die Feder E
wirkt auf die Spindel der Feder B vermittelst der Räder
D, C, und die beiden Federn befinden sich im
Gleichgewichte, so lang sie frei auf einander wirken können. Hierauf bringt man die
Räder H und I an ihren Platz
und zieht die Feder D so weit auf als es geht. Das
Spiralrad hindert alsdann die Feder E, weiter auf die
Feder B zu wirken, indem die Wirkung der Stifte des
Rades H beinahe gegen den Mittelpunkt des Rades I hin gerichtet ist. Die Feder B kann aber mittelst des Rades A frei auf den
Mechanismus der Uhr wirken, wobei das Rad A das
Spiralrad I dergestalt dreht, daß dasselbe die Drehung
des Rades H gestattet, indem die Feder E das letztere beständig zu drehen strebt. Diese
Bewegung des Rades H gestattet der Feder E auf die Spindel der Feder B zu wirken; und die Curve des Spiralrades I
ist so berechnet, daß die der Spindel der Feder B
ertheilte Größe der Drehung genau der Drehung des Rades A gleich ist, so daß die Feder B so lange in
gleichmäßiger Spannung bleibt, als die Feder E auf sie
wirkt, obgleich das Rad A das Uhrwerk beständig im Gang
erhält.
Diese Anordnung bietet unter anderem den Vortheil dar, daß die Uhr während des
Aufziehens in richtigem Gang bleibt; denn das Aufziehen der Feder E kann die Spannung der Feder B während dieser Manipulation nicht afficiren.
Die Stifte des Rades H sind beweglich, und sobald ein
Stift das innere Ende des Spiralrades I erreicht, so
tritt er zurück und läßt den andern hervorragenden Theil des letztern über sich
hinweggehen. Die Bewegungen der Stifte werden durch eine in Fig. 23 dargestellte
Federvorrichtung regulirt. Diese besteht aus einer elastischen Scheibe J, welche an das Uhrgestell befestigt ist, und eine
Centralöffnung besitzt, durch welche die Spindel des Rades H tritt. Diese Scheibe ist so beschaffen, daß sie jeden Stift vorwärts
drängt, sobald derselbe in eine Lage kommt, in welcher er auf das Rad I wirken kann, und ihnen zurückzutreten gestattet, wenn
eine der Hervorragungen des Schneckenrades über ihn hinwegzugehen hat. Die Spindel des Rades I hat in geschlitzten Lagern einigen Spielraum. K ist ein Winkelhebel, dessen einer Arm auf die Spindel
wirkt, und dessen anderer Arm eine schräge Kante hat, so daß er auf die elastische
Scheibe J wirken kann. Durch diese Vorrichtung wird der
Druck gegen die Spindel des Rades I bedeutend gemildert,
indem er das Bestreben hat einen Arm des Hebels K gegen
die Scheibe J zu drücken und das Rad H gegen sein oberes Lager zu heben. Die Aenderungen in
der Wirkung der Feder in Folge des Temperaturwechsels lassen sich dadurch
compensiren, daß man den Hebel K aus zwei Metallen, z.B.
Stahl und Messing, zusammensetzt, welche sich in Folge eintretender
Temperaturveränderungen ungleich ausdehnen oder zusammenziehen.