Titel: | Neues Verfahren bei der Stahlfabrication, von Hrn. Marcy zu Hartford in den Vereinigten Staaten. |
Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. LXXXVIII., S. 347 |
Download: | XML |
LXXXVIII.
Neues Verfahren bei der Stahlfabrication, von
Hrn. Marcy zu Hartford in
den Vereinigten Staaten.
Aus Armengaud's Génie industriel, August 1855, S.
96.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Marcy's Verfahren bei der Stahlfabrication.
Wir haben in den Fig. 24 und 25 zwei Ansichten von
einem Ofen dargestellt, dessen sich der Erfinder bedient, um das Eisen oder
unmittelbar das Erz in Stahl zu verwandeln.
Fig. 24 ist
ein senkrechter Durchschnitt des Apparates;
Fig. 25 ein
horizontaler Durchschnitt desselben.
A bezeichnet den Ofen, dessen innere Mauern mit
gußeisernen Platten b' bekleidet sind, welche das Feuer,
worin man das Metall bearbeitet, umgeben; andere Platten e' bekleiden den Ofen äußerlich.
Die Hauptöffnung a ist mit einer eisernen Thür umgeben,
deren Gewicht durch ein Gegengewicht ausgeglichen ist, welches an einer Kette hängt,
die über eine Rolle e läuft. Eine andere Thüre oder ein
anderes Register c, welches am Eingange der Esse b befindlich ist, dient zum Reguliren des Zuges.
Die Ofensohle ist mit einer eisernen Platte bedeckt. Der Herd a' besteht aus Gußeisen. Die Oeffnungen g
dienen zum Herausnehmen der Asche, und die Haken f, mit
welchen die Vorderplatte des Ofens versehen ist, dienen zum Auflegen der Brechstange
während der Bearbeitung des Metalles.
Vor dem Ofen sind zwei Behälter von Eisen, C und D angebracht, die im Innern mit feuerfesten Steinen
bekleidet sind. Diese Reservoire haben am Boden einen Rost k, und einen Aschenkasten k' in welchen ein
zweiarmiges Gebläsewindrohr F, l, l einmündet. Eine
andere Röhre E, welche durch die Arme m gespeist wird, geht von dem obern Theile der
Reservoire C, D ab und mündet in den Ofen A mittelst einer Wasserform h, der durch i Wasser zugeführt wird. Alle
Arme der Windröhren sind mit Ventilen n versehen. Eine
mittlere Leitung verbindet F direct mit E; dieselbe ist mit Ventilen o versehen.
Die Thüren j dienen zum Füllen der Behälter C und D.
Das Verfahren bei der Stahlbereitung ist folgendes: Man bringt das Roheisen in das
Innere des Ofens A und bedeckt es mit Holzkohlen.
Darauf füllt man auch die Reservoire C, D mit Holzkohlen
und wenn letztere vollkommen glühend sind, so bringt man die Deckel auf und
verschmiert sie, damit gar keine Gase entweichen können.
Ein Windstrom, welcher beliebig regulirt werden kann, wird durch die Röhre F eingeführt.
Indem dieser Windstrom durch das Reservoir geht, erzeugt er ein viel Kohlenstoff
enthaltendes Gas, welches mittelst der Form auf das Eisen in den Ofen strömt.
Man muß aber auch noch einen Windstrom haben, welcher durch die mittlere Röhre E, F in den Ofen geht und mittelst des Ventils o regulirt wird, damit eine hinreichende Menge
atmosphärischer Luft eingeführt werden kann, um die zum Schmelzen des Metalles
erforderliche Verbrennung zu unterhalten.
Wenn das Roheisen geschmolzen ist, so wird es mittelst eines Verfahrens bearbeitet,
welches unten näher beschrieben ist und dem gewöhnlichen Frischproceß sehr
gleicht.
Ein sehr wichtiger Punkt bei diesem Proceß ist der, daß man mit Hülfe der Ventile die
Verhältnisse von Gas und atmosphärischer Luft, welche in den Ofen eintreten, so
regulirt daß der Arbeiter zu gleicher Zeit das Roheisen frischen und ihm die zur
Umwandlung in Stahl nöthige Kohlenstoffmenge geben kann.
Es ist unmöglich, bestimmte Regeln hinsichtlich des Verhältnisses des Gases und der
atmosphärischen Luft zu geben, da dasselbe von der Beschaffenheit und Menge des in
Stahl zu verwandelnden Roheisens, so wie von der Geschicklichkeit des Arbeiters,
welcher den Proceß leitet, abhängt; letzterer muß so lange fortgeführt werden, bis
das Metall hinlänglich gefrischt ist und eine Luppe bildet, die man alsdann
herausnimmt und sorgfältig ausschmiedet.
Die Behandlung des Metalles im Ofen erheischt eine gewisse Geschicklichkeit, und
besonders hat es Schwierigkeiten den Grad des Gahrens und die Kohlenstoffmenge genau
zu bestimmen, welche zur Bereitung eines guten Stahles erforderlich sind; nur durch
Erfahrung und Praxis kann man diese Geschicklichkeit erlangen.
Wenn es sich darum handelt, die Luppen in Stäbe zu verwandeln, so muß man sie in
einem verschlossenen Ofen mit Holzkohlen wärmen. Während man das Metall in dem Ofen
A bearbeitet, muß es sorgfältig mit Holzkohlen
bedeckt gehalten werden, auch muß man es durch die Thür d stets soviel als möglich gegen die äußere Luft schützen.
Ehe man das Eisen dem oben beschriebenen Proceß unterwirft, wird man wohl thun, ja es
wird in vielen Fällen sogar nothwendig seyn, besonders wenn es gefeintes Eisen ist,
dasselbe zuvörderst in einem Graphittiegel zu schmelzen, es zu Stäben zu gießen und
mit Kohlenpulver, Kalkstein und andern kohlenstoffreichen Substanzen zu schichten.
Behandelt man mehr oder weniger graues Roheisen, so ist zur Schmelzung erwärmte Luft
und Holzkohle erforderlich.
Die erste von diesen Methoden kann auf die Art ausgeführt werden, daß man das
Roheisen in guten Tiegeln einschichtet und es in einem Anthracit- oder
Steinkohlenfeuer mit Hülfe eines Windstroms schmilzt.
Das zweite Verfahren kann auf die Art ausgeführt werden, daß man einen Kupolofen
(dessen Betrieb wie gewöhnlich geführt wird, wenn Roheisen geschmolzen werden soll)
mit zwei Reservoiren wie die obigen verbindet, welche aber groß genug sind, um eine
solche Holzkohlenmenge aufnehmen zu lönnen, daß dieselbe nicht eher vollständig
verbrennt, als nachdem das Roheisen in dem Kupolofen gänzlich geschmolzen ist. Die
Reservoire müssen mit dem Kupolofen gerade so wie die abgebildeten mit dem
Stahlfrischofen verbunden werden. Man füllt sie hernach mit Holzkohlen, die man
anzündet, so daß sie vollständig brennen, wenn man Wind in den Ofen strömen
läßt.
Statt alsdann den Windstrom direct in den Kupolofen gehen zu lassen, läßt man ihn in
die Reservoire gehen, wie die Abbildungen zeigen und es wird alsdann das Roheisen
mit der über Holzkohlen erhitzten Luft und den in dem Kupolofen schon befindlichen
Kohlen geschmolzen.
Sowohl der eine, als auch der andere von den hier beschriebenen Processen theilen dem
Metall stahlartige Eigenschaften mit und verändern es so weit, daß der folgende
Frischproceß erleichtert wird, welchen man auf oben beschriebene Weise ausführt.