Titel: | Der Naturselbstdruck. |
Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. XC., S. 363 |
Download: | XML |
XC.
Der Naturselbstdruck.
Aus dem bayer. Kunst- und Gewerbeblatt, 1855, S.
661.
Ueber den Naturselbstdruck.
Der Naturselbstdruck, eine Erfindung des Directors der k. k. Hof- und
Staatsdruckerei, Hrn. Regierungsraths v. Auer, wurde im
April 1853 zur allgemeinen Benützung freigegeben, und beruht nach der von Hrn.
Director Auer präcisirten Erklärung im Wesentlichen auf
folgender Grundlage:
Frage: Wie erlangt man in einigen Secunden fast
kostenfrei und täuschend ähnlich von jedem Original eine Druckplatte, ohne eines
Zeichners oder Graveurs etc. zu bedürfen?
Lösung: Wenn das Original, sey es eine Pflanze, Blume
oder ein Insect, Stoff oder Gewebe, kurz was immer für ein lebloser Gegenstand,
zwischen eine Kupfer- und eine Bleiplatte gelegt, durch zwei fest
zusammengeschraubte Walzen läuft.
Das Original läßt durch den Druck sein Bild mit allen ihm eigenen Zartheiten,
gleichsam mit seiner ganzen Oberfläche auf der Bleiplatte zurück.
Trägt man auf diese geprägte Bleiplatte die Farben wie beim Druck eines Kupferstiches
auf, so erhält man durch einen einmaligen Druck von einer Platte jedesmal die der Natur täuschend ähnliche
Copie mit den verschiedensten Farben.
Bei einer großen Menge von Abzügen, welche die Bleiform wegen ihrer Weichheit zu
liefern außer Stande ist, stereotypirt oder galvanisirt man dieselbe in beliebiger
Anzahl, und druckt die stereotypirte oder die galvanoplastisch erzeugte Platte statt
der Bleiplatte.
Bei einem Gegenstande, welcher nicht verletzt werden darf, überstreicht man das
Original mit aufgelöster Gutta-percha, und benützt nach vorher
stattgefundenem Ueberzuge von Silberlösung die abgenommene Gutta-perchaform
als Matrize zur galvanischen Vervielfältigung, oder man leitet den galvanischen
Strom direct auf das früher metallisirte Original.
Aus der „Vierteljahresschrift der Bauhütte zu Nürnberg, 1855 Nr.
3“ haben wir mit Freuden ersehen, daß dieser junge Industriezweig
bereits auch in Bayern Eingang gefunden hat, was wir in nachfolgender Abhandlung des
Hrn. Portefeuillefabrikanten Hering in Nürnberg unsern
Lesern mittheilen.
„Ermuthigt durch die freundliche Unterstützung des k. k. Regierungsrathes
Hrn. v. Auer, welche mir namentlich durch ein reiches
Geschenk an Abdrücken sowohl, als Bleieindrücken und galvanischen Plättchen
wurde, und da ich früher mich schon häufig mit Galvanoplastik beschäftigte,
ebenso angeregt durch die Theilnahme, welche meine Mittheilungen hierüber in den
Winterversammlungen der Bauhütte machten, unternahm ich es, vereint mit dem
Frhrn. Dr. v. Bibra, das
Verfahren des Naturselbstdruckes hier heimisch zu machen und zwar dadurch, daß
demnächst das neueste Werk des Frhrn. Dr. v. Bibra im Verlag der Wilhelm Schmied'schen
Buchhandlung dahier mit mehreren Platten von Naurselbstdruck illustrirt in
Farbendruck erscheint.
Wenn schon aus den Mittheilungen des Hrn. Regierungsrathes v. Auer oben angedeutet ist, wie das Ganze zu behandeln wäre, und wenn sowohl
die Bleieindrücke, als die galvanischen Platten mindere Schwierigkeiten bei ihrer
Anfertigung bieten so ist es wohl hauptsächlich das Druckverfahren, welches in
eigener Weise angewendet werden muß.
Für diejenigen, welche vielleicht zur Selbstbelehrung und zu geschäftlicher Anwendung
weiteren Nutzen daraus ziehen wollen, will ich hier gerne eine genaue Beschreibung
des Verfahrens folgen lassen.
Die zu vervielfältigenden Gegenstände, als: Pflanzen, Stickereien, Spitzen etc.,
müssen im trockenen Zustande seyn; sollen nun dieselben in Blei eingedrückt werden,
so sind sie auf eine gleichmäßig starke polirte Stahlplatte zu legen; das dazu
verwendbare Blei muß glatt gewalzt, und dicker seyn, als der einzupressende
Gegenstand, was bei Sträuchern, welche starke Stengel haben, wohl zu beachten ist.
Zu größerer Vorsicht wird auf die Bleiplatte, welche den zu pressenden Gegenstand
auf der Stahlplatte deckt, noch eine dünne Blechtafel aufgelegt und dann durch ein
Walzwerk (Kupferdrucker- oder lithographische Presse) durchgewalzt.
Die Presse oder die Walzen müssen so gestellt seyn, daß der Druck ein gleichmäßig
starker, jedoch nicht zu gespannter ist, da im letzteren Falle das Blei ausgedehnt
würde und mit demselben das Original in seiner ursprünglichen Form verlieren
würde.
Ist der Abdruck gemacht und hat sich die Bleiplatte gewölbt, so darf dieselbe nur auf
die Rückseite gelegt werden, durch ihre eigene Schwere wird sie bald gerade
werden.
Kann die Bleiplatte nicht sofort in den galvanischen Apparat gebracht werden, so ist
es gut, sie mit reinem leichtflüssigen Provenceröl leicht zu überziehen, was mit
etwas loser Baumwolle am besten geschieht; dadurch wird verhindert, daß das Blei
oxydirt, und so der Originalabdruck in seiner ursprünglichen Reinheit erhalten.
Um nun eine Druckplatte von Kupfer erhalten zu können, muß zuerst die Patrize
(erhabene Platte) erzeugt werden; zu diesem Behufe überzieht man die Bleiplatte auf
ihrer Rückseite mit einer dünnen Schichte reinen Wachses, damit nur die vordere
Seite zur Aufnahme des galvanischen Stromes und der Kupferablagerung fähig ist, und
bringt sie in den galvanischen Apparat (siehe weiter unten).
Hat die Kupferablagerung die Dicke einer halben Linie erreicht, so ist die Platte als
Patrize stark genug; man nimmt sie sofort aus dem Apparat, befreit die Ränder durch
Abfeilen von dem überschüssigen Kupfer, und wenn sie von allen Seiten frei ist,
bringt man die Kupfer- und Bleiplatte über eine Spirituslampe in mäßige
Wärme, wodurch die Trennung der beiden Platten leicht erfolgen wird.
Die nun entstandene Patrize ist in reinem Wasser mit wenig Spiritus vermischt zu
legen, damit sie bis zur Einlage in den Apparat zur Bildung der Matrize nicht
oxydiren kann.
Zur Gewinnung der eigentlichen Druckplatte (Matrize) ist dasselbe Verfahren nöthig
wie bei der Bleiplatte. Man überzieht die gewonnene erhabene Platte auf der
Rückseite mit Wachs, auf der Vorderseite ganz leicht mit Oel und zwar im erwärmten
Zustande, damit die abzulagernde Druckplatte nicht, was man sagt, anwachsen
kann.
Die Druckplatte muß wenigstens eine Linie stark seyn, und wenn starke Stengel oder
Rippen vorhanden sind, nach Verhältniß um so viel stärker, damit die Platte zum
Druckgebrauch auf der Rückseite abgeschliffen werden kann.
Daß die Platte vollständig rein, wenn nöthig polirt seyn muß, versteht sich bei dem
Druckverfahren von selbst, und es wird nicht nöthig seyn, sich hier weiter darüber
auszusprechen.
Bei dem Drucken selbst ist von der gewöhnlichen Regel des Kupferdruckers, eine starke
zähe Farbe zu nehmen, abzugehen; im Gegentheil muß die Farbe flüssig seyn und
erfordert bei dem Wischen alle Vorsicht, um die z.B. bei Blättern in ihrer ganzen
Größe vorhandene Vertiefung nicht auszuwischen, und ist
deßhalb sehr schwache Potasche oder Lauge anzuwenden.
Bei Stickereien und Spitzen dagegen muß die Farbe stärker seyn und mit einer
elastischen Walze (aus Leim und Syrup) aufgetragen werden. Hier gibt das weiße
Papier die Zeichnung des Gegenstandes.
Ich glaubte hier nur im Allgemeinen meine Erfahrungen andeuten zu müssen, und
überlasse jedem denkenden Drucker das rechte Verhältniß selbst zu finden.
Ein Hauptvortheil, und wohl der größte, der aus der Erfindung des Naturselbstdruckes
gezogen werden kann, ist wohl die getreueste Abbildung ganzer Herbarien sowohl, als
z.B. derjenigen Pflanzen und Blätter, wie der Giftpflanzen, welche zur Belehrung in
Schulen etc. auf eine beispiellos billige Weise naturgetreu hergestellt werden
können, und zwar vermittelst des lithographischen Ueberdrucks auf Stein.
Hr. Birkmann, Inhaber einer lithographischen Anstalt hier,
hat die bisher gefertigten Abdrücke geliefert.
Ich habe zu diesem Zwecke unmittelbar von der Bleiplatte einen Pflanzenabdruck
genommen und denselben auf Stein übertragen lassen, und es liegen, auf diese Weise
erzeugt, vollkommen gelungene Abdrücke vor.
Von einer Bleiplatte mit Spitzenmuster, so weich und empfänglich sie für das feinste
Haar im Drucke ist, ließ ich 15 Abzüge machen, und selbst bei den letzten sind die
feinsten Spitzenfäden noch ganz scharf erschienen.
Auf diese Weise wird die Anfertigung zweier galvanischer Kupferplatten erspart und
der Ueberdruck auf Stein kann bedeutend billiger hergestellt werden, als der Druck
der Kupferplatten.
Schließlich füge ich hier noch die Anfertigung eines sehr einfachen und
zweckentsprechenden galvanischen Apparats bei, wenn irgend Jemand Lust trägt, sich
derartige Platten selbst zu erzeugen.
Man lasse sich einen Kasten von gutem starken Holz, ungefähr 15 Zoll lang, 15 Zoll
tief und 12 Zoll breit, anfertigen und denselben an seinen inneren Wänden mit dünnem
gewalzten Blei, welches an allen Fugen verlöthet seyn muß, ausfüttern.
Auf diesen Kasten lasse man gleichsam als Deckel einen Rahmen machen von circa 1 1/2 Zoll Dicke und 2 Zoll Breite, und zwar so,
daß die innere offene Seite mit der des Kastens übereinstimmt.
In diesen Nahmen werden an jeder Längenseite inwendig nach oben freistehend zwei
Oesen mit hohlem Kopfe aus Messing eingeschraubt, um die Leitstange, welche von 1/4
Zoll starkem Messingdraht gefertigt wird, durchschieben zu können.
Die Leitstange läuft an den beiden Längen und der schmalen Seite des Rahmens herum
und ruht daher in den Oesen. An der schmalen Seite ist ein aufrecht stehendes Stück
Kupferblech angelöthet, welches oberhalb mit einem runden Loche versehen ist, um
eine zweite Leitstange durchführen zu können.
Nun läßt man sich einen ovalen Doppelreif von Siebholz machen und spannt eine
Rindsblase so darüber, daß der Beutel in den Apparat eingehangen werden kann,
versieht diesen Reif mit vier Oesen aus Kupferdraht an der obern Seite, um runde
Holzstäbchen durchschieben zu können, damit auf diese Weise sie auf beiden Seiten
auf dem Rahmen aufliegen.
Man fülle nun den Kasten mit in destillirtem Wasser aufgelöstem reinen Kupfervitriol,
hänge, nachdem die erstere Leitstange eingeschoben ist, die Blase ein, fülle sie mit
destillirtem Wasser und hänge die circa 1/4–3/8
Zoll starke Zinkplatte, welche etwas kleiner als die zu erzeugende Kupferplatte seyn
darf, ein, an welche ein nach Bedürfniß langer Messingstreifen angelöthet und oben
umgebogen ist, und zwar an die zweite Leitungsstange, welche durch das Kupferblech
eingeschoben, der Länge nach über dem Rahmen liegt.
Der Platte, auf welche eine galvanische Kupferablagerung gewonnen werden will, wird
ebenso auf der Rückseite ein Messingstreifen angelöthet, oben umgebogen und an die
erstere Leitstange in den Kasten so eingehängt, daß die Gesichtsseite der Blase
zugewandt ist; auf diese Weise können zu gleicher Zeit zwei Platten eingehangen
werden.
Nachdem die Blase gefüllt ist und zwar so, daß sie mit der Kupfervitriollösung
gleiches Niveau hält, gieße man 4 bis 6 Tropfen englische Schwefelsäure zu und in
kurzer Zeit wird der Apparat thätig seyn.
Wenigstens zweimal des Tages muß das Zink herausgehoben und von seinem unreinen Oxyd
befreit werden, was durch Abbürsten geschieht, wobei jedesmal ein paar Tropfen
Schwefelsäure zugesetzt werden; alltäglich aber muß das Wasser aus der Blase
entfernt und durch frisches ersetzt werden.
Vor allem ist die größte Reinlichkeit erforderlich, die Leitstangen müssen immer
glänzend rein erhalten und die Kupferlösung nicht mit andern Theilen vermischt, in
Gebrauch gelassen werden.
Da das darin enthaltene Kupfer durch die Ablagerung ausgezogen wird, so hänge man
schmale Säckchen mit Kupfervitriol gefüllt in den Apparat mit ein, damit das
entzogene Kupfer wieder ersetzt werde.
J. C. Hering.