Titel: | Verfahren die Zuckerbildung der Getreidearten mit Schwefelsäure statt des Malzens und Einmaischens zu bewirken; von Hrn. Leplay. |
Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. CXI., S. 424 |
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CXI.
Verfahren die Zuckerbildung der Getreidearten mit
Schwefelsäure statt des Malzens und Einmaischens zu bewirken; von Hrn. Leplay.
Aus Armengaud's Génie industriel, Novbr. 1855. S.
297.
Leplay's Verfahren die Zuckerbildung der Getreidearten mit
Schwefelsäure statt des Malzens zu bewirken.
Bisher hat man in den Kornbrennereien und Brauereien, um die Zuckerbildung der
Getreidearten zu bewerkstelligen, nur das Malz (die gekeimte Gerste) angewandt;
während des Einmaischens mit der gekeimten Gerste verwandelt sich das Stärkmehl des
Korns mehr oder weniger vollständig in Zucker.
Das Kochen mit verdünnter Schwefelsäure wurde bisher nur benutzt, um das
Kartoffelstärkmehl (im isolirten Zustande) in Zucker umzusetzen. Es gelang nun Hrn.
Leplay dieses Verfahren vortheilhaft anzuwenden, um
das in den Getreidearten, dem Weizen, Roggen, der Gerste etc. enthaltene Stärkmehl
in Zucker zu verwandeln. Bei dieser Methode ist einerseits die Ausbeute
beträchtlicher, andererseits erspart man den Arbeitslohn für das Keimen oder Malzen
der Gerste; überdieß erhält man einen Syrup oder eine Würze, welche während der
Gährung (sey es für die Spiritusdestillation oder für die Bierbrauerei) nicht sauer
wird, wie bei der bisherigen Methode; endlich bekommt man einen fuselfreieren und
leichter zu rectificirenden Spiritus.
Verfahren. – Das Korn wird geschrotet, wie für die
Brauereien.
Dasselbe wird dann in sein gleiches Volum Wasser eingerührt, welchem man beiläufig 2
Procent (concentrirte) Schwefelsäure zugesetzt hatte; dieses Gemenge, welches einen
dicken Teig bildet, wird in eine hölzerne Kufe gegeben, deren Boden 4 bis 7 Zoll
hoch mit Wasser bedeckt ist, welchem man 5 bis 6 Proc. seines Gewichts Schwefelsäure
beigemischt hat. Dieses Wasser wird durch eingeleiteten Dampf im Sieden erhalten;
der Dampf strömt am Boden der Kufe durch ein an seinem Ende offenes Bleirohr
aus.
Das auf angegebene Weise mit saurem Wasser zum Teig angemachte Korn wird nach und
nach in die Kufe gegeben, bis dieselbe auf 1 Fuß Abstand vom obern Rande gefüllt
ist. Während des Eintragens des Teiges muß man einen raschen Dampfstrom unterhalten,
damit die Flüssigkeit in starkem Kochen bleibt, weil sich sonst Klumpen bilden
können, welche sich nur schwer mittelst Zuckerbildung verflüssigen lassen. Nachdem
die Kufe ganz beschickt ist setzt man das Sieden fort, bis keine Zuckerbildung mehr
stattfindet. Die Zeit, während welcher die Zuckerbildung stattfindet, ist nach der
Menge der angewandten Säure verschieden; je mehr Säure man anwendet, desto rascher
erfolgt die Zuckerbildung. Das Verhältniß wobei man den besten Erfolg mit der
größten Ersparniß an Säure und Brennmaterial erzielte, ist 4 bis 6 Kilogr.
(concentrirte) Schwefelsäure auf 100 Kilogr. Korn; bei demselben muß man, nachdem
Alles in die Kufe eingetragen ist, den Syrup 15 bis 18 Stunden lang im Sieden
erhalten. Der so bereitete Syrup hat eine Dichtigkeit von 14 bis 18°
Baumé bei 15° C.; er läßt sich aufbewahren, ohne eine Veränderung zu
erleiden.
Bevor man diesen Syrup zur Gährung verwendet, muß seine Säure gesättigt, er dann mit
Wasser verdünnt und abgekühlt werden. Das Sättigen der Schwefelsäure geschieht am
besten mit Kreide oder Kalkstein, weil dieselben sehr wohlfeil sind und der
entstandene Gyps sich größtentheils aus dem Syrup absetzt; dazu kommt noch, daß der
kohlensaure Kalk als ein unauflöslicher Körper ohne Nachtheil für die Gährung in
Ueberschuß angewandt werden kann.
Nachdem der Syrup so gesättigt ist, verdünnt man ihn mit kaltem Wasser bis zur
Dichtigkeit von 5 oder 6° Baumé, und setzt ihn auf gewöhnliche Weise
mit ein wenig Bierhefe in Gährung.
Der auf angegebene Weise mit kohlensaurem Kalk gesättigte Syrup ist noch stark sauer;
es bleibt nämlich in dem Syrup beiläufig 1/4 Proc. der ursprünglich angewandten
Säure zurück, auf welche der kohlensaure Kalk gar nicht wirkt. Wenn man diesen Syrup
für die Brauerei bestimmt, so muß er vollkommen neutral oder nur schwach sauer seyn;
um die zurückbleibende
Säure zu sättigen, versetzt man ihn mit einer hinreichenden Menge von Kalkhydrat,
welches gut mit Wasser angerührt wurde, ohne jedoch einen Ueberschuß davon
anzuwenden, weil es sonst den Syrup färben und ihm einen unangenehmen Geschmack
ertheilen würde.
Der so gesättigte Syrup wird durch ein leinenes oder wollenes Filter filtrirt, und
selbst über Knochenkohle, wenn man ihn entfärben will. Wenn er nicht in der Fabrik
selbst, wo er dargestellt wurde, verwendet wird, sondern weit versendet werden soll,
so muß man ihn concentriren bis er kochend 38 oder 42° Baumé zeigt,
und dann in Fässer gießen worin er beim Erkalten fest wird.
Ist der Syrup zur Spiritusfabrication bestimmt, so kann man ihn versenden, ohne daß
er mit Kreide gesättigt und abgedampft wurde; in diesem Zustande hält er sich
unverändert. Solcher Syrup läßt sich mit Vortheil in Vermischung mit denjenigen
Zuckerlösungen anwenden, welche zur vollständigen Gährung einen Zusatz von
Schwefelsäure erfordern, wie die Melasse und der Saft von Runkelrüben.