Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. , S. 72 |
Download: | XML |
Miscellen.
Miscellen.
Maaß- und Gewichtseinheit.
Wie bei der Industrie-Ausstellung in München, so ist bei jener in Paris ein
Ausspruch zu Gunsten einer Maaß- und Gewichtseinheit erfolgt, und zwar in
folgender Erklärung: „Die unterzeichneten Mitglieder der internationalen
Jury der allgemeinen Ausstellung zu Paris oder Commissäre der Regierungen bei
dieser Ausstellung erklären, daß nach ihrer wohldurchdachten Ueberzeugung eine
der geeignetsten und die glückliche Annäherung aller Nationen durch die
Industrie am meisten beschleunigenden Maßregeln in der Annahme eines gleichmäßigen Maaß- und Gewichtsystems bestände.
Es wäre dieß gewissermaßen eine gemeinsame Sprache, die auf allen Punkten der
Welt gesprochen und verstanden würde. In Rücksicht auf jeden einzelnen Staat
insbesondere glauben sie, daß allen denjenigen, die sich mit Industrie als Chefs
von Etablissements oder Häusern, als Ingenieurs, Beamte und Arbeiter
beschäftigen, eine kostbare Zeit gewonnen werden würde, wenn dieses gleichmäßige
System der Maaße und Gewichte auf decimaler Basis begründet wäre, so daß die
Theile und die Vielfachen einer jeden der Einheiten beständig die einen das
Zehnfache der anderen seyen. Diese Zeitersparniß würde noch viel größer seyn,
wenn die verschiedenen, für Längen-, Flächen- und Körpermaaße,
Gewicht und Münze angenommenen Einheiten von einander abgeleitet würden gemäß
einem zehntheiligen Verhältnisse. Sie sind endlich der Meinung, daß die
bestehende Gewohnheit der verschiedenen Länder, die Einheiten des Gewichtes und
der Maaße mit verschiedenen durch die Jahrhunderte befestigten Benennungen zu
bezeichnen, kein Hinderniß bilden würde; denn nichts stände für die meisten
Fälle im Wege die alten Namen den neuen Einheiten beizulegen. Demnach glauben
sie der Fürsorge der Regierungen und aller Aufgeklärten, welche Freunde der
Civilisation und der allgemeinen Eintracht der Welt sind, den Gedanken eines
gleichmäßigen Systems der Gewichte und Maaße auf decimaler Grundlage –
letzteres sowohl was die Theile, als was die Vielfachen, als auch was die
Verhältnisse der Gewichts- und Maaßeinheiten unter einander betrifft
– mit Nachdruck empfehlen zu müssen.“ (Eisenbahnzeitung, 1855,
Nr. 38.)
Verwendung von Bohr- und Drehspänen.
Um den currenten Abfall von guß- und schmiedeisernen Bohr- und
Drehspänen bei den ausgedehnten Werkstätten zu Reschitza zu verwerthen, wurde die
Einleitung getroffen, daß in das Gerinne, in welches das Roheisen abgestochen wird,
und in die darin angebrachten kleinen Sümpfe, so wie in die Flossenschalen vor jedem
innerhalb einer halben Stunde sich wiederholenden Abstiche an Bohrspänen mindestens
10 Procent des abzulassenden grauen Roheisens gegeben werden. Auf diese Weise werden
die Bohrspäne, welche sonst ein fast gänzlich verlorenes Gut sind und sich nur
unvortheilhaft anders verwerthen lassen, von dem darüberfließenden Roheisen
aufgezehrt und ohne weitern Brennmaterial-Aufwand zu Gute gebracht.
Abgesehen aber von der erwähnten unmitelbaren Verwerthung der Bohrspäne ist noch ein
anderer praktischer Vortheil mit diesem Verfahren verbunden. Die Abfälle gelangen
gewöhnlich in etwas verrostetem Zustande in die Auflösung: dem darüberfließenden
angekohlten Roheisen wird durch die oxydirende Wirkung derselben ein Theil seines
Kohlenstoffs entzogen, wodurch es gleichsam feinirt und – wie der günstige
Erfolg bei den Puddelöfen zeigt – zum vortheilhaften Verpuddeln zweckmäßig
vorbereitet wird. (Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen,
1855, Nr. 39.)
Anwendung des Kautschuks und der Gutta-percha zu
Maschinentheilen, anstatt Holz.
W. E. Newton in London ließ sich am 2. April 1854 die
Anwendung von geschwefeltem Kautschuk, mit oder ohne Schellack, sowie von
geschwefelter Gutta-percha als Material für Maschinentheile patentiren,
welche leicht und fest, dabei aber nicht zerbrechlich seyn müssen.
Sollen hiernach Spindeln für Vor- und
Feinspinnmaschinen verfertigt werden, so gießt oder formt man den Würtel oder die
Rolle mit der Spindel; um die erforderliche Starrheit der Spindel zu erzielen, wird
als Kern ein Eisen- oder Stahldraht in die Form eingeführt und mit dem
plastischen Material verbunden. – Um Riffel-, Streck- und
andere Walzen für die Vor- und Feinspinnmaschinen
zu verfertigen, wird ein Metallstab, welcher die Achse der Walze zu bilden hat, als
Kern in der Form eingeführt.
Zur Anfertigung der Schützen für Webestühle ist diese
harte Composition um so geeigneter, weil an den Enden solcher Schützen leicht der
Metallbeschlag angebracht werden kann, so wie oben in der Mitte die Vertiefung mit
der Zwecke für die Einschußspule. Diese Stücke werden mit der in plastischem Zustand
befindlichen Composition in die Schütze-Form gebracht; eine Vereinigung der
Composition mit dem Metall ist durch Druck leicht herzustellen.
Das plastische Material besteht aus 1 Gewichtstheil Schwefel und 2 Gewichtstheilen
Kautschuk oder Gutta-percha; man kann auch von Kautschuk und Schellack 1
Theil auf 1 Theil Schwefel nehmen. – Die zu der erforderlichen Gestalt
geformten Artikel werden etwa sechs Stunden lang einer Temperatur von beiläufig
300° Fahr. (149° C.) ausgesetzt, während sie sich in Formen oder
eisernen Büchsen unter Druck befinden, eingebettet in ein zartes Pulver von
gebranntem Gyps oder Speckstein.
Für Artikel, bei denen ein Zerbrechen nicht zu besorgen ist, kann man der plastischen
Composition Korkpulver, Sägespäne, Baumwollabfälle etc. einverleiben, im Verhältniß
von 1 Gewichtstheil auf 2 Gewichtstheile der Composition.
Um die plastische Composition als Futter für Zapfenlager
anstatt Bronze anzuwenden, werden ihr 75 Procent oder das gleiche Gewicht Graphit
einverleibt; man erhält so eine Substanz welche durch Reibung nicht abgenutzt wird
und daher eine hohe Politur annimmt. Die Lager werden auf oben angegebene Weise
geformt und hernach unter Druck der Hitze ausgesetzt. (London
Journal of arts, Septbr. 1855, S. 139.)
Bonelli's unterseeische Telegraphenleitungen.
Hr. Bonelli soll eine neue Construction unterseeischer
Telegraphenleitungen erfunden haben, welche deren Kosten beträchtlich (um mehr als
die Hälfte) vermindert. – Nach den bis jetzt darüber bekannt gewordenen
Notizen wendet derselbe die gewöhnlichen mit einer Eisendrahthülle versehenen Taue
nur an beiden Endpunkten, auf Strecken von 3 bis 4 Seemeilen vom Ufer, an, und legt
dann in das tiefe Wasser nur gewöhnliche isolirte Kupferdrähte, zu deren Isolirung
er statt Gutta-percha eine harzige Masse benutzt, welche an der Luft weich
ist, im Wasser aber erhärtet. Dadurch würde in der That nicht allein an
Material- und Fabricationskosten, sondern auch an den Kosten des Transportes
und der Auslegung erheblich erspart werden; die seither beim Herstellen
unterseeischer Leitungen gemachten Erfahrungen sind allerdings nicht geeignet,
großes Vertrauen in diese Erfindung zu erwecken, indeß ist dieselbe noch zu
unvollkommen bekannt geworden, um über ihren Werth urtheilen zu können. (Zeitschrift
des deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereins. Juli 1855.)
Ueber einen bedeutenden Arsenikgehalt geringer Papiersorten,
besonders des grauen Filtrirpapiers (Löschpapiers); von Dr. H. Vohl.
Fast allgemein kommt jetzt im Handel eine Sorte sehr geringen grauen Filtrirpapiers
vor, welches in enormen Quantitäten verbraucht wird, aber einen bedeutenden
Arsenikgehalt zeigt. Diese Papiere werden von Papierschnitzeln und alten Tapeten
verfertigt, welche letztere fast nie frei von arsenikalischen Kupferfarben
(Schweinfurter und Neuwieder Grün) sind, eben so sind dieselben häufig von
Bleioxydfarben begleitet. Wird ein Quadratzoll dieser Papiere mit verdünnter
Schwefelsäure und metallischem Zink im Marsh'schen
Apparate behandelt, so erhält man sehr starke Arsenikspiegel. In einem Bogen solchen
Papiers fand der Verfasser bei einer angestellten Analyse 1 Gran arsenige Säure, 5/6
Gran Kupferoxyd und 1 1/4 Gran Bleioxyd. Demnach berechnet sich der Arsenikgehalt
eines Buches solchen Papiers à 24 Bogen zu 24
Gran. Wie gefährlich der Gebrauch eines solchen Papieres werden kann, geht aus dem
großen Arsenikgehalt desselben hervor. So fand z.B. der Verfasser dieses
arsenikalische Papier von Conditoreien zur Unterlage von feinem Backwerk (Makronen)
benutzt, welches hernach an Kinder zu Naschwerk verkauft von denselben ausgekaut
wurde; auch wird es oft in den Kram- und Specereiläden zum Einpacken benutzt,
welches wohl eben so wenig zulässig ist. (Archiv der Pharmacie Bd. CXXXII S.
131.)
Verfahren, aus den gemischten Geweben die Wolle oder Baumwolle
für sich zu gewinnen; von L. Jullion.
Gewinnung der Baumwolle oder des vegetabilischen
Faserstoffs. – Wenn ich die vegetabilische Faser in unversehrtem
Zustande aus den gemischten Geweben mittelst Auflösens der Wolle zu gewinnen
beabsichtige, so koche ich einfach die Gewebe lang genug in einer Auflösung von
Aetznatron oder gebranntem Kalk.
Gewinnung des Stickstoffs der Wolle in Form von Ammoniak.
– Dazu bringe ich die Gewebe in ein geschlossenes Gefäß, wie man es zur
Ammoniakbereitung anwendet, nebst so viel Aetznatron oder Kalk als zur Zersetzung
der Wolle erforderlich ist; dann erhitze ich das Gemenge auf geeignete Weise,
vorzugsweise indem ich Hochdruckdampf durch die ganze Masse der Zeuge leite; den
sich entwickelnden Ammoniakdampf verdichte ich entweder in Wasser oder leite ihn
sogleich in eine Säure.
Gewinnung der animalischen Faser aus diesen Geweben in
pulverförmigem Zustande. – Die Zeuge werden mit dem Aetznatron oder
Kalk in einem offenen Kessel auf beiläufig 66° R. erhitzt; die entstandene
Flüssigkeit wird abgezogen und entweder durch einen Strom Kohlensäure oder mittelst
einer Mineralsäure neutralisirt, wobei der thierische Faserstoff in Form eines
feinen Pulvers gefällt wird, welches man auf einem Filter sammeln und zum Gebrauch
trocknen kann. Je nach dem Wollengehalt der gemischten Gewebe sind 3 bis 4 Ctr.
Natron oder 6 bis 7 Ctr. Kalk auf 20 Ctr. Zeuge erforderlich.
Gewinnung der Wolle in unversehrtem Zustande –
Dazu tränke ich die Gewebe mit der Auflösung einer Säure, vorzugsweise
Weinsteinsäure oder Oralsäure, man kann aber auch Schwefelsäure anwenden; dann
erhitze ich die getränkten Zeuge in einer geeigneten Kammer mittelst eines
Dampfstrahls auf beiläufig 300° F. (149° C.), wodurch der
vegetabilische Faserstoff bald morsch wird und seinen Zusammenhang verliert; die
Wolle kann dann mittelst einer Lockenkrempel ausgekämmt werden, während die
vegetabilische Substanz als Staub abfällt. Patentirt in England am 13. December
1854. (Repertory of Patent-Inventions, September
1855, S. 239.)
Die Zucker- und Spiritusfabrik der HHrn. Robert und Comp. zu Selowitz in Mähren.
Von Hrn. Dr. K. J. Kreutzberg
in Prag erscheinen seit Anfang d. J. sehr interessante Monographien unter dem Titel:
„Beiträge zur Würdigung der Industrie und
Industriellen Oesterreichs (Prag, Commission der J. G. Calve'schen Buchhandlung).“ Wir empfehlen
dieses in Heften erscheinende Werk um so mehr der Beachtung unserer Leser, da der
Verfasser in demselben auch die speciellen technischen Verbesserungen bespricht,
welche in den von ihm geschilderten Etablissements eingeführt wurden, und weil er
die Production und Arbeitskraft dieser Etablissements stets in ihrer
volkswirthschaftlichen Bedeutung und in ihrem Zusammenhang mit anderen
Industriezweigen darstellt. Das erste Heft betrifft die Etablissements von Gottlieb
Haase Söhne in Prag; das zweite die Starck'schen Berg- und Mineralwerke sammt
Fabriken; das dritte die Etablissements von Robert und
Comp. in Wien. Letzterem Heft sind die nachfolgenden Notizen über die Fabrik zu Selowitz nächst Brünn (errichtet im Jahr 1837)
entnommen.
Das colossale Quadrat von Gebäuden nebst dem unmittelbar zur Fabrication benutzten
Raume, umfaßt die Fläche von 15 Joch oder 24000 Quadratklafter. Dem Rübenbau ist
durch Vertrag mit der Oekonomie-Direction der Domaine eine Fläche von 1000
Joch gesichert, wozu noch über 200 Joch eigene oder gepachtete nahe Gründe kommen.
Ungeachtet der sorgfältigen Cultur, welche 350–400 Ctr Rüben per Joch liefert, beschäftigt diese Rübenquantität die
Fabrik noch nicht genügend; sie könnte mit der vorhandenen, nebstbei für 100,000
Ctr. getrockneter Rüben berechneten Einrichtung, das ungleich größere Rübenquantum
von etwa 600,000 Ctr. oder 90,000 Ctr. frischer Rüben monatlich, während der
Campagne verarbeiten. Ebenso könnten neben dem eigenen Rohzucker von 20 bis 25,000
Ctr. noch sehr leicht 30,000 Ctr. Rohzucker anderer Fabriken raffinirt werden, ohne
Räume und Einrichtung übermäßig in Anspruch zu nehmen.
Das Kesselhaus der Zuckerfabrik, welches in der Länge
150', in der Tiefe 60' mißt, enthält in Einer Reihe 18 Dampfkessel = 900
Pferdekräfte, wovon 12 fortwährend für die Fabrik und Brennerei im Gebrauche sind;
der Dampf wird nach mannichfaltiger und wiederholter Benutzung als Speisewasser in
die Kessel zurückgeführt. – Die Triebkraft liefern 12 Dampfmaschinen von
6–20 Pferdekräften, wovon mehrere kleine bloß zur Saft- und
Wasserhebung dienen.
Von den übrigen Arbeits- und Hülfsapparaten bilden den Haupttheil: 3
Rübenwaschapparate, 2 Reibcylinder; 12 hydraulische Pressen mit 2 Vorpreßcylindern;
1 besondere Macerationsabtheilung für frische und getrocknete Rüben mit mechanischer
Zuführung derselben in die Apparate, deren die eine Batterie 16, die andere 6
umfaßt; 3 Filtrirapparate jeder à 4 Filter 15 Fuß
hoch, 4 3/4 Fuß im Durchmesser; 4 Vacuum- und 3 Abdampfapparate nach der
eigenthümlichen Construction des Hrn. Florent
Robert,Wir verweisen auf Prof. C. Siemens' Beschreibung
des Robert'schen Vacuum-Apparates im
polytechn. Journal Bd. CXXXVII S.
405.A. d. Red endlich 10 Centrifugalmaschinen.
Von dem erwähnten Abdampfapparat wird eine ausgedehnte Anwendung noch in so fern
gemacht, als die bereits benutzten Dämpfe zur Beheizung vieler Localitäten verwendet
werden; die einzelnen Oefen bestehen einfach in einem System verticaler metallener
Röhren, deren geringer Querdurchschnitt bei größerer Anzahl, der durch selbe
circulirenden von den Dämpfen umspülten und dadurch erhitzten Luft, einen langen
Weg, daher vermehrte Heizfläche darbietet, die von einem Cylinder nach Art der
sogenannten Kanonenöfen umschlossen. Diese zahlreichen Dampfheizungen –
eigentlich durch Dampfhitze bewirkten Luftheizungen – gewähren in allen
Localitäten die benöthigte dabei sehr angenehme Wärme. Hinsichtlich der ökonomischen
Vortheile des Robert'schen Abdampfapparats diene
schließlich noch die Notiz, daß von den vermittelst desselbe für verschiedene Zwecke
verwendeten drei- auch viermal benutzten Dämpfen 95 Procent condensirt in die
Heizkessel zurückgelangen.
In der Brennerei (errichtet 1840) wird die vom dritten und
vierten Producte der Centrifugalmaschinen entnommene Melasse auf Spiritus von 94
Procent verarbeitet. Acht, mehr hohe als weite Gährungsbottiche, jeder über 200
Wiener Eimer (1 W. E. = 40 Maaß = 56,60 Liter) werden, täglich je zwei, abdestillirt
zur Verarbeitung von 100 Ctr. Melasse; von letzterer sind beiläufig 12000 Ctr.
Rückstände der eigenen Zuckerfabrication, 7–8000 Ctr. jährlich werden von
fremden Fabriken verarbeitet, und außerdem auch, je nach der Conjunctur im Preise
des Getreides, von letzterm. Von den fünf Rectificationsapparaten sind drei eigener
Construction des Hrn. Florent Robert, und die Einrichtung
gestattet eine tägliche Production von 25 Eimern hochgradigen Spiritus.
Die ganze Fabrik, welche natürlich mit eigener mechanischer Werkstätte versehen ist.
wird durch 400 Gasflammen beleuchtet.
Zur Runkelrübenzucker-Fabrication. – Ueber die
relativen Vorzüge der Saftgewinnung nach dem Verfahren des Pressens, der Maceration
und des Auslaugens getrockneter Rüben.
In der Zuckerfabrik zu Selowitz hat man durch mehrere Jahre die dreierlei Methoden
zur Saftgewinnung durchgeführt; es wird nämlich mit 12 hydraulischen Pressen der
geriebene Rübenbrei gepreßt, andererseits werden Rübenschnitte im grünen Zustande
durch Wärme aufgeschlossen und durch hydrostatischen Druck ausgelaugt, endlich
werden in 22 Trockenöfen Rübenschnitte getrocknet und in den Macerationsapparaten
während des Sommers ausgelaugt. Ueber die durch Vergleichung der drei Methoden
erhaltenen Resultate hat Hr. Florent Robert vor einiger
Zeit einer österreichischen Handelskammer Bericht erstattet, Hr. Dr. Kreutzberg theilt das
betreffende Gutachten in dem oben erwähnten dritten Heft seiner „Beiträge
zur Würdigung der Industrie und Industriellen Oesterreichs“ mit; wir
lassen es hier wörtlich folgen.
„Die Reiben, Pressen und die dazu nothwendigen
Pumpen sind in ihrer Aufstellung kostspielig, großen Reparaturen unterworfen,
erfordern zu ihrer Bedienung einen bedeutenden Auswand von Dampf- und
Menschenkraft, nehmen große Summen in Anspruch für Sägeblätter, Horden, Säcke
etc. und machen eine mechanische Werkstatt durchaus unentbehrlich; da aber jede
Presse ohne nothwendigen Zusammenhang mit der folgenden sich befindet, so kann
die Continuirlichkeit der Manipulation nach Belieben unterbrochen werden. Die
Presse kann im schlimmsten Falle das Wasser gänzlich entbehren, und die
Preßrückstände zu circa 15 à 25 Proc. des Rübengewichtes nach Maaßgabe der Pressung
reducirt, sind leicht wegzuschaffen. – Die Presse ist überdieß längst
bekannt, ihre Operationen sind am Tage, da und dort ziemlich verstanden; sie
genießt durch ihre allgemeine Verbreitung, ihren langen Besitzstand, ein
allseitiges Vertrauen, erregt bei ihren Verehrern das beseligende Gefühl eines
im unbestrittenen Besitz erhaltenen alleinseligmachenden Dogma's. – Sogar
ihre Widersacher widersprechen nicht, daß man damit selig werden könne! In
Berücksichtigung dieser, das Gemüth beruhigenden Verhältnisse, wäre es gewagt,
vielleicht sogar unverantwortlich, diesen Glauben untergraben zu
wollen.“ –
„Die Aufstellung aller Apparate, welche zum Betriebe einer zweckmäßigen
Maceration nothwendig sind, um eine ähnliche
Quantität Rüben anstatt mit Pressen zu verarbeiten, kostet viel weniger Ihre
Unterhaltung und Reparaturen sind kaum der Erwähnung werth. Der Aufwand an
Dampf- und Menschenkraft zu ihrer Bedienung dürfte auf den dritten Theil
derjenigen, welche die Pressen in Anspruch nehmen, reducirt werden. Ein
Schlosser ist mehr als hinreichend, zu ihrer Erhaltung im dienstfähigen
Zustande. Allein die Maceration erfordert Wasser, bedingt eine gewisse
Continuirlichkeit im Turnus ihrer Operationen, die nicht ohne Verlust
unterbrochen werden kann. Ihre Abfälle wiegen bis 58 Procent des ursprünglichen
Gewichtes der Rübe. Ihre Operationen sind dem Auge des Uneingeweihten
größtentheils entzogen, und nur ein höherer Grad von Bildung kann solche klar
vergegenwärtigen. Im Allgemeinen ist diese Manipulationsmethode wenig bekannt;
ihre Principien sind kaum verstanden und beinahe nirgends praktisch nach den Anforderungen
einer wissenschaftlichen Theorie in Anwendung gebracht. – Wie vielfältig
sind nicht die Klagen derjenigen, die sich darin ohne Compaß versucht haben!
Nach ihren Ansichten „„wird die Rübe nicht vollständig
ausgelaugt, der gewonnene Saft nimmt durch seine Verdünnung, bei der
Berührung mit Wasser, eine große Verdampfung in Anspruch; seine
Läuterung ist ungleich und unvollständig, die daraus gewonnenen Producte
sind geringer sowohl in Quantität als Qualität, endlich sind die Abfälle
schwierig zum Wegschaffen.““ – – Es
läßt sich nicht verkennen, daß bei einer schlechten
Manipulation diese Klagen vollkommen gegründet sind, während sie bei einer gut
eingerichteten und zweckmäßig betriebenen Maceration sammt und sonders in nichts
zerfallen! Zur Beseitigung aller dieser Nachtheile ist es hinreichend, die Temperatur von 70° R. beim Erwärmen der Rübe nicht zu überschreiten, die
Gesammtbatterie in einer Temperatur von 66 bis 68° R. zu halten; den hydrostatischen
Druck so zu regeln, daß der Zufluß constant, gleichmäßig und so langsam ist,
daß das Wasser, welches berufen ist den Saft schichtenweise zu verdrängen,
nicht schneller durch die Rübenmasse fließt, als der klebrige Rübensaft das
Zellengewebe zu verlassen vermag. Bei dem oben angegebenen Zustande der
Temperatur wird jede Zersetzung beseitigt, und bei der Langsamkeit und
Regelmäßigkeit der Operation wird nicht nur die Rübe vollständig ausgelaugt,
sondern bei hoher grädiger Rübe wird zu diesem Behufe weniger Wasser dem
Rübensafte beigemengt, als man genöthigt ist auf die Rübe fließen zu lassen,
wenn man den Saft eben so vollständig auspressen will.“
„Ohne uns hier auf eine wissenschaftliche Begründung des oben Gesagten
einzulassen, da solche die Gränzen dieser Schrift weit überschreiten würde, mag
es denjenigen, die daran Interesse finden für den Augenblick genügen, daß bei
der Anwendung einer zweckmäßigen und gutgeleiteten Maceration die genaue
Beobachtung des oben angegebenen Verfahrens vollkommen hinreiche, um die
erwähnten Uebelstände gänzlich zu beseitigen Nur die Masse der Macerationsfälle
läßt sich ohne ungerechtfertigten Aufwand auf ein geringeres Gewicht nicht
reduciren. Da aber diese Abfälle den Eiweißstoff, einen der wesentlichsten
Nahrungsbestandtheile der Rübe, im coagulirten Zustande enthalten, welches
Product bei der Presse größtentheils verloren geht, da der Faserstoff im
gekochten Zustande sich der thierischen Natur leichter und vollständiger
assimilirt, ist es unbestreitbar, daß die ausgelaugten Abfälle eines Centners Rüben mehr Nahrungsfähigkeit
enthalten als die Preßrückstände desselben Quantums. Nach Aussage
sachverständiger und unparteiischer Landwirthe beträgt diese Differenz
mindestens 25 Procent zu Gunsten der Macerations-Abfälle. Der
Fracht-Unterschied ist um so weniger zu berücksichtigen, als dieses
Product kein Handelsgut ist, welches zum weitern Transporte bestimmt ist,
sondern nur in der Nachbarschaft einer Fabrik als Rückfracht für die gelieferten
Rüben verladen wird und um so weniger Schwierigkeiten bieten kann, als eine
Fuhre, welche 30 Centner Rüben gebracht, nur circa
17 Centner als Rückladung zurück zu führen bekommt.“ –
„Wenn diese Manipulations-Methode weniger Kräfte in Anspruch nimmt,
erfordert dieselbe anfänglich mehr Aufmerksamkeit bei der praktischen
Ausführung. – Zur Feststellung ihrer naturgemäßen Principien sind lange
und kostspielige Versuche gemacht worden.“
„Die Regelmäßigkeit dieser Fabrication läßt nun aber wenig zu wünschen
übrig. Die Producte, die dieses (Robert'sche)
Etablissement dem Handel übergibt, leisten wohl die beruhigende Bürgschaft, daß
die Maceration zur Verschlechterung derselben wenigstens nichts beiträgt. Allein
dieses Beispiel steht beinahe vereinzelt da; seine Nachahmung, die da und dort
ohne gehörige Sachkenntniß versucht wurde, kann durchaus nicht glücklich genannt
werden, und mag nicht wenig dazu beigetragen haben das öffentliche Zutrauen zu
schwächen.“
„So laut als dieses Zeugniß für die dort gewonnene Ueberzeugung der
Vortheile dieser Arbeitsmethode spricht, wird es schwerlich andere Gesinnungen
hervorrufen, da man gar häufig dem Publicum nicht verargen kann, daß es die
allgemein bekannte und betretene Straße beibehält.“ –
„Die Versuche, die in Selowitz mit dem Trocknen der
Rüben und Auslaugen derselben mit besonderer Consequenz und im ziemlich
großen Maaßstabe vier Jahre lang gemacht wurden, haben zur Ueberzeugung geführt,
daß sowohl im Interesse der Landwirthschaft, als in jenem der
Zuckerfabrication selbst, dieses Verfahren um so weniger allgemein zu empfehlen
sey, als der Kostenaufwand für beide Operationen nicht unbedeutend größer sey,
als für die directe Verarbeitung der grünen Rübe, ohne in der Quantität oder in
der Qualität des gewonnenen Productes eine Entschädigung dafür zu bieten.
– Demungeachtet aber läßt sich nicht widersprechen, daß es Fälle geben
könne, wo diese Industrie dennoch nicht ohne Nutzen
betrieben werden mag. Sie gewährt den Vortheil, das ganze
Jahr regelmäßig fortarbeiten zu können, und gestattet dadurch eine
vortheilhafte Benützung des Anlags-Capitals wie des angestellten
Arbeits- und Aufsichtspersonals. – Da die Rübe im getrockneten
Zustande nicht mehr Frachtkosten verursacht aus einer Entfernung von 20 Meilen,
als dieselbe im grünen Zustande aus einer Entfernung von zwei Meilen, so steht
einem solchen Etablissement eine Arealfläche von 1200 Quadratmeilen zur
Verfügung, während dieser Raum auf 12 Quadratmeilen im zweiten Falle
zusammenschrumpft. Eine solche Anstalt mit großen Capitalien ausgerüstet, steht
in der Kategorie einer Raffinerie, kann ebenso gut in der Nähe einer großen
Stadt, und am vortheilhaftesten auf den Kreuzpunkten der Eisenbahnen, der
Fluß- und Canalschifffahrt, und den übrigen Communicationsmitteln
angelegt werden.“
„Der Zuckerfabrikant aus grünen Rüben ist gewissermaßen an die Scholle
gebunden; allen Zufällen der Jahreszeiten und der Witterungsverhältnisse seiner
nächsten Umgebung unvermeidlich preisgegeben; er ist allen Wechselfällen der
Willkür und Laune einiger Gutsbesitzer seiner Nachbarschaft dienstbar, und
bleibt verurtheilt, dem Rübenproducenten, es mag derselbe Groß- oder
Kleinbesitzer seyn, als Lehensmann zu dienen. – Der Zuckererzeuger aus
trockenen Rüben dagegen hat ganze und ausgedehnte Provinzen zu seiner Verfügung,
läßt Rüben bauen, wo Boden und klimatische Verhältnisse dieser Cultur sowohl in
Hinsicht der Quantität als der Qualität zusagen, und kann noch diejenigen
Localitäten wählen, wo der Preis des Brennmaterials und Arbeitslohnes seiner
Speculation entspricht. Eine unglücklichenfalls vorgefallene Unterbrechung in
der Fabrication ist für denselben nur ein Zeitverlust, ohne Einfluß auf die
Qualität des Rohmaterials; während ein solcher Unfall für seinen nach den zwei
andern Methoden arbeitenden Rivalen verderbenbringend seyn kann. Eine
Trockenanstalt, welche bei der Vereinzelnung und Einfachheit ihrer Anlagen keine
großen Capitalien in Anspruch nimmt, kann leicht ohne großen Nachtheil
aufgegeben werden und eine andere Bestimmung bekommen. Bei der schlechten Wahl
der Localität, ihrer Aufstellung, kann sie leicht anderswohin verlegt werden.
– Die Aufgabe 2,000,000 Centner Rüben im getrockneten Zustande auf Einem
Punkte zu verarbeiten, mag noch leicht zu lösen seyn, während die Verarbeitung
von 500,000 Centnern im frischen Zustande sogar bei den günstigsten
Verhältnissen sehr schwer zu leisten ist. Wenn auch der Vortheil, den die
Verarbeitung der grünen Rübe gewährt, denjenigen überbietet den man aus der
Verarbeitung derselben Quantität getrockneter Rüben zu ziehen im Stande ist,
kann es dennoch für einen großen Capitalisten Nutzen bringend erscheinen, einen
ermäßigten partiellen Gewinn auf ein größeres Quantum übertragen zu
können.“
„Es ist aber nicht außer Acht zu lassen, daß diese Manipulationsmethode in
ihrer Durchführung noch bei Weitem mehr Aufmerksamkeit erfordert, als diejenige
der Maceration aus grünen Rüben. Die Aufgabe, die Rüben zu schneiden ohne sie
durch Zerdrücken zu beschädigen, und zu trocknen, ohne sie zu zersetzen, ist bei
Weitem nicht als gelöst zu betrachten, und beirrt die Hauptfrage
ungemein.“
„Wenn nun auch dieses Fabricationsverfahren wie es in seiner
Unvollkommenheit besteht, sowohl vom industriellen als mercantilischen
Standpunkte aus eine Vertheidigung zuläßt, so liegt es doch im Interesse der
Staatsökonomie überhaupt, und in jenem der Landwirthschaft insbesondere, der
Verarbeitung der grünen Rübe den wohlverdienten Vorzug einzuräumen.“
„In der eitlen und öfters gestellten Frage über die Vortheile, die der
Zuckerfabrikant aus der einen oder der andern dieser drei verschiedenen
Manipulationsmethoden zu gewärtigen habe, um seine Wahl zu bestimmen sind die
Acten bei Weitem nicht geschlossen. Localverhältnisse, der Zustand der
Landwirthschaft und Communicationsmittel, die Bildungsstufe des Fabrikanten und
der zu Gebote stehenden Bevölkerung, die finanziellen und technischen Kräfte,
die zu Diensten stehen – sind von großem Gewichte und öfters allein
berufen den Ausschlag zu geben. Eine vollständige Einigung der Ansichten in dieser
Beziehung dürfte eben so schwierig zu erreichen seyn, als die Erzielung eines
allgemein religiösen und politischen Glaubensbekenntnisses.“
Ueber die Bereitung des Weingeists aus dem Krapp; von Dr. G. F. Walz.
Daß in der Wurzel von Rubia tinctorum eine nicht
unbedeutende Menge Zucker enthalten ist, war längst bekannt, und gerade dieser
Bestandtheil war die Ursache, daß man das frühere Behandeln des Krapps änderte und
denselben durch Behandeln mit Schwefelsäure und heißen Wasserdämpfen in Garancine
umwandelte. An die Gewinnung des Zuckers oder die Benutzung desselben auf Alkohol
dachte man erst in der neueren Zeit, und namentlich im südlichen Frankreich
besonders durch die hohen Branntweinpreise.Man vergleiche die Beschreibung des Verfahrens im polytechn. Journal Bd. CXXXII S. 457.
Durch Benutzung des Zuckers auf Alkohol wird das seitherige Verfahren der
Garancinefabrication in etwas abgeändert; es wird nämlich der gemahlene Krapp mit
der 3- bis 4 fachen Menge Wasser von 18 bis 20° R. in Digestion
gebracht, so stark als möglich ausgepreßt und die abgepreßte Flüssigkeit kurze Zeit
sich selbst überlassen. Es scheiden sich die mechanisch mitgerissenen Krapptheile am
Boden ab und der klare Auszug wird dann in einer höheren Temperatur in Gährung
gebracht, entweder für sich, oder, was noch besser ist, durch Zusatz von etwas Hefe.
Die Gährung geht bei einer Temperatur von 30 bis 34° R. rasch von statten.
Sobald die Gährung aufgehört, wird die Destillation des Weingeistes vorgenommen.
Hierbei hat man darauf Rücksicht zu nehmen, daß der Krappauszug sehr stark schäumt;
so darf man z.B. bei einem Pistorius'schen
Dampfdestillationsapparate die Füllung des Kessels nur zu drei Viertheilen annehmen,
weil sonst sicher ein Uebersteigen der Masse in den Vorwärmer und Rectificator
erfolgt. Der Weingeist selbst, von dem man bei gut geleiteter Arbeit 15 Procent von
0,85 spec. Gewicht erhält, besitzt in hohem Grade starken Krappgeruch, der sich
durch 2- bis 3malige Rectification durchaus nicht vermindert, so daß man den
Alkohol, wenn keine weitere Reinigung vorgenommen wird, nur zu technischen Zwecken
und zur Bereitung der Aethyloxydverbindungen verwenden kann.
Der aus diesem Weingeist dargestellte Aether riecht rein ebenso wie Spiritus nitri dulcis.
Die verschiedenen bis jetzt vorgenommenen Versuche über gänzliche Beseitigung des
Geruches gaben nur theilweise ein Resultat, sollen aber fortgesetzt und seiner Zeit
veröffentlicht werden.
Die Ausbeute an Alkohol hängt natürlich ab von der Beschaffenheit des Krapps; so viel
aber steht fest, daß die Garancine ein besseres Ansehen erhält, wenn man, wie oben
angegeben, die getrockneten und gemahlenen Wurzeln vor der Behandlung mit
Schwefelsäure, mit Wasser auszieht und die löslichen Theile möglichst entfernt.
(Neues Jahrb. f. Pharm. Bd. III S. 217.)
Branntwein aus leinenen Lumpen; von Prof. Dr. Herm. Ludwig in
Jena.
In öffentlichen Blättern ist in der letzten Zeit viel von der von Arnould empfohlenen Darstellung von Branntwein aus cellulosehaltigen Substanzen, wie Sägespänen, leinenen Lumpen
u.s.w. die Rede gewesen.Man vergleiche polytechn. Journal Bd.
CXXXIV S. 219 und 316,
Bd. CXXXVI S. 387. Zur Ausmittelung der Menge von Weingeist, welche bei Benutzung von leinenen Lumpen gewonnen werden kann, wurde in des
Verfassers Laboratorium von Hrn. Knackfuß aus Rochlitz
folgender Versuch angestellt: 50 Grm. lufttrockne (reingewaschene) weiße leinene
Lumpen gaben bei 100° Cels. getrocknet 41 Grm. trockene Substanz. Diese wurde
mit 135 Grm. englischer Schwefelsaure bei gewöhnlicher Temperatur in einer
Porzellanschale angerieben. Nach mehrstündigem Stehen hatte sich das Gemenge in
einen schwach bräunlich gefärbten Syrup verwandelt. Dieser wurde, mit der fünffachen
Menge Wasser verdünnt, einige Tage lang bei gelinder Wärme stehen gelassen und
darauf einige Zeit im Sieden erhalten Die Schwefelsäure wurde nun durch gröblich
gepulverten Kalkstein abgestumpft, die Masse auf ein Filter gegeben und nach dem
Ablaufen der süßen Flüssigkeit der Filterinhalt durch Waschen mit Wasser von der
noch anhängenden Zuckerlösung befreit.
Die vereinigten Flüssigkeiten wurden mit einer hinreichenden Menge guter frischer
Bierhefe in einer geräumigen Glasstasche vermischt und bei 15 bis 18° Cels.
der geistigen Gährung überlassen. Nach fünftägigem Stehen wurde von der gegohrenen
Flüssigkeit 1/4 abdestillirt. Die Menge des Destillats betrug 225 Grm.; darin befand
sich aller aus 41 Grm. trocknen leinenen Lumpen gebildete Alkohol. Das specifische
Gewicht dieses sehr wässerigen Weingeists betrug bei + 1° Cels. 0,9890.
Daraus ergibt sich ein Gehalt von 8,3 Volumprocenten oder 6,661 Gewichtsprocenten
absoluten Alkohols. Jene 225 Grm. wässeriger Weingeist enthielten also 15 Grm.
absoluten Alkohol, und dieser war entstanden aus 41 Grm. trocknen oder 50 Grm.
gewöhnlichen leinenen Lumpen 100 Gewichtstheile der letzteren gaben demnach 30, 100
Gewichtstheile der völlig trocknen Lumpen 36 3/5 Gewichtstheile absoluten Alkohol.
Aus der bekannten chemischen Zusammensetzung der Cellulose (des Hauptbestandtheils
der Leinenfaser) und des Alkohols berechnet man 60 7/10 Gewichtstheile absoluten
Alkohols aus 100 Gewichtstheilen Cellulose. Die bei obigem Versuche erhaltene
Ausbeute ist also noch weit von diesem berechneten Quantum entfernt.
Auf preußische Quart berechnet, stellt sich das Resultat heraus, wie folgt: 100 Pfund
lufttrockne leinene Lumpen lieferten 15 Quart absoluten Alkohol, gleich 30 Quart
50grädigen Branntwein. Oder 100 Pfund völlig getrocknete leinene Lumpen gaben 18 1/2
Quart absoluten Alkohol, gleich 37 Quart 50grädigen Branntwein.
Bei Versuchen aus Werg (Hede) und aus Fichtenholzsägespänen Weingeist darzustellen, ergab sich,
daß bei Benutzung von Werg ein süßer Syrup erlangt wird, ohne daß dabei eine Verkohlung zu bemerken
ist, bei Anwendung von Fichtenholzsägespänen hingegen ein
großer Theil derselben verkohlt wird, selbst bei Einwirkung der englischen
Schwefelsäure in gewöhnlicher Temperatur, und daß nur ein kleiner Theil der
Sägespäne in zuckerhaltigen, ekelhaft schmeckenden Syrup verwandelt wird.
Es sind bei den Sägespänen wohl die als Lignin, incrustirende
Substanzen, Pektinkörper u.s.w. in den Lehrbüchern aufgeführten Stoffe der
Hölzer, welche bei gewöhnlicher Temperatur durch concentrirte Schwefelsäure eine
Verkohlung erleiden, während die Cellulose des Holzes,
die nur einen kleinen Theil desselben ausmacht, durch
concentrirte Schwefelsäure bei gewöhnlicher Temperatur keine Verkohlung erleidet,
sondern in Dextrin, später in Krümelzucker übergeführt wird, der nun seinerseits
durch Hefe in Weingeist und Kohlensäure umgewandelt werden kann. (Zeitschr. f.
deutsche Landwirthe, 1855, S. 192.)