Titel: | Ueber Steinbruchsbau und Gesteinsgewinnung; von William Sim, Verwalter der Granitbrüche in der Nähe von Inverary. |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. VII., S. 14 |
Download: | XML |
VII.
Ueber Steinbruchsbau und Gesteinsgewinnung; von
William Sim,
Verwalter der Granitbrüche in der Nähe von Inverary.
Im Auszug aus dem Civil Engineer and Architect's
Journal, Octbr. 1855, S. 358.
Sim, über Steinbruchsbau und Gesteinsgewinnung.
Der Steinbruchsbau und die Gesteinsgewinnung sind als Urgewerbe zu betrachten, welche
mit dem Ingenieur- und Bauwesen eng verbunden sind. Es kann nicht meine
Absicht seyn, hier eine Geschichte der Kunst des Steinbrechens zu geben, ich muß
jedoch bemerken, daß das Verfahren bei der Gewinnung großer Gesteinsmassen seit der
Einführung des Schießpulvers beim Bergbau bis jetzt fast ganz dasselbe geblieben
ist.
Das gewöhnliche Verfahren beim Gesteinssprengen, begreift drei verschiedene Arbeiten,
– nämlich das Abbohren des Loches, das Besetzen desselben mit Pulver, und das
Wegthun des Schusses; diese Arbeiten sind im Allgemeinen langwierig, unsicher und
ungewiß. Es war daher zu erwarten, daß in unserem Zeitalter des Fortschrittes auch
bei der Gesteinsgewinnung Verbesserungen gemacht werden. Der erste derartige Versuch
wurde schon vor mehreren Jahren, bei Ausführung der südöstlichen Eisenbahn, an den
Kreidefelsen bei Dover gemacht, indem man eine Sprengung unternahm, zu welcher
18,500 Pfd. Grubenpulver verwendet wurden und wobei man die besetzten Bohrlöcher
durch elektrische Mittheilung entzündete oder wegthat; dieß geschah mit
vollständigem Erfolg.Man s. den Bericht im
polytechn. Journal Bd. LXXXVII S.
462.
Weitere Unternehmungen
dieser Art kamen erst beim Bau des sogenannten Breakwater (Wellenbrechers) zu
Holyhead vor, den die englische Regierung ausführen läßt. Die Unternehmer fanden,
daß bei dem gewöhnlichen Sprengverfahren es nicht möglich sey, das ungeheure Quantum
von 4 bis 5000 Tonnen Steinen, welche täglich zu dem Bau erforderlich sind, zu
gewinnen, weßhalb sie ihre Zuflucht zu dem, beim Sprengen der Doverklippe
angewendeten Verfahren nahmen und den erwünschten Erfolg hatten. Die Unternehmer
verbrauchen jetzt jährlich nicht weniger als 300 Tonnen oder 6000 Ctr. Sprengpulver.
– Die erste Einführung des Verfahrens in Schottland erfolgte bei den
Granitbrüchen auf den Besitzungen des Herzogs von Argyle, deren Leitung mir obliegt.
Diese Steinbrüche liegen bei dem kleinen Dorfe Fumace, an den Ufern des Lochfyne,
ungefähr 8 engl. (1 3/4 deutsche) Meilen südwestlich von Inverary. Sie werden
hauptsächlich zu dem Zwecke betrieben, die Stadt Glasgow mit Straßenpflastersteinen
zu versehen. Das Material ist sehr hart, denn die Bohrer sind nach 2 1/2 Zoll
Abbohren so verschlagen, daß sie neu geschärft werden müssen, während man in
gewöhnlichem Granit 12 bis 15 Zoll tief damit bohren kann.
Die mit dem Bohren und Schießen, so wie überhaupt mit der Gewinnung so harten
Gesteins – von welchem man großer Mengen bedarf – verbundenen
bedeutenden Kosten, so wie die Langsamkeit der Gewinnung und die eckigen und
scharfkantigen Blöcke, in welchen das Gestein bei dem gewöhnlichen Verfahren
gewonnen wird, veranlagen mich zur Annahme des bei Dover angewendeten Verfahrens.
Der erste Versuch eines Sprengens in großem Maaßstabe wurde im Monat September 1852
gemacht und die dabei erlangten guten Resultate gaben die Veranlassung bei diesem
System zu bleiben. Bis neuerlich habe ich zehn solcher Sprengungen, unter sehr
verschiedenartigen örtlichen Verhältnissen, und mit Pulverladungen von 1500 bis 6000
Pfund ausgeführt. Die Erfahrung zeigte mir, daß das zu Dover angewendete Verfahren
zu weitläufig sey, weßhalb ich es zu vereinfachen gesucht habe, und da dieses
verbesserte Sprengen Interesse für den Steinbruchsbau haben dürfte, so gebe ich hier
eine Beschreibung davon. Es soll der Gegenstand unter sechs Abschnitten besprochen
werden.
1) Die Lage der Sprengung in einem Steinbruche. –
Man muß in dieser Beziehung einen Theil des Steinbruchs wählen, welcher nach seiner
ganzen Länge, Höhe und Mächtigkeit die möglich größte Gleichförmigkeit der zu
gewinnenden Masse zeigt. Der gute Erfolg dieser Sprengungen hängt hauptsächlich von
den natürlichen Spaltungen oder Klüften des Gesteins ab, indem dadurch nicht nur die
Gewinnung sehr
erleichtert wird, sondern auch die gewonnenen Massen sehr große ebene Flächen
erhalten. Bei der Bestimmung der Ebene der abzusprengenden Gesteinswand muß man mit
der größten Vorsicht zu Werke gehen und dahin sehen, daß die Bohrlöcher oder
vielmehr Sprengminen die richtige Lage erhalten. Als allgemeine Regel muß angenommen
werden, daß 40 Fuß die geringste und 80 Fuß die größte Höhe der abzusprengenden
Masse sind. Die Stellung der Minen bestimmt die Mächtigkeit oder Dicke der Masse und
diese muß ein Drittel weniger betragen als die Höhe. Wenn nun diese Höhe der
Felsmasse das Maximum von 80 Fuß übersteigt, so muß sie durch eine Reihe von
Streckenörtern getheilt werden, von denen jedes 60 bis 70 Fuß über der Ebene der
Bohrlöcher liegt. Auf diese Weise kann man jeden Berg, sey seine Höhe welche sie
wolle, gewinnen. Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Erfordernisse für einen
zweckmäßigen Ansatz der Minen, festes Gestein mit gut gelegenen Klüften und eine
mäßige Höhe der Massen über der Ebene der Minen sind.
2) Nachdem nun die guten Ansetzpunkte der Bohrlöcher oder Minen bestimmt sind, muß
auch ihre zweckmäßige Richtung berücksichtigt werden.
Diese kann von den obern Stößen des Steinbruchs senkrecht bis zu irgend einer Tiefe
niedergehen und in Schächten stehen, deren Ort an einem gewissen Punkt mit
horizontal getriebenen Stollenörtern in Verbindung steht; oder die Schächte bleiben
gänzlich weg, und es werden nur Stollen in gerader Linie von der Fronte des
Steinbruchs aus getrieben, welche, nachdem sie die zweckmäßige Länge erreicht haben,
rechts oder links oder nach beiden Richtungen zugleich, rechtwinkelig ablenken. Bei
der ersten großen Sprengung im September 1852 bestanden die Minen oder Sprenglöcher
aus einem 60 Fuß tiefen senkrechten Schacht, der 20 Fuß von der Sohle des
Steinbruchs entfernt war; links und rechts gingen von dem Schachtort zwei
horizontale Oerter ab, von denen jedes 15 Fuß lang war. Das Ganze dieser Minen
erhielt daher die Form eines umgekehrt stehenden T. An
den Ortsstößen dieser Strecken wurden die Kammern zur Aufnahme des Sprengpulvers
vorgerichtet; sie waren 50 Fuß von der Steinbruchsfront und 10 Fuß von einer Kluft
entfernt.
Ich habe auch einen andern Plan verfolgt, indem ich die Schächte ganz wegließ und nur
Oerter anwendete. Ein solches Ort wurde an dem Ende eines Theiles der zu gewinnenden
Felsmasse angesetzt und zwar auf der Sohle des Steinbruchs; es wurde in gerader
Linie und parallel mit der Front des Stoßes getrieben und erhielt eine Länge von 40
Fuß, dann wurde rechtwinkelig auf dieser Strecke eine andere 12 Fuß lang getrieben
und an dem Ortsstoß die Pulverkammern vorgerichtet. Dieselbe war nun 40 Fuß vom Ende der
Felswand und 40 Fuß von deren Front entfernt, und hatte 60 Fuß Höhe über sich. Dieß
ist die zweckmäßigste Form der Sprengminen, die nur den Nachtheil hat, daß sie
Ueberladungen von Pulver nicht so gut Widerstand leistet, wie mehrere andere
Formen.
Eine andere Form der Minen ist die zickzackartige. Dieselben sind zwar schwieriger
vorzurichten aber sicherer. Die Wichtigkeit einer genauen Kenntniß der Lage der
Klüfte oder Schluchten des Gesteins wurde schon oben erwähnt. Es wird dadurch das
Ansetzen der Mundlöcher von den Oertern auf der Steinbruchssohle sehr erleichtert.
Man treibt das Ort von einer solchen Hauptkluft ab nach dem Innern der Felsmasse zu,
und wendet sich dann rechtwinklig zu der nächsten Kluft; jedoch ist es unnöthig,
sich derselben mehr zu nähern, als zur Ausgleichung des Widerstandes erforderlich
ist. Das Pulver wird sich Bahn bis zu der Kluft brechen, jedoch nicht durch
dieselbe, mag die Kammer derselben auch noch so nahe liegen. Die Weite der Minen,
d.h. der Strecken und Schächte braucht bloß der Art zu seyn, daß ein Mann darin
arbeiten kann; sie haben daher gewöhnlich 3 1/2 Fuß im Quadrat. Da nun immer nur ein
Bergmann vor Ort arbeiten kann, so muß der Betrieb Tag und Nacht geführt werden,
d.h. es müssen sich in 24 Stunden drei Häuer in achtstündigen Schichten ablösen.
Dieselben erhalten für den laufenden Fuß zwanzig Shilling (6 2/3 Rthlr.), halten
sich Geleucht, Pulver und Zünder etc. selbst, werden aber mit Gezähen von Seite des
Steinbruchsbesitzers versehen. Jeder Häuer schreitet wöchentlich höchstens 3 Fuß, im
Durchschnitt aber nur 2 Fuß vorwärts. Die Abnutzung der Gesteinsbohrer ist
außerordentlich; bei einem 90 Fuß langen Betriebe mußten 3068 Bohrer geschärft
werden.
3) Nachdem die Mine vollendet ist, muß zunächst die Menge des
Sprengpulvers bestimmt werden. Bei den Doverklippen und einige Zeit auch zu
Holyhead, nahm man die Pfunde Pulver gleich 1/30 von der Kubikzahl der Linie des
geringsten Widerstandes. Jedoch ist es besser, die Masse des abzusprengenden
Gesteins in Kubikfußen und dessen Gewicht in Tonnen annähernd zu bestimmen und als
stärkste Ladung 1 Pfund Pulver auf jede 3 Tonnen Gestein zu rechnen.
Die Details meiner Berechnung bei der Sprengung Nr. 8, welche zickzackförmige Minen
hatte, sind folgende: die zu sprengende Masse war 33 Fuß lang mit der Strecke
versehen, sie war 50 Fuß mächtig und 70 Fuß hoch. Man nahm an, daß die Sprengkraft
des Pulvers noch auf anderweitige 17 Fuß wirken würde. Die Masse wurde daher zu 50 × 50 ×
70 Fuß = 6500 Kubikyards angenommen, wovon aber 500 Kubikyards wegen Unebenheiten am
obern Theile der Felsmasse abgehen und noch 6000 Kubikyards oder 12000 Tonnen (à 20 Ctr.) bleiben. Um nun diese mit dem
gewöhnlichen Verhältniß von 1 Pfund Pulver auf jede 3 Tonnen Gestein abzusprengen,
wären 40 Fässer oder 4000 Pfd. Pulver erforderlich gewesen; wegen der regelmäßigen
Lagerungsverhältnisse des Gesteins erachtete ich es aber für zweckmäßig, dieses
Verhältniß auf die Hälfte, d.h. auf 20 Fässer oder 2000 Pfd. zu vermindern. Mit
dieser verminderten Ladung war der Erfolg ein sehr guter. Die Menge des Pulvers
betrug ungefähr 10 Loth per Kubikyard oder 5 Loth per Tonne des Gesteins. Diese Ladung muß als ein Minimum
angenommen werden. Jede Sprengung ist von günstigen und ungünstigen Umständen
begleitet, kaum zwei sind sich gleich; allein man kann die obigen Angaben als
Gränzen nach beiden Seiten hin mit Sicherheit annehmen.
4) Nachdem die Menge des erforderlichen Schießpulvers bestimmt worden ist, besteht
die nächste Arbeit in der Bildung der Pulverkammern in den Minen; um die Größe
derselben zu berechnen, nimmt man an daß der Kubikfuß Pulver 62 Pfd. wiegt. Die
Kammern bestehen aus Brettern und aus Filz, so wie man ihn zum Dachdecken anwendet.
Die Zusammenstellung dieser Materialien erfolgt in der Mine selbst. Damit keine
Feuchtigkeit zu dem Pulver dringen kann, wird der Boden der Kammer einige Zoll über
die Sohle der Minen gelegt und unter den Brettern werden auf der Sohle, an beiden
Seitenstößen und in der Förste Filzplatten angebracht. Diese letztere ist gewölbt,
daher man den Filz auf leichte hölzerne Bogen legt.
5) Die nächste und wichtigste Arbeit von allen ist das Füllen
der Kammern mit Pulver. Da die Bergleute anerkannt sehr sorglos bei den
Arbeiten dieser Art sind und sich nicht gegen Unfälle sichern, so darf sie nur unter
Leitung und Aufsicht eines sehr kundigen und vorsichtigen Mannes ausgeführt werden.
So sah ich einmal, daß ein Bergmann die Pulverladung einer Kammer bei dem Lichte
einer gewöhnlichen Laterne mit vielen Oeffnungen ausführte. Ein anderer entleerte in
einer Minenkammer drei Pulverfässer mit einer gewöhnlichen eisernen, verzinnten
Kelle und strich gelegentlich mit derselben den harten Granit entlang; der Mann
wußte nicht, daß verzinntes Eisen unter solchen Umständen Feuer schlagen kann. Die
erforderlichen Sicherheitsmaßregeln bestehen zuvörderst darin, die Mine rein
auszufegen und dann die Sohle, so wie auch einen Platz vor dem Mundloch, mit leeren
Säcken zu bedecken. Die Fässer, von denen jedes 100 Pfd. Pulver enthält, werden
alsdann auf die Decke
gesetzt, mit hölzernen Hämmern geöffnet und in kleinere Fässer entleert, von denen
jedes etwa 25 Pfd. enthält. Letztere werden von Männern, welche in der Minenstrecke
so neben einander sitzen, daß einer dem andern ein Fäßchen zureichen kann, bis zur
Minenkammer geschafft. Diese Männer müssen ihre mit Nägeln versehene Fußbekleidung
ausgezogen haben und dürfen keine feuerfangenden Substanzen, wie Zündschwamm,
Schwefelmännchen etc. in den Taschen bei sich führen. Hat man Minen, die mit
senkrechten Schächten versehen sind, zu laden, so werden die Pulverfässer in kleine
Säcke entleert und diese mit Seilen herabgelassen und unten aufgefangen.
6) Nachdem die Ladung der Pulverkammer vollendet ist, besteht die nächste Arbeit
darin, die Enden des Sicherheitszünders und die Patrone der elektrischen Drähte in
die Mitte der Pulvermasse einzuführen. Unmittelbar darnach wird ein dicker Damm von
frischem Rasentorf so aufgebaut, daß er alle Verbindung zwischen der Mine und der
Pulverkammer abschneidet. Nachdem dieß geschah, ist der gefährlichste Theil der
Arbeit vollendet. Man schreitet dann zur Besetzung der Mine. Zu Holyhead wurde gar
kein Mauerwerk, weder von römischem Cement noch von gewöhnlichem Mörtel, zu diesem
Zweck angewendet, sondern bloß das kleinere Gerölle aus dem Steinbruch im Gemenge
mit Thon fest eingestampft. Ich selbst pflege, namentlich auf den ersten zehn Fuß
von der Pulverkammer ab, Mauerwerk mit römischem Cement und Bruchsteinen anzuwenden,
worauf ich das Ort mit Geröllen und Sand ausfüllen lasse. Der Zünder liegt in einer
Rinne von Holz, welche man durch die gemauerte und übrige Besetzung führt. Wenn der
elektrische Funke zur Zündung der Pulverladung angewendet wird, so muß man mit den
elektrischen Drähten eine oder mehrere Sicherheitsschnüre in die Rinne einlegen,
welche gewissermaßen als eine Reserve dienen, wenn die Batterie oder ihre Leitdrähte
einen Unfall erleiden.
Die Anwendung von Elektricität ist bloß dann erforderlich, wenn mehr als eine
Pulverkammer entzündet werden soll; und da die Wirkung des Sprengens größtentheils
von der resp. Lage der Mine zu den Gesteinsklüften abhängt, letztere aber meistens
nicht weit von einander entfernt sind, so erweist sich eine Pulverkammer ökonomischer und verhältnißmäßig wirksamer, als mehrere.
Muß nur eine Pulverkammer gezündet werden, so wird der Proceß dadurch sehr
vereinfacht, daß man der elektrischen Zündung nicht bedarf. Ein
Gutta-percha-Sicherheitszünder ist vollkommen hinreichend, da er
zugleich sicher, wohlfeil und wirksam ist; er ist fest und biegsam, leistet der
Feuchtigkeit großen Widerstand und hat sich sowohl beim Steinbruchs- als Bergbau als ein
sehr schätzbares Zündmittel erwiesen. Vor Einführung dieser, von dem Engländer Bickford erfundenen Sicherheitsschnüre ging jährlich
manches Menschenleben durch die unvollkommenen Verfahrungsarten beim Wegthun der
Sprengschüsse verloren, welches mit den sogenannten Schießröhrchen bewirkt wurde,
aber die Benutzung der so gefährlichen Räumnadeln voraussetzte.
Einen Beweis ihrer Tüchtigkeit und Zweckmäßigkeit, besonders da wo es in Steinbrüchen
und Grubenbauen sehr feucht ist, liefert das Eintauchen eines kleinen Stückes in
Wasser, so daß beide Enden aus demselben herausstehen; zündet man nun das eine Ende
an, so brennt das Stück unter dem Wasser bis zu dem andern Ende fort. Eine solche
Schnur brennt sehr gleichförmig fort und zwar durchschnittlich mit einer
Geschwindigkeit von zwei Fuß in der Minute, so daß zum Abbrennen der Schnur einer
bedeutenden Sprengung ungefähr 30 Minuten erforderlich sind und die Explosion erst
nach Verlauf dieser Zeit erfolgt. Die Wirkung, welche die Explosion einer gut
vorgerichteten Sprengung hervorbringt, läßt sich wie folgt charakterisiren: Man hört
keinen scharfen lauten Knall, wie bei den gewöhnlichen Sprengschüssen, sondern nur
ein schwaches rasselndes oder krachendes Geräusch, wie fernen Donner. Die Steine
werden nicht weit umhergeschleudert und höchstens auf die dreifache Höhe der
Steinbruchsform geworfen, auch findet keine Erschütterung der Luft statt. Bei der
ersten großen Sprengung zu Furnace im September 1852, wobei 6720 Pfd. Pulver
explodirten und 32,000 Tonnen Gestein gehoben und zerrissen wurden, zersprang nicht
eine Fensterscheibe von den fast gänzlich in dem Steinbruch liegenden Wohnungen. Bei
einigen andern Sprengungen erlangte man minder günstige Resultate, und es wurden
dabei mehrere Wohnhäuser in den See geschleudert; dieß rührte aber durchaus nicht
von irgend einer Mangelhaftigkeit dieses Sprengsystems, sondern daher, daß die
Versuche an Punkten angestellt wurden, welche keine andere Wahl gestatteten.
Ich will schließlich einige Bemerkungen über den Kostenpunkt und die Anwendung dieser
Sprengmethode auf verschiedene Arten von Gesteinen mittheilen.
Es wurde schon oben bemerkt, daß der Orts- oder Streckenbetrieb 20 Shill. auf
den laufenden Fuß kostet; dazu kommen 2 1/2 Shill. auf Gezähnereparaturen, 1 1/2
Shill. auf Laden der Pulverkammern und Besetzen der Minen, daher im Ganzen der
laufende Fuß 24 Shill. oder 8 Rthlr. kostet. Der jetzige Preis des Fasses Pulver von
100 Pfund beträgt 57 Shill. (d.h. das engl. Pfd. 5 Ngr. 7 Pf.). Die
durchschnittlichen Gewinnungskosten der Gesteine betragen daher auf 1 Kubikyard (= 9 Kubikfuß) 8 Pence (6
2/3 Sgr.) oder die Tonne 4 Pence (3 1/3 Sgr.).
Das hier beschriebene Verfahren ist bei Gesteinen, welche nur in schmalen Massen
vorkommen, durchaus nicht anwendbar, weil man alsdann soviel nicht zu benutzendes
Nebengestein (sogenanntes Gebirge) mit gewinnen müßte, daß dessen Wegförderung mehr
kosten würde, als der durch das verbesserte Verfahren erlangte Gewinn. Dagegen ist
es beim Gewinnen mächtiger Felsmassen massiger Gesteine, in großen Brüchen, wie
Granit, Porphyr, Sienit, Basalt, Kalkstein, Marmor, Quadersandstein etc., sehr
vortheilhaft und empfehlenswerth, so z.B. in den Brüchen zu Furnace und Bonaw, die
zur Lieferung von 5000 Tonnen Pflastersteinen jährlich 50,000 bis 100,000 Tonnen
herein gewinnen müssen. Auch werden bei diesem System die Gesteine nicht in zu
kleine Stücke zersprengt, wie dieß bei dem gewöhnlichen Verfahren der Fall ist, weil
die Explosion nicht so heftig ist. Die Erfahrung hat hinlänglich bewiesen, daß man
bei Anwendung des beschriebenen Verfahrens ein Mittel in der Hand hat, um die
anzuwendende Kraft nach den Umständen mehr oder weniger zu reguliren.
Das Pulver hat jetzt einen so hohen und noch immer steigenden Preis, daß es das
kostbarste explodirende Agens ist; da aber das hier beschriebene Sprengverfahren
auch die Benutzung anderer explodirender Verbindungen gestattet, indem hierbei das
Volum derselben nicht in Betracht kommt, so öffnet sich hier ein neues Feld
wissenschaftlicher Untersuchungen, um eine explodirende Kraft zu entdecken, welche
wohlfeiler als das Schießpulver ist.