Titel: | Verfahren Lichtbilder auf Glastafeln darzustellen, welche mit Eiweiß und Collodium überzogen sind; von Hrn. F. Martens. |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XXIX., S. 121 |
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XXIX.
Verfahren Lichtbilder auf Glastafeln
darzustellen, welche mit Eiweiß und Collodium überzogen sind; von Hrn. F. Martens.Der Verfasser wurde wegen seiner ausgezeichneten Leistungen zum Photographe du Cabinet de l'Empereur ernannt.
Aus dem Cosmos, Revue encyclopédique, Novbr.
1855, S. 625.
Marten's Verfahren Lichtbilder auf Glastafeln
darzustellen.
Hr. Niepce von Saint-Victor, welcher zuerst das
Eiweiß, mit Zusatz von Jodkalium, als Ueberzug für die Glasplatten anwandte, gab uns
dadurch ein vortreffliches Mittel um Lichtbilder von großer Vollkommenheit zu
erhalten. Die Anwendung dieser Substanz muß jedoch nach den Umständen, dem Ort und
der Temperatur abgeändert werden. Wenn man z.B. bloß Jodkalium als Zusatz anwendet,
so werden, wenn die Witterung sehr trocken und warm ist, sicher Krystallisationen
stattfinden, welche anfangs unsichtbar sind, sich aber deutlich zeigen sobald die
Schicht geronnen ist. Dieser Umstand bringt die Photographen oft in große
Verlegenheit; wenn man aber statt des Jodkaliums das Jodammonium anwendet, so wird
jede Krystallisation vermieden. Man gibt auf den Boden einer kleinen Flasche ein
Stückchen Jod und füllt sie dann mit Jodammonium; in kurzer Zeit löst sich das Jod
auf, und färbt das Jodammonium roth.
Zubereitung der Glastafeln. – Man muß die
Zubereitung der Glasplatten nach den abzubildenden Gegenständen abändern. So wendet
man für Gebäude weniger Jodammonium an, um von demselben eine dünnere Schicht zu
erhalten und mehr Feinheit in den Details zu erzielen. Will man Bäume etc. abbilden,
so wendet man mehr Jodammonium an, erhält also von demselben eine dickere Schicht, welche
empfindlicher ist und sehr zarte Bilder liefern wird.
Auf das Weiße von 8 Eiern nehme ich 2 Gramme Jodammonium, 1 Gramm Dextrin, 25 Gramme
destillirtes Wasser und 1 1/2 Gramme Traubenzucker. Diese Verhältnisse sind gut für
Gebäude; für Landschaften verdopple oder verdreifache ich die Menge des
Jodammoniums.
Man löst den Traubenzucker und das Dextrin mittelst der Wärme im Wasser auf, indem
man mit einem Glasstab umrührt; dann setzt man das Jodammonium zu und gießt das
Ganze in das Eierweiß welches in einer Salatschüssel enthalten ist. Das Ganze nimmt
sogleich eine dunkelbraune Farbe an, welche aber verschwindet, sobald man es zu
Schnee schlägt, wozu man sich eines kleinen Besens von sechs bis acht
zusammengebundenen (bartlosen) Gänsekielen bedient. Nachdem der Schaum eine solche
Consistenz erlangt hat, daß er sich hält ohne abzulaufen, läßt man ihn die ganze
Nacht sich setzen, um die Flüssigkeit am morgenden Tag anzuwenden.
Der Traubenzucker vermischt sich mit dem Eiweiß viel besser als der Honig, und
leistet einen vortrefflichen Dienst, indem er die Schicht verhindert bei warmer und
trockner Witterung Risse zu bekommen. Man muß die mit Eiweiß überzogenen Glastafeln
ohne Anwendung künstlicher Wärme trocknen lassen; wenn man beeilt ist, kann man eine
Weingeistlampe in den Schrank stellen, worin sie sich befinden, darf dieselbe aber
nicht zu lange brennen lassen. Bei regnerischer und feuchter Witterung ist es
unnöthig dem Eiweiß Traubenzucker zuzusetzen. Das Dextrin verleiht der Schicht eine
große Zähigkeit, und das Wasser bewirkt daß das Ganze sich gleichförmiger auf der
Glasplatte verbreitet; bei sehr warmer und trockner Witterung kann man das
Verhältniß des Wassers vergrößern.
Um die Glastafeln mit dem Eiweiß zu überziehen, kann man auf verschiedene Weise
verfahren; man kann z.B. eine Pipette anwenden und mit dem Aufgießen oben anfangend,
allmählich bis unten fortfahren; oder man kann zum Halten der Glastafel einen
Tupfballen von Guttapercha anwenden, und die auf das Glas gegossene Flüssigkeit an
dessen vier Ecken ablaufen lassen. Durch entsprechende Neigungen der Platte in
verschiedenen Richtungen bewirkt man daß die Schicht ganz gleichförmig wird, und
legt dann die Platte auf eine vollkommen horizontale Fläche, um sie so trocknen zu
lassen. Diese Manipulation erfordert natürlich viel Uebung.
Die mit dem Eiweißüberzug versehenen Glastafeln kann man lange Zeit aufbewahren. Wenn
man auf einer Reise empfindlich gemachte Tafeln vorräthig halten will, so muß
man sie, nachdem sie aus dem Bad von salpetersaurem Silber kamen, sehr gut waschen.
Nach der Exposition kann man ebenfalls mehrere Tage warten, ehe man das Bild
entwickelt, vorausgesetzt, daß man die Glastafeln vollkommen gegen das Tageslicht
geschützt aufbewahrt.
Mit Collodium und mit Eiweiß überzogene Glasplatten.
– Im verflossenen Jahre versuchte ich während meines Aufenthalts zu Lausanne,
auf einer mit Collodium überzogenen und empfindlich gemachten Glastafel noch eine
Schicht Eiweiß anzubringen, welches Jodammonium und Traubenzucker enthielt. Ich ließ
diese Glastafel trocknen und machte sie am folgenden Tage empfindlich. Mit derselben
erhielt ich in drei Minuten ein vortreffliches negatives Bild der dortigen
Domkirche.
Ich habe dann diese Verbindung der beiden Verfahrungsarten mehreren Personen zu Paris
mitgetheilt, jedoch keine besondere Wichtigkeit darauf gelegt, weil die Operation
complicirt und kostspielig ist. Mit einem Fläschchen Collodium welches 6 Francs
kostet, kann ich kaum fünf meiner großen Glastafeln überziehen, während man für
denselben Betrag über hundert mit Eierweiß überziehen kann. Ueberdieß sind zwei
Silberbäder erforderlich, eines für das Collodium ohne Säure, und ein anderes für
das Eiweiß.
Nachdem die Glastafel mit Collodium überzogen und (nach dem Empfindlichmachen in
salpetersaurem Silber) sehr sorgfältig gewaschen worden ist, bringt man auf ihr eine
Schicht Eiweiß, welches auf oben angegebene Weise präparirt ist, an. Diese Operation
erfordert einige Aufmerksamkeit; es darf kein Wasser auf der Glastafel
zurückbleiben; man muß das Eiweiß auf ein Ende der Glastafel gießen und es als Wulst
ablaufen lassen. Um das Wasser zu beseitigen, läßt man das Eiweiß nach dem ersten
Aufgießen gut abtropfen, trägt dann wieder Eiweiß auf, macht dasselbe in allen
Richtungen fließen, um eine recht gleichförmige Schicht davon zu erhalten, und läßt
die Tafeln stehend trocknen.
Die so mit Collodium und Eiweiß erhaltene Schicht ist viel empfindlicher als bloßes
Eiweiß, wenn man sie in den ersten Tagen anwendet; denn das Collodium, welches mit
dem Eiweiß überzogen ist, trocknet sehr langsam und verhindert zugleich das
vollständige Austrocknen des Eiweißes.
Man muß große Sorgfalt auf das Reinigen der Glastafeln verwenden, weil sonst die
Schicht beim Entwickeln des Bildes Falten bilden, oder beim Trocknen sich
stellenweise ablösen wird. Zum Entwickeln des Bildes wendet man am besten
Gallussäure an, weil die Pyrogallussäure oft Flecken auf dem Bilde erzeugt; man setzt der
Gallussäure einige Tropfen einer frisch bereiteten Auflösung von 4 Gr.
salpetersaurem Silber und 4 Gr. Essigsäure in 100 Gr. destillirtem Wasser zu, wenn
das Helldunkel mehr abstechen soll. Das Bild kommt viel schneller zum Vorschein,
wenn man unter der Schale, in welche die Tafel getaucht ist, eine erwärmte
Kupferplatte anbringt.
Zum Fixiren dient ein Bad von unterschwefligsaurem Natron, welches von diesem Salz 12
Procent enthält; man wäscht die Platte dann mehrmals mit frischem Wasser und läßt
sie trocknen.