Titel: | Ueber den angeblich größeren Phosphorgehalt des mit heißem Winde erblasenen Roheisens; von Dr. David Price und Chambers Nicholson. |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XXX., S. 124 |
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XXX.
Ueber den angeblich größeren Phosphorgehalt des
mit heißem Winde erblasenen Roheisens; von Dr. David Price und Chambers Nicholson.
Aus dem Philosophical Magazine, December 1855, S.
423.
Price, über den angeblich größeren Phosphorgehalt des mit heißem
Wind erblasenen Roheisens.
Man nimmt gegenwärtig an, daß beim Hohofenbetrieb mit heißem Winde ein Roheisen von
geringerer Güte ausgebracht wird, d.h. welches mehr fremdartige Substanzen enthält
als das mit kaltem Winde erblasene Roheisen.
Wir beabsichtigen im Folgenden nicht, diesen Gegenstand im Allgemeinen abzuhandeln,
sondern beschränken uns auf die vermeintliche Vergrößerung des Phosphorgehalts im
Roheisen durch den Einfluß des heißen Windes. Bekanntlich enthält fast alles
Roheisen Phosphor, welcher dem Stabeisen die fehlerhafte Eigenschaft der
Kaltbrüchigkeit ertheilt.
Hr. Wrigtson hat mehrere Analysen von Roheisen
veröffentlichtQuarterly Journal of the Chemical Society, Vol.
I p. 330 (polytechn. Journal Bd. CXIV S. 319)., welches in Staffordshire mit heißem, warmem und kaltem Wind ausgeschmolzen
worden war, um zu beweisen, daß bei Anwendung heißen Windes ein größeres Quantum
Phosphorsäure reducirt wird; seine Resultate sind in folgender Tabelle
zusammengestellt:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Heißer Wind
0,51
0,55
0,50
0,71
0,54
....
0,07
0,40
Kalter Wind
0,47
0,41
0,20
0,21
0,36
0,03
0,36
Zunahme des Phosphorsbeim heißen
Winde.
0,04
0,14
0,19
0,61
0,33
....
0,04
0,04
Die Erze, aus welchen das Eisen ausgeschmolzen war, wurden ebenfalls analysirt und
folgender Procentgehalt derselben an Phosphorsäure gefunden:
Binds.
Blue flats.
Penny earth.
Gubbin.
White
iron-stone.
Spuren
Spuren
1,00
0,32
0,95
White free.
Black free.
0,90
Spur.
Der aus obiger Tabelle ersichtliche größere Phosphorgehalt des mit heißem Winde
erblasenen Roheisens liefert jedoch keinen hinreichenden Beweis für diese Ansicht,
weil man weder die relativen Quantitäten der einzelnen angewandten Erze kennt, noch
die erzeugte Hohofenschlacke untersucht wurde.
KarstenHandbuch der Eisenhüttenkunde, Bd. II §
368. Berlin, 1841. sagt, daß beim Ausschmelzen von
Raseneisenstein das sämmtliche phosphorsaure Eisen zu Phosphoreisen reducirt und vom
Roheisen absorbirt wird. BerthierTraité des essais
par le voie sêche, t. II p.
262. stimmt nach Versuchen, welche er im Kleinen anstellte,
dieser Ansicht nicht bei, und erklärt den Umstand, daß bei zahlreichen Analysen von
Hohofenschlacken keine Phosphorsäure gefunden wurde, durch die Schwierigkeit kleine
Mengen dieser Säure zu entdecken.
Wir haben Schmelzproben mit reinem Blutstein und wandelbaren Procenten von
phosphorsaurem KalkDer Gehalt
des phosphorsauren Kalks an Phosphorsäure war vorher bestimmt
worden. mit Zusatz angemessener Verhältnisse von Fluß und
Kohlenpulver gemacht, und die dabei erhaltenen Eisenkönige und Schlacken analysirt,
wobei wir nur solche Proben als gelungen betrachteten, bei welchen eine farblose
Schlacke und ein graphitartiger Regulus erzeugt wurde; diese Schmelzproben
bestätigten Berthier's
Resultate, wie man aus folgender Tabelle ersieht:
Reines Eisenoxyd
Phosphorsaurer
Kalk.
Fluß
Kohks.
Procentgehalt des Regulus
an
Phosphor.
Berechnet.
Gefunden.
1) 10,0 Grm.
0,25 Grm.
10,0 Grm.
2,25 Grm.
0,60
0,56
2) 10,0
„
0,75 „
10,0 „
2,25 „
1,83
1,60
3) 10,0
„
2,50 „
10,0 „
2,50 „
6,20
2,60
4) 10,0
„
5,00 „
10,0 „
2,50 „
12,60
6,00
Bei den Schmelzproben von gewöhnlichen Erzen, sowie der Schlacken von Puddel-
und Schweißöfen, welche letztere viel Phosphorsäure enthalten, erhielten wir dagegen
von den vorhergehenden sehr abweichende Resultate, wie folgende aus einer großen
Anzahl von Versuchen ausgewählte Beispiele beweisen:
Textabbildung Bd. 139, S. 126
Kalk; Kohks; Fluß; Procentgehalt
des Regulus an Phosphor; Berechnet; Gefunden; Grm.; 5) Wallisischer
Kohleneisenstein (black-band), gewöhnliche Qualität, geröstet; 6)
Thoneisenstein, geröstet, sehr reich an Phosphorsäure; 7) Brauneisenstein,
ebenfalls reich an Phosphorsäure; 8) Schlacke vom Puddelofen 10,0; 9) Schlacke
vom Schweißofen.
Die auf die Durchführung der Schmelzproben verwendete Zeit und die bei denselben
angewendete Ofenhitze waren in allen Fällen ziemlich gleich. Wo Fluß angewendet
wurde, bestand derselbe aus 2 Thln. Thonschiefer und 1 Thl. Kalk.
Die Phosphorsäure war in den obigen Erzen an Kalk gebunden; in den Schlacken war sie
als phosphorsaures Eisen vorhanden.
In den Versuchen Nr. 1 und 2 stimmt die gefundene Phosphormenge recht gut mit der
berechneten überein; in Nr. 3 und 4 beträgt sie hingegen bedeutend weniger. Der
Grund ist ohne Zweifel die auf den Reductionsproceß verwendete verschiedene Zeit,
denn bei häufiger Wiederholung der Schmelzproben mit denselben Verhältnissen fanden
wir den Phosphorgehalt des Regulus sehr abweichend, und nie betrug er über 4/5 vom
Totalgehalt des Erzes. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, daß bei hinreichend lange
fortgesetzter Cementation sämmtliche Phosphorsäure reducirt worden wäre.
Wir stellten viele Versuche im Großen an, um diesen Punkt zu entscheiden. Zu diesem
Zweck bestimmten wir den Phosphorgehalt von Roheisen, welches aus Thoneisensteinen
einerseits mit kaltem, andererseits mit auf 600° F. (315° C.)
erhitztem Winde ausgeschmolzen war; folgendes sind die Resultate:
I.
II.
III.
IV.
Heißer
Wind
0,74
0,68
0,71
0,58
V.
VI.
VII.
VIII.Der
Phosphorgehalt des mit kaltem Winde erblasenen Roheisens (Nr. V bis
VIII) entspricht dem nach den Analysen der Erze unter der
Voraussetzung berechneten, daß alle Phosphorsäure reducirt
wird.
Kalter Wind
0,81
0,62
0,68
0,63
In zwei Fällen ist, wie man sieht, der Phosphorgehalt des mit kaltem Winde erblasenen
Eisens größer als beim heißen Winde; die Unterschiede sind jedoch so gering, daß man
sie wohl einer Abweichung in der Zusammensetzung des Erzes zuschreiben kann.
Wir haben auch die Schlacken, welche gleichzeitig mit vier der obigen Eisensorten
erzeugt wurden, auf Phosphorsäure untersucht, sowohl nach den gewöhnlichen Methoden,
als mit molybdänsaurem Ammoniak; nur mittelst des letztern Reagens vermochten wir
kleine Spuren zu finden. Wir lassen die Analysen dieser Schlacken folgen:
I.
II.
V.
VI.
Kieselsäure
39,95
40,20
41,64
42,94
Thonerde
17,41
16,45
13,20
16,29
Kalk
29,64
30,00
35,91
31,10
Magnesia
6,47
7,29
4,21
4,16
Eisenoxydul
0,24
0,57
0,11
0,34
Manganoxydul
0,91
0,84
0,74
0,51
Schwefelcalcium
3,60
2,71
2,19
2,16
Alkalien
1,46
1,30
1,70
1,87
Phosphorsäure
Spur
Spur
Spur
Spur
Verlust
0,32
0,64
0,30
0,63
––––––––––––––––––––––––––––––
100,00
100,00
100,00
100,00
So weit unsere Versuche einen Schluß erlauben, neigen wir uns zu der Meinung, daß
wenn der Reductionsproceß ganz oder nahezu vollständig stattfand, d.h. wenn kein
Eisenoxydul oder nur höchst wenig in die Schlacke überging, dann sämmtliche
Phosphorsäure reducirt und der Phosphor vom Eisen absorbirt wurde, welche Temperatur
der Wind gehabt haben mag. Die Erze, aus welchen das obige Eisen ausgeschmolzen war,
enthalten selten über 1 Procent Phosphorsäure.
Hinsichtlich solcher Erze und Schlacken, welche viel Phosphorsäure enthalten, hatten
wir ebenfalls Gelegenheit uns zu überzeugen, daß wenn sie mit heißem Winde
ausgeschmolzen werden, alle Phosphorsäure reducirt und der Phosphor vom Eisen
absorbirt wird; dieß war der Fall bei Erzen welche 2 bis 3 Proc. Phosphorsäure
enthalten, und mit Schlacken welche 8 bis 10 Proc. enthalten; wir hatten aber keine
Gelegenheit ein aus ähnlichen Materialien mit kaltem Winde ausgeschmolzenes Eisen zu
untersuchen.
Graues Roheisen, welches mit heißem Winde aus pisolithischem Eisenerz ausgeschmolzen
war (IX), enthielt 2,56 Proc. Phosphor; graues Roheisen, welches mit heißem Winde
aus Puddelofenschlacken mit Zuschlag von Thonschiefer ausgeschmolzen war (X),
enthielt 6,94 Proc. Phosphor. Die Schlacken welche mit diesen Eisensorten erhalten
wurden, hatten folgende Zusammensetzung:
IX.
X.
Kieselsäure
45,64
41,11
Thonerde
10,84
9,46
Kalk
35,01
37,90
Magnesia
3,16
2,11
Eisenoxydul
0,71
0,39
Manganoxydul
Spur
1,61
Schwefelcalcium
3,30
6,41
Alkalien
0,82
0,71
Phosphorsäure
Spur
Spur
Verlust
0,52
0,30
––––––––––––––––
100,00
100,00
Phosphorsäure enthalten die Hohofenschlacken, wenn weißes Roheisen erzeugt wird, d.h.
wenn die Schlacke schon ziemlich Eisenoxydul enthält, wie man aus folgenden Analysen
ersieht:
XI.
XII.
Kieselsäure
41,11
37,84
Thonerde
13,45
13,20
Kalk
29,82
20,68
Magnesia
4,75
2,93
Eisenoxydul
6,44
20,83
Manganoxydul
0,66
0,80
Alkalien
1,84
1,08
Schwefelcalcium
1,34
0,87
Phosphorsäure
0,15
1,77
Verlust
0,44
0,05
––––––––––––––
100,00
100,00
Nr. XI ist die Analyse einer Schlacke, welche das Ansehen des schwarzen
Bouteillenglases hat; die Arbeiter nennen sie scouring
slag, weil sie im geschmolzenen Zustand sehr dünnflüssig ist. Man erhielt
sie von Thoneisensteinen.
Nr. XII ist von pisolithischem Eisenerz, als der Gang des Hohofens sehr schlecht war.
Die Schlacke war auffallend schwer, pechschwarz.
Percy und Forbes analysirten
krystallinische SchlackenBritish Association Report, 1846; Chem. Gaz. vol. V p.
29., welche sie sämmtlich auf Phosphorsäure untersuchten; sie entdeckten
dieselbe aber nur in einem Falle, nämlich in einer Schlacke ähnlich Nr. XI, welche
4,94 Eisenoxydul und 0,19 Phosphorsäure enthielt. Ihre Resultate führen also zu
demselben Schluß.
Aus unseren Analysen ergeben sich folgende Resultate:
1) daß man bei den Schmelzproben der Eisenerze allen Phosphor der phosphorsauren
Salze im Regulus findet;
2) daß beim Ausschmelzen der gewöhnlichen Eisenerze, der Thoneisensteine,
Kohleneisensteine, Rotheisensteine etc., das erzeugte Roheisen, wenn es graues ist,
allen Phosphor des Erzes enthält, der Hohofen mag mit heißem oder kaltem Winde
betrieben werden;
3) daß die Schlacke Phosphorsäure in bestimmbarerer Menge enthalten kann, wenn weißes
Roheisen erzeugt wird.