Titel: | Ueber Darstellung einer plastischen Masse durch Bildung basisch salzsauren Zinkoxyds; von Hrn. Sorel. |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XXXI., S. 130 |
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XXXI.
Ueber Darstellung einer plastischen Masse durch
Bildung basisch salzsauren Zinkoxyds; von Hrn. Sorel.
Aus den Comptes rendus, Novbr. 1855, Nr.
19.
Sorel, über Darstellung einer neuen plastischen Masse.
Ich habe ein Verfahren zur Darstellung einer neuen plastischen Masse entdeckt welche
einen sehr festen Kitt bildet; dieselbe ist Zinkoxyd-Chlorzink oder basisch
salzsaures Zinkoxyd, welches man erhält, wenn man Zinkoxyd in flüssiges Chlorzink
oder ein letzterem isomorphes Chlorür, z.B. Eisenchlorür, Manganchlorür etc.
einrührt; statt der Chlorüre kann man auch bloß Salzsäure anwenden.
Man erhält eine um so härtere Masse, je concentrirter das Chlorür und je schwerer das
Zinkoxyd ist. Ich verwende die geschlämmten Rückstände von der
Zinkweiß-Fabrication, oder calcinire gewöhnliches Zinkweiß bei Rothglühhitze.
Ich benutze Chlorzink, welches an Baumé's Aräometer 50 bis 60° zeigt,
und damit die Masse weniger rasch erhärtet, löst ich in dem Chlorzink (oder
sonstigen Chlorür) beiläufig 3 Procent Borax oder Salmiak auf; oder ich calcinire zu
diesem Zweck das Zinkoxyd, nachdem ich es vorher mit Wasser, welches eine kleine
Menge Borax enthält, angerührt habe.
Die durch die Vereinigung der erwähnten Stoffe erhaltene Masse kann wie Gyps in
Formen gegossen werden, und wird so hart wie Marmor; Frost, Feuchtigkeit und selbst
siedendheißes Wasser wirken nicht auf die erhärtete Masse; sie widersteht einer
Hitze von 300° C. ohne den Zusammenhang zu verlieren, und selbst die
stärksten Säuren greifen sie nur sehr langsam an.
Die neue plastische Masse kommt nicht theuer zu stehen, man kann sie aber noch viel
wohlfeiler herstellen, wenn man dem Zinkoxyd Feilspäne von Guß- oder
Schmiedeisen, Schwefelkies, Blende, Schmirgel, Granit, Marmor oder überhaupt harten
Kalkstein beimischt. Weiche Substanzen, wie Kreide und Ockerarten, sind dazu
durchaus nicht geeignet.
Man kann dem neuen Cement die lebhaftesten und mannichfachsten Farben ertheilen,
daher es sich zur Anfertigung von Mosaikarbeiten (Fußböden und dergl.) von großer
Dauerhaftigkeit und Schönheit benutzen läßt. Der Bildhauer Fontenelle hat es mit Erfolg hierzu angewendet, und man sieht in der
Kirche Saint-Etienne-du-Mont zu Paris Mosaikarbeiten aus dieser
Masse.
Man kann diese Masse auch zum Gießen von Kunstgegenständen, wie Medaillons,
Basreliefs, Statuen etc. benutzen. Sie eignet sich vollkommen, um Eisen oder andere
Metalle in Stein festzukitten. Wegen ihrer Unlöslichkeit und Unveränderlichkeit
wenden sie einige vorzügliche Zahnkünstler in Paris schon seit mehreren Jahren an,
um schadhafte Zähne auszufüllen oder selbst Theile von Gebissen daraus zu
machen.
Die wichtigste Anwendung des basisch salzsauren Zinkoxyds dürfte aber die zum
Anstreichen und Bemalen der Zimmerwände, überhaupt der Gebäude werden. Dazu rührt
man das reine oder gefärbte Zinkoxyd mit Wasser und ein wenig Leim an, und bedient
sich dieser Mischung wie einer gewöhnlichen Leimfarbe. Nachdem man den Anstrich so
oft wiederholt hat, als es erforderlich ist, und der letzte Anstrich trocken
geworden, bestreicht man ihn mittelst eines großen Pinsels mit etwas Chlorzinklösung
von 25 bis 30° Baumé. Man kann ihn dann mit Bimsstein abreiben und
firnissen wie Oelanstriche. Dieser Anstrich ist sehr dauerhaft, geruchlos und
schnell trocknend; er wird von Schwefelwasserstoff nicht verändert.
Aus der allgemeinen Anwendung dieses Materials zum Anstreichen würden bedeutende
Vortheile entspringen; eine große Menge Oel würde dadurch erspart, man könnte also
den Anbau der Oelpflanzen beschränken und den dadurch gewonnenen Boden zum Anbau von
Getreide etc. benutzen; die vermehrte Anwendung der Salzsäure würde derselben einen
höheren Werth geben und in Folge dessen die Soda wohlfeiler werden.