Titel: | Ueber Darstellung der Gutta-percha-Lösung; von Dr. Geiseler. |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XXXIII., S. 133 |
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XXXIII.
Ueber Darstellung der
Gutta-percha-Lösung; von Dr. Geiseler.
Aus dem Archiv der Pharmacie, Bd. CXXXIII S.
9.
Geiseler, über Darstellung der
Gutta-percha-Lösung.
Die Gutta-percha ist bekanntlich in warmem Terpenthinöl, Steinkohlentheeröl
und Kautschuköl auflöslich, damit dickliche Flüssigkeiten bildend. Nach dem
Verdampfen dieser Auflösungsmittel bleibt aber die Gutta-percha nicht
unverändert zurück, sie hat ihre ursprünglichen Eigenschaften zum Theil verloren und
stellt eine mehr zähe und weniger feste Masse dar. Nur dann, wenn man die Auflösung
in Terpenthinöl durch Alkoholzusatz fällt, die gefällte Masse mit Wasser auskocht
und darauf längere Zeit erhitzt, erhält man eine wesentlich nicht veränderte,
gewissermaßen gereinigte Gutta-percha wieder. Ein besseres Auflösungsmittel
als die genannten für die Gutta-percha, ist Schwefelkohlenstoff; die Lösung
in Schwefelkohlenstoff hinterläßt nach dem Verdunsten die Gutta-percha gar
nicht zähe und ganz unverändert.
Im Jahre 1849 machte Dr. Rapp
in Bamberg darauf aufmerksam, daß sich Gutta-percha rasch und vollständig
auch in Chloroform auflöse und damit eine röthlich-bräunliche, dickliche,
angenehm riechende Flüssigkeit bilde, die sich mittelst eines Pinsels bequem auf
jede Wunde, und in allen Fällen, wo Collodium angezeigt sey, auftragen lasse und
sogleich nach Verdunstung des Chloroforms eine schöne, fest und innig aufliegende
Decke, die sich mit einer Pincette nur schwer und zähe, aber im ganzen Zusammenhange
ablösen läßt, darbiete. Seit dieser Zeit ist die Anwendung einer Auflösung der
Gutta-percha in Chloroform statt des Collodiums von vielen Seiten her
empfohlen, aber eine genaue Vorschrift zur Bereitung dieser Lösung meines Wissens
nicht gegeben, da Rapp's
Bemerkung, daß nach Sippel 7 Gran Gutta-percha in
1 Drachme Chloroform aufgelöst werden, wohl nicht eine Vorschrift genannt werden
kann, und zwar umsoweniger, als eine so concentrirte Lösung, wie sie nach diesem
Verhältniß erhalten wird, so dickflüssig ist, wie eine Gelatine, und sich mit einem
Pinsel nicht auftragen läßt.
Bei meinen Versuchen nun, eine das Collodium nicht allein ersetzende, sondern
dasselbe bei der Anwendung noch übertreffende Lösung der Gutta-percha in
Chloroform darzustellen, richtete ich mein Augenmerk zunächst darauf hin, eine rein
klar auflösliche Gutta-percha zu erhalten. Alle Handelssorten derselben, die
ich mir verschaffen konnte, enthielten mehr oder weniger Farbstoff, Holzspänchen und
andere Unreinigkeiten, die sich nur durch Filtriren sehr verdünnter Auflösungen abscheiden ließen;
ich glaubte darum zur Umgehung der beim Filtriren und Abdestilliren nicht zu
vermeidenden Verluste an theurem Chloroform zweckmäßig durch Auflösen in dem
wohlfeileren Terpenthinöl und Fällen mittelst Alkohols die Gutta-percha
reinigen zu können. Zu dem Ende löste ich 1 Theil Gutta-percha in 4 Theilen
Terpenthinöl in der Weise auf, daß ich in das erwärmte Terpenthinöl allmählich die
zerkleinerte Gutta-percha eintrug und eine neue Portion davon immer erst dann
zusetzte, wenn die vorher zugesetzte vollständig gelöst war. So erhielt ich eine
braunrothe, ziemlich dickflüssige Auflösung, die sich erst dann filtriren ließ, als
nach und nach noch 4 Theile Terpenthinöl hinzugemischt waren.
Die filtrirte Flüssigkeit, also eine klare, durchsichtige, bräunlichröthlich gefärbte
Auflösung von 1 Theil Gutta-percha in 8 Theilen Terpenthinöl darstellend,
wurde mit so viel Alkohol von 90 Procent Tralles
allmählich gemischt, als nöthig war, um alle Gutta-percha niederzuschlagen,
die dann, mit Alkohol und Wasser ausgewaschen, eine gelbliche Masse war und scharf
getrocknet in Chloroform sich klar und fast wasserhell auflöste, ohne daß die
Anwendung von Wärme nöthig war. Ich trug die Masse in kleinen Stückchen nach und
nach in das Chloroform, bewirkte die Lösung leicht durch bloßes Schütteln und
erhielt, als die Gutta-percha in dem Verhältniß von 1 Theil auf 12 Theile
Chloroform aufgelöst war, eine Flüssigkeit von der Consistenz des Collodiums, fast
wasserhell und alle die Eigenschaften besitzend, die Dr.
Rapp an derselben rühmt; sie hatte nur den Fehler,
daß sie schwach nach Terpenthinöl roch: ein Zeichen, daß dieses sich schwer
entfernen läßt, aber bei der Anwendung gewiß kein Hinderniß. Bei einem Versuche,
durch bloßes Abdampfen der klar filtrirten Lösung der Gutta-percha in
Terpenthinöl ein reines Product zu erhalten, zeigte sich der Rückstand gefärbt,
unvollständig löslich in Chloroform und unverkennbar nach Terpenthinöl riechend. Der
Geruch ließ sich durch Auswaschen mit Alkohol und Wasser auch nicht vollständig
entfernen.
In ähnlicher Weise, wie mittelst Terpenthinöls, versuchte ich auch durch Auflösen in
Schwefelkohlenstoff die Gutta-percha zu reinigen. Sie löste sich darin viel
leichter als in Terpenthinöl, ohne Anwendung von Wärme, auf, es waren aber auf 1
Theil Gutta-percha mindestens 12 Theile Schwefelkohlenstoff nöthig, um eine
filtrirbare Flüssigkeit zu erhalten. Aus ihr ließ sich, nachdem sie filtrirt war,
ebenso wie aus der Lösung in Terpenthinöl, durch Fällen mit Alkohol die
Gutta-percha rein abscheiden, doch ebenfalls nicht geruchlos. Entfernt man
das Lösungsmittel durch Verdampfen desselben, so löst sich der Rückstand zwar klar,
aber nicht farblos
und nicht ohne einen unangenehmen Geruch mitzutheilen, in Chloroform auf. Von der
mittelst Schwefelkohlenstoffs gereinigten Gutta-percha, mochte sie durch
Niederschlagen aus der Lösung durch Alkohol, oder durch Verdampfung der Lösung
erhalten seyn, ist wie bei der mit Hülfe von Terpenthinöl gereinigten, 1 Theil
erforderlich, um 12 Theilen Choloroform die Consistenz und sonstigen Eigenschaften
des Collodiums mitzutheilen.
Ganz ebenso wie gegen Schwefelkohlenstoff verhält sich Gutta-percha nun auch
gegen Chloroform, und es findet nur der Unterschied statt, daß man 1 Theil rohe
Gutta-percha in 18 Theilen Chloroform auflösen muß, um eine filtrirbare
Flüssigkeit zu erhalten, und daß die Auflösung der mittelst Chloroform gereinigten
Gutta-percha in Chloroform keinen unangenehmen Geruch hat. Gefärbt aber ist
die Lösung der durch Abdampfen erhaltenen gereinigten Gutta-percha in
Chloroform ebenfalls, und farblos nur die der durch Präcipitation mit Alkohol
gewonnenen.
Nach diesen meinen Versuchen erhält man also die reinste und beste, als Heilmittel in
den Fällen, wo sonst Collodium angewendet wird, dienende und dem Collodium noch
vorzuziehende Gutta-percha-Lösung auf die Weise, daß man 1 Theil rohe
zerkleinerte Gutta-percha durch Schütteln ohne Erwärmung in 18 Theilen
Chloroform auflöst, die Auflösung filtrirt, aus ihr durch allmählichen Zusatz von
Alkohol die Gutta-percha niederschlägt, erst mit Alkohol, dann mit heißem
Wasser auswäscht, scharf trocknet und dann 1 Theil davon in 12 Theilen Chloroform
durch bloßes Schütteln in einem verstopften Glase auflöst. Achtet man einen
schwachen Terpenthinölgeruch nicht, so löst man 1 Theil rohe Gutta-percha in
8 Theilen Terpenthinöl in der Wärme auf, filtrirt und verfährt weiter, wie oben
angegeben, indem man ebenfalls den durch Alkoholzusatz erhaltenen, ausgewaschenen
und getrockneten Niederschlag zu 1 Theil in 12 Theilen Chloroform auflöst. Nimmt man
auf eine größere Wohlfeilheit Rücksicht, so ist unstreitig die Reinigung unter
Anwendung von Terpenthinöl vorzuziehen. Der Reinigung der Gutta-percha
mittelst Schwefelkohlenstoffs dürfte der sehr unangenehme Geruch, der schwer zu
entfernen ist, entgegenstehen.
Bei der Anwendung der Gutta-percha-Lösung in der Heilkunde scheint es
indessen gar nicht darauf anzukommen, daß sie vollständig ungefärbt ist; ja Dr. Rapp legt auf die Färbung
sogar einen Werth, indem er sagt, daß die Gutta-percha-Decke neben den
schon angeführten Vorzügen vor dem Collodium auch noch den gewähre, daß ihre Farbe
der menschlichen Haut ähnlicher sey und daher nicht, wie bei dem Collodium, z.B. bei
Wunden im Gesichte, so glänzend weiße und auffallende Flecken zeige. Insofern ist denn auch eine
vorhergehende Reinigung der Gutta-percha kaum nöthig, man darf nur 1 Theil
Gutta-percha in 18 Theilen Chloroform auflösen, die Auflösung filtriren und
bis auf 13 Theile verdunsten lassen, um eine medicinisch sehr brauchbare
Gutta-percha-Lösung zu erhalten; hat man eine nicht zu unreine rohe
Gutta-percha, so genügt es sogar, wenn man 1 Theil derselben in 12 Theilen
Chloroform auflöst und die Auflösung durch feine, vorher mit Chloroform benetzte
Leinwand colirt. Die Auflösung ist dann zwar nicht ganz klar, erfüllt aber ihren
Zweck ganz vollständig und ersetzt auch in allen Fällen das sogenannte englische
Pflaster.