Titel: | Bemerkungen über Gebläse. |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XXXVIII., S. 173 |
Download: | XML |
XXXVIII.
Bemerkungen über Gebläse.
Im Auszug aus Truran's Werk: „The Iron Manufacture of Great
Britain.“
Bemerkungen über Gebläse.
Obgleich die Gebläse jetzt eine weit bessere Construction als früher haben, so stehen
sie doch im Allgemeinen nicht im Verhältniß zu dem weit vorgeschrittenen
Maschinenbau. Von den in Britannien zum Betriebe der Hohöfen und Feineisenfeuer
vorhandenen beiläufig 300 Gebläsen sind bei weitem die meisten schlecht
eingerichtet, von geringen Leistungen und kostbar in ihrem Betriebe. Und doch
gehören gut construirte und kräftige Gebläse zu den ersten Erfordernissen einer
wohlfeilen Roheisenproduction.
Ein großer Mißgriff ist es, daß viele Maschinenbauer der Ansicht sind für Gebläse
genüge ein schlechteres Material und schlechtere Arbeit, und doch ist ein
Gebläsebruch in den meisten Fällen von sehr übeln Folgen für den Hohofenbetrieb. Bei
dem Bau eines Gebläses müssen Anlage, Arbeit und Materialien der Art seyn, daß
Brüche und daher auch Reparaturen so selten als möglich vorkommen; denn ein Gebläse
unterscheidet sich von allen andern Arbeitsmaschinen dadurch, daß es ununterbrochen
im Betriebe erhalten werden muß, da jede Unterbrechung desselben mit größern oder
geringern Verlusten für die Hütte verbunden ist. Der Werth eines Gebläses hängt
daher, neben seiner Kraft, hauptsächlich von dem Zeitraume ab, innerhalb dessen es
ohne wesentliche Reparatur im Gange bleiben kann. Bei Gebläsen kommen weit weniger,
als bei den meisten andern Maschinen Perioden vor, wo Stillstände stattfinden und
Reparaturen ausgeführt werden können. – Beim Bau und der Anschaffung eines
Gebläses muß dieser Umstand wohl berücksichtigt werden, denn bei einem regelmäßigen
Hohofenbetrieb darf ein Gebläse jährlich kaum 30 Stunden still stehen.
Früher wurden alle Gebläse mit Niederdruckdämpfen und mit Condensation betrieben,
wobei 5 bis 6 Ventile nothwendig sind und die Maschine überhaupt eine verwickelte
Einrichtung hat. Gebläse dieser Art, wie sie selbst neuerlich noch viel erbauet
worden sind, bedürfen wöchentlich wenigstens 5 bis 6 Stunden zu ihrer Reparatur. Die
meisten der neuen Gebläse sind dagegen Hochdruckmaschinen, ohne Condensation, aber
häufig mit Expansion, wodurch an Brennmaterial erspart wird. Die Hauptvorzüge dieser
Maschinen sind größere Einfachheit und folglich weniger Reparaturen und durch diese
veranlaßte Betriebsstörungen, so wie die Erzeugung dichterer Luft. Bei den
Condensationsmaschinen veranlaßt der todte Punkt am Ende eines jeden Kolbenzuges
eine Druckverminderung, was bei den Hochdruckmaschinen durch ein schweres Schwungrad
vermieden wird. Bei den älteren Condensationsmaschinen hat die Dichtigkeit der Luft,
die bei den gewöhnlichen Verhältnissen der Cylinder zu erreichen ist, gewisse
Gränzen. Der durchschnittliche effective Druck auf den Dampfkolben beträgt mit
Einschluß der Luftleere etwa 13 Pfund auf den Quadratzoll, der Nutzeffect nach Abzug
der Reibung und der Verluste aber kaum 10 Pfd.; der Luftdruck im Gebläsecylinder
könnte 2 1/2 Pfd. auf den Quadratzoll nicht übersteigen, beträgt aber gewöhnlich nur
zwei Pfund.
Früher wurden die Maschinen nur mit einer Geschwindigkeit von 180 bis 200 Fuß in der
Minute betrieben; als aber mit der Vergrößerung der Hohöfen ein größeres Luftvolum
erfordert wurde, mußte die Geschwindigkeit auf 260, 300, selbst bis auf 400 Fuß
gesteigert werden. Dadurch wurde freilich eine bis doppelte Windmenge erlangt,
allein es wurden auch die Betriebsunterbrechungen und Reparaturen mehr als
verdoppelt, Kolben- und Ventilliederungen wurden rascher abgenutzt, es konnte
mehr Wind entweichen und der Druck der Luft war noch geringer.
Bei Hochdruckmaschinen kann man dagegen sehr leicht Luftdichtigkeiten von 3 Pfund und
darüber auf den Quadratzoll erreichen, um so mehr, da ein schnellerer Betrieb
derselben weit weniger Nachtheile hat. Die Anlage der Hochdruckmaschinen ist bei
gegebener Kraft und Geschwindigkeit weit wohlfeiler, als diejenige der
Niederdruckmaschinen, besonders wo es an Condensationswasser fehlt. Auch ist stets
zu berücksichtigen, daß jene mit doppelter Geschwindigkeit gegen diese betrieben
werden können. Ebenso sind auch die Betriebskosten bei den Hochdruckmaschinen
geringer, besonders für Brennmaterial und Reparaturen, Arbeitslöhne etc.
Auf mehreren Hütten findet man Gebläse mit horizontalen Cylindern, bei denen der
Balancier und mehrere andere, die Kraft auf die Last übertragende Theile der bis
dahin allein angewendeten senkrechten Maschinen, wegbleiben konnten. Obgleich nun
die Anlagekosten solcher Maschinen gering sind, so stellen sich die
Erhaltungs- und Betriebskosten desto höher, da Reparaturen und
Betriebsunterbrechungen bei denselben gar nicht aufhören.
Horizontale Cylinder wurden zuerst bei kleineren Dampfmaschinen, namentlich bei
Locomotiven angewendet, und bei diesen sind sie ohne Zweifel sehr vortheilhaft; bei
großen Maschinen gehen daraus aber wesentliche Nachtheile hervor. Die Hauptmängel
der Maschinen letzterer Art sind die ungleiche Abnutzung des Cylinders und die schnelle
Abreibung des Kolbens. Die Dauer der Cylinder horizontaler Maschinen, ehe sie einer
Wiederausbohrung bedürfen, hängt von der Härte des Eisens ab, aus welchem Cylinder
und Kolben bestehen. Ein 33zölliger Dampfcylinder, der aus weichem schottischem
Roheisen gegossen war, mußte wieder ausgebohrt werden, nachdem der Kolben in
demselben etwa 70 Millionen Fuß zurückgelegt hatte; die directe Abnutzung betrug in
diesem Falle in der Mitte 1/4 Zoll. Aus härterm Eisen gegossene 18zöllige Cylinder
hielten dagegen fast 300 Millionen Fuß aus.
Nimmt man die Geschwindigkeit der Hochdruckdampfmaschinen zu 400 Fuß in der Minute
an, so legen sie 300 Millionen Fuß in 17 Monaten zurück und bedürfen dann des
Nachbohrens. Es kann daher ein mit einem horizontalen Gebläse betriebener Hohofen
keine Campagne von zwei Jahren machen. Und dennoch gilt das Gesagte nur von den
Dampfcylindern, denn die Gebläsecylinder werden unter noch weit ungünstigern
Umständen betrieben. Bei jenen liegt das Schmiermaterial hauptsächlich auf der
untern Seite, wo die Reibung am stärksten ist, und wird dort durch die Hitze des
Metalles und Dampfes im flüssigen Zustande erhalten. Im Gebläsecylinder wird zur
Verminderung der Reibung des Kolbens gegen die Wand Graphit im Gemenge mit andern
Substanzen angewendet, allein dasselbe wird zum Theil zu Staub gerieben, von dem
Kolben an beide Enden geschoben und hat daher nur geringe Wirkung; die Reibung wird
folglich sehr stark, und schon bei einer Geschwindigkeit von 250 Fuß entstanden so
bedeutende Erschütterungen, daß die Haltbarkeit der Maschine zweifelhaft wurde. Um
das Gewicht des Kolbens zu vermindern, hat man ihn von Schmiedeisen verfertigt und
an der untern Seite mit harten Stahlstäben gesteift; die Kolbenstange wurde durch
beide Deckel geführt und in den Stopfbüchsen wurden kleine Räder mit concaven
Kränzen angebracht, um die Reibung zu vermindern. Dennoch sind aber die Leistung und
Haltbarkeit der horizontalen Gebläse mit sehr großen Cylindern als ungenügend zu
betrachten.
Bei der Construction der senkrechten Gebläse mit Hochdruckdampf sind mehrere Punkte
sehr zu beachten. Ein sehr gewöhnlicher Fehler besteht in der geringen Stärke der
Gebläsekolbenstange, und die Folge davon sind häufige Brüche derselben; sie muß
wenigstens doppelt so stark seyn, als die Dampfkolbenstange.
Ferner kann die Oberfläche der Ventile zum Einlassen der Luft nicht groß genug seyn;
ihr Gesammtquerschnitt muß die Hälfte der Kolbenfläche betragen und derjenige der
Auslaßventile nicht weniger als ein Siebentel der Kolbenfläche. Die Ventile bestehen
am zweckmäßigsten aus zwei zusammengenieteten Lederdicken, und es dürfen die einzelnen nicht zu groß
seyn. – Die Weite der Windröhren soll wenigstens ein Siebentel von der
Kolbenfläche betragen, zweckmäßiger ist aber ein Fünftel von derselben. Sie können
dann als Behälter der verdichteten Luft dienen, so daß diese mit größerer
Regelmäßigkeit aus den Formen ausströmt.
Die beste Liederung der Gebläsekolben besteht nach Truran
aus Hanf, Segeltuch oder aus den Fäden alter Taue, indem Leder bei großer
Geschwindigkeit nicht die erforderliche Dauerhaftigkeit hat. Diese Hanfliederung
wird durch den Deckelring, welcher der bessern Handhabung wegen aus mehreren
Segmenten bestehen muß, festgeschraubt; sie braucht nur alle 4 bis 5 Monate
untersucht, und nur alle 16 bis 18 Monate ausgewechselt zu werden.
Die Drehungsachsen des Balanciers werden am zweckmäßigsten so angebracht, daß der
Dampfkolben einen längern Zug hat als der Gebläsekolben. Bei den auf diese Weise
höhern Dampfcylindern kann man auch Expansion anwenden, und da ein Gebläse
ununterbrochen im Betriebe ist, dadurch eine sehr gute mechanische Leistung
erlangen.
Die zum Betriebe der Gebläse angewendeten Dampfmaschinen müssen auch eigenthümliche
Einrichtungen haben. Zuvörderst müssen die Oeffnungen und Ventile zum Einströmen des
Dampfes in den Cylinder weit seyn, d.h. ihr Querschnitt darf nicht weniger als 1/16
von der Dampfkolbenfläche betragen. Engere Durchgänge gestatten keinen schnellen
Betrieb der Gebläse.
Als Hauptgrundsatz beim Bau der Gebläse muß man annehmen, daß jeder Theil, welcher
einer einwirkenden Kraft zu widerstehen hat, die doppelte Stärke und Festigkeit von
derjenigen, welche bei andern Classen von Maschinen angewendet werden, erhält.
Während bei der Construction mancher Maschinen, z.B. der Schiffsdampfmaschinen und
Locomotiven, Leichtigkeit eine wesentliche Bedingung ist, kommt es bei
Gebläsemaschinen auf die Verwendung einiger Tonnen Eisen mehr gar nicht an. Die
Arbeitslöhne bilden die bedeutendsten Sätze bei dem Bau und diese sind fast gleich,
die Maschinen mögen leicht oder schwer seyn.
Wohlfeile Winderzeugung ist sehr wesentlich beim Hohofenbetrieb, und da die
Steinkohlen oder die Brennmaterialien überhaupt den Hauptansatz bei den
Betriebsausgaben bilden, so läßt sich aus den verbrauchten Mengen derselben die
Leistung der Gebläse erkennen. Es soll daher in dem Folgenden das von mehreren
englischen Gebläsen durch 1 Pfund Kohlenverbrauch ausgeblasene Luftvolum von 3 Pfd.
Druck auf den Quadratzoll angegeben werden.
Wingerworth in Derbyshire. – Direct wirkende
rotirende Hochdruckmaschine, welche Ventilatoren treibt. Menge des in 1 Minute, mit
1 1/2 Pfd. Druck auf den Quadratzoll erzeugten Windes 4200 Kubikfuß. Kohlenverbrauch
in 24 Stunden 8,6 Tonnen (à 20 Ctr.); in der
Minute 13,4 Pfd.; Volum des durch 1 Pfd. Kohlenverbrauch ausgeblasenen Windes von 3
Pfd. Druck auf den Quadratzoll, 166 Kubikfuß.
Auf derselben Hütte befinden sich zwei Hochdruck-Gebläsemaschinen mit
horizontalen Cylindern; Durchmesser der Gebläsecylinder 48 Zoll, Kolbenzug 7 Fuß, 12
Züge in der Minute. In der Minute ausströmende Windmenge von 2 1/4 Pfd. Druck auf
den Quadratzoll, 4221 Kubikfuß. Kohlenverbrauch in 24 Stunden 6,5 Tonnen, in der
Minute 10,1 Pfd. Durch 1 Pfd. Kohlen ausgeblasene Luftmenge mit einer Dichtigkeit
von 3 Pfund auf den Quadratzoll, 313 Kubikfuß.
Monkland-Hütte in Schottland. –
Hochdruckmaschine; horizontale Cylinder; Gebläsecylinder 72,2 Zoll Durchmesser, Zug
9 Fuß; 18 Züge in der Minute; Windmenge in derselben Zeit mit einem Druck von 3 Pfd.
auf den Quadratzoll, 9298 Kubikfuß; Kohlenverbrauch in der Minute 23,3 Pfund. Durch
1 Pfd. Kohlenverbrauch ausgeblasene Luftmenge von 3 Pfd. Druck, 400 Kubikfuß.
Gartsherrie-Werk in Schottland. –
Balanciermaschine mit Niederdruck-Dämpfen und Condensation; Gebläsecylinder
120 Zoll, Zug 9 1/2 Fuß; 16 Züge in der Minute; Luftmenge in derselben Zeit von 2
3/4 Pfd. Druck, 24,335 Kubikfuß. Kohlenverbrauch in 24 Stunden 35 Tonnen, in der
Minute 55 Pfund. Luftmenge auf das Pfund Kohlen, mit 3 Pfd. Druck, 405 Kubikfuß.
Hirwain-Hütte in Breconshire. –
Niederdruck- und Condensationsmaschine; Gebläsecylinder 104 Zoll Durchmesser,
Zug 7 1/2 Fuß, 16 Züge in der Minute; Luftmenge in derselben Zeit von 3 Pfd. Druck
auf den Quadratzoll, 13,668 Kubikfuß. Kohlenverbrauch in 24 Stunden, 17,2 Tonnen, in
der Minute 26,5 Pfd. Auf 1 Pfd. Kohle ergeben sich 512 Kubikfuß Luft von 3 Pfd.
Druck.
Dowlais-Werk in Südwales. – Gebläse Nr. 1,
neu; Hochdruckmaschine ohne Condensation; Gebläsecylinder von 144 Zoll Durchmesser,
Zug 12 Fuß; 19 Züge in der Minute; in derselben Zeit ausgeblasene Luftmenge von 3
Pfd. Druck auf den Quadratzoll, 51,528 Kubikfuß. Kohlenverbrauch in 24 Stunden 25
Tonnen, in der Minute 38,8 Pfd.; Luftvolum auf 1 Pfd. verbrauchter Kohlen von 3 Pfd.
Druck auf den Quadratfuß, 1328 Kubikfuß.
Aus den hier angegebenen Luftmengen scheint hervorzugehen, daß die Leistungen von
Hochdruck-Balanciermaschinen mittelst eines Pfundes verbrauchter Steinkohlen
im Durchschnitt 1150 Kubikfuß, diejenigen der Niederdruckmaschinen mit Condensation
560 Kubikfuß, und diejenigen der horizontalen Hochdruckmaschinen 356 Kubikfuß Wind
von drei Pfund Druck auf den Quadratzoll betragen. Das Ventilatorgebläse ist als das
unwirksamste zu betrachten.
Referent bemerkt noch, daß sich bei den zu Paris ausgestellten Cylindergebläsen das
Bestreben nach größerer Geschwindigkeit gegen die ältern zeigte. Man hat diesen
Zweck auf doppelte Weise zu erreichen gesucht: 1) durch Anwendung größerer
Ventilflächen, wobei besonders die aus Kautschukplatten verfertigten zweckmäßig
erschienen; 2) durch Anwendung von Schieber- statt Klappenventilen, welche
jedoch nicht überdeckt sind. Die Geschwindigkeit dieser Maschinen beträgt 60 bis 70
Umgänge in der Minute, und könnte bis auf 100 gesteigert werden.
H.