Titel: | Verfahren um Collodium-Bilder von der Glasplatte zu lösen; mitgetheilt von Hrn. v. Auer, k. k. Regierungsrath und Director der Hof- und Staatsdruckerei in Wien. |
Autor: | Alois Auer [GND] |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XLV., S. 195 |
Download: | XML |
XLV.
Verfahren um Collodium-Bilder von der
Glasplatte zu lösen; mitgetheilt von Hrn. v. Auer, k. k. Regierungsrath und Director der
Hof- und Staatsdruckerei in Wien.
v. Auer, über ein Verfahren um Collodium-Bilder von der
Glasplatte zu lösen.
In den photographischen Ateliers der k. k. Wiener Hof- und Staatsdruckerei ist
schon seit geraumer Zeit ein Verfahren im Gebrauch, welches dem von Scott Archer (in vorstehendem Aufsatz) beschriebenen analog,
aber demselben nach den vielfachen in jener Anstalt gemachten Erfahrungen und
Versuchen weit vorzuziehen ist.
Um Collodium-Bilder von der Glasplatte zu lösen, verfahren wir in
nachstehender Weise:
Nachdem das Collodium-Bild auf die gewöhnliche Art auf der Glasplatte erzeugt
ist, lassen wir dasselbe gut trocknen, und übergießen es sodann mit einer filtrirten
Lösung von 1 Gewichtstheil Gutta-percha in 50 Theilen Chloroform, stellen es horizontal zum Trocknen, und sorgen dafür, daß
während des Trocknens kein Luftzug die Platte berührt, weil dieß dem gleichförmigen
Trocknen derselben Eintrag thut.
Es könnte nun das Bild von der Glasplatte schon abgenommen werden; allein in diesem
Zustande ist das Hautchen noch zu schwach, und würde bei Erzeugung der positiven
Bilder, wenn sich die Glastafel in dem Exponir-Rahmen befindet, an denselben
anschmelzen. Um diesem vorzubeugen, zugleich aber auch das Bild zu verstärken, wird
es mit einer Hausenblasen-Lösung übergossen, und abermals getrocknet.
Das Ablösen des Collodium-Bildes von der Glastafel kann auf zweierlei Art
geschehen: auf trockenem und auf nassem Wege.
Im ersteren Falle schneidet man das Bild nahe am Rande, an den vier Seiten mit einem
scharfen Instrumente ab, sucht es an den Ecken mit der Messerspitze leicht zu lösen,
worauf sich dasselbe in der Regel von selbst von der Glasplatte abrollt.
Sollte dieß aus irgend einer Ursache nicht der Fall seyn, so wendet man das nasse
Verfahren an, d.h. man befeuchtet das Bild mit Wasser und läßt es ein wenig anziehen,
worauf das Ablösen mit größter Leichtigkeit vor sich geht.
Ist das Bild von der Glastafel abgehoben, so wird dasselbe sogleich auf eine
Papier-Unterlage gebracht, und mittelst Papierstreifen, die auf der einen
Seite mit Kleister überzogen sind, auf ein Reißbret aufgeklebt. Das Aufkleben
geschieht mittelst vier solcher Streifen, die so angebracht werden, daß die eine Hälfte derselben auf den betreffenden Rand des
Bildes, die andere hingegen auf das Bret zu liegen kommt. Nachdem das Bild in diesem
Zustand neuerdings getrocknet ist, kann man es schließlich mit einer dünnen
Firnißlage versehen, wodurch es gegen die Einwirkung von Nässe und Hitze geschützt
wird.
Das Aufbewahren solcher Bilder geschieht ganz einfach zwischen Blättern Papier in
einem Portefeuille.
Die mit solchen negativen Bildern erzeugten positiven Bilder sind so vollkommen, als
ob sie nie von der Glasplatte getrennt gewesen wären. Auch ist das Verfahren in
seinem manuellen Theile bereits so in unserer Anstalt vervollkommnet, daß es kaum
etwas zu wünschen übrig läßt.
Noch ehe das Verfahren Archer's
durch Horn's photographisches
Journal zu unserer Kenntniß gelangte, hatten wir neben vielen anderen Lösungsmitteln
der Gutta-percha auch Benzin versucht. Wir fanden jedoch, daß dessen
Anwendung mit großen Nachtheilen verknüpft ist, von denen wir hier nur die
wesentlichsten anführen wollen.
Erstlich hat das Benzin einen sehr unangenehmen Geruch, und die Dünste, welche beim
Vertrocknen in die Luft entweichen, sind den photographischen Arbeiten verschiedener
Art, durch ihre chemischen Wirkungen auf die Präparate, höchst schädlich. Das
Trocknen geht langsamer von statten, und will man diesen Proceß nach Archer's Angabe dadurch
beschleunigen, daß man die Glasplatte über eine Spiritusflamme hält, so läuft man
Gefahr, daß das Benzin, welches wie alle ätherischen und Naphtha-Oele
brennbar ist, von der Flamme ergriffen, sich entzündet, daß die Glasplatte
zerspringt und das Bild zerstört wird. Ein weiterer sehr erheblicher Nachtheil ist
der, daß das Benzin das Collodium-Häutchen mürbe macht, so daß die auf solche
Art behandelten Bilder schon nach verhältnißmäßig kurzer Zeit so wenig Cohäsion und
Elasticität zeigen, daß sie schon bei leichter Berührung zerreißen und sich unter
den Fingern zerbröseln. Das Chloroform ist daher als Lösungsmittel dem Benzin weit
vorzuziehen, weßhalb wir es allen Photographen nicht genug empfehlen können.
Auch das nachstehende, in den Ateliers der k. k. Wiener Hof- und
Staatsdruckerei angewandte
Thonerde-Präparat
dürfte der öffentlichen Mittheilung werth seyn.
Vier Gewichtstheile frisch gefällte Thonerde werden mit vier Gewichtstheilen Wasser
zu einer gleichförmigen Masse zusammengemengt. Hierauf werden drei Gewichtstheile
Eiweiß zu Schnee geschlagen, und, nachdem man dasselbe hat abfließen lassen, der
obigen Mischung beigemengt.
Dieses Präparat wird wie gewöhnliches Eiweiß auf Papier aufgetragen und gut
getrocknet. Dieser Ueberzug muß entweder durch Hitze, oder indem man ihn mit Alkohol
behandelt, gebunden werden, damit beim Auftragen der folgenden Präparate weder
Thonerde noch Eiweiß sich mehr auflösen können.
Nach abermaligem Trocknen wird auf das Papier zuerst salpetersaures Blei, Kochsalz
und dann salpetersaures Silber aufgetragen, hierauf gut getrocknet und in Gebrauch
genommen.
Dieses Präparat ist seit zwei Jahren in der Staatsdruckerei im Gebrauch, und hat sich
unter allen bis jetzt versuchten Präparaten dieser Art als das vorzüglichste
erwiesen.