Titel: | Ueber Paraffin und Photogen; von Paul Wagenmann, Ingenieur in Bonn. |
Autor: | Paul Wagenmann |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. LXXV., S. 302 |
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LXXV.
Ueber Paraffin und Photogen; von Paul Wagenmann, Ingenieur in
Bonn.
Wagenmann, über Paraffin und Photogen.
Die verschiedenen Unglücksfälle welche sich mit Photogen ereigneten und auch die
nicht seltenen Klagen über schlechte Qualität desselben, veranlassen mich einige
darauf bezügliche Bemerkungen mitzutheilen.
Ich benannte bekanntlich die drei verschiedenen Oelsorten welche aus den bei
niedriger Temperatur erhaltenen Destillationsproducten der bituminösen Körper
gewonnen werden, je nach ihrem specifischen Gewicht: 1) Photogen (Mineralöl); 2) Solaröl; 3) Maschinenschmieröl (lubricating
oil). In der Abhandlung des Hrn. Prof. R. Fresenius über die Braunkohlen des
Westerwaldes,Polytechn. Journal Bd. CXXXVIII S.
137. sehe ich mit Vergnügen diese Benennungen ebenfalls angewendet.
Photogen. – Dasselbe muß nothwendig, da es in
Lampen mit tief liegendem Oelbehälter gebrannt wird und oft über 6 Zoll hoch zu
saugen hat, sehr ätherisch seyn. Am geeignetsten ist ein Oel von durchschnittlich
0,815 bis 0,835 spec. Gewicht; ein solches ist dann aus den verschiedenen Oelen von
0,760 bis 0,865 spec. Gewicht zusammengesetzt; je nachdem im Gemisch mehr die
niederen oder höheren spec. Gewichte vertreten sind, wird sich dasselbe mehr 0,815
oder 0,835 nähern.
Im Handel kommt leider leichteres Photogen vor, welches oft nur 0,780 spec. Gewicht
hat. Solche Oele sind offenbar zu gefährlich; denn sie enthalten Essenzen von nur
0,720 spec. Gewicht, welche einen Siedepunkt von 60° Cels. haben, und es ist
daher leicht erklärlich, daß wenn die Lampe nach längerem Brennen warm wird,
Explosionen stattfinden können. Hinsichtlich des Brennens übertrifft dieses feinere
(leichtere) Photogen durch seine blendende bläulichweiße Flamme jedes schwerere.
– Andererseits kommt Photogen im Handel vor, welches ein spec. Gewicht von
wenigstens 0,840, oft 0,851 und darüber hat. Solches Photogen ist für die Lampe mit
untenliegendem Oelbehälter ganz verwerflich, denn der Docht vermag dasselbe nicht
hoch genug zu saugen, und der Verdampfungsgrad dieser Oele ist so hoch, daß
dieselben nur mit kleiner Flamme brennen.
Solaröl. – Dasselbe darf keine Oele unter 0,870
und keine über 0,920 spec. Gewicht enthalten; durchschnittlich beträgt sein spec.
Gewicht 0,885 bis 0,895. Bei – 10° C. darf es noch kein Paraffin
auskrystallisiren lassen; in einer Flasche geschüttelt, darf es die Blasen nicht
schneller aufsteigen lassen, als Rüböl. Das Solaröl dient zum Brennen in
Carcel- und Moderator-Lampen.
Maschinenschmieröl (lubricating
oil). – Die Oele welche über 0,920 bis 0,950, im Durchschnitt 0,935
spec. Gewicht haben, geben das sogenannte lubricating
oil, welchem die englischen Fabrikanten ein wenig Wallrath beimischen.
Dieses Maschinenschmieröl ist paraffinhaltig, muß aber bei – 2° C.
noch flüssig bleiben, und darf nur wenig Geruch haben.
Paraffin-Fabrication. – Von mehreren Seiten
sind mir Klagen zugekommen, daß man bei Anwendung meiner früher mitgetheilten
Fabrications-Methode (polytechn. Journal Bd. CXXXV S. 138), oft ein unregelmäßiges Product erhalte, weßhalb einige
Fabrikanten dessen Darstellung ganz aufgaben.
Ich bemerke von vornherein, daß ich im Anfang selbst mit zahlreichen Uebelständen zu
kämpfen hatte, obgleich meine Beamten mit der größten Pünktlichkeit arbeiteten. Die
Fehler sind gewöhnlich mehreren Umständen zuzuschreiben, welche ich, so weit ich sie
kenne, hier mittheile.
Vorerst überzeuge man sich, ob die rohen Paraffin-Mischungen nach der
Behandlung mit Säure, durch Aetzlauge gehörig entharzt worden sind. Denn wenn
dieselben noch etwas sauer reagirend zur Destillation verwendet werden, so liefern
sie ein Paraffin welches eine butterartige Consistenz hat und nicht wie das normale
in großen Blättern krystallisirt. Letzteres trennt sich in den Saug- und
Centrifugalmaschinen leicht vom Oel; ersteres aber nur unvollkommen, was bei dem
fernern Verarbeiten immer Störungen veranlaßt.
Ferner muß man die Schwefelsäure, wenn man dieselbe von verschiedenen Fabriken
bezieht, öfter untersuchen, denn wenn dieselbe salpetrige oder Salpetersäure
enthält, so färbt sie das Paraffin gelb und verursacht auch Verluste, indem nach
Versuchen welche ich anstellen ließ, das Paraffin durch Salpetersäure leicht in
Bernsteinsäure umgewandelt wird. Andererseits ist eine nicht vollkommen concentrirte
Schwefelsäure ebenfalls zu verwerfen, weil man von solcher nicht nur eine größere
Menge braucht, sondern überdieß die letzten Antheile von Oel durch sie nicht ganz
zerstört werden.
Offenbar muß man trachten, nach der letzten Reinigung mit Säure das Paraffin
möglichst zu entölen, sowohl um an Säure zu sparen, als auch um nicht gezwungen zu seyn,
zur Entfernung der letzten Oelantheile die Säure so kräftig wirken zu lassen, daß
durch abgeschiedene fein zertheilte Kohle das Paraffin geschwärzt wird, wo es dann
nicht mehr zu reinigen ist. Deßhalb müssen die Pressen sehr stark seyn; die kalten
sollten mit 300,000, die warmen mit 600,000 Pfd. Druck wirken.
Das reine Paraffin klärt man nachträglich mit Eierweiß, und schmilzt es dann über
einer schwachen Chlorzinklösung um.
Ein Hauptübelstand der Paraffin-Fabrication ist bis jetzt leider noch der, daß
man nur einen verhältnißmäßig kleinen Theil desselben gewinnt, wenn man das Oel,
worin der größere Theil des Paraffins aufgelöst bleibt, nicht zerstören will; im
Winter ist die Ausbeute wohl etwas größer, aber selbst bei strenger Kälte ist das
Auflösungsvermögen des Oels noch sehr groß.
Ich ließ es mir in neuester Zeit sehr angelegen seyn, zur Vervollkommnung der
Paraffin-Fabrication ein Verfahren ausfindig zu machen, um das Paraffin aus
seiner Auflösung in Oel auszuscheiden, ohne das Oel dabei zu opfern. Schon längst
machte ich die Beobachtung, daß wenn man paraffinhaltiges Oel verschiedenen Gasarten
aussetzt, das Paraffin sich in einigen Tagen absondert. Dieser Umstand veranlaßte
mich jetzt eine Compressionspumpe zu construiren, um das Paraffin-Oel mit
Gasen, welche auf sechs bis acht Atmosphären verdichtet sind, zu behandeln. Die
bisher erhaltenen Resultate befriedigen mich sehr, und ich habe nur noch mehrere
mechanische Fehler zu beseitigen, um die Anwendung dieser Methode im Großen zu
ermöglichen. Alsdann erst wird die Paraffin-Fabrication eine größere
Tragweite erlangen, weil dann das Product für die Hälfte des gegenwärtigen Preises
geliefert werden kann.
Das Ergebniß dieser Versuche werde ich bald mittheilen; auch werde ich dann eine
Zusammenstellung der wichtigsten Oefen Und Destillirapparate zur Verarbeitung der
verschiedenen bituminösen Rohmaterialien, welche man in Großbritannien und auf dem
Continent anwendet, nebst meinen Ansichten über ihren praktischen Werth, folgen
lassen.
Bonn, im Februar 1856.