Titel: | Ueber Gewinnung der Palmitinsäure aus dem Mafurra-Talg; von d'Oliveira Pimentel und J. Bouis. |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. LXXVII., S. 309 |
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LXXVII.
Ueber Gewinnung der Palmitinsäure aus dem
Mafurra-Talg; von d'Oliveira Pimentel und J. Bouis.
Aus den Comptes rendue, Octbr. 1855, Nr.
18.
Pimentel, über Gewinnung der Palmitinsäure aus dem
Mafurra-Talg.
Die Bewohner von Mozambik nennen „Mafurra-Talg“ ein Fett,
welches aus einer in Europa wenig bekannten Frucht mittelst heißen Wassers
ausgezogen wird. Wegen seiner einfachen und wohlfeilen Gewinnung eignet sich dieser
Pflanzentalg zur Darstellung einer gemeinen Seife. Die Mafurra- oder sehr
wahrscheinlich Mafurra-Mandeln sind mit einer leichten rothen Hülle, welche
in der Mitte einen schwarzen Fleck hat, überzogen. Jede Mandel wiegt
durchschnittlich 0,660 Grm.; der geringste Druck reicht hin, um die Hülle abzulösen,
welche 0,187 Grm. wiegt, so daß für den entschälten Kern 0,473 Grm. übrig bleiben.
Die Kerne haben die Größe einer kleinen Cacaobohne, sind auf der Innenseite eben,
auf der Außenseite convex und trennen sich in der Längenrichtung leicht in zwei
Theile.
Ihr Geschmack ist sehr bitter und die verschiedenen daraus gewonnenen Producte
behalten diese Bitterkeit hartnäckig. Die Mafurra-Mandel ist hart, gibt beim
Zerreiben den eigenthümlichen Geruch des Cacao's von sich; durch Pressen wird nur
eine sehr kleine Menge Fettsubstanz daraus gewonnen, zu deren vollständigen
Gewinnung man zum kochenden Wasser oder den gebräuchlichen Auflösungsmitteln seine
Zuflucht nehmen muß. Durch Anwendung von Aether oder Benzin überzeugten wir uns, daß
aus den gebeutelten Kernen ungefähr 65 Procent Fettsubstanz gewonnen werden können;
der als Dünger verwendbare Preßkuchen enthält 4,3 Procent Stickstoff.
An die verschiedenen Agentien treten die Kerne einen Extractivstoff, eine sehr
bittere Substanz, einen Stoff welchen die Alkalien sehr stark färben etc., ab; unser
Hauptaugenmerk war aber die Untersuchung der Fettsubstanz. Ihre Farbe ist gelblich,
sie hat den Geruch der Cacaobutter und ist nicht so leicht schmelzbar als der Talg;
siedender Alkohol löst nur sehr wenig von ihr auf; heißer Aether löst sie leicht auf
und beim Erkalten setzt sie sich daraus in kleinen sternförmigen Krystallen ab.
Alkalien verseifen sie und färben sie dabei braun; der größte Theil des Farbstoffs
geht aber in die Alkalilösung über. Das Bleioxid verwandelt sie ebenfalls in Seife
und das hierbei frei werdende Glycerin schmeckt erst dann süß, wenn es gehörig mit
Aether geschüttelt wurde, welcher sich des Bitterstoffs bemächtigt. Die bei der
Zersetzung der alkalischen Seifen sich abscheidenden Fettsäuren sind krystallisirt
und bestehen aus einer sehr gefärbten flüssigen Säure und einer 55 Proc. des ganzen
Gewichts betragenden festen Säure.
Die flüssige Fettsäure gesteht unter dem Einfluß der Untersalpetersäure zu einer
festen Masse und gibt ein der Elaïdinsäureanaloges Product; die trockene
Destillation zersetzt sie in Kohlenwasserstoffarten und sogenannte Brenzölsäure; mit
Bleioxid bildet sie ein in Aether auflösliches Salz; sie besitzt endlich die
charakteristischen Eigenschaften der Oleïnsäure.
Die feste Säure ist in reinem Zustand ganz weiß und schillernd, ihr Erstarrungspunkt
ist fix bei 48°,4 R., und sie bildet dann eine sehr krystallisirte,
zerreibliche Masse; die alkoholischen Lösungen gestehen beim Erkalten zu einer
Masse. Das Ammoniaksalz dieser Säure ist in der Wärme auflöslich, in der Kälte
unauflöslich; ihre perlmutterartigen Kali- und Natronsalze werden durch
Wasser zersetzt; ihr Bleisalz schmilzt bei 92° R. und gesteht hernach zu
einer undurchsichtigen, amorphen Masse. Der Aether, welchen sie mit Alkohol bildet,
ist bei 19° R. schmelzbar. Sie besitzt folglich alle Eigenschaften welche Dumas und Stas der
Aethal- oder Palmitinsäure zuschreiben. Die Analysen der Säure, des Aethers,
des Blei- und des Silberfalzes haben uns auch überzeugt, daß ihre
Zusammensetzung der Formel C³² H³² O⁴
entspricht.
Palmitin liefern uns folglich das Palmöl und der Mafurra-Talg in Menge.
Durch Versuche haben wir auch gefunden, daß der Mafurra-Talg nach der
Verseifung mittelst Schwefelsäure, außerordentlich leicht destillirt.
Dieses Pflanzenfett gab, im Großen wie der gewöhnliche Talg mit Kalk behandelt, und
kalt und warm ausgepreßt, vortreffliche Resultate; indessen ist nach unserer Meinung
die Verseisung desselben mittelst Schwefelsäure und nachherige Destillation
vorzuziehen, wegen des vorhandenen Farbstoffs.
Die Mafurrakerne sind auf Mozambik und Madagascar in Menge und leicht zu sammeln, was
zu einer Zeit, wo die Beleuchtungsmaterialien so hoch im Preise stehen, wie
gegenwärtig, nicht ohne Belang ist. Der Mafurratalg ist unstreitig dem Palmöl,
sowohl was die Bearbeitung als den Ertrag an festem Fett betrifft, weit
vorzuziehen.