Titel: Die Heizeinrichtungen des Fabrikanten Deig in Lauterberg; beschrieben vom Bauconducteur Pape in Hannover.
Fundstelle: Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XCVII., S. 411
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XCVII. Die Heizeinrichtungen des Fabrikanten Deig in Lauterberg; beschrieben vom Bauconducteur Pape in Hannover. Aus der Zeitschrift des hannoverschen Architekten- und Ingenieur-Vereins, 1855, Bd. I Heft 4. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Pape, über Deig's Heizeinrichtungen. Die Einführung verbesserter Heizungen ist ein Gegenstand, der die Techniker fortwährend beschäftigt, und wegen seiner Wichtigkeit diese Aufmerksamkeit auch gewiß im hohen Grade besonders da verdient, wo das Holz allein zum Brennen verwandt wird. Es ist ja bekannt genug, wie dieß Material fortwährend im Preise steigt. In neuerer Zeit hat besonders der Fabrikant Deig in Lauterberg sich vielfach bemüht, Verbesserungen an den Heizungen einzuführen und dadurch auf Beschränkung der ganz beträchtlichen Holz-Consumtion in jener Gegend hinzuwirken. Die nachstehenden Mittheilungen über die Heizanlagen, welche der Fabrikant Deig in seinen Fabrik-Räumen zu Oberfeld, Lauterberg und Andreasberg vorgerichtet hat, stützen sich auf eine im Mai 1855 an den beiden ersteren Orten vorgenommene Besichtigung. Es möchte daraus unzweifelhaft hervorgehen, daß die Bemühungen des Fabrikanten Deig von Erfolg begleitet sind, und daß seine Heizeinrichtungen den Ruf verdienen, welchen sie sich schon erworben haben. I. Principien, wornach der Fabrikant Deig bei Einrichtung seiner Heizungen verfährt. Als obenanstehend muß hier zunächst der Grundsaß erwähnt werden, daß dem Feuer nicht mehr kalte Luft zugeführt werden darf, als zur Unterhaltung des Brennprocesses und zum Träger der erzeugten Wärme nothwendig ist. Es sind deßhalb die Oeffnungen vor den Heizräumen, wie vor den Aschenlöchern mit dichten Thüren verschlossen und zur Regelung des Zuges letztere mit Stellscheiben etc. versehen. Ganz besonders sorgfältig ist der Zutritt kalter Luft in die Schornsteine von außen vermieden. Von unten offene Schornsteine, wie die Speiseküchen solche in der Regel enthalten, werden, ebenso wie offenes Feuer auf Herden, von dem Fabrikanten Deig verdammt. Rauchfänge können bei seinen Feuerungs-Anlagen ebenfalls entbehrt werden. Die Heizräume in Stubenöfen sowohl, wie bei den Herdfeuerungen in Küchen unter Platten sind möglichst klein angelegt, damit die erzeugte Wärme keine unnöthige Abkühlung erleide, und ein möglichst vollkommenes Verbrennen der Feuerungsstoffe erreicht, also kein Rauch abgeleitet werde, der noch verbrennbare Theile enthält. Um die erzeugte Wärme bestens auszunutzen, muß dieselbe einen möglichst langen Weg durchstreichen, bevor sie zum Schornsteine gelangt. Da dieß mit gewöhnlichen Stubenöfen, oder mit Plattenherden in den Küchen, selbst wenn diese mit Bratöfen verbunden wären, in genügendem Maaße nicht zu erreichen steht, so wird der Ofen einer Stube mit dem einer zweiten, sey es in demselben Stockwerke oder in demjenigen darüber, und bei Küchen die Herdfeuerung mit dem Ofen der anliegenden oder der darüber liegenden Stube verbunden. Außer der schon erwähnten Regulirung des brennenden Feuers in Beziehung auf den Zutritt der äußeren Luft wird auch durch angebrachte Schieber vor den Zügen und vor der Einmündung in den Schornstein die Regulirung des Feuers ermöglicht. Die Züge oder Röhren, welche Küchenherde mit Oefen, oder mehrere Oefen unter einander verbinden, werden von Mauerwerk ausgeführt. Metallröhren sind ausgeschlossen wegen der zu starken Abkühlung von außen und der daraus hervorgehenden Erzeugung flüssigen Rußes. Die Schieber in den Schornsteinen werden jeden Abend, sobald das Feuer völlig erloschen ist, gehörig verschlossen, theils um die noch vorhandene Wärme zu conserviren, theils um ein Entzünden der Schornsteine während der Nacht zu verhindern. Die bis jetzt angeführten Principien beziehen sich hauptsächlich auf Heizungen von Oefen und Kochherden. Zur Erzeugung größerer Hitzegrade, z.B. für Dampfkessel, wendet der Fabrikant Deig die sogenannte Stichflammenfeuerung an, welche darin besteht, daß die Heizung für ein Feuer durch zwei Canäle stattfindet, welche vorn völlig von einander getrennt, in einiger Entfernung von den vor den Oeffnungen befindlichen Thüren schräg zusammenlaufend sich vereinigen. Durch abwechselndes Heizen der beiden Canäle in der Weise, daß man in dem einen Canale erst dann nachheizt, wenn in dem andern die Brennstoffe in voller Flamme stehen, wird ein möglichst vollkommenes Verbrennen des Feuerungsmaterials, namentlich ein völliges Verzehren des Rauches, erreicht. Von dieser Stichflammenfeuerung ist bei einem kleinen Dampfkessel zum Auslaugen von Holz auf der Fabrik zu Oderfeld eine Anwendung gemacht. Auf der Deig'schen Fabrik in Andreasberg soll sie zur Erzeugung sehr hoher Hitzegrade mit dem günstigsten Erfolge angewandt werden. II. Die Construction und Ausführung der Deig'schen Heizanlagen und ihre Vortheile. In dem großen noch im Bau begriffenen Fabrikgebäude zu Oderfeld, welches außer einem Kniestock drei Stockwerk hoch von Fachwerk mit vermauerten Fächern aufgeführt ist, befindet sich eine Treppe hoch ein Saal von 70 1/2 Fuß Länge, 53 1/4 Fuß Tiefe und 11 1/2 Fuß Höhe. Der Fabrikant Deig beabsichtigt durch vier Oefen seiner Construction nicht nur diesen Saal, sondern auch noch zwei anliegende Zimmer zu heizen und dem darüber belegenen, noch um 19 Fuß längern Trockensaale die nöthige Wärme zu verschaffen. Durch den Saal gehen vier Schornsteine. Für jeden Ofen ist einer derselben bestimmt. Zwei davon stehen an einer innern Querwand, zwei frei im Saale. Fig. 10 zeigt im Profil, Fig. 11 in der Vorderansicht und Fig. 12 im Grundriß die Einrichtung der an der innern Wand belegenen Heizung. Die Wärme, in dem Herd- oder Plattenofen A erzeugt, wird durch den Canal B in den Ofen C geleitet und, nachdem sie in dessen Zügen circulirt, in das Nebenrohr D geführt. Von hier geht sie in den Ofen des Trockensaales im Stockwerke darüber, und erst, nachdem sie auch die Züge dieses Ofens durchströmt, gelangt sie in den eigentlichen Schornstein E. Die Wahl des Herd- oder Plattenofens ist seiner Form wegen für die im Saale vorzunehmenden Arbeiten bedingt. Jeder andere gute Ofen würde sonst an seine Stelle treten können. Die Zeichnung ergibt, daß die Einrichtung durchaus einfach ist. Soll der Ofen C oder der im Saale darüber belegene Ofen nicht mit geheizt werden, so wird der Canal dahin durch einen Schieber abgeschlossen. Das Nebenrohr I) ist nach der Angabe des Fabrikanten Deig hauptsächlich angelegt zur vollständigen Verbrennung des Rauches und zur Verhütung der Bildung von flüssigem Glanzruß im Schornstein und Ofen. Durch eine bei der Besichtigung mit dem Ofen angestellte Heizung mit Abfallholz wurde nach einer Viertelstunde der obere Ofen in überraschender Weise völlig erwärmt. Dieß günstige Resultat läßt hoffen, daß die vorhin erwähnten, umfangreichen Räume durch die aufgestellten vier Oefen wirklich genügend erwärmt werden. An den beiden Schornsteinen, welche frei im Saale stehen, ist derselbe Herd- oder Plattenofen A der Figuren 1012 angebracht und ein eiserner sogenannter Wagner'scher Ofen durch einen gemauerten Canal damit verbunden. Nachdem die Wärme beide Oefen durchströmt, wird sie in den Ofen des Saales darüber geleitet. Die Idee, welche dieser Heizeinrichtung zu Grunde liegt, ist auch bei allen übrigen befolgt und in der Ausführung nur in so weit modificirt, als die Belegenheit verlangt, jedoch mit einer später zu erwähnenden Ausnahme. In einem Theile des großen Fabrikgebäudes zu Oderfeld, welcher im vorigen Winter, vorzugsweise als Tischlerwerkstatt, schon völlig im Gebrauche gewesen war, befinden sich drei Räume von 20 und 29 Fuß lichter Größe und respect. 12, 10 3/4 und 9 1/2 Fuß Höhe übereinander. Ein Schornstein geht durch alle drei Räume. Im untern Raume steht der gewöhnliche Herdofen A der Fig. 10, ein eben solcher in dem mittleren Raume. Mit der von beiden Feuerungen in den Schornstein entweichenden Wärme ist das oberste Arbeitslocal während des letzten harten und langen Winters, und obgleich dasselbe zum Theil im Dache belegen und an den Dachflächen nur verschalt ist, völlig genügend in der Weise geheizt, daß die im Schornsteine aufsteigende Wärme durch einen in dem Locale stehenden eisernen sogenannten Pyramidenofen geleitet wird. Der hohe Unterkasten dieses Ofens war zur Verlängerung des Zuges durch eine in der Mitte seiner Höhe eingelegte Eisenplatte in zwei Theile getheilt. Das hier erzielte Resultat ist wirklich überraschend. Beiläufig muß noch bemerkt werden, daß das unterste Arbeitslocal in kalten Wintertagen nicht ausreichend hatte erwärmt werden können, und daß zur Hülfe neben dem erwärmten Herdofen ein kleiner, eiserner Cylinderofen gestellt war. Der Grund davon liegt aber nicht am Ofen, sondern in der in der Decke befindlichen, zu den oberen Räumen führenden provisorischen Treppenöffnung, welche zwar mit einer Klappe versehen war, aber dennoch zu viel Wärme entweichen ließ. In ähnlicher, wie der eben beschriebenen Weise werden in den älteren Deig'schen Fabrikgebäuden zu Lauterberg an einer Stelle drei und an einer anderen sogar sechs, indeß nicht sehr große Arbeits- und Trockenräume durch eine oder zwei Feuerungen, hier jedoch mit der schon vorhin erwähnten Abänderung geheizt, daß die Wärme aus dem sie erzeugenden Herdofen in einen darneben stehenden andern, mit einem großen, gemauerten Mantel umgebenen, zweiten eisernen Ofen geleitet wird. Aus dem dadurch entstehenden Reservoire steigt die heiße Luft in Röhren in die Räume der obern Stockwerke und heizt hier, indem sie entweder durch einen Ofen circulirt oder direct ausströmt. Es ist dieß nichts weiter, als das an andern Orten schon wieder aufgegebene System der Heizung mit erwärmter Luft. Aufgegeben deßhalb, weil die Zimmerluft dadurch zu sehr ausgetrocknet und ungesund gemacht wird. Nach der Meinung des Fabrikanten Deig ist für dessen Fabrikräume dieser Nachtheil nicht zu fürchten, weil feuchte Luft stets hinreichend hinzugeführt werde. Der Herd der Speiseküche im Wohnhause des Fabrikanten Deig besteht aus einer Feuerung, wie A, Fig. 10, nachweist. Sie heizt zunächst die Platten zum Aufstellen respect. Einsetzen der Kochgeschirre, sodann einen damit verbundenen Bratofen und den Ofen der anliegenden Stube. In letzteren führt ein besonderer vor dem Bratofen hergehender Canal. Die Erwärmung der Stube von der abströmenden Hitze des Küchenherdes ist bis dahin völlig ausreichend gewesen. Die beiden neben einander belegenen Comptoire des Fabrikanten Deig werden durch das Feuer eines Ofens in der Weise geheizt, daß die erzeugte Wärme aus dem Feuerungsraume mittelst eines gemauerten Canals durch die Wand in den Ofen des anliegenden Zimmers geführt wird und erst alsdann, nachdem sie in diesem Ofen circulirt, in den ersten Ofen zurückgekehrt, unmittelbar über den mit einer Eisenplatte überdeckten Feuerungsraum hinweggeführt und hier aufs Neue erwärmt ist, auch die Züge dieses Ofens durchströmt hat, in den Schornstein entweicht. Eine solche Einrichtung stellt Fig. 13 in der Ansicht und im Profil, Fig. 14 im Grundriß dar. Zur Erläuterung wird hier noch bemerkt, daß die Form der in Fig. 13 und 14 dargestellten Oefen durchaus nicht als maaßgebend, sondern nur als rein zufällig zu betrachten ist. Der Fabrikant Deig hat seinen zweckmäßigen Heizeinrichtungen auch in den Häusern der Einwohner zu Lauterberg bereits Eingang verschafft, und selbst erhebliche Opfer nicht gescheut, um dieß Ziel zu erreichen. Die Einrichtungen bestehen hier darin, daß in der Küche statt des bisherigen offenen Feuers eine, dem schon öfter erwähnten Herdofen A, Fig. 10, in der Einrichtung gleiche Plattenfeuerung angelegt ist, und daß diese auch den Ofen der anliegenden Stube heizt. In mehreren Häusern sind solche Heizungen beabsichtigt. Die Bewohner zeigten sich um so mehr außerordentlich damit zufrieden, als der frühere, furchtbare Rauch in der Küche verschwunden, die bisherige kalte Küche durch Beseitigung des mächtigen Rauchfanges und Abschluß des offenen Schornsteins mittelst Klappe zu einem warmen und freundlichen Local umgeschaffen war. Auch in den Official-Wohnungen der Harzforstbeamten sind Heizungen, wie die eben beschriebenen, mit Erfolg angewandt, hier jedoch mit dem Unterschiede, daß die Stubenöfen, außer der Feuerung vom Herde der Küche, auch noch direct in der Stube geheizt werden können. Der Fabrikant Deig erklärt sich mit dieser Einrichtung nicht einverstanden, ist sogar der Ansicht, daß der Stubenofen vom Herde der Küche wirksamer, als direct sich heizen lasse. Ob dieß richtig ist, muß vorläufig dahin gestellt seyn. Es will scheinen, als ob die Möglichkeit, den Stubenofen auch direct heizen zu können, in vorkommenden Fällen doch sehr erwünscht seyn kann. Dringend nothwendig ist dabei aber ein dichter (sogenannter hermetischer) Verschluß der Heizöffnung in der Stube, mittelst doppelter Thüren, für die Zeit, wo nur von der Küche ab geheizt wird. Die Vortheile der Deig'schen Heizmethode sind im Wesentlichen folgende: 1) Die Ersparung an Brennmaterial. Der Fabrikant Deig nimmt an, es werde gegen früher die Hälfte erspart. Es stützt sich diese Annahme aber, so viel in Erfahrung gebracht, nicht auf bestimmte Beobachtungen, und die Wirklichkeit mag wohl dahinter zurückbleiben. Daß aber die Ersparung groß ist, und immerhin gegen 25 Procent betragen wird, dürfte unzweifelhaft seyn. 2) Die Feuersgefahr wird vermindert, indem nicht nur überhaupt weniger Feuerstellen vorhanden sind, sondern deren Anlage auch feuersicherer ist. 3) Sämmtliches Abfallholz an Säge-, Dreh- und sonstigen Spänen, welches in der holzreichen Gegend bei Lauterberg früher unbeachtet zu Grunde ging, läßt sich vortheilhaft als Brennmaterial benutzen. 4) Die unangenehm scheinende Hitze der eisernen Oefen wird dadurch wesentlich gemildert, daß die sich erwärmende, heiße Luft von dem Herdofen einer Küche, oder von der Feuerstelle eines mit ihm combinirten andern Ofens herkommt. 5) Das lästige Rauchen in den Küchen etc. hört auf, und die sonst so oft gefürchtete Küche wird zu einem gewöhnlichen Zimmer umgewandelt. III. Die Anwendung der Heizeinrichtungen für Gebäude, welche zum Eigenthume des Staates gehören. Sowohl die Deig'sche Herdanlage in den Küchen in ihrer Verbindung mit den Oefen der anliegenden oder der darüber liegenden Wohnräume, als wie die Heizung zweier oder mehrerer benachbarten Zimmer durch das Feuer eines Ofens läßt sich für Staatsgebäude aller Art, in Dienstwohnungen und Pachtgebäuden ohne Zweifel in vielen Fällen mit Erfolg anwenden. Bemerkt muß dabei aber zunächst werden, daß sämmtliche Deig'sche Heizeinrichtungen auf die Verwendung des Holzes, oder wenigstens der Abfälle davon, als Brennstoff, basirt sind. Ob die Anlagen für Torf, Steinkohlen und Braunkohlen sich gleich gut bewähren, muß erst die Erfahrung lehren. Es scheint aber kein Grund vorhanden zu seyn, zu bezweifeln, daß auch mit diesem Materiale dieselben günstigen Resultate erzielt werden. Es ist ferner nöthig, die verschiedenen Röhren und Canäle durch öfteres Reinigen stets in gutem Zuge zu erhalten und die Stellung der Schieber richtig zu handhaben, um des vollen Nutzens der Heizmethode theilhaft zu werden. In Pachtgebäuden, wo die Unterhaltung der Küchenherde und Oefen den Pächtern obliegt, wird die neue Heizeinrichtung durch die damit verbundenen Vortheile sich Eingang verschaffen müssen. Für die Combinirung der Oefen benachbarter Zimmer zur Heizung mit einem Feuer sind besonders solche Räume geeignet, welche gleichzeitig und gleichmäßig warm gehalten werden müssen. Zur Anwendung dieser zweckmäßigen Einrichtung dürfte in Staatsgebäuden ganz besonders öftere Gelegenheit sich finden.

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