Titel: | Ueber Lenoir's Verfahren zur Darstellung von Figuren vermittelst Galvanoplastik in hohler Form und in einem einzigen Stücke. |
Fundstelle: | Band 140, Jahrgang 1856, Nr. XXVII., S. 118 |
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XXVII.
Ueber Lenoir's Verfahren zur Darstellung von Figuren
vermittelst Galvanoplastik in hohler Form und in einem einzigen Stücke.
Lenoir's Darstellung galvanoplastischer Figuren.
Im polytechn. Journal Bd. CXXXIX S. 365 wurde
ein Aufsatz des Hrn. Moigno über dieses Verfahren
mitgetheilt; seitdem hat Hr. Becquerel der französischen
Akademie der Wissenschaften einen Bericht über dasselbe erstattet,Comptes
rendus, April 1856, Nr. 14. welchem wir zur Ergänzung jenes Aufsatzes Nachstehendes entnehmen:
„Hr. Lenoir formt die Figuren in zwei Theilen
mit Gutta-percha ab, und vereinigt dann diese Theile auf unten angegebene
Weise. Die Gutta-percha wird aber nicht rein angewendet, wie es
gewöhnlich geschieht, sondern er benutzt ein Gemisch von 500 Theilen dieser
Substanz, 200 Theilen Schweineschmalz und 150 Theilen Harz. Dieses Gemisch ist
dehnbarer und elastischer als die Gutta-percha.
Man beginnt damit, um die Hälfte der abzuformenden kleinen Statue Gyps zu gießen;
nachdem der Gyps fest geworden ist, bringt man hier und da, in einiger
Entfernung vom Original und an demjenigen Theil der Gyps-Oberfläche,
welcher später mit der zweiten Formhälfte verbunden werden soll, Grübchen oder
sogenannte Marken an. Hierauf erweicht man die auf angegebene Weise präparirte
Gutta-percha in einer auf nahezu 80° Reaumur geheizten
Trockenstube und trägt sie dann auf den nicht mit Gyps überzogenen Theil des
Originals auf, indem man denselben durch den bloßen Druck der Hand damit
abformt.
Nachdem das Original so zur Hälfte mit Gyps und zur Hälfte mit
Gutta-percha überzogen worden ist, zerbricht man den Gyps und nimmt ihn
weg. Die entblößte Hälfte wird dann mit Gutta-percha auf dieselbe Weise
überzogen, wie die andere. Wenn sie fest geworden ist, lassen sich die zwei
Hälften mittelst der Marken, welche auf der einen Form erhaben und auf der
andern Form vertieft sind, vollkommen vereinigen; bevor man aber dazu schreitet,
metallisirt man die Oberfläche auf welcher das Metall abgelagert werden soll,
mit Graphit. An einem der untersten Punkte dieser Oberfläche befestigt man einen
Kupferdraht, welcher mit dem negativen Pol der galvanischen Batterie in
Verbindung gesetzt wird; ein Platindraht, der als positive Elektrode dienen muß,
wird im Innern der Form so angebracht, daß er so viel als möglich, und in
gleichbleibender Entfernung, den Hauptumrissen derselben folgt, damit der
Niederschlag allenthalben gleiche Dicke bekommt. Dieser Draht wird an denjenigen
Stellen, welche die Form innen berühren könnten, mit Gutta-percha
überzogen. Die Form wird hernach in eine gesättigte Auflösung von Kupfervitriol
gebracht. Nachdem der metallische Niederschlag bewerkstelligt ist, löst man die
Form von ihm ab und entfernt sorgfältig die Gußnähte, welche sich meistens nicht
weit erstrecken. Man hat alsdann die vollkommene Copie des Originals.
Wie man sieht, wendet Hr. Lenoir keine auflösliche
Elektrode an; dagegen bringt er in der Form mehrere Oeffnungen an, die einen
oben, die anderen unten, um während der Fällung des Metalls eine Circulation der
Auflösung herzustellen. Da nämlich die Flüssigkeit in der Form, indem sie sich
zersetzt, weniger dicht wird, so steigt sie in die Höhe und läuft durch die
oberen Oeffnungen aus; die untere Flüssigkeit steigt dabei ebenfalls in die
Höhe, um die vorhergehende zu ersetzen; die Gasentwickelung auf dem Platindraht
trägt zur aufsteigenden Bewegung der Flüssigkeit bei.
Die Schwefelsäure bleibt gänzlich in dem Bad zurück, was nicht ohne Nachtheil für
den Molecularzustand des metallischen Niederschlags ist; dieser Zustand
modificirt sich nämlich, je nachdem die Auflösung des schwefelsauren Kupferoxyds
mehr oder weniger sauer ist. Man kann sich jedoch dadurch helfen, daß man auf
den Boden des Bades schwarzes Kupferoxyd gibt, welches man durch Glühen von
Kupferschnittseln darstellt; dieses Oxyd verbindet sich nach und nach mit der
überschüssigen Säure.
Diese Verfahrungsart erheischt die Anwendung von Batterien, welche außerhalb der
Bottiche angebracht werden; die Elektricität kommt daher theurer zu stehen als
bei den gewöhnlichen Methoden. Man vermeidet aber die Löthungen, welche die
Ursache der Zerstörung sind, wenn solche galvanoplastische Gegenstände den
Einflüssen der Atmosphäre ausgesetzt bleiben. Das neue Verfahren gewährt daher
wirklich Vortheile gegen alle bisher angewendeten Methoden, wenn es sich um
Rundwerke handelt.
Bis jetzt hat Hr. Lenoir nur kleine und mittelgroße
Statuen dargestellt; die Anwendung seines Verfahrens auf große Statuen dürfte
jedoch keine Schwierigkeiten darbieten. – Um Gold oder Silber
niederzuschlagen, wendet er im Innern der Form vorzugsweise eine auflösliche
Elektrode von Gold oder Silber, anstatt einer Elektrode von Platin,
an.“