Titel: | Ueber die Constitution des blauen und grünen Ultramarins; von E. Breunlin aus Weißenau. |
Fundstelle: | Band 140, Jahrgang 1856, Nr. XLIX., S. 215 |
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XLIX.
Ueber die Constitution des blauen und grünen
Ultramarins; von E.
Breunlin aus Weißenau.
Im Auszug aus den Annalen der Chemie und
Pharmacie, März 1856, S. 295.
Breunlin, über die Constitution des blauen und grünen
Ultramarins.
Eine der schönsten und technisch-wichtigsten blauen Mineralfarben ist die, die
man als Ultramarin bezeichnet. Obgleich seit langer Zeit bekannt und in jetziger
Zeit künstlich in großen Massen producirt und vielseitig angewandt, ist man bis
jetzt noch nicht im Klaren gewesen, welches die wahre Constitution dieser Farbe
sey.
Die darüber bis jetzt aufgestellten Theorien wurden aus den Darstellungsarten und
einigen wenigen Analysen gebildet, keine derselben hat sich aber Geltung zu verschaffen
gewußt; sie sind nicht bestimmt und beweisen mit Zahlen wenig, vielleicht waren auch
die Materialien, die zu den Analysen verwendet wurden, mangelhaft.
Bei der steigenden Production des Ultramarins und der Wichtigkeit, die derselbe für
den Handel und die Gewerbe gewinnt, erschien es von Interesse, die Natur der blauen
Verbindung durch die chemische Analyse aufzuklären.
Eine der berühmtesten Ultramarinfabriken Deutschlands hatte die Güte, mir ein
ausgezeichnet schönes Sortiment reinen Ultramarin, sowohl blauen als grünen,
zukommen zu lassen, und ich habe die Arbeit, deren Resultate hier folgen, auf die
Veranlassung und unter der gütigen Leitung des Hrn. Professor Will im Laboratorium zu Gießen ausgeführt.
Zuvor möge erlaubt seyn, einige historische Notizen über die Bildung des künstlichen
Ultramarins und die Arbeiten, die darüber bekannt sind, anzuführen.
Die Beobachtungen von zufälliger Bildung von Ultramarin sind von Tassaërt und Kuhlmann
theils in aus Sandsteinen gebauten Sodaöfen, theils in Oefen, in welchen Glaubersalz
geglüht wurde, gemacht worden. Die Beobachtung Tassaërt's fällt in das Jahr 1814. Schon
im Jahre 1787 machte Goethe bei seinem Aufenthalte in
Palermo die Beobachtung, daß sich in dortigen Kalköfen eine Art Glasfluß von
hellblauer bis dunkelblauer Farbe bilde, der zu Schmuckarbeiten verwandt werde.
Vauquelin's AnalyseAnn. d. chim. t. LXXXIX p. 90. zeigte die größte Aehnlichkeit der blauen Verbindung aus den Sodaöfen mit
dem Lasurstein; es war also die Möglichkeit vorhanden, die blaue Farbe des Lapis
lazuli künstlich zu erhalten. Vauquelin, Gmelin und Varrentrapp analysirten den natürlichen Ultramarin, und
Gmelin war es, dem es gelang, aus den gefundenen
Bestandtheilen desselben ein Product von ähnlichen chemischen und physikalischen
Eigenschaften zusammenzusetzen.
Er gibt verschiedene Bereitungsarten an, die wohl Jedermann, der über Ultramarin
gelesen, kennt; er studirte die Eigenschaften seines Products und stellte, so weit
es ging, Vermuthungen über seine Constitution auf.
Gleichzeitig mit Gmelin gelang es einem französischen
Chemiker Guimet, Ultramarin von vorzüglicher Schönheit
darzustellen, und er beanspruchte das Verdienst der künstlichen Darstellung
desselben. Ueber seine
Bereitungsart hat man nichts Näheres erfahren. Nach Gmelin's Vorgang traten verschiedene Chemiker
auf, die Methoden zur Bereitung des Ultramarins veröffentlichten, wie Tiremon, Robiquet, Winterfeld, Prückner, Hermbstädt, Brunner.Man sehe deren Verfahrungsarten im polytechn. Journal Bd. L S. 298, Bd. LXXXV S. 53, Bd. XCIV S. 388 und 389, Bd. C S. 266. A. d. Red. Alle Methoden sind der Hauptsache nach ziemlich dieselben.
Porzellanthon oder ein ähnlich zusammengesetztes künstliches Silicat wird mit Soda
und Schwefel in empirisch gefundenen Mengen bei Luftabschluß erhitzt und in der
Glühhitze einige Zeit erhalten, bis die Masse gesintert ist; sie wird nach dem
Erkalten gemahlen, gewaschen und geschlämmt. Das zurückbleibende Pulver wird
entweder noch mehreremal mit Soda und Schwefel geglüht, oder ohne Weiteres für sich
bei Luftzutritt gelinde erhitzt, die blaue Farbe tritt dann auf.
Der blaue Ultramarin zeigt in seinen verschiedenen Sorten verschiedene physikalische,
aber kaum verschiedene chemische Eigenschaften. Vom sanften Himmelblau geht die
Farbe ins feurige rothschillernde Dunkelblau. Die helleren Sorten bilden ein mehr
zusammenhängendes dichteres Pulver, die dunkleren sind locker, sammetartig.
Der grüne Ultramarin hat keine feurige Farbe, in seinen Nüancen geht er vom Apfelgrün
ins Blaugrüne über.
Von Wasser wird Ultramarin nicht benetzt, wohl aber von Alkohol schon in großer
Verdünnung.
Wird Ultramarin, blauer und grüner, mit Wasser ausgewaschen, so löst sich im Wasser
eine geringe Menge schwefelsaurer Kalk; schwefligsaures und unterschwefligsaures
Salz, sowie ein Schwefelmetall waren in der Flüssigkeit nicht zu entdecken.
Mit Säuren übergossen, sogar mit verdünnter Essigsäure, entwickelt sich aus allen
Ultramarinen Schwefelwasserstoff; die Farbe verschwindet mehr oder weniger schnell.
Die schönsten Nüancirungen werden am schnellsten zersetzt, sie sind lockerer und
geben der Säure leichter Zutritt.
Manche Ultramarine widerstehen der Einwirkung von Säuren viel hartnäckiger als
andere; die grünen zersetzen sich am leichtesten.
Uebergießt man Ultramarin mit starker Salzsäure im Ueberschuß, so entwickelt sich ein
zu Thränen reizender Geruch, ähnlich dem, der sich bei der Zersetzung von
Mehrfach-Schwefelcalcium und Schwefelnatrium durch starke überschüssige Säure
bei Darstellung von Mehrfach-Schwefelwasserstoff bemerklich macht.
Wird Ultramarin durch Salzsäure zersetzt, so hat man eine weißliche gelatinöse
Flüssigkeit, die beim Filtriren trüb durchs Filter geht. Die Trübung rührt von fein
vertheiltem Schwefel her; sie ist stärker bei der Zersetzung des blauen als des
grünen Ultramarins und weist deutlich auf die Anwesenheit einer beträchtlichen Menge
eines höher geschwefelten Metalls hin, das im Ultramarin vorhanden ist und zur
Bildung der Farbe wesentlich beiträgt. Auf dem Filter bleiben Schwefel, Kieselsäure
und Thon, im Filtrat hat man Chloraluminium, Chloreisen, Chlornatrium und
schwefelsauren Kalk.
Bei starkem Glühen an der Luft verlieren blauer und grüner Ultramarin ihre Farbe, sie
wird zuerst schmutzig und verschwindet dann ganz. Glüht man grünen Ultramarin mit
Fünffach-Schwefelnatrium, wascht die Masse aus und erhitzt sie gelinde an der
Luft, so wird sie blau. Der Grund dieser Umwandlung liegt, wie wir später sehen
werden, in der verschiedenen Constitution des blauen und grünen Ultramarins.
Erhitzt man nach Clement und Désormes Ultramarin im Wasserstoffstrome, so wird er unter
Entwickelung von Schwefelwasserstoff röthlich.
Was die procentische Zusammensetzung des Ultramarins betrifft, so sind bis jetzt
wenige Analysen bekannt; ich führe die mir zu Gesicht gekommenen hier an:
Varrentrapp.
Elsner
Brunner.
blauer.
grüner.
Kieselsäure
45,604 Proc.
40,0
39,9
32,544 Proc.
Thonerde
23,304 „
29,5
30,0
25,255 „
Eisen
1,063 „
–
–
–
„
Natron
21,476 „
23,0
25,5
16,910 „
Kali
1,752 „
–
–
–
Kalk
0,021 „
–
–
2,377
„
Schwefel
1,685 „
a.b.
0,5
3,5
1,0
3,6
11,629 „
Chlor
Spur
–
–
–
Schwefelsäure
3,830 „
3,4
0,4
–
Eisenoxyd
–
„
1,0
0,9
2,246
„
Sauerstoff
–
–
–
9,039
„
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
98,735 Proc.
100,9
101,3
100,000 Proc.
Meine Analysen von fünf Sorten (I bis V) blauen und zwei Sorten (VI und VII) grünen
Ultramarins gaben folgende Resultate:
I.
II.
III.
IV.
Kieselsäure
37,405 Proc.
40,909 Proc.
38,476 Proc.
36,316 Proc.
Thonerede
29,990 „
24,188 „
28,450 „
25,881 „
Eisenoxyd
1,322
„
0,500 „
0,653
„
3,062
„
Natron
14,897 „
16,275 „
19,229 „
20,967 „
Natrium
2,852
„
3,174 „
1,901
„
2,115
„
Schwefel
a.b.
1,985
„ 7,102
„
2,204
„ 8,449 „
1,323
„ 4,877
„
1,437
„ 5,818
„
Kalk
0,469
„
0,821 „
9,601
„
1,111
„
Schwefelsäure
2,337
„
1,307 „
3,071
„
2,676
„
Thon
2,833
„
1,461 „
2,040
„
2,344
„
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
101,192 Proc.
99,288 Proc.
100,621 Proc.
101,727 Proc.
V.
VI.
VII.
Kieselsäure
36,585 Proc.
38,393 Proc.
38,792 Proc.
Thonerde
25,053 „
27,379 „
28,272 „
Eisenoxyd
0,907 „
0,629 „
0,889 „
Natron
17,199 „
16,931 „
13,881 „
Natrium
3,186 „
5,290 „
5,535 „
Schwefel
a.b.
2,217
„ 8,680 „
3,682
„ 3,490 „
3,850
„ 5,718 „
Kalk
1,018 „
0,829 „
0,903 „
Schwefelsäure
1,987 „
0,518 „
0,582 „
Thon
2,796 „
1,699 „
0,963 „
––––––––––––––––––––––––––––––––––––
99,821 Proc.
98,840 Proc.
99,390 Proc.
In Elner's Polytechn. Journal Bd. LXXXIII S
461. und meinen Analysen bezeichnet Schwefel a. die
Menge Schwefel, die als Schwefelwasserstoff beim Zersetzen des Ultramarins durch
Säure sich entwickelt, Schwefel b. die Menge, die als
Schwefelmilch dabei niederfällt.
Bei meinen Analysen wurde eine Portion des Ultramarins durch Salzsäure zersetzt und
in derselben Thonerde, Eisenoxyd, Natron und Kalk (die sich auflösten), sowie Thon
(der ungelöst blieb) und Kieselsäure (die sich theils löste, theils, zusammen mit
Thon und Schwefel, ungelöst blieb) in gewöhnlicher Weise bestimmt. – Eine
andere Portion des Ultramarins wurde mit Soda und Salpeter geschmolzen, die Masse
nachher mit Wasser behandelt und in der Lösung die Schwefelsäure durch Baryt
bestimmt. Bei der so gefundenen Schwefelsäure (m) wurde
diejenige (n) abgezogen, welche schon als solche im
Ultramarin enthalten war, und die in einer dritten Probe desselben durch Zersetzen
mit Salzsäure und Fällung mittelst Baryt bestimmt wurde. Ich überzeugte mich, daß
diese schon in dem Ultramarin enthaltene Schwefelsäure darin an Kalk gebunden ist
und in Form von
schwefelsaurem Kalk aus dem Ultramarin (nachdem derselbe zuvor mit Weingeist
befeuchtet ist, da er sich sonst mit Wasser nicht benetzt) durch Wasser ausgezogen
werden kann. Die Menge m – n Schwefelsäure war also aus dem im Ultramarin enthaltenen Schwefel erst
durch die Oxydation mittelst des Salpeters entstanden und wurde sonach auf Schwefel
(a + b) berechnet. Die
Menge Schwefel (a), welche bei der Zersetzung des
Ultramarins durch Säure als Schwefelwasserstoff sich entwickelte, wurde in einer
vierten Probe des Ultramarins mittelst Zersetzung durch verdünnte Salzsäure,
Vermischen mit etwas Stärkekleister und Zusatz titrirter Jodlösung bis zur
eintretenden Bläuung (nach dem Verfahren von Bunsen)
direct bestimmt. Der so gefundene Schwefel wurde von der Gesammtmenge des Schwefels
(a + b) abgezogen,
worauf der Rest die Schwefelmenge (b) ergab, die bei der
Zersetzung des Ultramarins durch Säure sich als Schwefelmilch abscheidet.
Wirft man einen Blick auf die Gewichte der die Ultramarine constituirenden
Bestandtheile, so sieht man, daß der Größe derselben nach Kieselsäure, Thonerde,
Natron und Schwefel die Hauptbestandtheile, Eisenoxyd, Thon, Schwefelsäure und Kalk
dagegen sehr untergeordneter Natur sind. Diese letzteren betrachte ich als
Verunreinigungen und ziehe sie bei Feststellung einer Formel nicht in Betracht.
Bei Prüfung der Eigenschaften des Ultramarins, seinem Verhalten gegen
Oxydations- und Desoxydationsmittel, den Producten, die sich bei der
Zersetzung durch Salzsäure bilden, wurde ich qualitativ, bei Betrachtung der
Resultate der verschiedenen Analysen quantitativ darauf hingewiesen, daß, wie schon
Elsner darlegte, im Ultramarin ein
Mehrfach-Schwefelmetall verbunden mit einem Silicat die blaue Verbindung
bilde.
Das Schwefelmetall ist im blauen ein höheres, als im grünen.
Ich fand nun, daß der blaue Ultramarin Fünffach-Schwefelnatrium, der rein
grüne Zweifach-Schwefelnatrium enthält, und daß das mit ihm verbundene
Silicat stets von constanter Zusammensetzung ist, die mit der eines natürlich
vorkommenden Silicates, dem Nephelin, die größte Aehnlichkeit hat. Es besteht
aus:
[(2 NaO) SiO₃] + 2 [Al₂O₃, SiO₃].
Die färbende Verbindung im blauen Ultramarin enthält auf
2 Aequiv. des Silicats 1 Aeq.
Fünffach-Schwefelnatrium, die im grünen
auf 1 Aequiv. Silicat 1 Aequiv. Zweifach-Schwefelnatrium.
Die Wahrscheinlichkeit dieser Zusammensetzung will ich im Folgenden zu entwickeln
versuchen.
Schwefelmetall. – In den analysirten Ultramarinen
fand ich für die Menge des Schwefels, der in der Form von Schwefelwasserstoff bei
Zersetzung mit Salzsäure sich entwickelt (Sa), für die Menge Schwefel, der als
Schwefelmilch niederfällt (Sb), folgende Zahlen:
I.
II.
III.
IV.
V.
Blauer Ultramarin
Sa
Sb
1,985 7,102
2,204 8,449
1,323 4,877
1,437 5,818
2,2178,680
welche nahezu im Verhältniß stehen = 1 : 4.
VI.
VII.
Grüner Ultramarin
Sa
Sb
3,682 3,490
3,8505,718.
Nr. VI ist rein grün, Sa : Sb
verhält sich in ihm = 1 : 1, Nr. VII ist blaugrün.
Der Schwefel ist nun jedenfalls an Natrium gebunden. Es wurde die dem Sa entsprechende
Menge Na berechnet (das dieser Menge Natrium
entsprechende Gewicht Natron wurde von dem durch die Analyse gefundenen Gewicht
Natron abgezogen).
Na + Sa ist Einfach-Schwefelmetall. Na + Sa + Sb ist das Mehrfach-Schwefelmetall, das
im blauen Ultramarin NaS₅, im grünen NaS₂ gibt.
Alle Eigenschaften der blauen und grünen Ultramarine, sowie ihre Bildung
rechtfertigen diese Lagerungsweise des Schwefels.
Die Schwefelsäure, welche nach der Zersetzung des Ultramarins durch Salzsäure in der
Flüssigkeit gefunden wird, ist, wie oben gezeigt wurde, nicht erst durch Zersetzung
von unterschwefligsauren Salzen entstanden, sie ist an Kalk gebunden und trägt
nichts weniger als zur Bildung der Farbe bei.
Der Schwefel kann auch aus dem Grunde nicht in der Form von unterschwefligsaurem Salz
zur Constitution der Farbe beitragen, weil dieses Salz bei der Temperatur, bei
welcher sich Ultramarin bildet, nicht bestehen kann, sondern in Schwefel und
schwefelsaures Salz zerfällt. Endlich ist außer dem Sauerstoff in der Kieselsäure,
Thonerde, dem Eisenoxyd und Natron keiner mehr im Ultramarin enthalten. Die
Uebereinstimmung der Analysen bürgt hiefür. Es ist kein Raum da, bei der Annahme des
Vorhandenseyns von unterschwefliger Säure oder schwefliger Säure für je 16 Schwefel
8 oder 16 Sauerstoff in Rechnung zu bringen.
Der Schwefel kann im Ultramarin zur Bildung der blauen oder grünen Farbe nur in der
Form von Mehrfach-Schwefelnatrium beitragen.
Beim Zusammenbringen von Salzsäure mit Ultramarin wird ein Hauptbestandtheil
desselben, das Mehrfach-Schwefelnatrium, zersetzt, es entwickelt sich
Schwefelwasserstoff, Schwefel fällt nieder. Bei Zusatz von überschüssiger
concentrirter Säure bildet sich hydrothionige Säure HS₅, die an ihrem Geruch
bemerkbar ist. Die Veränderungen, die der Ultramarin bei Behandlung mit Wasserstoff,
beim Glühen für sich, mit Salpeter und Soda erleidet, weisen deutlich die
Anwesenheit von Mehrfach-Schwefelnatrium nach.
Bei letzterem Versuche, sowie der Darstellung des blauen Ultramarins aus dem grünen
ersieht man, daß der erstere ein höheres Schwefelmetall enthält, als der letztere;
denn die geschmolzene Masse wird erst grün, dann farblos.
Umgekehrt geht grüner in blauen über, wenn er mit Soda und Schwefel im Verhältnisse,
daß sich Mehrfach-Schwefelnatrium bildet, oder mit Schwefel allein, oder für
sich an der Luft geglüht wird.
In allen drei Fällen entsteht aus dem Zweifach-Schwefelnatrium des grünen,
Fünffach-Schwefelnatrium des blauen. In den beiden ersten Fällen ergibt sich
diese Umwandlung durch einfache Aufnahme von Schwefel, im letzteren zieht ein Theil
Kieselsäure des Silicates aus dem Zweifach-Schwefelnatrium Natrium, das sich
an der Luft oxydirt, und Fünffach-Schwefelnatrium entsteht.
Silicat. – Dieser zweite Hauptbestandtheil des
Ultramarins besteht aus Kieselsäure, Thonerde und Natron. Beim Betrachten der
Analysen der Ultramarine ist eine auffallende Uebereinstimmung dieser Körper nicht
zu verkennen. Um zu einer Formel zu gelangen, berechnete ich ihr
Sauerstoffverhältniß in den gefundenen Mengen und fand dasselbe in
für Kieselsäure
Thonerde
Natron
I.
5,154
3,642
1
II.
5,282
2,950
1
III.
4,108
2,677
1
IV.
3,475
2,233
1
V.
4,376
2,635
1
VI.
4,655
2,926
1
VII.
5,871
3,771
1
indem der Sauerstoffgehalt im Natron, als des in geringster
Menge vorhandenen Bestandtheils, = 1 genommen wurde.
Diese Verhältnisse stimmen am besten mit der Zusammensetzung eines natürlich
vorkommenden Silicates, des Nephelins, überein, bei welchem die
Sauerstoffverhältnisse für
Kieselsäure
Thonerde
Natron
folgende sind:
4,5
3,0
1,
denn die Formel des Nephelins ist:
[(2 NaO) SiO₃ + 2 [Al₂O₃, SiO₃].
Um schließlich zu erfahren, in welchem Aequivalentenverhältniß Schwefelnatrium mit
dem Silicat verbunden ist, um somit dann die Formel für chemisch reinen Ultramarin
zu haben, dividirt man in den Sauerstoff des Natrons aus dem Silicat mit dem
Sauerstoff des dem Schwefelnatrium entsprechenden Natrons; man erhält für:
Sauerstoffd. Natrons
im Silicat:
Sauerstoff des
dem Schwefelnatriumentsprechenden
Natrons
Verhältniß derselben
Abgerundetes Verhältniß
I.
3,844
0,992
3,875 : 1
4 : 1
II.
4,200
1,104
3,804 : 1
4 : 1
III.
4,962
0,661
7,507 : 1
7,5 : 1
IV.
5,411
0,736
7,352 : 1
7,5 : 1
V.
4,438
1,108
4,005 : 1
4 : 1
VI.
4,369
1,841
2,374 : 1
2 : 1
VII.
3,582
1,925
1,861 : 1
2 : 1
Nr. III und IV sind Sorten von hellerem mattem Blau, die andern I, II und V dagegen
von den feurigsten Sorten; man kann daher annehmen, daß in dem
chemisch-reinen Blau stets auf 4 Aequiv. Natron im Silicat 1 Aequiv.
Fünffach-Schwefelnatrium und im reinsten Grün auf 2 Aequiv. Natron 1 Aequiv.
Zweifach-Schwefelnatrium kommt, oder daß im Blauen
2 Aequiv. Nephelin mit
1 NaS₅
und im Grünen
1 „ „
„
1 NaS₂
verbunden sind.
Die Formeln für die reinen Verbindungen sind demnach:
Blau: 2 ([(2 NaO)SiO₃]
+ 2 [Al₂O₃, SiO₃]) + 1 NaS₅.
Grün: 1 ([(2 NaO)SiO₃]
+ 2 [Al₂O₄, SiO₃]) + 1 NaS₂.