Titel: | Verwendungen des Kali- oder Natron-Wasserglases in der Baumwollen-Färberei und Druckerei; von Wilhelm Grüne. |
Fundstelle: | Band 140, Jahrgang 1856, Nr. LXII., S. 287 |
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LXII.
Verwendungen des Kali- oder
Natron-Wasserglases in der Baumwollen-Färberei und Druckerei; von
Wilhelm
Grüne.
Aus der Deutschen Musterzeitung, 1854, Nr.
6.
Grüne, Verwendung des Wasserglases in der
Baumwollen-Färberei.
1. Befestigungsmittel der Mordants in
der Baumwollen-Färberei.
Für die Baumwollen-Färberei bietet das Kali- oder
Natron-Wasserglas (kieselsaure Kali oder Natron) ein einfaches und
vortheilhaftes Mittel zur Befestigung und zum Niederschlagen der Beizen und Mordants
dar, wobei diesen, als auch den später damit erzeugten Farben durch die gleichzeitig
sich auf den Stoff niederschlagende schwer angreifbare Kieselsäure eine größere
Beständigkeit und Aechtheit ertheilt wird. Die Wirkung hierbei beruht auf der
leichten Zersetzbarkeit des kieselsauren Natrons und besteht in einer doppelten
Zersetzung, wobei die Vase des Mordants vereint mit der Kieselsäure auf den Stoff
niederfällt. Der zur Erreichung dieses Zweckes einzuschlagende Weg bleibt für alle
Mordants, resp. Farben derselbe und ist einfach der, die Waare in und mit der Lösung
des kieselsauren Natrons zu tränken, von der überflüssigen anhängenden Flüssigkeit
zu befreien und dann durch eine Lösung des durch die herzustellende Farbe bestimmten
Mordants, welcher stets sauer seyn muß, zu nehmen. Es verbindet sich dabei die Säure
des Mordants mit dem Natron des kieselsauren Natrons, während sich die Base des
ersten und Kieselsäure des letztern unlöslich niederschlägt. Durch Spülen in Wasser
entfernt man die erstere lösliche Verbindung und eignet sich dann in diesem Zustand
der Stoff zum Ausfärben in den verschiedenen Farbbädern.
Die einzelnen Farben stellt man, vorausgesetzt, daß der Stoff vorher mit kieselsaurem
Natron getränkt ist, auf folgende Weise dar:
Schwarz und Grau, Durchnehmen
durch Eisenvitriollösung oder salpetersaures Eisen, Spülen.
Ausfärben heiß mit Blauholz, Schmack etc.
Roth, Ponceau, Durchnehmen durch Chlorzinnlösung.
Ausfärben in Rothholz, kalt.
„
Carmoisin, Durchnehmen durch
Alaunlösung.
Ausfärben heiß mit Rothholz.
Violet, Durchnehmen durch Alaunlösung.
Ausfärben heiß mit Blauholz.
Pensé, Durchnehmen durch Zinnsalzlösung.
Ausfärben kalt mit Blauholz.
Gelb, Durchnehmen durch Alaun oder Zinnsalzlösung.
Ausfärben mit Wau, Quercitron etc.
Blau, Durchnehmen durch Alaun und Kupfervitriol.
Ausfärben mit Blauholz.
Viele Modefarben und Braun lassen sich auf leichte Weise durch Mischung der
Durchnahme- und Farbebäder herstellen. Die Vortheile, welche dieß Verfahren
gewährt, sind: das schnelle Befestigen des Mordants aus den schwächsten Lösungen
derselben, dann die Möglichkeit, die billigsten Salze, wie z.B. Alaun, Eisenvitriol
etc. verwenden zu können, wo man in den andern Fällen theurere Verbindungen, als
essigsaure Thonerde, holzsaures Eisen etc. anwenden muß.
2. Schönungs- und Befestigungsmittel
schon gefertigter Farben ist das kieselsaure Natron ebenfalls
durch seine leichte Zersetzbarkeit, es darf für diese Fälle jedoch nur sehr verdünnt
in Anwendung gebracht werden. Der sich dabei bildende Ueberzug von Kieselsäure macht
die Farben viel ächter gegen Säure und besonders gegen Seife.
In der Druckerei hat sich das kieselsaure Natron als
3. Reservage unter Catechu und anderen
Farbstoffen
sehr gut gezeigt, und wird es durch dasselbe möglich, sehr
angenehme Artikel, deren Herstellung bis jetzt umständlich oder selbst nicht
durchführbar war, herzustellen, so z.B. Weiß in catechubraunem oder schwarzem Grund
etc. Die Ausführung ist eine sehr einfache; die syrupsdicke Lösung des kieselsauren
Natrons, welche sich ohne jede andere Verdickung sehr gut drucken läßt, wird recht satt auf den
Stoff gebracht. Nach dem Trocknen erscheinen die bedruckten Stellen wie mit Glas
überzogen. In diesem Zustande klotzt man den Stoff durch eine Lösung von Catechu,
die mit Salmiak und salpetersaurem Kupfer und je nach Nüance mit Blauholz-
oder Rothholzbrühe versetzt ist, passirt dieselbe dann sofort durch eine chromsaure
Kalilösung, wodurch sich der Grund schön braun färbt, während die gedruckten Stellen
sich beim nachherigen guten Spülen und Reinigen im reinen, schönen Weiß zeigen.
Auf dieselbe Art lassen sich mit den verschiedenen Farbstoffen die mannichfaltigsten
Gründe mit weißen Figuren herstellen.
4. Bindemittel für Ultramarin und andere
Körperfarben.
Reibt man mit der syrupsdicken Lösung Ultramarin oder andere Körperfarben gut ab,
druckt die erhaltene Masse dann auf die Waare, läßt sie trocknen und passirt durch
ein ganz schwach angesäuertes Wasser, so schlägt sich die Kieselsäure fest auf die
Fäden nieder und hält dadurch die mitangeriebene Farbe fest, diese gegen alle später
erfolgenden Angriffe durch Wäsche besser schützend als die andern zu dem Zweck
gewöhnlich benutzten Stoffe. Es ist hierbei jedoch darauf zu achten, daß die Masse
ganz fein und gleichmäßig aufgetragen wird, da alle dickaufliegenden Stellen steif
werden und sich an denselben auch die Farbe leicht abreiben läßt.
5. Mittel zur Ausführung einer neuen Art
von Farben-Erzeugung und Befestigung
ist das kieselsaure Natron ebenfalls und lassen sich
verschiedene Arten der Verwendung dafür finden. Eine derselben ist folgende:
Zersetzt man die Abkochungen der verschiedenen Farbstoffe mit Alaun- oder
Chlorzinnlösung, so bildet sich ein Niederschlag in der Flüssigkeit, welcher fast
die ganzen Pigmente in sich enthält; trennt man denselben durch Filtration von den
flüssigen Bestandtheilen, so erhält man eine teigartige Masse in den verschiedenen
Farben, welche man mit dem Namen Lacke bezeichnet. Diese Lacke lösen sich in
Sodalösung vollständig auf. Setzt man von diesen Lösungen zum kieselsauren Natron
von dicker Consistenz, druckt die Mischung auf und passirt nach dem Trocknen durch
eine ganz schwache Säurelösung, so fällt die Kieselsäure, mit ihr aber auch der Lack
aus der Sodalösung unlöslich auf das Gewebe nieder. Man spült zuletzt zur Entfernung
der löslichen Substanzen.
Auf diese Weise kann man nebeneinander zugleich die verschiedensten Farben
erzeugen.
Zum Druck vom Aechtblau eignet sich das kieselsaure
Natron als Verdickungsmittel besser als alle anderen, da es die Oxydation des
reducirten Indigos durch seinen glasartigen Zusammenhang verhindert. Die klare
Lösung von einem Ansatz aus Indigo, Eisenvitriol und Kalk, mit demselben gemischt
und aufgedruckt, dann durch eine Säure passirt, liefert Aechtblau in allen
Nüancen.
Aechtgrün stellt man her, wenn man zur Farbe für
Aechtblau die Lösung von Bleioxyd in caustischer Lauge setzt, und dann statt durch
eine Säure durch die Lösung von saurem chromsaurem Kali passirt.
Von den verschiedenen Verwendungen, die sich leicht noch finden lassen, sey hier nur
noch eine als
6. Füllungs- und Beschwerungsmittel für weiße appretirte
Baumwollen-Waaren
erwähnt. An den Appreteur wird fast immer die Anforderung
gestellt, einer schlechten Waare das Ansehen und Gewicht einer besseren zu geben,
und muß er dann seine Zuflucht zu Substanzen, wie z.B. schwefelsaures Blei etc.,
nehmen, welche er seiner Stärke zusetzt. Diese Mittel entfernen sich bei der Wäsche
mit der Stärke und es erscheint alsdann bald die Waare in ihrer eigentlichen
Gestalt. Dieß wird aber vermieden, wenn man die Kieselsäure unlöslich in und auf den
Faden niederschlägt und dann einfach stärkt. Man führt dieß dadurch aus, daß man den
Stoff mit dem verdünnten kieselsauren Natron tränkt, dann durch schwache Säure
passirt und endlich spült.