Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 140, Jahrgang 1856, Nr. , S. 393 |
Download: | XML |
Miscellen.
Miscellen.
Außerordentliche Leistung einer Locomotive.
Auf der Pariser Industrie-Ausstellung war eine der französischen Nordbahn
gehörige, von den HHrn. Carl und Comp. zu Paris nach
Crampton's System gebaute
Schnellzug-Locomotive (Treibachse mit 7' hohen Rädern hinter dem Feuerkasten;
auswendige Cylinder, zwischen den beiden Vorderachsen; Steuerung gleichfalls
auswendig) ausgestellt. Diese Locomotive war im Monat Mai 1849 in Dienst genommen
worden, und hatte nach einem amtlichen Nachweise bis zum 1. Junius 1855, also binnen
sechs Jahren, 269045 Kilometer oder 36257 georgr. Meilen, also pro Jahr durchschnittlich 6043 geogr. Meilen
durchlaufen. Die Maschine befand sich noch in durchaus dienstfähigem Zustande,
obgleich die Gesammtleistung wohl eine der größten ist, welche eine Locomotive
bisher überall erreicht hat, und die mittlere jährliche Leistung ziemlich die
doppelte der Maschinen auf den meisten deutschen Bahnen ist. Sind diese großen
Zahlen nun zum Theil vielleicht auch Folge günstiger Verhältnisse des Dienstes, so
ist dabei doch sehr wohl zu bemerken, daß die Fahrgeschwindigkeit der Schnellzüge
auf der Nordbahn eine bedeutende (50 Kilom. oder nahezu 8 geogr. Meilen pro Stunde) und der Zustand der Bahngeleise keineswegs
der beste ist. Es wird demnach diese Leistung einer Locomotive jedenfalls als eine
außerordentliche angesehen werden müssen. B.
(Zeitschrift des Hannover. Architekten- und Ingenieur-Vereins, 1856,
Bd. II S. 134.)
Notiz über das Oberbau-System von Barlow.
In der Versammlung des Vereins für Baukunde in Stuttgart, am 16. Febr. 1856, theilte
der als Gast anwesende Ingenieur W.
Nördlinger von Bordeaux, über das Geleisesystem der französischen
Südbahn einige neuere Erfahrungen mit, betreffend die dort angewandten, direct auf
der Beschotterung ruhenden, sogenannten Barlowschienen.
Im Allgemeinen sey man mit diesem Oberbau ganz zufrieden; die Bewegung der Züge sey
äußerst sanft, die Unterhaltungearbeiten beschränken sich fast nur auf das
Unterkrampen der Schienen, und, was besonders wichtig sey, die Befürchtungen, welche
man bei der starren, durchaus keine Längenverschiebung zulassenden Verbindung der
Schienenenden mit einander (durch Vernietung) in Betreff der Temperaturwirkungen
gesetzt habe, seyen bis jetzt durch die Erfahrung nicht gerechtfertigt worden. Nur
in Betreff der Dauer der Schienen bleibe viel zu wünschen
übrig; es stelle sich eine rasche Abnutzung derselben ein und löse sich namentlich
in höchst eigenthümlicher Weise längs der Mitte des gerissenen Schienenkopfes ein im
Querschnitte dreieckiger, mit der Basis nach oben gekehrter Span ab, und gebe
Veranlassung zum baldigen Bruche. Vorerst werde man das System, soweit das Quantum
der angeschafften Schienen reicht, für die noch zu bauenden Strecken beibehalten. Im
Uebrigen sey man auch in England von diesem Schienensystem ziemlich wieder
abgekommen. (Eisenbahnzeitung, 1856.)
Die unterirdische Stadtleitung in Paris, welche vom
Centralbureau nach den einzelnen Telegraphenlinien führt.
In Paris waren seither die Stadtleitungen, welche vom Centralbureau nach den
einzelnen Telegraphenlinien führen, über die Dächer der Gebäude und quer über die
Straßen durch die Luft gespannt. Das unelegante Aussehen dieser Drähte, und mehr noch die Schwierigkeit
und selbst Gefährlichkeit ihrer Controle und eventuellen Reparatur hatten schon
längst ihre Ersetzung durch unter das Straßenpflaster in die Erde gelegte Leitungen
wünschbar gemacht; indeß war die französische Telegraphen-Verwaltung durch
die an anderen Orten gemachten Erfahrungen gegen alle mit Gutta-percha
isolirten Kupferdrähte eingenommen.
Man kam endlich zu dem Entschluß, die Drähte in Gräben von genügender Tiefe in ein
Bett von Asphaltmasse zu legen. Schon im Jahre 1844 hatte man einen derartigen
Versuch zu Gaillon, auf der Eisenbahn nach Ronen angestellt; es waren daselbst unter einer Passage
vier Kupferdrähte auf 10 Meter Länge in einem Graben ausgespannt und mit
Asphaltmasse umgossen worden. Dieselben hielten sich vortrefflich. Im December 1854.
also nach 10 Jahren, war die Isolation noch vollkommen und der Asphaltblock war
äußerst hart geworden. Nur zeigte sich bei näherer Untersuchung, daß der Abstand der
Drähte von einander ein sehr unregelmäßiger war, indem diese, die ursprünglich
straff gespannt gewesen, durch die Hitze des geschmolzenen Asphalts sich ausgedehnt
hatten und schlaff geworden waren.
Dieser Umstand war bei der gedachten kurzen Leitung ohne Folgen geblieben; es war
aber mit Recht zu fürchten, daß derselbe bei langen Leitungen gegenseitige
Berührungen der Drähte herbeiführen werde. Die Beseitigung dieses Uebelstandes bei
der Ausführung im Großen war dadurch erschwert, daß die Asphaltmasse nicht schnell
erhärtet, sondern mehrere Stunden weich bleibt. Die Asphaltblöcke hinter einer Art
Rechen, der längs des Drahtbündels allmählich fortgeschoben wird, stückweise zu
gießen, war deßhalb nicht ausführbar. Man versuchte in gewissen Abständen zur
Führung der Drähte angebrachte kleine Stützen laus isolirender Substanz mit
einzugießen, dieselben gefährdeten aber die Solidität des Aspaltblockes, wenn
Porzellan oder gebrannter Thon angewendet wurde; waren sie aber aus Asphalt selbst
angefertigt, so wurden sie durch die heiße Asphaltmasse erweicht und verfehlten
ihren Zweck.
Man wählte endlich folgendes Verfahren, welches bei einer in den Monaten Juni und
Juli 1855 ausgeführten Leitung zwischen der Centralstation und fünf oder sechs
innerhalb Paris gelegenen Nebenstationen versuchsweise in Anwendung kam. Die Drähte
– gewöhnlich zehn in zwei übereinander gelegenen Reihen von je fünf –
wurden in dem zu ihrer Aufnahme bestimmten Graben auf einer Länge von 60 bis 80
Metern straff gespannt; dann wurden auf der ganzen Länge, in Abständen von je 25
Centimetern, eiserne Kämme mit einer der Zahl der horizontal nebeneinander
gespannten Drähte entsprechenden Reihe von verticalen Einschnitten über die Drähte
gestreift und diese mittelst zweier in Scharnieren beweglichen Klappen darin
festgeklemmt. Auf den gut geebneten Boden des Grabens wird eine Lage von grobem
Papier gelegt, und der Länge nach verticale Seitenwände von Holz aufgestellt, so daß
eine Reihe von Kasten entstehen, welche durch die eisernen Kämme von einander
getrennt sind. Diese Kasten wurden nun abwechselnd, also der erste, dritte, fünfte
etc. mit Asphaltmasse ausgegossen; war diese genügend erhärtet, so wurden die Kämme,
nach Oeffnung der Klappen, herausgezogen, und sodann auch die anderen Abtheilungen
mit Asphaltmasse gefüllt. Durch die Hitze derselben wurden die benachbarten, schon
erhärteten Blöcke an der Berührungsstelle oberflächlich geschmolzen, so daß eine
innige Vereinigung stattfand und man schließlich einen zusammenhängenden festen
Asphaltblock erhielt, in dessen Innerem die Drähte wohl isolirt und in regelmäßigen
Abständen von einander lagen.
Bei den ersten Versuchen wurde der Asphalt in mehreren horizontalen Lagen
übereinander gegossen, aber diese Schichten verbanden sich nicht gut mit einander,
weil sie wegen ihrer geringen Dicke die untere schon erhärtete Schicht nicht gehörig
erweichten; auch zeigten sich, da die Drahtlagen in den Trennungsflächen lagen,
bisweilen Nebenschließungen zwischen den nebeneinander liegenden Drähten, während
die Isolirung in verticaler Richtung vollkommen war.
Es wurden zu dieser Leitung nicht Kupferdrähte, sondern verzinkte Eisendrähte von 4
Millimeter Durchmesser angewendet. Die Adern dieses Drahtes hatten durchschnittlich
nur 200 Meter Länge, es waren also häufig Löthungen nöthig; die Enden der Drähte
wurden dann abgeplattet, schräg gefeilt, mit Zinn gegeneinander gelöthet und die
Löthstelle mit dünnem galvanisirtem Eisendraht dicht umwickelt. Beim bloßen
Zusammenbinden würde sich der geschmolzene Asphalt zwischen die Drahtenden gezogen und diese von
einander getrennt haben; wäre aber die Löthung erst nach Umwickelung des dünnen
Drahtes ausgeführt worden, so hätte das Löthzinn, da es bei der Hitze des flüssigen
Asphalts schmilzt, ausfließen und eine Verbindung zwischen zwei benachbarten Drähten
herstellen können, während es bei der gewählten Methode von den umgewickelten
Drähten aufgehalten wird. Zur größeren Sicherheit umgab man die Löthstellen noch mit
einer dünnen Schicht von Kreide oder Thon.
Es wurden nach Erfordern 4, 6 oder 10 Drähte in einen Leitungsstrang gelegt; wo mehr
als 10 Drähte vorhanden waren, zog man es der besseren Controle wegen vor, mehrere
besondere Stränge neben einander in denselben Graben zu legen. In den Strängen von 6
und 10 Drähten war der Abstand der einzelnen Drähte von einander und von den Wänden
des Asphaltblockes 27 Millimeter; bei den Leitungen mit 4 Drähten war dieser Abstand
etwas größer, nämlich 30 Millimeter in horizontaler Richtung und 40 Millimeter in
verticaler Richtung, und von der oberen und der unteren Fläche, weil sonst der
Asphaltblock zu wenig Festigkeit erhalten hätte.
Besondere Untersuchungskasten anzulegen hielt man nach den vorliegenden Erfahrungen
nicht für nöthig; sollte sich später das Bedürfniß darnach herausstellen, so kann
ihre Einrichtung keinerlei Schwierigkeit haben. Man braucht übrigens, wenn eine
Untersuchung nöthig werden sollte, nur den Graben zu öffnen und den Asphalt durch
Umgießen mit geschmolzener Masse zu erweichen, worauf dann die Drähte leicht bloß
gelegt werden können.
Den Gräben hat man eine mittlere Tiefe von 1,3 Metern (4 Fuß) und eine Breite von
0,75 bis 0,90 Metern (28 bis 35 Zoll) gegeben, je nachdem sie einen oder mehrere
Leitungsstränge aufnehmen sollen. Es ist vortheilhaft die Leitungen möglichst tief
zu legen, um sie sowohl den Erschütterungen durch die Fuhrwerke, als auch den
Aenderungen der Temperatur, welche bei der ungleichen Ausdehnung des Eisendrahts und
des Asphalts ein Zerklüften des letzteren herbeiführen könnten, einigermaßen zu
entziehen. Wo man gezwungen war die Leitungen in geringe Tiefen zu legen, wurden
besondere Vorsichtsmaßregeln getroffen; man bedeckte dann die Asphaltstränge mit
einer 2 Decimeter dicken Schicht Sand und legte über diesen auf der ganzen Breite
des Grabens ein Gewölbe von Asphalt von etwa 3 Centimeter Dicke. Die Nachbarschaft
von Wasser- und mehr noch die von Gasröhren wurde möglichst vermieden; wo
dieß nicht anging, wurde dem Asphaltblock eine größere Dicke gegeben und zwischen
demselben und der Röhre eine besondere Schutzwand von Asphalt in eben beschriebener
Weise errichtet.
Wo die Leitungen von einem Niveau zu einem anderen übergehen mußten, wie häufig der
Fall war, ließ man dieselben auf eine genügende Strecke im Verhältnisse von 1 bis 15
steigen; dieß war ohne Schwierigkeit zu bewirken, nur mußten die Kämme dann näher
aneinander gestellt werden. Bei geringer Niveauveränderung wurde es indeß oft
vorgezogen, die Drähte vertical in die Höhe zu führen.
Biegungen wurden unter einem rechten Winkel mit Hülfe eines besonderen Kammes, bei
welchem die Zwischenräume zwischen den Einschnitten im Verhältnisse von √2 :
1 größer waren als bei den gewöhnlichen, und welcher unter einem Winkel von
45° gegen die Richtung der Drähte gestellt wurde, ausgeführt.
Die Asphaltmasse, welche bei dieser Versuchsanlage in Anwendung kam, bestand in 100
Theilen aus:
Asphalt von Seyssel oder
Val-de-Travers
58,75
gereinigtem Bitumen von Bastennes
7,24
gut gewaschenem Kies
34,01
––––––
100,00.
Der Kies muß fein und gut gewaschen, und sowohl von größeren
Steinen als von Sand und erdigen Theilen befreit seyn.
Diese Zusammensetzung der Asphaltmasse ist kostspieliger als die in den Gewerben
gewöhnlich angewendeten; man wählte sie der größeren Sicherheit wegen. Man kann aber
mit Grund annehmen, daß eine geringere Sorte dieselben Dienste thun werde, und daß
sich der Preis dieser Masse in Zukunft vielleicht bis auf die Hälfte wird ermäßigen
lassen.
Die Kosten der Anlage für den laufenden Meter Leitung mit 10,6 und 4 Drähten stellten
sich folgendermaßen:
Für den
laufenden Meter der Leitung.
v. 10 Drähten.
von 6 Drähten.
von 4 Drähten.
Verwendete Asphaltmasse à 11 Fr 50 C.die 100 Kilogr.
3 Fr. 80 Cts.
2 Fr. 65 Cts.
2 Fr. 59 Cts.
Transport des Materials und der Geräthe
biszum Arbeitsplatz; 5 Proc. der Materialkosten
0 „
19 „
0 „
13 „
0 „
13 „
Brennmaterial, 10 Proc. des
Materials.
0 „
42 „
0 „
29 „
0 „
28 „
Eisendraht von 4 Millimeter
Durchmesserà 0,076 Fr. den
laufenden Meter.
0 „
76 „
0 „
46 „
0 „
28 „
Sand
0 „
11 „
0 „
11 „
0 „
11 „
Papier und Nägel
0 „
07 „
0 „
07 „
0 „
07 „
Handarbeit
1 „
04 „
0 „
80 „
0 „
68 „
Abnutzung der Geräthe
„ „
26 „
0 „
26 „
0 „
26 „
––––––––––––––––––––––––––––––––––––
in Summa für den laufenden Meter
6 Fr. 65 Cts.
4 Fr. 77 Cts.
4 Fr. 42 Cts.
Es steht indeß mit Sicherheit in Aussicht, daß bei größeren Anlagen, und namentlich
bei Anwendung einer wohlfeileren Asphaltmasse die Herstellungskosten der Leitungen
sich erheblich ermäßigen werden. (Auszug aus den Annales
télégraphiques in der Zeitschrift des
deutsch-österreichischen Telegraphenvereins, Jahrg. III, Heft 1.)
Die Zwischendecken und Dachstühle in den Häusern zu
Paris.
Aus einem Berichte des Hrn. Architekten Chailly über eine Reise nach
Paris.
Die Zwischendecken der Häuser waren bis vor ungefähr 5 Jahren fast allgemein aus
hölzernen Balken construirt und zwar so, daß große 8/10'' starke eichene Balken in
denjenigen Stellen der Mauern befestigt wurden, die von unten auf unterstützt sind;
diese Balken tragen Wechsel von derselben Stärke und ebenfalls von Eichenholz; in
diese sind eichene oder tannene Balken eingezapft, welche 14'' von Mittel zu Mittel
von einander entfernt liegen und eine Stärke von 2 1/2–8'' haben. Dieselben
werden unten mit Latten von gespaltenem Eichenholz
benagelt, welche 4''' weit auseinander angebracht werden. Auf die Latten kommt nun
die Ausfüllung in Gyps und Gypsschutt (plâtras);
während dieß ausgeführt wird, werden unter den Balken provisorisch Bretter durch ein
Gerüst gehalten, damit der Gyps nicht zwischen den Latten hindurchfließe. An die
untere Seite der Latten und der Ausfüllung wird, wenn diese ziemlich trocken ist,
die Gypsdecke angebracht. Oben kommt aus die Balken eine
Lattung, deren Latten nur 2''' Entfernung haben und darauf ein etwa 1'' dicker
Gypsboden. Auf letzteren kommen sodann für hölzerne Fußböden schwache Ripphölzer,
für einen Plattenbelag dagegen eine Schüttung von Staub oder Sand etc.
Seit einigen Jahren sind anstatt hölzerner Balken eiserne
in Aufnahme gekommen. Ein Hr. Zorès nahm ein Patent darauf und alsbald tauchten mehrere
sehr bedeutende Walzwerke auf, welche sich mit der Fabrication solcher Balken von
der verschiedensten Form und Größe beschäftigten. Hr. General Morin berechnete die für verschiedene
Belastungen und Spannweiten nothwendigen Dimensionen dieser Balken auf Grund von
vielen Versuchen, welche er als Vorstand des Conservatoriums für Gewerbe anstellen ließ;
diese Erfahrungen und zugehörigen Balkenprofile, sowie andere hieher gehörige
Notizen sind gesammelt in einigen von Zorès herausgegebenen Büchern.Zorès, Recueil de fers spéciaux, des expériences faites sur leur
résistance et de leur diverses applications dans les
constructions. Paris 1853.
Wie schnell und unerwartet sich die eisernen Decken verbreitet haben, geht daraus
hervor, daß man, während ihre Anwendung noch im Jahr 1850 nur bei Gebäuden von
besonderer Wichtigkeit für wahrscheinlich erachtet wurde, seit dem Jahr 1853, wo die
großartigen Bauveränderungen in der Stadt Paris ihren Anfang nahmen, fast gar keine
hölzernen Decken mehr construiren sah, und heute sind dieselben noch seltener
geworden, trotzdem daß sie etwas billiger sind als die eisernen. Die schnelle
Einführung dieser Decken hat auch ebenso schnell die hölzernen Scheidewände vollends
verdrängt, welche noch gebräuchlich waren, so daß heutigen Tages jedes Pariser neu
gebaute Wohnhaus als vollständig unverbrennlich anzusehen ist und Feuersbrünste mit
der Zeit etwas Unbekanntes werden. Nur die Dachstühle sind bis jetzt noch häufiger
von Holz als von Eisen; die angewendeten Dachconstructionshölzer sind aber sehr
schwach (2–3'' stark), da sie nur Zinkbedachungen zu tragen haben; denn diese
haben die Ziegel vollständig verdrängt. Ein solcher Dachstuhl enthält also sehr
wenig Holz, und auch hier wird vielleicht später das Eisen vorgezogen, wie dermalen
beim Louvrebau.
Die oben erwähnten eisernen Balken werden zur Deckebildung 2' 6'' von einander gelegt
und zwar wo möglich parallel mit der Façade, so daß sie auf den Scheidemauern
aufliegen; dabei überdecken sie nur ein Zimmer und die jeweilige Stärke der Balken
richtet sich nach der Spannweite, also Größe des Zimmers. Die Balken sind nicht
gerade, sondern etwas im Bogen gewalzt, um ihnen mehr Stärke zu geben. Auf die
Balken werden nun schwache Eisenstäbe quer herüber und auf diese wieder solche der
Länge nach gelegt, so daß eine Art Eisenlattung entsteht. Unter dieselbe wird durch
ein Gerüst wieder eine provisorische Breterschalung gebracht und dann eine
Ausfüllung mit Gyps und Gypsschutt oder Gyps und hohlen Backsteinen etc. darüber
gebracht; da diese Decken nicht hoch sind, nur 3 1/2'', so werden sie häufig ganz
voll ausgefüllt und stellen dann gleichsam eine einzige Steinplatte dar. Dieß ist
die gewöhnliche Construction der eisernen Decken, welche aber noch mancher
Verbesserung fähig scheint. In der Ausstellung sah man eine Unzahl Modelle
verschiedener Systeme von Decken, die sich größtentheils durch noch größere
Wohlfeilheit auszeichnen sollen. Ich erwähne davon nur drei Abänderungen der
gewöhnlichen Construction, die alle von dem ersten Eufinder Zorès selbst ausgehen. Die erste besteht in Balken, in welche
unmittelbar die Breter des Fußbodens gesteckt werden können, so daß man die
Ripphölzer erspart. Zorès berechnet die Kosten
eines Quadratmeters Decke fix und fertig mit Parquettboden und Vergypsung
für die eben genannte Form von
Balken
15 Fr. 55 C.
„
„ gewöhnlichen Decken in Eisen
24 „
35 „
„
„ Holzdecken
20 „
70 „
Die respectiven Dicken dieser drei Decken sind 4'', 7'',
11''.
Ein zweiter Vorschlag sind röhrenförmige Balken, deren Tragkraft Hr. Zorès versucht und sehr groß
gefunden hat; dieselben wurden 5 bis 6' auseinander gelegt und Gewölbe aus hohlen
Backsteinen dazwischen gespannt; die Kosten einer solchen Decke mit Gyps und
Fußboden berechnet Hr. Zorès auf 20 Fr. per
Quadratmeter. Pergleichungsweise habe ich den Quadratmeter unserer gewöhnlichen Decken zu 10 Fr. berechnet,Balken, 2, 7'' von Mitte zu Mitte
per laufender Fuß14 kr.Lattung 2,7 Quadratfuß à 2 3/4 kr. 8 „Gypsdecke 2,7 Quadratfuß à 6 fl. per 100 Quadratfuß 9 „Ausfüllungen 3 „Tannener Fußboden27 „–––––Es kosten also 2,7
Quadratfuß61 kr.Also 1 Quadratmeter = 12 Quadratfuß 10 Fr. circa. dabei aber einen tannenen Fußboden zu Grunde gelegt, während in obigen Preisen
eichene Parquettböden gemeint sind; für solche stellt sich bei uns der Preis auf circa 14 Fr.
Ein dritter Vorschlag von Zorès ist, im Vorrath
hohle Gypstafeln anzufertigen und zwischen die Balken hineinzulegen und durch
Gypsmörtel mit einander zu verbinden; solche Böden trocknen sehr schnell und sind
schnell und leicht herzustellen. Solche Tafeln werden bereits in großen Quantitäten
fabricirt, ihr Nutzen ist augenfällig. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1856, Nr.
19.)
Ueber eine völlig gefahrlose Bereitungsweise des
Chlorstickstoffs auf galvanischem Wege; von Prof. Rud. Böttger.
Seit mehreren Jahren benutze ich bei meinen Vorträgen die Thatsache, daß bei der
elektrolytischen Zerlegung einer concentrirten Lösung von Salmiak, an der Anode
lediglich Chlorstickstoff auftritt, zur Anstellung eines sehr instructiven und dabei
völlig gefahrlosen Collegienversuches, um den sonst so äußerst gefährlich zu
handhabenden Chlorstickstoff entstehen und gleichzeitig unter
schwacher Explosion sich zersetzen zu lassen.
Zur Anstellung dieses schönen Versuches verfährt man folgendermaßen: Man fülle eine
beiläufig 1 Pfund Wasser fassende Glasschale mit hohem steilen Rande, mit einer bei
+ 28° R. gesättigten Lösung von Salmiak, stelle einen kleineren, an seinem
unteren Ende mit einer fettfreien Thierblase verschlossenen und gleichfalls mit
Salmiaklösung gefüllten Glascylinder (etwa ein Stück eines gewöhnlichen
Lampencylinders) an der einen Innenseite jener Glasschale, ungefähr 1/2 bis 1 Zoll
tief unter das Niveau der Flüssigkeit. Senkt man nun die in einem
Platinblechstreifen ausmündende Kathode einer recht kräftigen, aus mindestens 5 oder
6 Bunsen'schen oder Grove'schen Elementen bestehenden Batterie in den mit Thierblase unten
verschlossenen Cylinder, während man die gleichfalls aus einem Platinblechstreifen
bestehende Anode in schräger, von oben nach unten zu geneigter Lage etwa 1 bis 2
Zoll unterhalb der Thierblase placirt, so sieht man nach und nach, und zwar in
einigen wenigen Minuten, auf diesem letzteren Platinblechstreifen ganz kleine
gelbliche Tröpfchen von Chlorstickstoff sich ansetzen und zum Theil an das Niveau
der Salmiaksolution emporsteigen. Hatte man nun vorher die Salmiaksolution in der
Glasschale mit einer liniendicken Schicht Terpenthinöl übergossen, so sieht man
jedes nach aufwärts steigende Chlorstickstoffbläschen bei sofortiger Berührung des
Oels, unter schwacher Verpuffung, sich zersetzen, und kann so dem Entstehen wie dem
explosiven Verschwinden dieses interessanten Körpers viertelstundenlang ohne alle
Gefahr beiwohnen. (Böttger's polytechn. Notizblatt, 1856, Nr. 10.)
Ueber arsenige Säure im Vitriolöle; von J. Cameron.
In mehreren Flaschen käuflicher Schwefelsäure, welche fünf bis sechs Jahre in meinem
Laboratorium standen, beobachtete ich eine krystallinische Ablagerung, welche die
Seiten und den Boden der Flaschen als Kruste großentheils überzog. Diese Krystalle
wurden unter der Loupe als Oktaëder erkannt und erwiesen sich bei der
Untersuchung vor dem Löthrohr, mit Schwefelwasserstoff etc., als aus arseniger Säure
bestehend. In jeder Flasche, welche beiläufig 8 Pfd. Vitriolöl enthielt, hatte sich
über eine Unze arseniger Säure abgesetzt. Diese Schwefelsäure war höchst
wahrscheinlich mit sehr unreinen Schwefelkiesen dargestellt worden. (Chemical Gazette, 1856, Nr. 320.)
In Deutschland wurde diese Erscheinung in früherer Zeit öfters beobachtet, wenn
nämlich die Schwefelsäure-Fabrikanten den Fehler begiengen, arsenikhaltigen
Rohschwefel zu verbrennen. Die Redact.
Ueber Anwendung des Zinkvitriols zum Conserviren der
thierischen Substanzen; von Hrn. Strauß-Durckheim.
Ich übergebe der (französischen) Akademie der Wissenschaften einen Kopf von dem
Hundshai, einer Haifischart, welchen ich seit sechzehn Jahren in einer gesättigten
Auflösung von Zinkvitriol conservirt habe. Diese Flüssigkeit, welche ich als ein die
Fäulniß verhinderndes Mittel zuerst im J. 1842 in meinem Traité pratique d'Anatomie comparative empfahl, erhält man durch
Auflösen von 14 Theilen Zinkvitriol in 10 Theilen Wasser.
Dieses Präparat beweist, daß die mit Wirbelbeinen versehenen thierischen Körper sich
im Zinkvitriol sehr gut conserviren, denn der Fisch besitzt anscheinend alle
Eigenschaften, sogar den Geruch des frischen Seefisches. Um die conservirende
Eigenschaft der erwähnten Lösung auf die Probe zu stellen, ließ ich während der
sechzehn Jahre diesen Fischkopf in einem offenen Glase an freier Luft stehen, indem
ich von drei zu drei Monaten die verdampfte Flüssigkeit durch zugegossenes
gewöhnliches Wasser ersetzte. Ich werde jetzt dieses Präparat dem Austrocknen
unterziehen, um es in eine Mumie zu verwandeln, überzeugt, daß es sich in diesem
Zustande nicht mehr verändern wird.
Der Zinkvitriol läßt sich einerseits benutzen, um anatomische Präparate, welche zum
Seciren bestimmt sind, zu conserviren, und andererseits um thierische Körper, indem
man die Lösung in deren Pulsadern einspritzt, in Mumien zu verwandeln. (Comptes rendus, April 1856. Nr. 17.)
Neue Apparate und neues Verfahren beim Abhaspeln der
Seide-Cocons; von Hrn. Ed.
Duseigneur.
Mit Hülfe der Erfindungen, die ich in einer der französischen Akademie der
Wissenschaften eingereichten Abhandlung beschrieb, bin ich dahin gelangt, die
physischen Eigenschaften der rohen und der gesponnenen Seide zu verbessern und die
Menge des Ausschusses bei der Fabrikation um ein Drittel zu vermindern. Dieses neue
Verfahren besteht in Folgendem:
1) In der Erwärmung des zum Abhaspeln der Cocons angewendeten Wassers mittelst
strahlender Wärme, indem die Dämpfe nur in den Heizröhren circuliren, statt
unmittelbar aus durchbohrten Röhren in das Wasser zu treten;
2) im Weglassen der einzelnen Gefäße (Becken), in welche die abzuhaspelnden Cocons
gelegt werden und worin das Wasser nach Belieben der Hasplerin eine verschiedene
Temperatur erhält; statt derselben wende ich einen einzigen langen Trog an, der mit
Scheidern versehen ist und in welchem das Wasser eine gleichförmige und regelmäßige
Temperatur erhält, die von dem Aufseher bestimmt wird;
3) in der Benutzung von destillirtem Wasser, statt des
gewöhnlichen, mehr oder weniger Kalksalze enthaltenden; als solches dient das
Condensationswasser von dem Heizapparate selbst, welches also keine weitern Kosten
verursacht;
4) in der Theilung der Operationen des eigentlichen
Abhaspelns oder der Bildung des Fadens, und des Schlagens der Cocons oder des
Einweichens und des Aufnehmens der Fadenanfänge dieser Cocons; beide Processe werden
gegenwärtig von einer einzigen Arbeiterin ausgeführt;
5) endlich in der besonderen Behandlung der neuen Cocons,
d.h. derjenigen deren Ende zum erstenmal gefaßt wird, und der schon theilweise
abgehaspelten, bei denen der Faden zufällig zerriß.
Diese neuen, seit etwa zwei Jahren von mehreren Haspelanstalten angewendeten
Verfahrungsarten haben stets eine Verminderung des Ausschusses um ein Drittel veranlaßt. Der Ausschuß oder die schlechten
Producte der Cocons belaufen sich bei dem bisherigen Verfahren auf 25 Proc. des
Seidengehalts des Cocons. (Comptes rendus, Nov. 1855,
Nr. 21.)
Der diätetisch-medicinische Werth der Weine.
Man hat seit einiger Zeit die Bedeutung der Phosphorsäure für den Stoffwechsel im
Körper kennen gelernt, und weiß nun, wie wichtig insbesondere der phosphorsaure Kalk
für die Knochen, so wie für die ganze Zellenbildung im Organismus ist. Deßhalb hat
man auch in neuerer Zeit vielfach darnach gefragt, ob die Nahrung, welche unter
gewissen Verhältnissen sich darbietet, dem Körper die hinreichende Phosphorzufuhr
gewährt, und ebenso suchte man zu erforschen, in welchen Nahrungsmitteln
vorzugsweise die nützlichen Phosphorverbindungen vertreten sind. Da nun der ächte
Malagawein, welcher bekanntlich den Reconvalescenten ein so bedeutendes
Stärkungsmittel ist, sich durch einen hohen Phosphorsäuregehalt auszeichnet, so
liegt es nahe, in letzterem das hervorragendste Moment für seine eigenthümlich
kräftigende Wirkung zu finden. Diesen Gedanken verfolgend, prüfte v. Kletzinsky in Wien die verschiedenen Weinsorten auf ihren
Gehalt nicht bloß an freier Säure, Extract und Alkohol, sondern speciell an
Phosphorsäure. Es ergab sich 1) daß phosphorsaure Magnesia ein regelmäßiger
Bestandtheil des Weines sey, unabhängig vom Standort, Güte, Jahrgang und Alter; 2)
daß die Menge des vorgefundenen Phosphorsäuresalzes aber bedeutende Schwankungen
zeige, welche 3) in unmittelbarer Beziehung zum Weine stehen, so daß die Bestimmung
des Gehaltes an diesem Salze vielleicht ein richtigeres Maaß der Weingüte abgibt,
als die des Gehalts an Extract und Alkohol.
Bisher hat man Weine mit hohem Extractgehalt „schwere“ Weine
genannt. Weine mit hohem Alkoholgehalt wurden „starke“ Weine
genannt; Weine mit wenig Extract hießen „leichte“; solche mit
wenig Alkohol „schwache“ Weine. Ein schwerer und schwacher Wein
hieß fett, voll; ein leichter und schwacher hieß mager oder leer, schaal Außerdem
berücksichtigte man noch den Gehalt des Weins an freier Säure: den sauren, herben
und milden Wein. Alle diesen besonderen Weinarten hatten ihren besonderen Nutzen.
Nunmehr tritt aber zu jenen drei Momenten das vierte hinzu: der Phosphorsäuregehalt.
Der an diesem reiche Wein sagt vor allem solchen Reconvalescenten zu, welche von
jenen vielnamigen chronischen Krankheiten erstanden oder noch an denselben leiden,
welche auf einer steten Verarmung des Körpers an Phosphorsäure beruhen, mögen sie
sich im Knochensysteme oder im Drüsensysteme, oder endlich im Nervensysteme
kundgeben. Die von Kletzinsky beigebrachte Tabelle über
den Gehalt der verschiedenen Weinsorten an Extract, Alkohol und Phosphorsäure gibt
Aufschluß über die interessanten Beziehungen zwischen Weingüte und ihren einzelnen
drei Factoren. Besonders hervorzuheben ist, daß die ungarischen Weine durch ihren
hohen Phosphorgehalt sich auszeichnen und daher in gleicher Weise wie der bisher
ziemlich allein geschätzte Malagawein für Reconvalescenten zu verwerthen sind.
(Wiener medicin. Wochenschrift, 1855.)