Titel: | Blackhall-Slight's Apparat (Kessel) zum Dämpfen der Knochen als Düngemittel; von Prof. Dr. Rühlmann in Hannover und Dr. Henneberg in Celle. |
Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. XLVI., S. 176 |
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XLVI.
Blackhall-Slight's
Apparat (Kessel) zum Dämpfen der Knochen als Düngemittel; von Prof. Dr. Rühlmann in Hannover und Dr. Henneberg in Celle.
Aus Henneberg's Journal für Landwirthschaft, 1856,
Heft 5.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Rühlmann, über Blackhall's Apparat zum Dämpfen der Knochen als
Düngemittel.
Ich berichtete schon im vorigen Jahre über Blackhall's
Apparat und Verfahren zur Zubereitung von Knochen unter Dampfdruck, um solche als Düngemittel zu
benutzen.Polytechn. Journal Bd. CXXXVI S.
251. Seit dieser Zeit hat, auf Anordnung des Centralausschusses der k.
hannoverschen Landwirthschaftsgesellschaft, die Commission für die permanente
Ausstellung von Maschinen und Geräthen einen derartigen Apparat beim
Maschinenfabrikanten J. Slight in Edinburgh bestellt,
erhalten und in der Fabrik der HHrn. Stackmann und Retschy in Lehrte in Betrieb setzen lassen, woselbst
sowohl vom Secretär Hrn. Dr. Henneberg, im Verein mit Hrn. Dr. Kraut, als auch von den genannten HHrn. Fabrikanten
selbst Versuche angestellt wurden, welche die Nützlichkeit des ganzen Verfahrens, so
wie die Brauchbarkeit des Dampfapparates ganz außer allen Zweifel stellen.
Mittheilungen über die Versuche und Beobachtungen des Hrn. Dr. Henneberg folgen im Nachstehenden, während
hier zunächst die Abbildungen des Apparates beschrieben und einige betreffende
Notizen eingereiht werden sollen.
Fig. 5 zeigt
den Blackhall'schen Kessel eingemauert und für den
Betrieb angeordnet, in einer Weise, wie derselbe bereits in den Transactions of the Highland and Agricultural Society of
Scotland Nr. 27 (New series) pag. 193 veröffentlicht wurde, während Fig. 6 und 7 Quer- und
Längendurchschnitte unseres Kessels darstellen.
Aus dem Vergleiche der letzteren Abbildungen mit Fig. 5 erhellt ohne
weiteres, daß beide Apparate mit Ausnahme von Kleinigkeiten, im Ort des Dampfhahnes
a, des Wasserhahnes b,
der Einrichtung c zum etwaigen Nachfüllen von Wasser
etc., völlig übereinstimmend sind.
Aus den Durchschnittsfiguren erkennt man ebenfalls das Sicherheitsventil d, den Thorverschluß k, der
beim Füllen und Leeren des Kessels zu öffnen ist, ferner den an beiden Enden nicht
anschließenden und überdieß durchlöcherten Boden m, m,
auf welchem die zu dämpfenden Knochen zu liegen kommen, während der Raum unter m, m zur Aufnahme des Wassers, so wie der beim Dämpfen
aus den Knochen gezogenenen flüssigen Substanzen, namentlich des Fettes dient; zur
Entfernung letzterer Flüssigkeiten dient übrigens der Ablaßhahn p.
Das Mauerwerk umschließt den Kessel an den Seiten vollständig, d.h. es sind keine
Seitenzüge vorhanden, wie dieß sonst fast allgemein bei den Kesseln zur Erzeugung
von Wasserdämpfen der Fall ist. Werden dergleichen Züge angebracht, so würde ein
höchst gefährliches Verbrennen des Eisenbleches unbedingt stattfinden, indem der
Raum über dem Boden
m, m nur mit Knochen und Dämpfen, nicht aber mit einer
tropfbaren Flüssigkeit gefüllt ist.
Die auf dem Roste q verbrannten und sonst hierbei
entweichenden Stoffe gehen mit der heißen Luft direct über die Feuerbrücke r, unter dem Kesselboden entlang und sogleich in den
Schornstein s.
Die geringste Blechdicke unseres Kessels beträgt 1/4 Zoll englisch, alle übrigen
Dimensionen sind aus den Zeichnungen mit Zuziehung des beigegebenen Maaßstabes zu
entnehmen.
Wünschenswerth dürfte es seyn, beim etwaigen Nachbauen des Kessels auf folgende
Veränderungen Bedacht zu nehmen:
1) daß der elliptische Querschnitt des Kessels mit einem kreisförmigen vertauscht
würde, da nur bei letzterer Form alle Stellen der betreffenden Wände gleiche
Widerstandsfähigkeit besitzen;
2) daß die geraden, ebenen Endflächen des Kessels durch Zugstangen, von einem Ende
des Kessels bis zum andern durchgehend, oder noch besser durch Stirnwinkelbleche und
Winkeleisen verstärkt würden;
3) daß zum Einfüllen der Knochen ein Mannloch auf dem
Scheitel des Kessels, wie sonst bei Dampfkesseln gebräuchlich, angeordnet würde;
4) daß die Stelle k zum Herausnehmen der Knochen durch Deckel mit Manischen und Schrauben
geschlossen würde;
5) endlich außer dem Sicherheitsventile noch ein gutes Manometer vorhanden wäre.
Die Unkosten unsers englischen Kessels sind folgende:
Pfd. St.
Sh.
Pence.
1)
Facturabetrag von Edinburgh
29
10
–
Assecuranz
–
3
6
Verladungsspesen
–
4
3
––––––––––––––
Pfd. 29, 17 Sh. 9 P.
Thlr.
Mgr.
à 6 11/12
Thlr. Courant.
206
26
2)
Fracht bis Hamburg incl. Primage, Stader Zoll,
Hamburger SpesenMark Banco 56 Sh. 14 P.
29
–
Thlr. Mgr. Pf.
3)
Steuer für 1867 3/10 Pfd., je 100 Pfd. zu 6
Thlr.
112
– 6
für
10 7/10 Pfd., je 100 Pfd. zu 10 Thlr.
1
2 2
für
300 Pfd., je 100 Pfd. zu 1 Thlr.
3
– –
–––––––––––
116
3
4)
Fracht von Harburg nach Lehrte
5
24
5)
Harburger Spesen, Schiffsfracht von Hamburg,
Niederlagekosten,Transport nach dem Bahnhofe, Spedition, Porto
3
6
––––––––
Summa
360
23
Da das Gesammtgewicht des Kessels 21,78 Centner beträgt, so berechnet sich der
Centner desselben zu etwa 16 2/3 Thlr., während die
Egestorff'sche Maschinenfabrik in Hannover derartige
Arbeit im Preise von 13, höchstens 14 Thlr. liefern würde, wobei zugleich bemerkt
werden mag, daß Referent der Egestorff'schen
Kesselarbeit, so wie dem Materiale dieser Fabrik unbedingt und unparteiisch vor der
des fraglichen englischen Kessels den Vorzug gibt.
Bei der Einmauerung des Kessels in der Fabrik der HHrn. Stackmann und Retschy waren folgende
Bauauslagen erforderlich, wobei ausdrücklich zu bemerken ist, daß die Erbauung eines
besonderen Schornsteines nicht nöthig war, vielmehr der bereits in der Fabrik
vorhandene mit benutzt werden konnte.
Für
1700 Mauersteine
17 Thlr.
– Ggr.
„
Arbeitslohn und Lehm
7 „
–
„
„
gußeiserne Röhren
2 „
12 „
––––––––––––
Summa
26 Thlr.
12 Ggr.
wobei mehrfache Kleinigkeiten gar nicht in Anrechnung gebracht
sind.
Schließlich noch folgende Bemerkungen:
Vor dem Einbringen der Knochen in den Kessel zum Zweck des Dämpfens müssen dieselben
etwas zerkleinert werden, wozu sich am besten Stampfen oder die bekannten englischen
Zahnmühlen (Yorkshire Bones Mill's) eignen, welche
Referent bereits beschrieben hat.Polytechn. Journal, 1855, Bd. CXXXVI S. 249. Nach dem Dämpfen lassen sich die Knochen allerdings mit Holzhämmern
zerschlagen, nicht aber zu Mehl, und noch weniger zu Mehl von der Feinheit
verarbeiten, wie es durchaus erforderlich ist, wenn die Wirksamkeit des Knochenmehls
die größte seyn soll. Beabsichtigt man daher die Erzeugung des besten Knochenmehls,
so muß ein Dörrproceß der Knochen, auf Darren, die wie die neuesten Malzdarren
eingerichtet werden könnten, folgen, worauf ein Zermahlen derselben am besten unter
aufrecht gehenden Steinen (hohle Metallwalzen mit Stein ausgefuttert) stattfinden
muß, da deren doppelte Bewegung, eine drehende und eine fortschreitende zugleich,
insbesondere auf Erzeugung wirklich feinen und schönen Knochenmehles hinwirkt.
Rühlmann.
––––––––––
Der Apparat war am Montag den 9. Juni, Nachmittags 4 Uhr angeheizt. Von den
abgewogenen 15 Ctr. Knochen war durch ein Versehen ein Theil zurückgeblieben; an
Wasser waren 28 Eimer á circa 25 Pfd.
hineingegangen. Die HHrn. Stackmann und Retschy haben durch einen frühreren Versuch ermittelt,
daß der Kessel etwa 15 Centner Knochen aufzunehmen vermag. Würde das Mannloch nicht
von innen geschlossen, so könnte der Apparat noch einige
Centner Knochen mehr fassen.
Als wir am folgenden Tage, Dienstag den 10. Juni, gegen 9 Uhr Vormittags in der
Fabrik eintrafen, war die Operation in vollem Gange. Bei einer sehr mäßigen Feuerung
mit langsam brennenden Osterwalder Steinkohlen entströmte dem Sicherheitsventil eine
geringe Dampfmenge. Der Druck im Kessel ist wegen fehlenden Manometers nicht zu
beobachten; man glaubte denselben indeß auf mindestens 2 Atmosphären veranschlagen
zu dürfen. Das Wasser war zu der angegebenen Zeit soweit verkocht, daß der mittlere
Wasserhahn (der unterste, zum Ablassen der Brühe,
reicht bis nahe auf den Boden) nur noch Dämpfe gab; ein Wasserstandsrohr ist nicht
vorhanden.
Gegen 4 Uhr Nachmittags, also 24 Stunden nach dem Beginn des Processes, wurde der
Dampf abgelassen. Es waren in dieser ganzen Zeit nur 2 1/2 Karren á 2 Himten Kohlen verbraucht.
Beim Oeffnen des Kessels zeigten sich die Knochen vollständig von der gewünschten
Beschaffenheit. Sie zerbrechen bei schwachem Druck und lassen sich ohne Kraftaufwand
mit dem Hammer in Stücke von beliebiger Feinheit zerschlagen. Wegen der anhängenden
Feuchtigkeit eignen sie sich indeß in diesem Zustande nicht zur Verarbeitung auf
Mehl, und müssen, falls die Darstellung von letzterem beabsichtigt wird, vorher
künstlich getrocknet werden (ob es möglich, sie in dünnen Lagen an der Luft zu
trocknen, ist sehr fraglich). – Die beim Dämpfen resultirende Knochenbrühe
haben wir nicht gemessen; sie ist übrigens von geringem Belang und wird im
gewöhnlichen Betriebe am besten als Zusatz zu Composthaufen zu verwerthen seyn.
Der Slight'sche Apparat leistet nach dem Vorstehenden
seinem Zwecke vollständig Genüge.
Für die künftige Verwendung des Apparats ist es wesentlich, den Unterschied fest zu
halten, ob man die gedämpften Knochen nur in der eigenen Wirtschaft verwenden will,
oder ob man trockenes Knochenmehl zum Verkauf zu fabriciren beabsichtigt.
Im ersten Fall wird es, wie aus England berichtet wird, genügen, die Knochen, so wie
sie aus dem Apparat kommen, mit einem hölzernen Schlägel zu zerschlagen, oder besser
mit einem hölzernen Stampfer zu zerstampfen, die Masse sodann auf einen Haufen zu
bringen und mit Gyps bedeckt einige Zeit der Gährung zu überlassen, wobei die Knochen nach den
englischen Beobachtungen in Pulver zerfallen, welches, mit trockener Erde gemischt,
sich zum Aussäen eignet. Dabei muß indeß vorausgesetzt werden, daß das Präparat
alsbald zur Verwendung kommt; zur Aufbewahrung taugt es nicht, weil die Zersetzung
rasch fortschreitet.
In dem andern Falle muß auf die Anlage einer einfachen Trockenvorrichtung Bedacht
genommen werden.
W. Henneberg.