Titel: | Die Kohlenbatterie in verbesserter Form; von Professor H. Osann. |
Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. LXXVIII., S. 345 |
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LXXVIII.
Die Kohlenbatterie in verbesserter Form; von
Professor H.
Osann.
Vorgetragen in der Sitzung der
physikalisch-medicinischen Gesellschaft zu Würzburg vom 9. Mai und 28. Juni 1856.
– Vom Verfasser aus den Verhandlungen dieser Gesellschaft
mitgetheilt.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Osann, über Construction der Kohlenbatterie in
verbesserter Form .
Unter den Erfindungen, welche in neuester Zeit der Galvanismus zu Tage gefördert hat,
gehören die Säulen aus beständig wirkenden Elementen zusammengesetzt, zu den
bedeutendsten. Ein jeder, der mit Säulen gearbeitet hat, weiß, daß man oft bei
Anwendung von Säulen älterer Art die Arbeit wegen Abnahme an Kraft einstellen mußte.
Wie sehr erfreulich ist es daher, gegenwärtig mit Säulen arbeiten zu können, welche
Stunden lang ihre Wirkung behalten. Aber nicht bloß die Beständigkeit, auch die
große Menge von Gas, welche Säulen dieser Art entwickeln, ist es, wodurch sie sich
auszeichnen. Wenn man früher schon erfreut war an den in die leitende Flüssigkeit
eintauchenden Drähten Gasbläschen sich entwickeln zu sehen, so kann man sich jetzt
nur wundern über den Gasstrom, der namentlich durch die Grove'sche Säule entwickelt wird.
Wenn es nun nicht zu bezweifeln ist, daß die Vortheile, welche Säulen dieser Art
bieten, ganz außerordentlich sind, so ist doch auf der andern Seite nicht zu
verkennen, daß der Aufbau derselben mit Unbequemlichkeiten verknüpft ist. Die
gebräuchlichsten Säulen dieser Art sind bekanntlich die von Daniell, Grove und Bunsen. – Da wir es
bei Säulen dieser Art mit zwei durch eine poröse Scheidewand von einander getrennten
Flüssigkeiten zu thun haben, so ist es wohl der Sache entsprechend, diesen beiden
verschiedene Namen zu geben. Der chemischen Ansicht gemäß nenne ich die Flüssigkeit,
welche in der Zelle sich befindet, die das Zink oder das leichter oxydirbare Metall
einschließt, die erregende, die in der anderen Zelle befindliche, welche dazu dient,
den Strom zu leiten, die leitende. Zur erregenden Flüssigkeit bedient man sich in
der Regel einer Mischung von Wasser und Schwefelsäure versetzt mit etwas
Salpetersäure, als leitende hingegen wird bei der Daniell'schen die Auflösung eines Kupfersalzes, bei den beiden anderen
Salpetersäure gebraucht. Bei der Daniell'schen Säule wird
die Beständigkeit der Leitung dadurch hervorgebracht, daß der an der Kupferfläche
sich entwickelnde Wasserstoff das Kupferoxyd reducirt, wodurch es sich mit Kupfer überzieht. Würde
das Kupfer in der Zinkzelle sich befinden, so würde der sich an seiner Oberfläche
entwickelnde Wasserstoff das Zinkoxyd, welches als schwefelsaures in der Flüssigkeit
enthalten ist, reduciren, wodurch das an der Oberfläche des Kupfers
niedergeschlagene Zink mit der erregenden Flüssigkeit einen Gegenstrom erzeugen
müßte, welcher den ursprünglichen vermindern und auf ein Minimum herabbringen würde.
Anders wirkt die Salpetersäure in der Grove'schen und Bunsen'schen Batterie. Sie wirkt vermöge der großen Menge
von Sauerstoff, den sie enthält. Der am Platin oder der Kohle sich entwickelnde
Wasserstoff, welcher diese beiden Körper polarisiren und einen Gegenstrom erzeugen
würde, wird sogleich vom Sauerstoff der Salpetersäure aufgenommen und hierdurch
jegliche Gegenwirkung vernichtet.
Das Unbequeme in der Handhabung dieser Säulen besteht erstens darin, daß man eigene
Gefäße aus porösen Massen haben muß, um die beiden Flüssigkeiten zu trennen, und
zweitens, daß man für die Zellen, welche die negativen Körper umgeben, viele und
starke Salpetersäure gebraucht. Hinsichtlich des ersten Punktes bemerke ich, daß ich
mich seit Jahren dergleichen von Gyps bediene. Sie halten zwar nicht so lange, wie
Cylinder von Porzellan oder Thon, allein sie kosten sehr wenig und sind leicht zu
ersetzen, da man sie selbst verfertigen kann.
Ich hatte nun schon längst den Gedanken mit mir herumgetragen, ob man nicht Kohle,
vermöge ihrer Porosität, in der Art benutzen könne, daß die in den Poren
aufgenommene Salpetersäure, wie die in den porösen Zellen vorhandene wirke.
Begreiflicher Weise mußte hierbei die Anordnung getroffen werden, daß man die
Kohlenelemente, nachdem sie in ihren Poren Säure aufgenommen haben, nicht eher in
die erregende Flüssigkeit bringt, bis die Säule geschlossen werden soll. –
Dieß ist auf folgende Weise ermöglicht worden:
1) Auf einem länglichen Bret von 1' 10'' Länge und 6'' 6''' Breite, welches an beiden
Enden mit Handgriffen versehen ist, stehen fünf cylindrische Gläser von 4'' 3'''
Höhe und 3'' 9''' Durchmesser, welche amalgamirte Zinkcylinder, etwas über den Rand
der Gläser emporragend, einschließen. Fig. 21 zeigt die Säule
von oben betrachtet. An der Kante des Bretts sind fünf Ständer von Holz angebracht.
Einer davon ist in Fig. 24 abgebildet. Er ist oben ausgehöhlt, um Quecksilber aufnehmen zu
können. Das untere Ende ist mit einem Zapfen versehen. Mittelst desselben sind sie
in das Bretchen eingelassen. Sie sind nicht eingeleimt, damit man sie herumdrehen
kann. Fig. 23
stellt einen Kupferstreifen dar. Das Ende a desselben
wird mittelst einer Zwinge an dem obern Rand des Zinkstreifens (b, Fig.
21) befestigt, das andere Ende desselben taucht in den Quecksilberbehälter
(c, Fig. 21).
2) Ein längliches Bretchen (Fig. 22), dem Raume
entsprechend, welchen die fünf Glascylinder einnehmen, enthält fünf runde Löcher von
einer solchen Größe, daß Kohlencylinder von 1'' 5''' Durchmesser gerade hindurch
gesteckt werden können. Die zu dieser Säule angewendeten Kohlencylinder sind 4''
6''' lang. Die oberen Enden der Kohlencylinder umgeben Kupferstreifen, welche mit
Zwingen versehen sind und hierdurch fest an diese angeschraubt werden können. Figur 25
stellt eine solche Zwinge dar. An diese Kupferstreifen sind breite Streifen von
Kupferblech c angelöthet, welche an ihren freien Enden
nach unten umgebogen sind. Mit diesen tauchen sie bei der Schließung der Säule in
den Quecksilberbehälter (Fig. 24).
3) Der dritte Theil der Batterie besteht aus einem Bret von derselben Länge, wie das,
auf welches die Gläser gestellt werden, ebenfalls mit zwei Handhaben an beiden Enden
versehen. Es werden auf dieses 5 Schoppengläser gestellt, bis zu 3/4 Höhe mit
Salpetersäure gefüllt. Die Kohlencylinder werden trocken in die Säure eingelassen
und eine halbe Stunde damit in Berührung gelassen. Man füllt jetzt die Gläser,
welche die Zinkstreifen enthalten, mit verdünnter Säure und fügt nun die
Kohlencylinder ein. Hierauf drückt man die umgebogenen Enden der Kupferstreifen in
die Quecksilbernäpfchen c. Ist dieß geschehen, so endet
der breite von dem Kohlencylinder kommende Kupferstreifen in d (Fig.
21) und bildet den positiven Pol; der andere Kupferstreifen (Fig. 23) vom
Zink kommend, endet in dem Quecksilbernäpfchen e und
gibt den negativen Pol.
Ich gehe jetzt zu den Versuchen über, welche ich mit dieser Säule angestellt
habe.
Als erregende Flüssigkeit diente eine Mischung von 200 Raumtheilen Wasser, 5 Raumth.
Schwefelsäure und 4 Raumth. Salpetersäure, als leitende käufliche Salpetersäure. Als
die Kohlenelemente eine halbe Stunde in der Salpetersäure sich befunden hatten,
wurde die Säule geschlossen. Die Stärke der Säule wurde voltametrisch bestimmt.
1.
Versuch. Ich erhielt bei 27'' 5''',1 B. und 13°,6 R. in 2
Minuten
28 Kub. Centim. Knallgas.
2.
Versuch. Eine halbe Stunde später, bei unverändertem
Barometer-
und Thermometerstand
30 Kub. Centim. Knallgas.
3. Versuch. 3/4
Stunden später, unter gleichen Umständen
27 Kub. Centim. Knallgas.
Während dieser Zwischenräume blieb die Säule ungeschlossen.
Diese Beständigkeit in der Wirkung der Säule war größer, als ich erwartet hatte, und
veranlaßte mich, ihr besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Es war mir vor allem darum zu thun, die Wirkung dieser Säule zu verstärken, was mir
auch mit Benutzung zweier Umstände gelungen ist. Der eine ist darin enthalten, daß
ich die erregende Flüssigkeit concentrirter anwendete. Ich wandte nämlich statt 5
Raumth. Schwefelsäure, jetzt 10 Raumth. auf 200 Raumtheile Wasser an. Zweitens
unterwarf ich die Kohlencylinder einer Präparation vor ihrer Anwendung. Ich kochte
sie nämlich mit Wasser, dem ich etwas kohlensaures Natron zugesetzt hatte, aus.
Hierdurch wurden alle Unreinigkeiten aus den Poren ausgezogen und sie hierdurch in
einen Zustand versetzt, möglichst viel Salpetersäure in sich aufzunehmen. –
Nachdem die Kohlencylinder gehörig trocken gemacht worden waren, wurden sie eine
halbe Stunde lang in gewöhnliche Salpetersäure eingetaucht. Die Säule wurde jetzt
geschlossen und voltametrisch geprüft.
1.
Versuch. Ich erhielt bei 27'' 8''', 4 Barometerstand und 18°,7
R.
in 2 Minuten
92 Kub. Centim. Gas.
2.
Versuch. Die Verbindung mit dem Voltameter war jetzt eineStunde lang
unterbrochen. Als die Verbindung wieder hergestellt
wurde, erhielt ich
75 Kub. Centim. Gas.
Die elektrolytische Flüssigkeit im Voltameter bestand aus 1 Gewichtstheil
Schwefelsäure und 6 Gewichtstheilen Wasser.
Diese große Menge Gas, welche ich erhielt, war mir in der That sehr überraschend.
Denn obwohl ich allerdings einestheils wegen Verstärkung der erregenden Flüssigkeit,
anderntheils wegen Vergrößerung der Poren eine stärkere Wirkung erwartet hatte, so
übertraf sie doch bei weitem meine Erwartungen.
Obwohl ich mich mit Entschiedenheit hierüber nicht aussprechen mag, so will ich doch
einen Gedanken nicht unausgesprochen lassen, der möglicherweise den Grund dieser
Erfolge enthalten könnte. Ich halte es nämlich nicht für unwahrscheinlich, daß die
in die Poren aufgenommene Salpetersäure anders wirkt als Säure, welche, wie in den
Zellen, bloß die Kohlenelemente umgibt. – Wir wissen daß Gase, welche in die
Poren von Platin oder Kohlen aufgenommen sind, kräftiger wirken, als sie in ihrem
gewöhnlichen Zustande zu wirken im Stande sind. Nun ist zwar die Salpetersäure kein
Gas, aber sie besteht aus Körpern, welche in ihrem gewöhnlichen Zustande Gase sind.
Betrachten wir daher die Gase darin als in verdichtetem Zustand befindlich, so
werden wir mit geringer Einschränkung das, was von Gasen gilt, auch von Körpern dieser Art
anführen können.
Ich will hier auf einen Umstand hinweisen, der für die Theorie der Säulen von
besonderer Wichtigkeit ist und mit Obigem zusammenhängt. Bringt man in eine U-förmige Röhre eine Lösung von Salpeter,
Glaubersalz, Kochsalz oder Bittersalz, und in den einen Schenkel derselben ein Stück
Zink, Zinn oder Blei, und in den andern ein Stück Platin oder Kupfer, und schließt
die Kette durch ein Galvanometer, so wird man bald eine Abnahme der Kraft
wahrnehmen. Sie läßt sich aber wieder herstellen, wenn man in den Schenkel, welcher
das Platin oder Kupfer enthält, etwas Säure bringt, aber es ist dieß nicht der Fall,
wenn sie in den anderen Schenkel, in welchem das leicht oxydirbare Metall sich
befindet, gegossen wird. – Man sollte meinen, eine Kette werde um so stärker
wirken, je concentrirter die erregende Flüssigkeit ist, womit das Zink in Berührung
ist. Dieß ist jedoch nicht der Fall. Bei einer gewissen Menge Schwefelsäure, welche
die erregende Flüssigkeit enthält, tritt eine Gränze ein, über welche hinaus ein
Mehr der Säure keine größere Wirkung hervorbringt. Hingegen steigert sich die
Wirkung der Säule mit der Concentration der Salpetersäure, nach meinen Versuchen,
unbegränzt.Nach Versuchen, welche der Verf. mit einer früher von ihm beschriebenen Säule
angestellt hat, wäre eine Mischung von 200 Raumtheilen Wasser mit 16 Raumth.
destillirter Schwefelsäure die beste Mischung; man wird wohl thun, derselben
noch 4 Raumth. Salpetersäure zuzusetzen.
Es sind jetzt ungefähr sechs Wochen, daß ich diese Kohlenbatterie zu Stande gebracht
habe. Seit dieser Zeit habe ich sie zu den verschiedensten Operationen benützt, zu
Erzeugung von Sauerstoffgas und Wasserstoffgas, zum galvanischen Aetzen, zum
Vergolden, zu Lichterzeugungen u.s.w. Bei all' diesen Gelegenheiten habe ich sie so
brauchbar gefunden, daß ich mich gegenwärtig gar keiner anderen bediene. –
Außerdem, daß sie bald zusammengesetzt ist, hat man auch noch den Vortheil, daß man
weniger Salpetersäure braucht, und daß man nicht belästiget wird von den Dämpfen der
Untersalpetersäure.