Titel: | Ueber die Fällung verschiedener Salze, insbesondere des Kochsalzes, aus ihrer Auflösung; von Hrn. F. Margueritte. |
Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. LXXXVIII., S. 388 |
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LXXXVIII.
Ueber die Fällung verschiedener Salze,
insbesondere des Kochsalzes, aus ihrer Auflösung; von Hrn. F. Margueritte.
Aus den Comptes rendus, Juli 1856, Nr.
1.
Margueritte, über die Fällung verschiedener Salze aus ihrer
Auflösung.
Wenn man flüssige Salzsäure mit einer Kochsalz-Auflösung vermischt, so wird
das Kochsalz sogleich, wenn auch nicht vollständig, gefällt. Leitet man hingegen
einen Strom salzsauren Gases in eine Kochsalzlösung, bis sie dasselbe nicht mehr
absorbirt, so wird bis auf einige Tausendtheile sämmtliches Salz ausgefällt, und die
über dem Niederschlag stehende salzsaure Flüssigkeit ist so rein, daß sie in den Handel gebracht werden
kann.
Wendet man eine gemischte Auflösung von Chlornatrium und Chlorkalium an, so schlägt
sich das Kochsalz zuerst daraus nieder, daher sich durch Unterbrechung der Operation
diese beiden Salze bis zu einem gewissen Grade trennen lassen. Die Unauflöslichkeit
des Chlornatriums und Chlorkaliums in Salzsäure ist der Art, daß sich unter ihrem
Einfluß das schwefelsaure Natron und Kali in unauflösliche Chloride und in freie
Schwefelsäure, welche in die Flüssigkeit übergeht, zersetzen. Diese Zersetzung kann
sehr weit gehen. Leitet man z.B. in eine gesättigte Auflösung von schwefelsaurem
Kali salzsaures Gas bis sie keines mehr aufnimmt, so werden fast 70 Procent des
schwefelsauren Kalis in Chlorkalium umgewandelt, und die Flüssigkeit enthält eine
entsprechende Menge Schwefelsäure.
Das schwefelsaure Doppelsalz von Kali und Magnesia erleidet eine ähnliche Zersetzung.
An dieser Reaction nimmt aber die schwefelsaure Magnesia nicht Theil; sie wird, wie
auch das Chlormagnesium, durch die Salzsäure nicht gefällt.
Das schwefelsaure Natron zersetzt sich, unter denselben Umständen, vollständiger,
wegen der größeren Unauflöslichkeit des Kochsalzes in der Salzsäure.
Diese Fällung des Kochsalzes und des Chlorkaliums scheint mir industrielle
Anwendungen zu gestatten:
1) zur Darstellung dieser Salze in reinem Zustande für besondere Zwecke;
2) zur Gewinnung rohen Kochsalzes;
3) zur Abscheidung des Chlorkaliums aus der Mutterlauge der Salzgärten (am
Meeresstrand).
Der eigenthümliche Zustand des durch die Salzsäure gefällten Salzes, seine
außerordentliche Zertheilung, seine weiße Farbe, sein Glanz, seine vollkommene
Reinheit und einfache Darstellungsweise, verleihen ihm für Luxuszwecke den Vorzug
vor jeder Salzsorte welche durch Zerstoßen oder mittelst Abdampfens in Pfannen
gewonnen wurde. Man erhält es vollkommen rein, wenn man zu seiner Darstellung
natürliches Salzwasser oder besser, aufgelöstes rohes Kochsalz benutzt; man gießt
die saure Flüssigkeit ab und trocknet den Niederschlag auf dem gehörig erwärmten
Herd eines Flammofens. Das Salz reinigt sich dabei von der Salzsäure, womit es
getränkt ist. Bevor man den Niederschlag trocknet, kann man ihn mit der salzigen
Flüssigkeit waschen, welche später zur Fällung verwendet werden soll. Dieses Waschen
entzieht dem Kochsalz die Salzsäure fast vollständig. Man könnte aber auch die im gefällten Salz
zurückbleibende freie Salzsäure mit kohlensaurem Natron sättigen, wofür die Kosten
nicht mehr betragen dürften als zum Heizen des Trockenofens; in diesem Falle würde
es genügen, das Salz an freier Luft auszubreiten und trocknen zu lassen.
Da der Strom des salzsauren Gases die Flüssigkeit in beständiger Bewegung erhält, so
erfolgt die Fällung des Salzes in außerordentlich feinen Körnern; man erhält
hingegen das Salz in großen Krystallen, wenn man salzsaures Gas über die Oberfläche
einer in Ruhe befindlichen Flüssigkeit leitet, also unter denselben Umständen wie
bei der gewöhnlichen Verdichtung der Salzsäure.
Die von mir vorgeschlagene Abscheidung des Chlorkaliums aus der Mutterlauge der
Salzgärten geschieht schneller, vollständiger und ökonomischer als nach dem jetzt
gebräuchlichen Verfahren; letzteres besteht darin, diese Mutterlaugen mittelst der
Wärme abzudampfen und sie bei einer Temperatur, welche sich jedoch nicht mit
Sicherheit einstellt, der Krystallisation zu überlassen. Ueberdieß besteht das
Product in einem dreifachen Chlorid von Kochsalz, Chlorkalium und Chlormagnesium,
welches man durch mehrmalige Krystallisation reinigen muß, was mit Verlust an Zeit,
Brennstoff und Material verbunden ist.
Durch das Sättigen der Mutterlaugen mit salzsaurem Gas wird aus denselben das
Chlornatrium und Chlorkalium fast gänzlich gefällt, während das Chlormagnesium in
der salzsauren Flüssigkeit aufgelöst bleibt; letztere kann man dann zur
Chlorkalk-Fabrication verwenden.
Das Chlorkalium läßt sich vom Kochsalz ohne Schwierigkeit trennen; entweder indem man
die Fällung durch Salzsäure, welche zuerst das Chlornatrium ausscheidet,
unterbricht, oder mittelst der verschiedenen Löslichkeit beider Salze in der Wärme
und in der Kälte.
Zur Erzeugung rohen Kochsalzes wird diese Methode ohne Zweifel mit Vortheil benutzt
werden können. In der Nähe der Steinsalzflötze und der Salinen befinden sich
meistens Glaubersalz-Fabriken, welche beständig Salzsäure produciren, die oft
schwierig zu verkaufen ist, weil sie durch eine weite Versendung zu sehr vertheuert
wird.
100 Kilogr. Kochsalz geben durch Zersetzung mit Schwefelsäure 62,39 Kilogr.
salzsaures Gas; letzteres erfordert, um eine Auflösung von der Dichtigkeit der
käuflichen Säure (1,18) zu geben, 109,1 Kilogr. Wasser. Diese Quantität Wasser kann
38,18 Kilogr Salz auflösen und folglich eben so viel wieder fallen lassen. Kann man
die (vom gefällten Kochsalz abgegossene) salzsaure Flüssigkeit nicht verkaufen, so
braucht man sie nur schwach zu erhitzen, um daraus 43,2 Kilogr. salzsaures Gas zu
erhalten, welche
neuerdings 26,45 Kilogr Salz fällen können. Nachdem der salzsauren Flüssigkeit alles
Gas entzogen worden ist, welches sie geben konnte, repräsentirt sie noch die Säure
mit 16 Aequivalenten Wasser, welche wenigstens zu gewissen Zwecken verwendbar ist.
Durch beide Operationen wurden also 64,65 Kilogr. Kochsalz gefällt. Diese Ziffern
ergibt die Theorie; in der Praxis dürften auf diese Weise immerhin 50 Procent des
auf Glaubersalz verarbeiteten Kochsalzes gewonnen werden können.
Das Princip meines Verfahrens besteht in der Anwendung eines flüchtigen Agens,
welches, nachdem es zum Fallen des Kochsalzes gedient hat, durch die Wärme entfernt
werden kann, ohne irgend eine Unreinigkeit zu hinterlassen. Nach demselben Princip
können verschiedene andere Salze aus ihrer Auflösung abgeschieden werden, jedoch
nicht so vollständig. Das kohlensaure Natron läßt sich aus einer Auflösung von roher
Soda durch Ammoniak im Zustand großer Reinheit fällen; trocknet man das erhaltene
krystallinische Salz in einem geheizten Raume aus, so hält es nicht die geringste
Spur von Ammoniak zurück. Da man die ammoniakalische Flüssigkeit nur zu erhitzen
braucht, damit sie alles Gas wieder abgibt, welches sie aufgelöst hatte, so bleibt
dasselbe Quantum Ammoniak so zu sagen fortwährend verwendbar. Auch das
Blutlaugensalz und noch andere Salze werden durch Ammoniak gefällt.