Titel: Eine neue Form des Galvanometers; von Dr. Mohr in Coblenz.
Fundstelle: Band 143, Jahrgang 1857, Nr. XXVI., S. 120
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XXVI. Eine neue Form des Galvanometers; von Dr. Mohr in Coblenz. Aus Poggendorff's Annalen der Chemie und Physik, 1856, Nr. 9. Mit Abbildungen auf Tab. II. Mohr's Galvanometer. Dasjenige Galvanometer ist unstreitig das vollkommenste, welches aus einer gegebenen Drahtlänge die größte Anzahl von Umwindungen, möglichst nahe an der gleich langen Nadel, und sämmtlich parallel mit der Richtung der Nadel im Zustand der Ruhe oder normal auf den Zustand der größten Ablenkung zuläßt. Diesen Bedingungen entsprechen die gewöhnlichen Galvanometer, wo der Draht über parallelepipedische Rahmen gewickelt ist, nicht entfernt. Sobald die Nadel abgelenkt wird tritt ihre Spitze weit von den Windungen weg, oder kommt gar aus dem Rahmen heraus. Wollte man den Rahmen so breit machen, daß die Nadel in ihrer größten Ablenkung nicht herausträte, so würde man durch eine übermäßige Drahtlänge einen bedeutenden Leitungswiderstand erzeugen. Die einzige Ausnahme von diesem gewöhnlichen System machte die vor vielen Jahren von Nervander angegebene Form, wo der Draht über eine flache und runde Dose gewickelt war. ES war jedoch unmöglich, mehr als eine Drahtlage zu geben, weil die Windungen von den runden Bogen der Dose unvermeidlich abfielen. Mein Galvanometer ist eine Vervollkommnung der Nervander'schen Construction, indem durch Anbringung von Schildzapfen wie an der Kanone, und darauf befestigten Schutzbrettchen beliebige Mengen Draht mit vollkommener Festigkeit der Lage aufgewickelt werden können. Der Raum für die Bewegung der Nadel ist mathematisch nur so groß als er eben seyn muß, nämlich ein flacher cylindrischer Raum, nach beiden Dimensionen etwas größer als die Nadel, damit sie nicht anstreife. Der Rahmen, worauf der, mit Gutta-percha in Chloroform gelöst, getränkte Draht gewunden wird, ist in Fig. 17, im Querschnitt, in Fig. 18 von oben angesehen dargestellt. Man läßt zunächst eine flache Dose aus hartem Holze drehen, auf welche ein einpassender Deckel mit dem Ausschnitt für das Einsetzen der Nadel und mit den Schutzbrettchen gegen das Abgleiten der Drähte paßt. In Fig. 17 ist dieser Deckel sammt der Form des Ansatzes, worauf er sitzt, zu ersehen. Fig. 19 zeigt den ganzen Rahmen in perspectivischer Ansicht. Auf den einander gegenüber sitzenden Schildzapfen sind quadratische Brettchen parallel mit einander befestigt. Den Draht wickelt man am besten auf, während der Rahmen auf einer Drehbank aufgespannt ist, und um die Achse der Schildzapfen läuft. Man bohrt zunächst ein kleines Loch neben einem dieser Zapfen durch das Schutzbrett und führt den Draht hindurch. Jetzt setzt man die Drehbank in Bewegung und wickelt den Draht in dicht geschlossenen Ringen um diese cylindrischen Zapfen bis an die Dose, dann wieder zurück, und so immerfort hin und her. Es laufen nun bald die Gewinde über die flachen Böden der Dose, können aber niemals abfallen, weil der tiefere Raum vollkommen mit Drahtgewinden gefüllt ist. Endlich rückt man bis zur Mitte der Dose und den alldort angebrachten Schutzbrettern vor, und gibt noch so viele Lagen darüber, als die Hälfte des disponiblen Drahtes oder die Höhe der Schutzbrettchen erlaubt. Man hört in der Mitte mit der letzten Lage auf und befestigt das freie Ende des Drahtes vorläufig, damit es sich nicht loswickele. Man wendet nun den Rahmen auf der Drehbank um, und wickelt die zweite Hälfte ganz genau wie die erste, indem man das Ende des Drahtes durch das Schutzbrett nahe am Schildzapfen durchführt. Man gibt natürlich beiden Seiten eine gleiche Stärke. Zuletzt verbindet man an der untern Seite der Galvanometerdose die beiden freien Enden der Drahthälften durch Löthen oder eine Schraubenklammer. Die äußeren Konturen der Drahtlagen nehmen die in Fig. 17 und 18 durch punktirte Linien angedeutete Form an. Von der Seite angesehen, erscheinen die Drahtlagen an den Schutzbrettern dicker, von oben angesehen an der MitteMittte der Dose dicker zu seyn. Es kommt dieß von dem in der Mitte der Windungen eingeschlossenen cylinderförmigen leeren Raum her. Um die Wirkung dieser Methode auf Vermehrung der Anzahl der Windungen praktisch zu prüfen, wickelte ich ein gewöhnliches über quadratischen Rahmen zwischen Schutzbrettern gewickeltes Galvanometer auf. Der Draht wog 478,7 Grm. und war 503,34 Meter lang. Er hatte auf dem Galvanometer 2278 Windungen dargestellt. Von diesen Windungen maßen die inneren kleinsten 0,170 Meter, die äußeren größten 0,272 Meter, also mittlere Länge 0,221 Met. Bei der neuen Bewickelung maßen die äußeren Ringe so viel wie früher, die inneren auf dem runden 7 Milimet. dicken Zapfen befindlichen nur 0,022 Meter, während sie früher 0,170 Meter, also nahe 8 Mal so lang waren. Man kann hieraus schon auf eine nothwendige Vermehrung der Windungen schließen. Nun wurde derselbe Draht nach der neuen Methode gewickelt, und zwar für dieselben Nadeln, mit demselben Spielraum wie im alten Galvanometer, und es wurden 3520 Windungen hervorgebracht, also netto 1242 Windungen gewonnen, abgesehen davon, daß sie der Nadel in jeder Lage viel näher waren, nämlich nur um die Holzdicke der Dosenwand entfernt. Die erhöhte Empfindlichkeit des neuen Galvanometers bei gleichem Leitungswiderstande beruht also auf den zwei Factoren der vermehrten Anzahl und der Annäherung der Drahtwindungen gegen die Nadel. Die Vermehrung der Windungen mit demselben Drahte verspricht schon einen um (100 . 1242)/2278 oder 55 Proc. höheren Effect. Ganz wesentlich ist aber noch der Umstand, daß die Hauptmasse der Drahtwindungen über und vor der Spitze der Nadel ist, wo sie also auf die Drehung der Nadel mit dem größten Hebelsarm der Nadel selbst wirket. Wahrscheinlich würde man einen noch höheren Effect erzielen, wenn man das Galvanometer in der Mitte auf eine ziemliche Breite unbewickelt ließe, wodurch man die ganze Drahtmasse über und vor die Enden der Nadel brächte. Eine noch etwas mehr symmetrische Form eines nach demselben Princip dargestellten Galvanometers, welches ich jedoch noch nicht ausgeführt habe, ist in Fig. 20 im senkrechten Querschnitt dargestellt. Die innere Nadel oder Nadeln bewegen sich in einem kugelförmigen Raum. Die beiden Halbkugeln sammt ihren Schildzapfen sind auf der Drehbank aus hartem Holze dargestellt. Die Zapfen können durchbohrt seyn, in welchem Falle man die Nadel in ihrer größten Ablenkung als einen runden Fleck von außen sehen kann, wenn man auf die entgegengesetzte Seite eine weiße beleuchtete Fläche aufstellt. Die inneren Nadeln von ungerader Zahl nehmen nach dem Durchschnitt der Kugelfläche nach beiden Seiten ab; eine einzige äußere Nadel von stärkeren Dimensionen astasirt sämmtliche innere Nadeln beinahe. Etwas Restkraft lasse ich gerne dem Nadelsystem, weil die beinahe vollkommen astatischen Systeme die von Dubois entwickelten Capricen und eine wahrhaft krankhafte Empfindlichkeit zeigen. Auch könnte man die innern Nadeln durch eine kreisrunde flache Stahlscheibe ersetzen, welche der Quere nach magnetisirt würde. Die Aufwickelung der Drähte geschieht, wie bei dem vorigen Galvanometer, von dem äußersten Ende der Schildzapfen anfangend. Jede Drahtlage ohne Ausnahme stellt einen vollkommenen Cylinder dar. Die äußere Form der Gewinde ist hier ganz regelmäßig gerade, nämlich ebenfalls ein Cylinder, wodurch die äußere gerade Nadel sich den Gewinden sehr nähern kann. Die Verbindung der beiden Drahthälften geschieht durch zwei federnde Kupferplättchen. Man kann dadurch die beiden Hälften jederzeit trennen ohne am Apparate etwas zu ändern. Der getheilte Kreis liegt auf den oberen Kanten der Schutzbretter, und der ganze Apparat steht auf den unteren Kanten derselben unter einer Glasglocke.

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