Titel: | Das Puddeln und Feinen des Roheisens mit überhitzten Wasserdämpfen; von G. Parry, auf dem Ebbw Vale Eisenwerke in Monmouthshire. |
Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. LI., S. 205 |
Download: | XML |
LI.
Das Puddeln und Feinen des Roheisens mit
überhitzten Wasserdämpfen; von G.
Parry, auf dem Ebbw Vale Eisenwerke in Monmouthshire.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Nov. 1856,
S. 381.
Parry, über das Puddeln und Feinen des Roheisens mit überhitzten
Wasserdämpfen.
Der Erfinder unterzieht das flüssige Roheisen der Einwirkung der Elemente des Wassers
zu dem Zweck, den Schwefel und andere zu verflüchtigende Unreinigkeiten daraus
abzuscheiden. Hierzu benutzt er nicht, wie es jetzt der Fall ist, Dampf von
verhältnißmäßig niedriger Temperatur, der das Metall da wo er in dasselbe strömt,
abschreckt und daher nur einen geringen Einfluß auf die ihn umgebenden Massen haben
kann, sondern solchen Dampf, welcher, ehe er in das flüssige Roheisen strömt,
überhitzt worden ist, sich daher der Temperatur des geschmolzenen Metalles mehr
nähert und folglich eine größere chemische Wirkung auszuüben vermag.
Bei dem nach dieser Erfindung ausgeführten Puddelproceß werden fest angebrachte
Formen zum Einspritzen des überhitzten Dampfes angewendet. Diese Formen oder Röhren
treten durch die Seitenwände in den Ofen ein und haben an der untern Seite, über dem
Spiegel des geschmolzenen Eisens, Oeffnungen; auch können sie unter einem gewissen
Winkel zu dem Herde geneigt werden. Man hat diesen Winkel durch die Praxis zu 30 bis
50° bestimmt, wovon 35° am zweckmäßigsten sind. Die Entfernung der
Oeffnungen in den Formen über der Oberfläche des geschmolzenen Roheisens, ist je
nach dem angewendeten Dampfdruck verschieden; bei dem gewöhnlich angewendeten Druck
ist eine Höhe von zwei bis vier Zoll am zweckmäßigsten. Indem man den Dampf in
einiger Höhe über der Oberfläche des Roheisens ausströmen läßt, beabsichtigt man
denselben, ehe er auf das Metall einströmt, noch mehr zu erhitzen, indem er sich mit
der sehr heißen Atmosphäre im Ofen vermengt, wodurch seine Einwirkung auf das
flüssige Eisen noch mehr erhöht wird, weil die chemische Wirkung des Dampfes mit
seiner Temperatur im Verhältniß steht. Die Entfernung der Form vom Eisen muß, wie
schon bemerkt, im Verhältniß zu dem angewendeten Dampfdruck stehen, weil sonst der
Dampf das flüssige Eisen nicht mit hinlänglicher Kraft erreicht, um die höchste
Wirkung hervorzubringen; der Dampfstrom muß nämlich auf der Oberfläche des Eisens
Eindrücke veranlassen und durch die Neigung der Formen wird dann eine drehende Bewegung der flüssigen
Metallmasse hervorgebracht, so daß mit den Dampfstrahlen stets frische Oberflächen
in Berührung kommen. Beim Verpuddeln von weißem, halbirtem und hellgrauem Roheisen
Nr. 3 sind zwei eiserne, 3/4 Zoll weite Röhren hinreichend, und es ist zu jeder
Seite der Arbeitsthür eine angebracht. Bei stärker gekohltem Roheisen sind aber mehr
Formen zweckmäßig, um die vollständige Wirkung zu erlangen. Um die Formen gegen das
Verbrennen zu schützen, haben sie entweder einen Ueberzug von feuerfestem Thon oder
sie sind doppelt, so daß ein Wasserstrahl durchgehen und sie abkühlen kann.
Um den Dampf eines gewöhnlichen Generators zu erhitzen, läßt man ihn, ehe er durch
die Form ausströmt, durch eine im Puddelofen angebrachte gewundene Röhre gehen,
worin er die hohe Temperatur annimmt. Die Menge des einströmenden Dampfes, seine
Zulassung und Abstellung, kann durch einen Hahn regulirt werden.
Der Puddelbetrieb mit überhitztem Dampf ist folgender: Nachdem das Roheisen auf dem
Herde niedergeschmolzen worden ist, öffnet man den Dampfhahn und der Puddler rührt
das Metall mit seinem Haken durch, wie dieß gewöhnlich geschieht, jedoch mit dem
Unterschiede, daß in dem Zeitpunkte wo das Roheisen, indem es sich in Stabeisen
verwandelt, dicker wird, das Durcharbeiten den Formen gegenüber viel schneller
bewirkt werden muß, als an anderen Stellen. Wenn das Aufkochen der Masse soweit
vorgeschritten ist, daß die Brechstange nicht weiter angewendet werden kann, so
stellt man den Dampf ab und vollendet den Proceß auf gewöhnliche Weise.
Bei dem Betriebe mit zwei Formen wird die zum Aufkochen erforderliche Zeit etwa um
die Hälfte vermindert, während die Beschaffenheit des Eisens im Allgemeinen viel
verbessert ist. Soll aber die Qualität des Eisens, ohne Rücksicht auf die Zeit, noch
mehr verbessert werden, so muß man den Proceß abändern. Statt daß der Puddler seine
Brechstange mit gewohnter Kraft gebraucht, überläßt er das zu verfrischende Roheisen
hauptsächlich der Einwirkung des im Dampfe enthaltenen Sauerstoffs, während der
andere Bestandtheil des Dampfes, der Wasserstoff, bei seinem Entweichen die in dem
Roheisen enthaltenen Unreinigkeiten, besonders Schwefel, Phosphor und Arsenik, im
gasförmigen Zustande mit sich führt; die Brechstange muß jedoch noch angewendet
werden, um das Eisen von der kalten Sohle des Ofens zu entfernen. Ist nun so viel
Frischeisen vorhanden, daß zum Zusammenschweißen der Theilchen und zum Luppenmachen
geschritten werden kann, so entfernt man dasselbe so weit als thunlich von den
Formen, wogegen das übrig gebliebene, flüssige, und noch nicht gefrischte
Roheisen der Einwirkung des Dampfes unterworfen wird, worauf man während des
Schweißens und Luppenmachens nur wenig Dampf einströmen läßt.
Man hat aber auch gefunden, daß die Dampfströme im hohen Grade die Einwirkungen
anderer Substanzen auf das Eisen steigern; wir verstehen darunter sokche, welche
schon seit längerer Zeit im Puddelofen angewendet werden und deren Zweck es ist,
entweder das Ausbringen zu erhöhen oder die Qualität des Eisens zu verbessern. Man
hat gefunden, daß mit Beihülfe des Dampfes beim Zuschlag reicher Eisenerze die Menge
des erzeugten Stabeisens größer als die des eingesetzten Roheisens ist – ein
vor Anwendung des Dampfes noch nicht erlangtes Resultat; ebenso hat sich gezeigt,
daß durch den Zuschlag von Braunstein oder von Eisen- und Manganoxyden, wie
Spatheisenstein, bei in den Ofen strömendem Dampf eine weit bedeutendere
Verbesserung der Beschaffenheit des Eisens erreicht wird, als wenn man solche
Zuschläge nur mit dem geschmolzenen Roheisen in Berührung bringt; endlich daß durch
diese Zuschläge die beste Wirkung dann erreicht wird, wenn man sie etwa fünf Minuten
nach dem ersten Einlassen des Dampfes macht.
Beim Verpuddeln von schlechtem Roheisen, welches nur wenig Kohlenstoff, dagegen aber
viel Schwefel und Phosphor, so wie bedeutende Mengen von Silicium beigemischt
enthält, und das bekanntlich nicht lange kocht, sondern in einem teigigen und nicht
zu bearbeitenden Zustande zu Boden fällt, hat man durch Einwirkung von Dampf auf die
Masse, dessen Ströme jedoch so stark seyn müssen, als es ohne zu große Abkühlung des
Metalles nur irgend möglich ist, während der Puddler auch gehörig auf dem Herde
arbeitet, ein höheres Ausbringen, Zeitgewinn und bessere Qualität erzielt.
Ueberhitzter Dampf zeigt auch, nachdem die Luppen zum Zängen aus dem Ofen genommen
wurden, und ehe eine neue Charge gemacht wird, einen recht vortheilhaften Einfluß
auf die, auf der Ofensohle zurückgebliebenen Schlacken; man muß, während der Dampf
auf letztere wirkt, die Thür halb geöffnet lassen. Wendet man gewöhnlichen Dampf
oder Wasser an, so wird die Eisenmasse sehr bald abgekühlt und teigig, während nur
eine geringe oder gar keine chemische Veränderung erfolgt; mit heißem, trockenem
Dampf aber, erfolgt sehr schnell Oxydation, und die Schlacke, obgleich auf einer
hohen Temperatur erhalten, wird fest und läßt sich nur schwierig schmelzen. Auch
findet eine chemische Veränderung in der Verbindung des Eisenoxydes mit der
Kieselerde statt, indem jenes eine höhere Oxydationsstufe angenommen hat und
überdieß ein Theil der erwähnten gewöhnlichen Unreinigkeiten ausgetrieben worden
ist. Dieß hat auch einen günstigen Einfluß auf die nächste Roheisencharge, nebstdem daß eine größere
Festigkeit des Schlackenherdes und seiner Ränder erzielt wird.
Bei dem Feinen oder Reinen des Roheisens, wodurch dasselbe in Fein-,
Rein- oder Weißeisen verwandelt wird, wendet Parry
einen Flammofen an, der den Puddelöfen ähnlich, aber weit größer ist, so daß man 1
1/2 bis 2 Tonnen Roheisen einsetzen kann; anstatt eines kalten Eisenherdes, wie in
den gewöhnlichen Puddelöfen, wird aber eine Sohle von feuerfestem Thon oder von Sand
angewendet. Die Formen haben dieselbe Einrichtung wie bei dem beschriebenen
Puddelofen, es sind deren aber neun vorhanden, nämlich zu jeder Seite der
Arbeitsthür zwei, und fünf an der Rückwand des Ofens ziemlich gleich von einander
abstehend. Nachdem der Ofen gehörig angefeuert worden ist, läßt man das Roheisen,
welches aus dem Hohofen abgestochen worden, einströmen, und den Dampf zutreten. Der
Puddler rührt bald mit seinem Haken die flüssige Eisenmasse in der Nähe der Formen
um, wiederholt dieses Rühren hin und wieder, und zwar, wenn es erforderlich ist,
auch an andern Theilen des Ofens. Wenn dieß hinlänglich geschehen ist, was man bei
einiger Uebung leicht erkennt, so wird das Feineisen in Platten abgelassen, wie es
bei den gewöhnlichen Gebläsefeineisenherden der Fall ist. Das auf beschriebene Weise
dargestellte Feineisen, bei welchem die Entkohlung hauptsächlich durch den
Sauerstoff des Dampfes, statt durch den der atmosphärischen Luft, bewirkt wurde,
während das Metall nicht in unmittelbare Berührung mit den stets schwefelhaltigen
Kohks kam, ist von weit besserer Qualität als das gewöhnliche.
Beim Puddeln und Feinen des Eisens nach der beschriebenen Methode läßt man den Dampf
auf der Oberfläche des nur in einer dünnen Schicht in den Oefen vorhandenen
Roheisens strömen. Der Rein- oder Fein-Proceß kann aber auch auf
andere Weise ausgeführt werden. Zu dem Ende müssen die Wände des Flammofens stärker
als gewöhnlich gemacht werden und einen länglich-viereckigen Trog zur
Aufnahme des Roheisens umschließen, welcher etwa 2 1/2 Fuß weit, 2 Fuß hoch und 4
Fuß lang ist. Die Feuerbrücke muß gegen das zu baldige Verbrennen dadurch geschützt
werden, daß man einen starken Luftzug hindurch führt. Die Formöffnungen werden ganz
nahe an der Herdsohle des Ofens angebracht, damit das Einströmen des sehr
überhitzten Dampfes in die Metallmasse weit unter deren Oberfläche erfolgt, so daß
der Dampf durch dieselbe emporsteigen muß. Der Ofen wird an der hintern Seite mit
einer Extrathür versehen, durch welche man die Formöffnungen reinigen und
nöthigenfalls auswechseln kann. Die Tiefe der Eisenmasse sollte mindestens 18 Zoll
betragen, da eine minder tiefe Metallsäule nicht so gut gefeint würde. Nachdem der Ofen gehörig
gefeuert worden ist, läßt man den Dampf und wenige Minuten darnach das flüssige
Eisen aus dem Hohofen einströmen, damit der Dampf vor seinem Zusammentreffen mit dem
Eisen vollkommen trocken werden muß. Der Druck der Dampfstrahlen muß natürlich
denjenigen der Metallsäule, worauf sie einwirken sollen, übersteigen, und die
absolute Menge des durch jede Form in einer gegebenen Zeit strömenden Dampfes muß
auch der Höhe dieser Metallsäule angemessen seyn; ferner muß die Dampfmenge so
regulirt werden, daß so wenig als möglich überschüssiger Sauerstoff (Wasserdampf) an
der Oberfläche entweicht, weil durch denselben die Temperatur der Masse des
Reineisens und dessen Flüssigkeit vermindert würde. Das gehörig entkohlte Roheisen
wird, wie gewöhnlich, in Formen abgestochen.
Soll Roheisen für die nachherige Umwandlung in Gußstahl nach diesem Verfahren gereint
werden, so wendet man einen Flammofen an, in welchem eine sehr hohe Temperatur
erreicht werden kann, der die Größe eines gewöhnlichen Puddelofens, jedoch einen
warmen Thon- oder Sandherd hat. In dem Ofen werden vier Dampfformen
angebracht, nämlich eine an jeder Seite der Thür und die beiden anderen an der
hintern Seite des Ofens. Der Ofen wird mit etwa 4 Cntrn. sehr kohlehaltigem
Roheisens besetzt, und wenn dasselbe niedergeschmolzen ist, wird der Dampf
eingelassen, welchen man auf das Eisen bei möglichst geringem Arbeiten mit dem Haken
einwirken läßt. Wenn das Aufkochen des Roheisens hinlänglich erfolgt ist, so läßt
man es in Wasser ab, um es zu granuliren und theilweis zu oxydiren. Dieses
Granulireisen wird, mit einer Beimengung der gewöhnlich gebräuchlichen reinigenden
Mittel, in Tiegeln umgeschmolzen und liefert alsdann einen guten Gußstahl. Will man
ein noch besseres Product darstellen, so werden, nachdem der Dampf etwa 5 Minuten
lang gewirkt hat, etwa 2 Proc. Pfeifenthon als grobes Pulver in den Ofen geworfen
und bald darauf werden 10 bis 15 Proc. – je nach dem Kohlegehalt des
angewendeten Eisens – gerösteter Spatheisenstein, ebenfalls als grobes Pulver
zugeschlagen. Durch die Einwirkung der Dampfstrahlen wird die Verbindung von einem
Theil der metallischen Basen dieser Mineralien mit dem Eisen sehr erleichtert. Der
zu benutzende Spatheisenstein muß rein, weiß und krystallinisch, auch nur schwach
geröstet seyn.
Parry ließ sich die Anwendung des überhitzten Wasserdampfes beim Puddeln und Feinen
des Roheisens am 26. Februar 1856 für England patentiren.