Titel: | Ueber das Probiren der Zinnerze; von A. Levol. |
Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. LXVII., S. 269 |
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LXVII.
Ueber das Probiren der Zinnerze; von A. Levol.
Aus den Annales de Chimie et de Physique, Januar 1857, S.
87.
Levol, über das Probiren der Zinnerze.
Bekanntlich reducirt sich das Zinnoxyd, sowohl durch Wasserstoffgas als durch Kohle,
sehr leicht schon bei einer Temperatur welche die dunkle Rothgluth nicht
überschreitet; es könnte daher auffallen, daß für die Zinnproben die sehr hohe
Temperatur der Eisenproben vorgeschrieben wird, welche beiläufig 150 Pyrometergrade
beträgt. Dieß erklärt sich jedoch durch die Umstände unter welchen man die
Zinnproben auszuführen pflegt; gewöhnlich wendet man nämlich bei diesen Proben
gleichzeitig ein Reductions- und ein Flußmittel an, meistens den schwarzen
Fluß, ein sehr inniges Gemenge von höchst fein zertheilter Kohle und kohlensaurem
Kali, welches für sich allein beiden Bedingungen entspricht; nun lehrt aber die
Erfahrung, daß man mit diesem Fluß bei Anwendung eines mäßigeren Feuers den
wirklichen Gehalt des Erzes viel zu niedrig finden würde. Bekanntlich verbindet sich
das Zinnoxyd gern sowohl mit der Kieselsäure als mit den alkalischen Basen, und wenn
sich einmal Zinnsilicat und zinnsaures Kali gebildet haben, so können dieselben
wahrscheinlich durch die Kohle nur mit Beihülfe einer sehr starken Hitze zersetzt werden. Die dokimastische
Vorschrift, welche überdieß durch die Erfahrung entschieden bestätigt wird, ist
daher vollkommen gegründet.
Geht man aber von dem schwarzen Fluß ab, um ihn durch das von Liebig zur Reduction der Metalloxyde empfohlene Cyankalium bei den
Zinnproben zu ersetzen, so andern sich die Umstände; da das Cyankalium nach Art des
Kaliums selbst wirkt, so braucht man nur eine sehr mäßige Hitze anzuwenden und hat
nicht, wie mit dem schwarzen Fluß, zu befürchten daß ein Theil des Zinnoxyds, indem
er sich vorher mit der Kieselsäure oder mit der Base des Flusses verband, schwer
reducirbar wird und folglich hierzu eine sehr hohe Temperatur erheischt.
Das (reine) Cyankalium ist ohne Zweifel der beste Fluß, welchen man zum Probiren des
Zinnerzes auf trockenem Wege anwenden kann; dieß beweisen folgende Versuche:
3 Grm. künstlich dargestellten Zinnoxyds, mit der 1 1/2fachen
Menge Cyankalium geschmolzen, lieferten 2,315 Grm. Metall, oder 77,16 Procent.
5 Grm. desselben Oxyds, mit dem gleichen Verhältniß von
Cyankalium, lieferten 3,855 Grm. Metall, oder 77,10 Procent.
5 Grm. desselben Oxyds, mit dem gleichen Verhältniß von
Cyankalium, lieferten 3,865 Grm. Metall, oder 77,30 Procent.
Nach der Theorie hätte man 78,62 Procent Metall erhalten sollen; berücksichtigt man
aber, daß das angewendete Oxyd Spuren von Verunreinigungen enthalten konnte und daß
es während der Wägungen Feuchtigkeit absorbiren mußte, so hat man allen Grund mit
den Resultaten zufrieden zu seyn.
Nach diesen Vorversuchen hatte ich das Cyankalium zum Probiren des Zinnerzes selbst
anzuwenden, und auch seinen Einfluß auf die Gangarten des Erzes zu ermitteln, von
denen die Kieselerde stets einen Bestandtheil bildet.
Bei der Untersuchung eines Zinnerzes auf nassem oder trockenem Wege kann man von
zweierlei Gesichtspunkten ausgehen:
1) man bestimmt bloß den Zinngehalt des Erzes, indem man die Beimengungen
unberücksichtigt läßt; oder
2) man bestimmt einerseits den Zinngehalt und anderseits die verschiedenen
fremdartigen Substanzen welche die Gangart bilden.
Im zweiten Falle hat man eine gewöhnliche chemische Analyse durchzuführen, welche
sich jedoch mittelst der von mir befolgten Methode, die ich nun beschreiben will,
bedeutend abkürzen läßt.
Um für diese Analyse das Zinn in Salzsäure auflöslich zu machen, braucht man nur sein
Oxyd vorher mittelst Kohle zu reduciren, wozu weder ein gefütterter Tiegel noch eine sehr hohe
Temperatur erforderlich ist; bei Anwendung einer genügenden Quantität von Kohle
reicht die Kirschrothgluth hin und die Reaction ist nach beiläufig einer
Viertelstunde vollständig bewirkt. Ich verfahre folgendermaßen: ich behandle 5 Grm.
fein gepulvertes Erz mit kochendem Königswasser, wasche auf einem Filter aus, glühe
den Rückstand und vermenge ihn nach dem Erkalten sorgfältig mit 1 Grm. Kohle von
weißem Kandiszucker, welche bekanntlich nur eine Spur von Asche gibt. Dieses Gemenge
drücke ich in einem kleinen Porzellantiegel zusammen, gebe auf dasselbe 0,5 Grm.
derselben Kohle und erhitze den mit seinem Deckel versehenen Tiegel eine
Viertelstunde lang in der Muffel eines Kapellenofens. Wenn man die so geglühte Masse
nach dem Erkalten mit der Loupe untersucht, so bemerkt man in der überschüssigen
Kohle eine Menge kleiner Körnchen von metallischem Zinn, die Reduction ist
vollständig, und das Königswasser zieht aus dem so behandelten Material leicht
sämmtliches Zinn aus.
Nach dieser neuen Behandlung mit Königswasser filtrirt man; der in Berührung mit der
Luft geglühte und eingeäscherte Rückstand gibt den unauflöslichen Theil der Gangart;
aus der Flüssigkeit fällt man das Zinn durch destillirtes Zink, und wägt es, nachdem
man es unter einer dünnen Schicht von Cyankalium in einem irdenen Tiegel geschmolzen
hat.
In den Flüssigkeiten von der ersten Behandlung mit Königswasser bestimmt man die
verschiedenen darin enthaltenen Substanzen mittelst der gewöhnlichen Methoden.
Wenn ich nach einer Behandlung mit Königswasser das Zinn durch directes Schmelzen
bestimmen will, so verwende ich 10 bis 20 Grm. Erz; den Rückstand erhitze ich auf
vorher angegebene Weise mit dem Verhältniß von Kohle, wobei jedoch die Zuckerkohle
durch Holzkohle ersetzt werden kann; nach Verlauf einer Viertelstunde setze ich der
Masse, ohne sie aus dem Tiegel zu nehmen, ihr 1 1/2faches Gewicht gepulvertes
Cyankalium zu, welches ich bloß darauf lege und erhitze noch fünf Minuten zum
Kirschrothglühen; so erhalte ich das Zinn als König und die Schlacken enthalten
keine Körner.
Von der Genauigkeit dieses Verfahrens habe ich mich aus dem nassen Wege
überzeugt.