Titel: | Ueber die bisher vorgeschlagenen Methoden zur Prüfung des Salpeters auf seinen Gehalt an reinem salpetersaurem Kali; von F. A. Abel und C. L. Bloxam. |
Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. LXXI., S. 283 |
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LXXI.
Ueber die bisher vorgeschlagenen Methoden zur
Prüfung des Salpeters auf seinen Gehalt an reinem salpetersaurem Kali; von F. A. Abel und C. L. Bloxam.
Aus dem Quart. Journal of the Chem Society vol IX, durch
das Journal für praktische Chemie, 1856 Nr. 21.
Abel, über die Prüfung des Salpeters auf seinen Gehalt an reinem
salpetersaurem Kali.
Bei Gelegenheit der Aufsuchung einer zuverlässigen Methode zur technischen scharfen
Prüfung des Salpeters auf seinen Gehalt an reinem salpetersaurem Kali prüften die
Verfasser die bisher vorgeschlagenen Methoden, namentlich die von Pelouze
(polytechn. Journal Bd. CIV S. 111) und von
Gay-Lussac.
Sie fanden bei dem Verfahren von Pelouze oft so bedeutende
Abweichungen im Resultat, wenn sie selbst reinsten Salpeter dem Versuche
unterwarfen, daß sie sich bemühten, die Fehlerquelle in den einzelnen Phasen des
Experiments aufzusuchen. Daß bei dem Kochen einer salzsauren Lösung von Eisenchlorür
mit Salpeter sich nichts anderes als Stickoxyd entwickelt, fanden sie bestätigt.
Große Fehler können vor allen Dingen begangen werden durch Zutretenlassen
atmosphärischer Luft, welche das in der Lösung noch befindliche Stickoxyd schnell
höher oxydirt. Indessen schwinden die abweichenden Resultate nicht, wenn auch alles
Stickoxyd durch Kochen ausgetrieben ist, ehe man die Luft zutreten läßt, und es ist
gleichgültig, ob man lange oder kurze Zeit kochen läßt. Der Grund der Abweichungen
lag auch nicht in der Schwierigkeit, die Farbennüance des übermangansauren Kalis in
der oxydirten Flüssigkeit zu erkennen, wie sich aus der Substitution von
Schwefelsäure an Stelle der Salzsäure entnehmen ließ; im Gegentheil entsteht dadurch
ein wesentlicher Nachtheil, indem sich ein schwer lösliches Eisenoxydulsulphat
ausscheidet und ein Stoßen der Lösung beim Kochen veranlaßt. Ueberdieß läßt sich aus
der schwefelsauren Lösung das Stickoxyd viel schwieriger austreiben, als aus der
salzsauren und doch ist die völlige Entfernung dieses Gases durchaus nothwendig,
weil dasselbe für sich das übermangansaure Kali zu reduciren vermag.
Wenn nun auch einerseits die Fehlerquelle, welche stets einen zu großen Ueberschuß
gab, durch vollständigen Abschluß der Luft während des Einführens des Salpeters in
die Lösung dadurch vermieden werden konnte, daß in das mit Kohlensäure stets
gefüllte Kochgefäß der zu prüfende Salpeter in einem besondern Glasrohr, mit Soda
oder Borax überlagert, eingesenkt wurde, nachdem alles Eisen gelöst war, so ergab
sich doch bei diesem Verfahren ein nicht minder großes Schwanken der Resultate. Bald
lieferte der Versuch sehr befriedigende Zahlen, bald und meistens einen mehr oder
weniger großen Ausfall.
Dieser war nur dadurch zu erklären, daß sich ein Theil Salpeter der oxydirenden
Wirkung begeben, also entweder nicht völlig zersetzt war oder einen Antheil
Salpetersäure verloren hatte, ehe diese mit dem Eisensalz in Berührung kam. Folgende
Versuche wurden angestellt.
Eisen, in überschüssiger Schwefelsäure gelöst, wurde lange Zeit gekocht, während das
Glas mit dem Salpeter sich über der kochenden Lösung befand. Der entweichende Dampf
röthete nicht Lackmuslösung und doch erhielt man beim nachherigen Einsenken und
Zersetzen des Salpeters nur so viel Stickoxyd, als 88,09 Procent Salpeter entsprach.
In einem andern Versuch wurde der entweichende Dampf durch reine Sodalösung geleitet
und man fand in dieser salpetrige Säure und Salpetersäure; wenn aber während des
Kochens das Glas mit dem Salpeter nicht in die Eisensalzlösung eingesenkt wurde,
enthielt die Sodalösung auch keine Oxydationsstufe des Stickoxyds. In einem
ähnlichen Versuche, in welchem besondere Sorgfalt für Abschluß der Luft und leichtes
Einsenken des den Salpeter enthaltenden Gefäßes genommen war, enthielt die
vorgeschlagene Sodalösung nur Spuren von salpetriger Säure, aber viel Salpetersäure;
der Rückstand in der Kochflasche, durch Soda zersetzt und zur Trockne verdampft, gab
mit verdünnter Schwefelsäure keine Spur salpetrige Säure, mit concentrirter
Schwefelsäure destillirt eine Flüssigkeit, die anfangs kaum, im zweiten Antheil gar
nicht auf Indigo reagirte und doch konnte in der Retorte deutlich Salpetersäure
entdeckt werden.
Diese auffallende Erscheinung, daß neben einem großen Ueberschuß von concentrirter
Schwefelsäure nach langem Destilliren und starker Concentration doch noch
unverflüchtigte Salpetersäure bleibt, haben die Verf. durch zahlreiche Versuche
bestätigt gefunden, und sie meinen, daß diese Säure an Kali gebunden geblieben sey.
Wenn analoge Versuche mit salzsaurer Eisenchlorürlösung angestellt wurden, so
enthielt, wenn der Salpeter nicht in die Lösung versenkt wurde, der entweichende
Dampf weder Salpetersäure noch salpetrige Säure, wurde aber der Salpeter
eingetaucht, so enthielt die Vorlageflasche bedeutende Mengen Salpetersäure, selbst
wenn alle Vorsicht gegen etwaiges schnelles Ueberreißen durch das entweichende Gas
getroffen wurde.
Aus dem bisher Angeführten ergibt sich, daß Pelouze's Methode zwar gute Resultate ergeben
kann, daß man aber die Operation nie in seiner Gewalt hat.
Nicht bessere Resultate erhielten die Verfasser bei Anwendung der Gay-Lussac'schen Methode, welche bekanntlich in
der Verpuffung des Salpeters mit 1/4 Theil Kohle und 6 Thln. Kochsalz und in der
alkalimetrischen Prüfung der aus dem geglühten Rückstand gewonnenen Lösung besteht.
Sie wandten Lampenruß an und glühten im Platintiegel, und fanden, daß dabei stets
etwas Salpeter unzersetzt bleibt, bisweilen war aber auch der Ausfall beträchtlich.
Als dann statt des Lampenrußes, der eine Spur Schwefel enthielt, Holzkohle
angewendet wurde, zeigte die alkalimetrische Probe bedeutende Ueberschüsse, mochte
man das Verfahren und die relativen Mengen der zu erhitzenden Substanzen variiren
wie man wollte.
Der Ausfall konnte nicht beseitigt werden, auch wenn die Substanzen noch so innig
gemischt waren, weder bei sehr hoher noch bei mäßiger Hitze, dabei entwickelte sich
stets Stickoxyd und der Rückstand ließ unzersetzten Salpeter erkennen.
Der Ueberschuß rührte nicht, wie die Verfasser anfangs vermutheten, von einem Antheil
zersetzten Kochsalzes her, sondern von der Bildung eines oft bedeutenden Antheils
von Cyankalium, welches unmöglich beim Glühen gegen den Uebergang in cyansaures Salz
und nachmals folglich in Ammoniaksalz zu schützen war. Der größte Ueberschuß von
Kohle während des Glühens war nicht im Stande, die Bildung des cyansauren Alkalis zu
verhüten, eben so wenig schützte das successive Eintragen des Gemenges in den
glühenden Tiegel vor Verlust. Am besten war die Anwendung von Harz statt Kohle,
nicht sowohl um die Entstehung des cyansauren Kalis zu verhüten, sondern um die nach
dem Glühen rückständige Masse in einen porösen Zustand zu versetzen, in welchem sie
nachher leichter angreifbar ist. Die Verfasser haben nämlich gefunden, daß nur durch
Schmelzen mit chlorsaurem Kali das cyansaure sich völlig in kohlensaures umwandelt
und als sie daher bestimmte Mengen Salpeter, mit dem 1 1/2 fachen Harz und dem
4fachen an Salz innig gemengt, glühten, dann mit dem 1 1/5fachen Gewicht an
chlorsaurem Kali noch einmal allmählich erhitzten, zeigten sich die Resultate der
alkalimetrischen Probe befriedigend.