Titel: | Prestage's Verbesserungen an den Locomotiven. |
Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. XCV., S. 402 |
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XCV.
Prestage's
Verbesserungen an den Locomotiven.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Januar
1857, S. 17.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Prestage's Verbesserungen an den Locomotiven.
Die hier zu beschreibende Locomotive zeichnet sich durch mehrere wesentliche
Verbesserungen der bisherigen Construction aus.
Aus den Abbildungen, von denen Fig. 24 ein Seitenaufriß
und Fig. 25
ein Querdurchschnitt ist, wird man ersehen, daß die Triebwelle und die arbeitenden
Theile der Maschine nicht unter, sondern über dem Kessel
liegen, daher der Raum unter dem Kessel von einem Kasten eingenommen werden kann,
welcher das zu einer Reise erforderliche Wasser aufnimmt. Die Verlängerung dieses
Wasserkastens bildet die Wände des Rauchkastens, wodurch das Wasser vorgewärmt wird.
Die Kesselspeisung wird daher mit warmem Wasser bewirkt und der Wasserkasten gewährt
gleichzeitig einen wirksamen Schutz gegen die Abkühlung des Bodens und der Seiten
des Kessels. Das Fußbret am hintern Ende der Locomotive ist so viel verlängert, daß
es die zu einer Reise erforderliche Quantität Kohks aufnehmen kann.
Eine andere, sehr charakteristische Neuerung bei dieser Maschine betrifft die
Stellung der Cylinder, welche nebst ihren Ventilen von Mänteln umgeben, und
unmittelbar über den Enden der Röhren in dem Rauchkasten angebracht sind. Die Folgen
einer solchen Anordnung sind in ökonomischer Beziehung sehr wichtig, da der Dampf
auf seinem Wege von dem Kessel zu den Cylindern in die erwähnten Mäntel geführt und
dort überhitzt wird. Dadurch wird seine Spannkraft so gesteigert, daß man annehmen
darf, es werde wenigstens die Hälfte an Brennmaterial und Speisewasser erspart. Der
Dampf, welcher in seinem Normalzustand im Kessel einen Druck von 120 Pfd. auf den
Quadratzoll hat, besitzt eine Temperatur von 343° F.; er muß vor seinem
Eintritt in die Cylinder durch die Mäntel ziehen, welche eine Temperatur von
600° F. haben; nehmen wir nun an, daß der Dampf in den Mänteln nur auf
400° F. erhitzt werde, so wird sein Druck auf etwa 240 Pfd. per Quadratzoll gesteigert. Die Bedingungen, welche das
Franklin-Institut zu New-York als allein nothwendig für einen
ökonomischen Betrieb mit überhitztem Dampf aufstellte, sind hier erfüllt; der
Bericht seines Comité's erklärt nämlich, daß eine große Ersparung an
Brennmaterial durch Anwendung des überhitzten Dampfes erzielt werden könnte, wenn
man es dahin bringen würde, jeden Wärmeverlust des Dampfes durch kältere Körper,
bevor derselbe verwendet wird, zu vermeiden.
Ersparung bei dem Brennmaterial-Verbrauch ist offenbar eine höchst wichtige
Sache. Anderseits kommen aber auch die bedeutenden Kosten für Erneuerung und
Unterhaltung des Schienengeleises in Betracht. Dieselben sind hauptsächlich eine
Folge des großen Gewichts der bis jetzt angewendeten Maschinen, ein Nachtheil der
durch die bedeutenden Heizoberflächen veranlaßt wird, welche für den übermäßigen
Dampfverbrauch bei der ungeheuren Fahrgeschwindigkeit nothwendig werden. Dieser
übermäßige Dampfverbrauch findet besonders bei Locomotiven mit außenliegenden
Cylindern statt, bei denen der Dampfverlust durch Condensation manchmal bis auf 33
Proc. steigt.
Es ist einleuchtend, daß in Folge der verminderten Größe der Kessel die Prestage'schen Maschinen weit leichter seyn können,
weßhalb allein schon dieselben alle Berücksichtigung verdienen; denn eine Locomotive
mit mäßig großem Kesselraum und mit Heizoberfläche welche ihren Dampf überhitzt,
wird eine eben so große Wirksamkeit haben als eine Maschine mit weit größerer
Heizoberfläche, die aber mit nicht überhitzten Dämpfen betrieben wird. Die
verminderte Größe des Kessels ist auch insofern günstig, als sie dem Erbauer die
Wahl läßt, seiner Maschine entweder große oder kleinere Triebräder zu geben. Bei
großer Fahrgeschwindigkeit verdienen erstere ohne Zweifel den Vorzug, weil sie eine
größere Geschwindigkeit bei geringerer Abnutzung der Betriebstheile gestatten, auch
der Dampf weit wirksamer und ökonomischer benutzt wird.
Wir bemerken noch, daß der Patentnehmer, da er den Kessel niedriger legt, die Esse
erhöhen kann, wodurch der natürliche Zug verstärkt, folglich das erforderliche
Einblasen von Dampf und der dadurch veranlaßte Gegendruck entsprechend vermindert
wird.
Abgesehen von ihren ökonomischen Vortheilen, gewährt diese
Locomotiven-Construction auch größere Sicherheit. Da der Schwerpunkt
beträchtlich näher an
der Basis als bei den gewöhnlichen Maschinen und überdieß ziemlich in der Richtung
der Zuglinie liegt, so ist ihre Stabilität unläugbar größer. Dadurch wird nicht nur
an Sicherheit gewonnen, sondern auch die Abnutzung der Maschine, der Bahn und des
rollenden Materials vermindert. Eine Prestage'sche
Maschine wird daher auch nicht leicht von den Schienen ablaufen.
Wir bemerken schließlich, daß bei dem Betriebe dieser Maschinen der Führer alle
arbeitenden Theile unter Augen hat, sie leicht übersehen und leicht zu denselben
gelangen kann, daher auch im Stande ist, sie während des Fahrens zu schmieren.
Solche Locomotiven sind auch gegen den Staub geschützt, der sich von der Bahn erhebt
und zur Abnutzung der bisherigen Maschinen viel beitrug. Endlich gewährt der große
Feuerkasten dieser Maschine den Vortheil, daß sie mit Steinkohlen gefeuert werden
kann, welche als Heizmaterial der Locomotiven täglich mehr in Gebrauch kommen. Die
Hauptdimensionen der in Fig. 24 und 25
dargestellten Prestage'schen Locomotive sind:
Länge zwischen den Achsen des vordern und des
hintern Laufrades
15 Fuß
Durchmesser des Cylinders
16 1/2 Zoll
Kolbenzuglänge
22
„
Durchmesser der Triebräder
8 Fuß
Durchmesser der Laufräder
4
„
Oberfläche des Rostes
12 Fuß 8 Zoll
Räumlichkeit des
Wasserkastens
600 Gallons
Heizoberfläche der
Röhren
„
des Feuerkastens
665175
840 Quadratfuß.