Titel: | Ueber Feder- und Quecksilber-Manometer, als Spannungsmesser bei Dampfkesseln; von Hrn. Prof. Dr. Rühlmann. |
Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. XCVI., S. 404 |
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XCVI.
Ueber Feder- und
Quecksilber-Manometer, als Spannungsmesser bei Dampfkesseln; von Hrn. Prof. Dr.
Rühlmann.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1856, S. 312.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Rühlmann, über Feder- und Quecksilber-Manometer, als
Spannungsmesser bei Dampfkesseln.
Ingenieure wie Dampfkesselbesitzer, denen Gefahrlosigkeit und Sicherheit betreffender
Anlagen am Herzen liegt, sind zuweilen in Sorge hinsichtlich richtiger und zuverlässiger
Spannungsmesser des Wasserdampfes, sowie darüber, ob Feder- oder Quecksilber-Manometer
vorzuziehen und von letzteren wieder offene oder geschlossene in Anwendung zu bringen seyen, so daß es
nicht unwerth seyn dürfte, diese Angelegenheit vom gegenwärtigen Standpunkte der
Sache aus in unseren Mittheilungen zu erörtern.
Am ansprechendsten hinsichtlich Uebersicht, Umfang und Einfachheit beim Gebrauche
sind unstreitig die sogenannten Feder-Manometer, wie solche Buddenberg und Schäfer in
Magdeburg, Bourdon in Paris und viele Andere liefern;
allein es sind auch diejenigen, wobei Klagen über Unrichtigkeit nach kürzerer oder
längerer Zeit am meisten geführt werden, so daß sich sogar die preußische Regierung
veranlaßt gesehen hat, Feder-Manometer als der gesetzlichen Vorschrift nicht genügende Instrumente zu bezeichnen.Die betreffende Circular-Verfügung des königl. preußischen Ministers
für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten (v. d. Heydt) an sämmtliche königl. Regierungen vom 15. März 1852 lautet
folgendermaßen:„Mit Bezug auf die Bestimmung, daß an jedem Dampfkessel oder an
den Dampfleitungsröhren eine oder mehrere Vorrichtungen angebracht
werden müssen, welche den stattfindenden Druck der Dämpfe zuverlässig
angeben, finde ich mich veranlaßt, die königl. Regierung darauf
aufmerksam zu machen, daß die in der neuern Zeit zu diesem Zwecke
mitunter angewandten sogenannten Feder-Manometer nach den
dieserhalb stattgefundenen technischen Erörterungen als zuverlässig
nicht anzuerkennen sind, und daß daher durch die Anwendung solcher
Feder-Manometer den obigen gesetzlichen Vorschriften nicht genügt
wird.“
Bald nach letzterem Erlasse wurde Referent von der königl. hannoverschen Regierung
bei dem Entwürfe einer Verordnung über Sicherheitsmaßregeln bei Dampfkesselanlagen
betheiligt und dabei die Frage über Ja oder Nein der Zulässigkeit von
Feder-Manometern ebenfalls erörtert.
Dabei fand es sich denn, daß der Klagen über unbrauchbar gewordene
Feder-Manometer, insbesondere auch beim hannoverschen Eisenbahnbetriebe,
nicht wenige waren; andererseits aber auch mußte zugestanden werden, daß diese
Manometer dennoch viel gute Eigenschaften besitzen, welche es wünschenswerth
erscheinen ließen, das Augenmerk auf Verbesserungen derselben zu lenken, wodurch ihr
Unrichtigwerden wenn auch nicht völlig beseitigt, so doch sehr vermindert werden
könnte; vor Allem aber, daß es unräthlich sey ein Verbieten derselben im Sinne der
königl. preuß. Verordnung in Vorschlag zu bringen.
Zu letzterem Schlusse gelangte man insbesondere noch dadurch, daß für Locomotiven und
Dampfschiffe zur Zeit andere Spannungsmesser als solche, wobei Federn in Anwendung
kommen (für den praktischen Gebrauch) noch gar nicht bekannt sind, Quecksilber-Manometer
bei feststehenden Kesseln aber auch manche Uebelstände mit sich führen und besonders
die in Frankreich und BelgienDie königl. belgische „Instruction
ministérielle de l'arrèté royal, concernant
l'emploi des machines à vapeur,“ datirt vom
25. December 1853 (also über ein Jahr später als die königl. preuß.
Verordnung).Wir entlehnen diese Bemerkungen einer Druckschrift, welche den Titel führt
„Règlement de police et
instructions“ , Bruxelles 1854, pag. 27. mit gut construirten Feder-Manometern gemachten Erfahrungen die
betreffenden Regierungen (in Deutschland auch die österreichische) bestimmt hatten,
diese Manometer, genau der preuß. Verordnung entgegengesetzt, als vorschriftmäßige
Instrumente zu bezeichnen.
So war der hiesige Stand dieser Angelegenheit, als Referent zur Kenntnißnahme mancher
Specialitäten bei Gelegenheit der Pariser Weltausstellung den betreffenden
französischen Sicherheitsbehörden, insbesondere dem Vorstande derselben, Hrn.
Ingenieur und Professor Couche
an der école des mines, empfohlen wurde.
Hier zeigte es sich denn, daß nach den zahlreichen und längeren Erfahrungen der
französischen Control-Ingenieure für Dampfkessel-Anlagen die in
Frankreich gebräuchlichen Constructionen von Feder-Manometern bei weitem
weniger der Veränderung und dem Unrichtigwerden unterworfen gewesen waren, als dieß
bei den zeither in Deutschland gebräuchlichen der Fall war, schließlich aber dennoch
zur möglichst vollkommenen Sicherstellung die Verwendung irgend welcher
Feder-Manometer, um der gesetzlichen Vorschrift zu entsprechen, an eine
bestimmte Constructionsbedingung gebunden ist.
Letztere besteht ganz einfach darin, daß jedes Feder-Manometer mit einem
sogenannten Dreiweghahne und einem besondern kurzen Rohrstück mit Flantsch versehen
seyn muß (wie die Abbildungen Fig. 15 bis 18 erkennen
lassen), um ein zweites völlig richtiges Manometer anbringen und mit dem zu
untersuchenden Kessel-Instrumente so in Verbindung bringen zu können, daß
sich der controlirende Ingenieur zu jeder Zeit und ohne den Betrieb des Dampfkessels
irgendwie zu stören, von dem Zustande des fraglichen Manometers überzeugen kann.
Auch Referent hat die Nützlichkeit wie Gebrauchseinfachheit dieser Anordnung bei
amtlichen Kesseluntersuchungen sowohl bei Weser-Dampfschiffen als stehenden
Dampfkesseln im Bereiche des Polizeibezirkes der Residenzstadt Hannover, derartig in
Erfahrung gebracht, daß er solche nicht genugsam empfehlen kann, und deßhalb nichts
Ueberflüssiges zu liefern meint, wenn er hier noch eine speciellere Beschreibung der
bereits erwähnten Abbildungen folgen läßt.
Fig. 14 zeigt
das Dampfkessel-Manometer A mit dem zur Controle
daran befestigten Etalon-Manometer B des
Sicherheit-Ingenieurs. Fig. 15 bis 18 sind
Abbildungen (in halber wahrer Größe) des Dreiweghahnes D
und Flantschrohrstückes E, wobei überall gleiche Theile
mit einerlei Buchstaben bezeichnet sind. Fig. 19 und 20 stellen
eine der Zwingen oder Klemmen z dar, womit das
Etalon-Manometer an dem Kessel-Manometer befestigt wird.
In der Zusammenstellung von Fig. 14 correspondirt die
Bohrung des Etalon-Manometers mit der m des
Hahnes, wobei letzterer so gestellt ist, wie Fig. 15 zeigt.
Beide Manometer correspondiren durch die Canäle m, x, F
mit einander, gleichzeitig aber auch durch das Rohr G
mit dem Dämpfe im Kessel.
Wie durch entsprechende Drehung des Hahnes D an dem
Handgriffe H die Hahnbohrung x nach y, Fig. 15, hingerichtet und
dadurch der Canal m völlig abgesperrt wird, so daß
letzterer weder mit dem Rohrstück F und dem Kessel A, noch mit G und mit dem
Kesseldampfe in Verbindung ist, erhellt jedenfalls von selbst. Zur besseren Dichtung
der Flantschen hat Referent stets Gummischeiben mit Erfolg benutzt.
Eine zweite nicht unwichtige neuere Verbesserung der Feder-Manometer mit Inder
und Kreisscale ist die Anbringung eines sogenannten Maximum-Zeigers
M über dem eigentlichen Spannungszeiger L, Fig. 14, in der (bei
Dynamometern für Zugkräfte längst bekannten) Weise, daß beide Zeiger völlig
unabhängig von einander sind und M nur mitgenommen wird,
wenn L unter ihm durchgehen will, indem letzterer Zeiger
an ein nach unten gerichtetes Stiftchen v des
Maximum-Zeigers M stößt. So viel Referent weiß,
haben diese höchst zweckmäßige Anordnung zuerst die HHrn. Buddenberg und Schäfer in Magdeburg getroffen.
Zu bemerken ist ausdrücklich dabei, daß dem Heizer oder Maschinenwärter durch einen
entsprechenden Verschluß der Zugang zum Maximum-Zeiger verwehrt ist, der
sogar durch Anlegung einer Plombe Seitens des Fabrikherrn oder Kesselbesitzers ganz
unmöglich gemacht werden kann.
Das eine Bedenken gegen derartige Maximum-Zeiger, daß nämlich auch durch mehr
zufällige Dampfstöße oder momentane plötzliche Aufwallungen oder schnelle Absperrung
der Maschine Erschütterungen erzeugt werden können, die den Maximum-Zeiger
über die für den Kessel zulässige Dampfspannung Hinaustreiben, also den Heizer
theilweise schuldlose Strafe treffen lassen könnten, läßt sich durch sorgfältige
Untersuchung des betreffenden Falles recht wohl beseitigen. Bei Kesseln auf
Dampfschiffen der
Unter-Weser haben sich diese Maximum-Zeiger bereits vollständig
bewährt.
Referent kommt nunmehr zum Manometer der zweiten Gattung, nämlich zum
Quecksilber-Manometer.
In allen Fällen, wo man sich der Feder-Manometer nicht bedienen will, sollte
man allein offene Quecksilber-Manometer und nicht
(wie merkwürdiger Weise noch in Preußen gestattet ist) geschlossene in Anwendung bringen, da letztere unter keinerlei Umständen
als zuverlässige und unveränderliche Spannungsmesser bezeichnet werden können,
weßhalb solche auch in Frankreich, Belgien, Oesterreich, Sachsen etc. (mit Ausnahme
von Preußen) als nicht vorschriftmäßig, gesetzlich unzulässig sind.
Bekanntermaßen haben aber die offenen Quecksilber-Manometer bei etwas großen
Spannungen die bedeutende Höhe gegen sich, welche sie erfordern, wodurch die
Uebersicht erschwert wird, nicht zu gedenken des Uebelstandes, daß zuweilen
sämmtliches Quecksilber in die Luft geschleudert oder umgekehrt in das Innere des
Dampfkessels getrieben wird. Letztere Unannehmlichkeiten hat man zwar durch die
mehrfach eingeführten offenen Manometer mit kurzer Scale nach Desbordes (man sehe Karmarsch und Heeren: Technisches Wörterbuch, Artikel
„Dampfmaschine“ , S. 498, und Armengaud, Publication industrielle, vol. V,
planche 9) beseitigt, indeß zeigen sich auch bei
diesen einige Uebelstände, die Referent bei seinen Kesselrevisionen im
Polizeibezirke Hannover mehrfach wahrgenommen hat. Es wird nämlich vor Allem die
weite, kurze Glasröhre, welche zur Aufnahme des durch den normalen Dampfdruck in die
Höhe getriebenen Quecksilbers dient und hinter welcher die Spannungsscale
verzeichnet ist, bald blind oder derartig mit Schmutz und verunreinigten
Quecksilberhäutchen überzogen, daß die Instrumente oft geradezu als unbrauchbar
erklärt werden müssen. Das regelmäßigste Reinigen der Glasröhre hilft dagegen nur
wenig, da oft wenige Minuten nach der Wiederherstellung der Zustand der
Unbrauchbarkeit wieder eingetreten war. Rechnet man hierzu noch, daß für manche
Kesselhäuser, wo wenig Licht vorhanden ist und ein gehörig tiefes Eingraben des Desbordes'schen Instrumentes unzulässig wird, die
Ablesung der in großer Höhe befindlichen Scale nicht leicht ist und zu Irrthümern
Veranlassung geben kann, so liegt der Wunsch nach einem Instrumente, das frei von
diesen Mängeln ist, sehr nahe.
Referent glaubt, daß in letzterem Sinne der Mechaniker Klindworth
sen. in Hannover das Desbordes'sche offene Quecksilber-Manometer derartig verbessert
hat, daß es ganz allgemein empfohlen zu werden verdient.
Fig. 21 bis
23 sind
Abbildungen (1/21 wahrer Größe) dieses Manometers, wobei man sofort erkennt, daß die
Klindworth'sche Veränderung einfach darin besteht,
das Desbordes'sche Instrument mit einem Schwimmer im weitern Rohre zu versehen, wie man dieß bei offenen
Quecksilber-Manometern mit durchaus engen Röhren bereits seit längerer Zeit
in Ausführung gebracht hat. Zugleich hat Hr. Klindworth auch Sorge getragen, daß ebenfalls
wie bei Desbordes kein Quecksilber verloren geht, wenn
dasselbe nach irgend welcher Seite hin herausgetrieben werden sollte.Es bedarf wohl kaum der Bemerkung, daß in Fällen wo die Dämpft im Kessel
schnell condensirt werden, ein Theil Quecksilber auch in den Kessel
getrieben werden kann.
a ist ein Blechcylinder zum Ersatze der Desbordes'schen weiten Glasröhre, innerhalb dessen vom
Quecksilber ein Schwimmer b getragen wird. Letzterer
hängt an einer Schnur c, die über eine feste Rolle d geschlagen und so weit auf die andere Seite
herabgeführt ist, daß ein am äußersten Ende befestigter Gewichtszeiger z den betreffenden Manometerstand an einer Scale
erkennen läßt, die stets in der Augenhöhe des Heizers liegen kann.
Wie besonders aus der in 1/12 wahrer Größe gezeichneten Durchschnitts- und
Detailfigur (Fig.
23) erhellt, ist das Blechrohr a oberwärts
noch von einem cylindrischen Gesäße k umgeben, um das
bei zu hohen Dampfspannungen herausgetriebene Quecksilber aufzufangen. Am äußersten
Ende ist k mit einem Deckel i versehen, in dessen Mitte sich nur ein kleines Loch befindet, um der
Schnur c freies Spiel zu lassen, so wie endlich
unterhalb an k ein Hahn m
angebracht ist, um das etwa herausgeschlagene Quecksilber wieder benutzen zu können.
Das dünne, hohle Rohr p besteht auch bei Klindworth aus Schmiedeisen, der Behälter q für das dem Kessel etwa zugetriebene Quecksilber aus
Gußeisen und die Platte s, worauf das ganze Instrument
befestigt ist, aus Holz.
Der Preis eines derartigen Quecksilber – Manometers beträgt bei Klindworth 18 Thaler, während ebenfalls vorschriftmäßige
Feder-Manometer, nach Bourdon's bester
Construction, jedoch mit Maximum-Zeiger, Rohrstück und Flantsch und
Dreiweghahn von Hrn. Löhdefink
in Hannover für den billigen Preis von auch nicht mehr als 18 Thlrn. geliefert
werden.