Titel: Dampfmaschine mit zwei Cylindern und nur einer Vertheilung; von Hrn. N. Duvoir zu Liancourt.
Fundstelle: Band 145, Jahrgang 1857, Nr. I., S. 2
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I. Dampfmaschine mit zwei Cylindern und nur einer Vertheilung; von Hrn. N. Duvoir zu Liancourt. Aus Armengaud's Génie industriel, Januar 1857, S. 1. Mit Abbildungen auf Tab. I. Duvoir's Dampfmaschine mit zwei Cylindern und nur einer Vertheilung. Dieses Dampfmaschinensystem unterscheidet sich von allen bisher vorgeschlagenen oder ausgeführten durch die gänzliche Weglassung der Stopfbüchsen an den Kolbenstangen und Schieberstangen. Der Erfinder hat diesen Zweck mittelst einer eigenthümlichen und neuen Vorrichtung erreicht, wodurch die Construction des Apparates vereinfacht und die Unterhaltungskosten vermindert werden. Statt eines Cylinders mit doppelter Wirkung, welcher den Dampf bald von der einen, bald von der andern Seite aufnimmt, besteht der Motor aus zwei Cylindern mit dreifacher Wirkung und mit zwei Kolben, gegen die der Dampf stets nur auf einer Seite, aber in entgegengesetzter Richtung drückt. Daraus folgt, daß die entgegengesetzten Basen, durch welche die beiden Kolbenstangen gehen, ganz offen, also der freien Luft zugänglich und nicht durch Deckel mit Stopfbüchsen geschlossen sind. Statt, wie es bei den bisherigen Dampfmaschinen geschah, Oeffnungen und Leitungen anzubringen, um den Dampf abwechselnd nach dem einen oder dem andern Ende des Cylinders zu führen, macht man dagegen beide Cylinder ganz eben, wie Röhren ohne Seitenöffnungen, ohne Sitz oder abgerichtete Oberfläche. Eben so wenig hat jeder Cylinder eine besondere Vertheilung, sondern für beide ist nur eine Büchse und ein Schieber erforderlich; diese Büchse mit Schieber ist zwischen den Basen der Cylinder angebracht, so daß die großen Leitungen vermieden sind, welche bei den bisherigen Dampfmaschinen bei jedem Kolbenzug einen so bedeutenden Dampfverlust veranlassen. Der Schieber selbst hat keine Stange und daher auch keine Stopfbüchse; er ist bloß mit einer kleinen geraden Zahnstange versehen, in die ein verzahnter Sector greift, dessen Achse eine wiederkehrend kreisförmige Bewegung im Verhältniß zu dem Gange der Kolben erhält. Fig. 1 ist ein Aufriß der ganzen im Betriebe stehenden Maschine. Fig. 2 ist ein Querdurchschnitt nach der Linie 1–2. Fig. 3 ist der Grundriß der Maschine. Fig. 4 und 5 zeigen im senkrechten Durchschnitt die Details des Schiebers und der Vertheilungsbüchse. Man ersieht aus diesen Figuren, daß die Maschine eine horizontale ist und daß die Cylinder in derselben Achsenlinie liegen. Das horizontale System wurde jedoch nur deßhalb angenommen, weil es in der Praxis das bequemste und vortheilhafteste ist, indem es, selbst bei großen Maschinen, nur geringe Anlagekosten für das Gerüst und Fundament erheischt. Die horizontalen Maschinen sind auch leichter zugänglich, so daß man alle Theile unter der Hand hat und ihren Gang stets überwachen kann. Die beiden Dampfcylinder A, A', von gleicher Länge und gleichem Durchmesser, liegen der eine in der Verlängerung des andern und sind im Innern ausgebohrt, um die beweglichen Kolben aufzunehmen, welche mit den horizontalen und getrennten Stangen B, B' verbunden sind. Beide Cylinder haben, wie erwähnt, keine Seitenöffnung; sie sind bloß durch die Vertheilungsbüchse C mit einander verbunden, welche, auf jeder Seite, ihren Boden bildet und den Dampf direct zuführt; sie gewähren daher den Vortheil, die langen Leitungen und Dampfströmungen und folglich auch die unnützen Verluste zu vermeiden. Die beiden Kolbenstangen B, B' sind mit ihren andern Enden, außerhalb der Cylinder, mit den beiden Querhäuptern D, D' verbunden, welche mit den horizontalen und parallelen Stangen E, E' einen länglich-viereckigen, beweglichen Rahmen bilden, der nebst den beiden Kolben eine wiederkehrend geradlinige Bewegung macht. Dieser Rahmen bleibt fortwährend in einer horizontalen Ebene, weil seine beiden Seiten sehr vollkommen durch die zu beiden Seiten der Cylinder angebrachten, ausgebohrten Hülsen F, F' geführt werden. Diese Hülsen sind auf dem gußeisernen Gerüst G angebracht, welches aus einem Stück gegossen ist, um dem ganzen Apparat mehr Festigkeit zu geben; das Gerüst ist seinerseits auf einem Fundament von Quadersteinen oder von Schwellwerk befestigt. In der Mitte der beiden Stangen E, E' sind Warzen angebracht, über welche die beiden Schenkel H, H' der gabelförmigen Lenkstange I greifen. Das Ende der letztern ist mit der Warze des Krummzapfens J verbunden, so daß die wiederkehrend geradlinige Bewegung des Rahmens der continuirlich rotirenden Triebwelle K mitgetheilt wird; diese ist, außer dem Schwungrade L, auch mit Zahnrädern oder einer Triebrolle versehen, um die Kraft dieser Umtriebsmaschine einer Arbeits- oder Werkzeugsmaschine mitzutheilen. Auf der Seite der Stangen sind die Dampfcylinder ganz offen, haben also weder Deckel noch Stopfbüchse. Jeder wirkt für sich, bloß nach einer Richtung; da ihre Kolben aber durch den horizontalen Rahmen verbunden sind, so ist der Gang der Maschine, wie der gewöhnlichen, doppeltwirkend. Sie gewährt außerdem den Vortheil, daß der Druck und folglich die übertragene Kraft nach beiden Richtungen stets gleich ist, was bei den gewöhnlichen Maschinen nicht stattfindet, bei denen man nothwendig auf einer Seite den Querschnitt der Kolbenstange abziehen muß. Die Vertheilungsbüchse hat das Eigenthümliche, daß sie einerseits oben ein Röhrenstück M hat, mit welchem die den Dampf vom Kessel herleitende Röhre verbunden ist, und andererseits unten das Röhrenstück N, dessen Fortsetzung die Dampfableitungsröhre N ist. Ferner hat die Büchse rechts und links von dem Rohr N zwei Oeffnungen, von denen die eine nach dem Cylinder A und die andere nach dem Cylinder A' führt. Der Schieber oder bewegliche Scheider P, welcher auf dem Sitz der Büchse selbst angebracht ist, öffnet und verschließt diese Oeffnungen wechselsweise, um den Dampf entweder in den einen oder den andern Cylinder einströmen zu lassen, und folglich den ersten Kolben von der Rechten zur Linken, und den zweiten von der Linken zur Rechten zu treiben. Dieser Schieber ist mit einer kleinen geraden Zahnstange a versehen, in welche der verzahnte Sector b greift, der auf der horizontalen eisernen Welle c angebracht ist. Das eine Ende dieser Welle geht nicht durch die Büchsenwand, sondern liegt nur in derselben wie in einem Halse, damit keine Stopfbüchse erforderlich ist; ihr anderes Ende geht zwar hindurch, läuft aber in einen conischen Theil d aus, der mit Hülfe eines Bügels mit Schraube e stets gegen die ebenfalls conische Eintrittsöffnung angedrückt wird. Daraus folgt, daß unerachtet der abwechselnden kreisförmigen Bewegung, welche dieser Welle von der Maschine ertheilt wird, durch diese Fuge kein Dampf entweichen kann, obgleich sie mit keiner Stopfbüchse versehen ist. Am Ende der Welle c ist ein Hebel f (Fig. 3) angebracht, dessen Gabel über die Excentricumstange g greift, deren anderes Ende mit der Excentricumscheibe h am Ende der Triebwelle K verbunden ist. Eine solche Maschine läßt sich eben so gut mit als ohne Condensation betreiben: denn der durch die Oeffnung N' ausströmende Dampf kann, statt in die freie Luft zu entweichen, einem Condensator mit Luftpumpe zugeführt werden. Derartige Maschinen kann man natürlich auch in bedeutenden Dimensionen für große Triebkräfte herstellen. Die hier beschriebene Maschine hat nur 3 bis 4 Pferdekräfte, bei einer Geschwindigkeit von 100 bis 120 Umgängen in der Minute. Bekanntlich ist es, besonders bei Maschinen mit großer Geschwindigkeit, wesentlich, daß die Entleerung von Dampf so schnell als möglich bewirkt werde, wozu sich die Ausgangsöffnung so weit als möglich aufthun muß, und zwar eher vor als nach beendigtem Kolbenlauf. Wenn aber ein und derselbe Schieber sowohl das Einlassen als das Auslassen des Dampfes bewirkt, so ist es nicht leicht, die Einströmungsöffnung auf der einen Seite mit der Ausströmungsöffnung auf der andern Seite in das richtige Verhältniß zu bringen, besonders wenn derselbe Schieber auch zur Expansion dienen soll. Es entsteht dadurch nothwendig ein Gegendruck, welcher dem Kolbengange nachtheilig ist und den zu erlangenden Nutzeffect vermindert. Anders verhält es sich aber bei folgender Construction des Erfinders, mit Schiebern welche von einander unabhängig sind. Fig. 4 ist ein senkrecht auf der Cylinderachse stehender verticaler Durchschnitt, wogegen Fig. 5 ein senkrechter Durchschnitt durch die Achse der zwei Cylinder und der zwischen ihnen befindlichen Vertheilungsbüchse ist. Man erkennt aus diesen Figuren, daß der Vertheilungsschieber P, welcher den Dampf entweder in den Cylinder A' zur Rechten, oder in den Cylinder A zur Linken strömen läßt, ein einfacher platter Schieber ist, oben mit einer Zahnstange versehen, um von dem Sector b seine geradlinige wiederkehrende Bewegung zu erlangen. Dieser Schieber braucht, da er zum Ausströmen des Dampfes nicht benutzt wird, keine Oeffnungen zu haben. Der gerade Sitz, auf welchem er ruht, hat nicht drei, sondern nur zwei Oeffnungen, von denen die eine a mit dem ersten und die andere a' mit dem zweiten Cylinder in Verbindung steht. Diese Oeffnungen sind sehr kurz, wie bei der vorhin beschriebenen Anordnung, wodurch Dampfverluste wesentlich vermindert werden. Die Welle c, welche den Sector trägt und die sich auf einer Seite bis außerhalb der Vertheilungsbüchse C verlängert, ist mit einem Coulissenhebel L versehen, welcher seine wiederkehrende drehende Bewegung von dem Excentricum auf der Schwungradwelle erhält, aber mittelst desselben Nagels mit dem Ende der Stange d verbunden ist, deren oberer Theil an dem kleinen Balancier D befestigt ist, welcher am andern Ende eine Gabel bildet, um die bewegliche Hülse E zu umfassen, welche sich auf der senkrechten Welle F des Kugelmoderators verschiebt. Diese Anordnung hat den Zweck, die Expansion während des Betriebes der Maschine durch diese selbst verändern zu können. Wenn nämlich die Kugeln aus einander gehen, so geht die Hülse in die Höhe und die Stange d verändert die Stellung des Nagels e, welcher sie mit dem Coulissenhebel und mit der Excentricumstange verbindet, und folglich den Lauf des Schiebers verlängert. Das Gegentheil findet statt, wenn die Kugeln sich einander nähern. Dieser Wechsel im Gange des Schiebers, und folglich im Expansionsgrade, hat keinen Einfluß auf das Ausströmen des Dampfes, weil dasselbe durch die besondern Schieber T' bewirkt wird, welche durch den Bügel f mit einander verbunden sind und durch den Kolbenlauf selbst bewegt werden. Wenn daher der Kolben zur Rechten nach der Büchse zu geht, so stößt er am Ende seines Laufes die Schieber von der rechten nach der linken Seite; dadurch wird die Ausströmungsöffnung l frei und die andere Oeffnung l' geschlossen. Kehrt dagegen der Kolben zur Linken nach der Büchse zurück, so wird die Oeffnung L geschlossen und l' frei. Da diese Veränderungen nur am Ende des Laufes stattfinden, so bleibt die Ausgangsöffnung während des ganzen Laufes immer offen, daher der Kolben keinen Gegendruck erleidet, weil der Dampf frei entweichen kann.

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