Titel: | Anleitung zur Anfertigung eines wasserdichten Zwilches zur Eindeckung der Artillerie-Fuhrwerke und Erzeugung von Schutzdecken jeder Art. |
Fundstelle: | Band 145, Jahrgang 1857, Nr. XVIII., S. 67 |
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XVIII.
Anleitung zur Anfertigung eines wasserdichten
Zwilches zur Eindeckung der Artillerie-Fuhrwerke und Erzeugung von Schutzdecken
jeder Art.Die nieder-österreichische Handels- und Gewerbekammer ist aus Anlaß
einer bei der k. k.
Militär-Verpflegs-Bezirks-Magazins-Verwaltung in
Wien stattgefundenen Commissions-Verhandlung in Kenntniß der besonderen
Vorzüge gekommen, welche das zur commissionellen Vergleichung vorgelegte, von
der k. k. Zeugs-Artillerie (in Wien) unter Anwendung eines neu erfundenen
Anstriches angefertigte Muster von Schutzdecken für Transportwägen u.s.w. vor
allen bisher üblichen Bedeckungsstoffen derselben Art voraus hat. Da diese
wichtigen Vorzüge es wünschenswerth erscheinen ließen, daß die bei dem
fraglichen Deckenmuster in Anwendung gekommene Erfindung nicht bloß für
militärische Zwecke verwendet, sondern der allgemeinen Benützung überlassen
werde, so wendete sich die Kammer mit einem dießfälligen Ersuchen an das h. k.
k. Armee-Obercommando, welchem der Erfinder des Anstriches, ein Hr. k. k.
Oberstwachtmeister, das Geheimniß der Erfindung zur Verfügung gestellt hat. Das
h. k. k. Armee-Obercommando hat diesem Ersuchen in anerkennenswerther
Würdigung der hierbei berührten öffentlichen Interessen genehmigende Folge
gegeben, und der Kammer das Geheimniß in Form der oben stehenden Instruction zur
Verlautbarung
an die Industriellen mitgetheilt. Von der Ueberzeugung geleitet, daß sich
hierzu am besten die
Veröffentlichung der Instruction in der monatlich erscheinenden Zeitschrift
des nieder-österr. Gewerbe-Vereins eignen wird, hat die
Handelskammer eine Abschrift der Instruction dem Gewerbe-Vereine mit
dem Ersuchen übersendet, dieselbe unter Bezugnahme auf die Mittheilung der
Kammer in das nächste erscheinende Monatsheft aufzunehmen, zugleich aber
auch ausdrücklich zu bemerken, daß eine Bewerbung um ein
Privilegium zur ausschließenden Erzeugung der in Rede stehenden
Decken oder des Tingirmittels, bezüglich dessen sich die k. k. Artillerie die
Priorität gewahrt und bei dem h. k. k. Handelsministerium sichergestellt hat,
unstatthaft ist.
Aus der Zeitschrift des nieder-österreichischen
Gewerbevereins, Jahrgang 1857, viertes Heft, S. 49.
Anleitung zur Anfertigung eines wasserdichten Zwilches.
Bei der Zubereitung eines wasserdichten Stoffes ist vor Allem genau darauf zu sehen,
daß der rohe Stoff gut und fleißig in seinem Gewebe gearbeitet ist, weil sonst die
mühevollste, wasserdichte Zubereitung nicht vollkommen entsprechen wird. Ein guter reiner
Doppel-Zwilch, wie selber bei der Artillerie zur Eindeckung der Fuhrwerke und
Erzeugung von Schutzdecken verwendet wird, muß von gleichförmig gesponnenem
Hanfgarn, ohne Schützenlücken oder Webernester, dann rein und frei von jeder
Hanfspreu erzeugt und fest geschlagen seyn. Zum Anhaltspunkte seines spec. Gew.
diene, daß 30 (Wiener) Ellen 1 Elle breiter, roher Zwilch 16 Pfd., und 30 Ellen 1
1/4 Elle breiter, roher Zwilch 20 Pfd. wiegen sollen. Die neue Tünchmasse zur
Zubereitung des wasserdichten Zwilches besteht aus:
a) Venetianer Asphalt,
b) Colophonium,
c) gewöhnlichem Firniß,
d) Terpenthinöl,
e) gut gebranntem Kienruß.
Diese Ingredienzien kommen auf folgende Weise in
Verwendung.
Auf 30 Ellen 1 1/4 Elle breiten Zwilch:
1
28/32
Pfund
Venetianer Asphalt,
15/32
„
Kolophonium,
15
„
gewöhnlicher Oelfirniß,
5
30/32
„
Terpenthinöl,
5
„
Kienruß.
Auf 30 Ellen 1 Elle breiten Zwilch:
1
16/32
Pfund
Venetianer Asphalt,
12/32
„
Colophonium,
12
„
gewöhnlicher Oelfirniß,
4
24/32
„
Terpenthinöl,
4
„
Kienruß.
Es ist am vortheilhaftesten, wenn diese Tünchmasse gleich für ein größeres Quantum
rohen Zwilch, und zwar auf einmal auf 300 Ellen zubereitet wird, wozu zum Aufkochen einer Partie 1 Metzen
harter Holzkohlen in Verwendung kommt.
An Requisiten sind erforderlich:
2
Stück
Grundirbürsten,
1 „
Rohrdecke,
1 „
hölzerner Deckel,
1 „
eiserner Dreifuß,
1 „
mittlerer kupferner Laborirkessel,
1 „
mittlerer eiserner oder metallener Mörser u. mehrere
hölzernesammt Stößeln, Böcken oder weichen runden Stangen,
1 „
flache, viereckige eiserne Pfanne ohne Füße,
1 „
Spatel (hölzerne),
1 „
hölzerner Tisch, 6' lang, 3 1/2' breit,
1 „
Farbenreibstein sammt Umlaufer.
An Arbeits-Personale.
1
Zeugsführer oder Corporal zur Aufsicht,
3
Zeugsgemeine zur Arbeit.
Ist das Erforderniß an wasserdichtem Zwilch bestimmt, so wird vorerst die erste
Anstrichmasse zubereitet. Hiezu wird der ganze, gut ausgebrannte Kienruß mit einem
Theile des Firnisses auf dem Farbenreibstein gut abgerieben, und in den kupfernen
Kessel gegeben. Ist dieses geschehen, so wird der noch übrige Firniß dieser
abgeriebenen Masse unter stetem Umrühren in den Kessel zugesetzt.
Durch diesen Zusatz wird diese erste Anstrichmasse so verdünnt, daß selbe mit
Grundirbürsten auf dem rohen Zwilch aufgetragen, und gut eingerieben werden kann.
Hierzu wird ein Stück roher Zwilch mit der Faser- oder Kehrseite auf den
Tisch gelegt, ein Mann nimmt in die flache eiserne Pfanne ein mäßiges Quantum
Anstrichmasse, und setzt sie auf den Tisch; zwei Mann mit Grundirbürsten tauchen
selbe in diese vorbereitete Masse ein, und tragen sie mit voller Kraft unter
kreisförmiger Einreibung auf dem Zwilch auf. Dieß geschieht so lange, bis die Masse
an der unteren glatten Seite durchschlägt, welches den Beweis liefert, daß die Poren
des Zwilches vollkommen ausgefüllt sind.
Dieß wird durch frisches Aufziehen eines neuen Theiles des rohen Zwilches nach der
Länge des Tisches so lange fortgesetzt, bis das ganze Stück Zwilch auf der
Kehr- oder Faserseite gut angestrichen ist.
Hier bleibt zu bemerken, daß der dritte Mann an der einen Stirnseite des Tisches den
auf einer Seite angestrichenen Zwilch auf eine am Boden ausgebreitete Rohrdecke
zusammenlegt. Ist das ganze Stück auf der Kehr- oder Faserseite angestrichen, so wird,
ohne eine Trocknung abzuwarten, gleich bei demselben Stück die Masse auf der rechten
oder glatten Seite aufgetragen, nur ist hier zu beobachten, daß die zwei Mann mit
den Grundirbürsten die Masse nicht kreisförmig wie bei der Kehrseite einreiben,
sondern nach dem Lauf der Fäden mit dem Längenstrich auftragen, damit die glatte
Oberfläche des Zwilches nicht aufgefasert wird.
Nach dem Anstrich der glatten Seite wird der Zwilch durch den dritten Mann nicht so
wie bei der Kehrseite an der Stirnseite des Tisches am Boden zusammengelegt, sondern
gleich über die vorbereiteten hölzernen Böcke oder runden Stangen gezogen.
Der so mit der ersten Masse zubereitete Zwilch bleibt durch drei Tage zur guten
Austrocknung aufgezogen, nur muß hierbei die directe Einwirkung der Sonnenhitze
vermieden werden, weil die gute Austrocknung nur an schattigen Plätzen oder sehr
luftigen Depots vor sich geht. Während der erste Anstrich zur Austrocknung
ausgesetzt bleibt, wird zur Bereitung der zweiten Anstrichmasse geschritten.
Der Asphalt und das Colophonium werden in einem Mörser klein gestoßen, dann in den
Kessel gegeben, das ganze Terpenthinöl darauf gegossen, und der Kessel über ein
mäßiges Kohlenfeuer gesetzt, wo unter stetem fleißigen Umrühren die Masse langsam so
lange gekocht wird, bis sich vom Asphalt und Colophonium keine Stücke mehr zeigen,
und die Masse dünnflüssig ist. Hierauf wird der Kessel vom Feuer abgehoben, und die
Masse wenigstens durch 24 Stunden abgekühlt.
Ist der mit dem ersten Anstrich versehene Zwilch vollkommen trocken, so wird die
zweite, bereit stehende Masse im kalten Zustande ganz nach derselben Art und Weise
wie die erste aufgetragen, nur ist zu beobachten, daß der zweite Anstrich nicht
dick, und besonders auf der glatten oder Fadenseite sehr gleichförmig aufgetragen
werden muß, damit der Zwilch ein schönes, nettes Ansehen bekommt. Der zweite
Anstrich braucht höchstens 36 Stunden zum Trocknen, und kann dann gleich in
Verwendung genommen werden.
Bei dieser vorgezeichneten Manipulation können 3 Mann in 4 Tagen 300 Ellen 1 1/4
Ellen breiten rohen Zwilch wasserdicht zubereiten.
Kommen bereits eingedeckte Fuhrwerke an ihrer Eindeckung zu überstreichen und
aufzufrischen, so sind
für einen
2spännigen
Karrendeckel
15 1/2 Loth,
„ „
4 „
„
26 1/2 „
„ „
2 „
Wagen
28
„
„ „
4 „
„
30 „
und
„ eine
4 „
Feldschmiede
15 „
von dieser Tünchmasse ausreichend, um die Auffrischung des
wasserdichten Anstriches zu bewirken.