Titel: | Ueber den Einfluß des Wasserstoffs in seinem Entbindungsmoment auf die Amalgamation der Metalle; von Hrn. L. Cailletet. |
Fundstelle: | Band 145, Jahrgang 1857, Nr. XXXI., S. 118 |
Download: | XML |
XXXI.
Ueber den Einfluß des Wasserstoffs in seinem
Entbindungsmoment auf die Amalgamation der Metalle; von Hrn. L. Cailletet.
Aus den Comptes rendus, Juni 1857, Nr.
24.
Cailletet, über den Einfluß des Wasserstoffs in seinem
Entbindungsmoment auf die Amalgamation der Metalle.
Ich habe gefunden, daß diejenigen Metalle welche unter gewöhnlichen Umständen der
Amalgamation widerstehen (wie das Eisen, Platin und Aluminium), durch mehrere
Verfahrungsarten amalgamirt werden können, deren Erfolg auf einer eigenthümlichen
Eigenschaft des Wasserstoffs in seinem Entbindungsmoment beruht.
Zu meinen Versuchen bediente ich mich des Ammonium-Amalgams. Schüttelt man
dasselbe mit einem Eisen-, Platin- oder Aluminium-Plättchen, so
wird es unter Entbindung von Wasserstoff und Ammoniak zerstört, und das
Metallplättchen überzieht sich mit Quecksilber. Das Natrium-Amalgam bringt
dieselbe Erscheinung hervor, nur ist die Wirkung des Wassers nothwendig; überzieht
man nämlich dieses ganz trockene Amalgam mit einer Schicht Steinöl, so setzt sich
auf dem Metall kein Quecksilber mehr ab, wogegen ein Tropfen Wasser hinreicht um die
Adhärenz des Quecksilbers herbeizuführen.
Die Entbindung von Wasserstoff, welche bei den erwähnten Versuchen stattfindet,
veranlaßte mich zu untersuchen, ob sich auf jene Metalle nicht jedesmal Quecksilber
niederschlägt, wenn Wasserstoff frei wird. Taucht man in ein Gefäß, welches
Quecksilber und gesäuertes Wasser enthält, die beiden platinenen Elektroden einer
galvanischen Säule die das Wasser zersetzen kann, in der Art daß die positive Platte
sich im gesäuerten Wasser und die negative Platte in Berührung mit dem Quecksilber
befindet, so sieht man, daß das Quecksilber sich auf dieser Platte fixirt, sobald
Wasserstoffblasen auf derselben erscheinen.
Das Aluminium-Amalgam zersetzt das mit Schwefelsäure oder reiner Salpetersäure
angesäuerte Wasser sehr leicht, es entbindet sich Wasserstoff und es löst sich ein
Thonerdesalz auf; auch bei Anwendung von reinem Wasser entbindet sich noch
Wasserstoff und die Thonerde bleibt suspendirt. Die Temperatur scheint keinen
Einfluß auf die Amalgamation zu haben. Bei Gegenwart von Schwefelwasserstoff oder
Chlor, ferner von Phosphorwasserstoff im Entbindungsmoment, findet sie nicht
statt.
Mittelst der Elektricität, welche bei den vorhergehenden Versuchen im Spiel ist,
lassen sich deren Resultate nicht erklären, denn wenn man ein Kupfer-,
Blei- oder Silbersalz bei Gegenwart von Quecksilber durch die galvanische
Säule zersetzt, so erhält man mit einem Strom von mittlerer Stärke Sauerstoff am
positiven Pol und reducirtes Metall am negativen Pol ohne Entbindung von
Wasserstoff. Das Kupfer, Blei oder Silber setzen sich hiebei auf der Platinplatte
ab, ohne daß sie amalgamirt wird, was mit meiner Hypothese übereinstimmt, wornach
nur der Wasserstoff im Entbindungsmoment die Amalgamation herbeiführen kann.
Wiederholt man den vorhergehenden Versuch mit Anwendung eines Quecksilbersalzes, so
findet man, daß sich ebenfalls Sauerstoff am positiven Pol entbindet und das
Quecksilber sich auf der negativen Platinplatte ablagert. Ist der Strom der Art, daß
keine Wasserstoff-Entbindung stattfindet, so setzt sich das reducirte
Quecksilber in glänzenden Kügelchen ab, die aber der negativen Platinplatte nicht
anhaften. Mit Hülfe des Wasserstoffs im Entbindungsmoment kann man aber die
Amalgamation augenblicklich bewerkstelligen; hierzu bedient man sich der so mit
Quecksilberkügelchen bedeckten Platinplatte als negativen Pols eines Voltameters,
man zersetzt damit das Wasser; man sieht, daß in dem Augenblick wo die
Wasserstoffblasen erscheinen, die Quecksilberkügelchen ihre Gestalt verändern, sich
ausbreiten, und die Platinplatte stark amalgamirt wird.
Wenn man in einen Voltameter, worin man mit Salpetersäure geschärftes Wasser
zersetzt, einige Tropfen salpetersaures Quecksilber gießt, um auf der negativen
Platinplatte gleichzeitig Quecksilber und Wasserstoffblasen zu erhalten, so bemerkt
man daß das Quecksilber nicht mehr die Gestalt von Kügelchen besitzt, sondern die
negative Elektrode amalgamirt hat.
Ich glaube aus den mitgetheilten Versuchen folgern zu können, daß die Elektricität
für sich allein unzureichend ist, um die Amalgamation derjenigen Metalle
einzuleiten, welche unter gewöhnlichen Umständen dem Quecksilber widerstehen;
dagegen beweisen sie, daß zu dieser Amalgamation die Gegenwart von Wasserstoff im
Entbindungsmoment erforderlich ist, und daß sie in Gegenwart eines andern Gases
nicht stattfinden kann. Spätere Versuche werden uns wahrscheinlich darüber aufklaren, durch welche
Wirkungsweise der Wasserstoff in seinem Entbindungsmoment die Amalgamation
herbeiführt.