Titel: | Die Verzinnung des Gußeisens auf directem Wege im Bade von geschmolzenem Zinn; vom Ingenieur C. Weinberger in Paris. |
Fundstelle: | Band 145, Jahrgang 1857, Nr. XXXII., S. 120 |
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XXXII.
Die Verzinnung des Gußeisens auf directem Wege im
Bade von geschmolzenem Zinn; vom Ingenieur C. Weinberger in Paris.
Aus Armengaud's Génie industriel, März 1857, S.
151.
Weinberger, über Verzinnung des Gußeisens auf directem Wege im Bade
von Geschmolzenem Zinn.
Die zunehmende Wichtigkeit der Artikel von geschlagenem Blech ist eine bekannte
Sache, und die auf diese Weise dargestellten Küchen- und andere Geschirre
finden immer mehr Eingang, weil das Stab- oder Schmiedeeisen, nachdem seine
Oberfläche gereinigt worden ist, so dauerhaft verzinnt werden kann, daß es fast
unmöglich ist, die beiden einander anhaftenden Metalle zu trennen. Anders verhält
sich das Gußeisen, welches nicht die geringste Spur von Zinn auf seiner Oberfläche
zurückhält.
Wie viele neue Gegenstände hat man daher von Eisenblech darstellen können, seitdem
die Kunst des Aufziehens von Blech auf der Drehbank eine allgemeine Verbreitung
erlangt hat. Aber dennoch gibt es sehr viele Formen, welche wohlfeil nur aus
Gußeisen hergestellt werden können, und es würde daher dieses Material noch weit
mehr angewendet werden, wenn man im Stande wäre es direct, wie das Schmiedeeisen zu
verzinnen; ja es würde sogar die Anwendung von Blechgefäßen theilweise verdrängt
werden, wenn man ein Mittel fände, gußeiserne eben so leicht und gut als jene zu
verzinnen.
Die Fabrication von Poteriewaaren, Trögen, verschiedenen Gefäßen etc. aus Gußeisen
wird in sehr großem Maaßstabe betrieben, aber alle Vorsuche, dieselben auf directe
Weise zu verzinnen, sind bis jetzt fehlgeschlagen. Nur die Verzinnung auf dem nassen
Wege, die sogenannte galvanoelektrische Verzinnung, hat
einigen Erfolg gehabt, und man hat damit sowohl rohes als polirtes Gußeisen platirt
und es in Paris und einigen andern Orten als fonte
argentine in den Handel gebracht. Dasselbe galvano-elektrische
Verfahren wurde auch bei Kunstgegenständen, wie Statuetten, verschiedenen Ornamenten
etc. angewendet. Dabei findet aber, wie überhaupt bei der Galvanoplastik, keine
vollständige Adhärenz der Metalle statt, sondern nur ein Niederschlag des aufgelösten
Metalles auf das feste, so daß jenes nach einem kurzen Gebrauch sich abnutzt und
verschwindet.
Endlich kommen im Handel gußeiserne, glasirte oder emaillirte Poterien vor, aber
beide sind nicht dauerhaft. Das Email springt bei nicht sehr sorgfältiger Behandlung
leicht ab, oder bekommt Risse, daher solche Gefäße zu dem Gebrauch im Haushalt
untauglich werden. Außerdem benutzt man noch Geschirre von verzinntem Kupferblech
und von Töpferthon.
Nachdem man lange Zeit ein anderes Material zu ermitteln gesucht hatte, welches
dauerhaft, der Gesundheit nicht nachtheilig und dabei wohlfeil ist, empfiehlt Hr.
Weinberger zu diesem Zweck ein verzinntes Gußeisen, bei welchem jedoch die Verzinnung auf ganz andere
Weise als bisher bewirkt wird; seine gut verzinnten gußeisernen Gefäße und andere
Artikel kommen hinsichtlich der Dauerhaftigkeit und Schönheit den blechernen
wenigstens gleich und haben überdieß den Vorzug eines wohlfeileren Preises.
Bei seiner vielfachen Beschäftigung mit diesem für den Haushalt so wichtigen
Gegenstande mußte es Hrn. Weinberger auffallen, daß sich
Stabeisen so leicht, Gußeisen hingegen fast gar nicht verzinnen läßt, und er mußte
daher nothwendig zu der Ueberzeugung gelangen, daß der Kohlegehalt des letztern das
Hinderniß bei der Verzinnung bildet. Eine Behandlung der gußeisernen Gegenstände,
wodurch denselben dem Stabeisen ähnliche Eigenschaften mitgetheilt werden, sollte
daher zum Ziele führen.
Die durch Versuche erlangten Resultate bestätigten diese Annahme: nachdem man die
gußeisernen Gegenstände entkohlt, dann gebeizt und gereinigt hatte, ließen sie sich
in einem Bad von flüssigem Zinn sehr leicht verzinnen.
Behufs der Entkohlung des Gußeisens bringt man die Gegenstände, wie Gefäße,
Casserolen, Kaffeekannen, Kochtöpfe etc. in verschlossene Behälter, umgeben mit
Stoffen, welche den Kohlenstoff des Roheisens zu absorbiren vermögen; dahin gehören
alle Substanzen welche Sauerstoff enthalten und entwickeln können, namentlich rothes Eisenoxyd. Erhält man nun diese verschlossenen
Behälter einige Tage, oder so lange Zeit als zur vollkommenen oder hinreichenden
Entkohlung erforderlich ist, in lebhafter Glühhitze (man nimmt zu gewissen Zeiten
der Operation Proben heraus, um zu erkennen, wie weit sie gediehen ist), so sind
nach der Abkühlung des Ofens die Gegenstände in solchem Zustande, daß sie nach
sorgfältigem Reinigen und Abbeizen sich eben so leicht und durch dieselben Mittel
verzinnen lassen, wie geschmiedete eiserne Artikel.
Man sollte die zu verzinnenden Artikel nur aus dem besten Holzkohlenroheisen
abgießen. Die Glühgefäße können aus Gußeisen oder aus feuerfestem Thon bestehen; die
Einrichtung der Oefen muß der Art seyn, daß die in den Glühkasten oder Kesseln
eingeschlossenen Gegenstände recht gleichartig erhitzt werden. Werden die eisernen
Artikel aus Kupolöfen gegossen, so dürfen dieselben nicht mit Kohks betrieben
werden, weil deren Schwefel- oder Phosphorgehalt auf das Gußeisen übergehen
und dadurch dessen Verzinnung erschweren oder unmöglich machen könnte.
Die Verzinnung wird dadurch bewirkt, daß man die Gegenstände nun in flüssiges Zinn
steckt, dessen Oberfläche zur Abhaltung der Luft mit Fett oder Talg bedeckt ist.
Die erwähnte Entkohlung des Roheisens, mit Beibehaltung der Form welche die
Gegenstände beim Gießen erlangt haben, ist ein bekannter Proceß, dessen Wirkung sich
auf die Oberfläche der Artikel beschränkt. Sie wurde bis jetzt nur mit kleinen
gußeisernen Artikeln vorgenommen; das Product ist unter der Benennung getempertes oder geschmeidiges Gußeisen bekannt.