Titel: Ueber Hubgeschwindigkeit der Dampfhämmer, und die Vergrößerung derselben durch die Anwendung der Expansion auf den Oberdampf; von Ingenieur W. Schliphake in Breslau.
Fundstelle: Band 145, Jahrgang 1857, Nr. LXXIV., S. 326
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LXXIV. Ueber Hubgeschwindigkeit der Dampfhämmer, und die Vergrößerung derselben durch die Anwendung der Expansion auf den Oberdampf; von Ingenieur W. Schliphake in Breslau. Aus dem Civilingenieur, neue Folge. Bd. III S. 151. Mit Abbildungen aus Tab. V. Schliphake, über Hudgeschwindigkeit der Dampfhämmer und deren Vergrößerung durch die Expansion des Oberdampfes. Bekanntlich wendet man bei Dampfhämmern, um die Anzahl der Schläge zu vermehren, die Einrichtung an, daß man, wenn der Kolben bis zu einer gewissen Höhe gestiegen ist, den wirksamen Dampf abblasen, und nun entweder von dem Kolben ein Quantum atmosphärischer Luft zusammenpressen läßt, oder frischen Dampf über denselben leitet. Die Nasmyth'schen Dampfhämmer, welche man gewöhnlich anwendet, haben deßhalb im Cylinder eine Anzahl kleiner Oeffnungen o, wie sie die Skizze Figur 3 zeigt; ist der Kolben bis an dieselben gestiegen, so entweicht der unter demselben befindliche Dampf aus dem Ausgangscanale durch das Spiel der Steuerung, und der Kolben drückt die im obern Theile des Cylinders befindliche Luft zusammen, wodurch seine Steighöhe bedeutend verkürzt wird, er fällt dann schnell wieder bis zu den Oeffnungen o, und folgt von da ab bei seinem Falle nur der Wirkung der Schwere. Dasselbe findet statt bei der Anwendung von Oberdampf. Vermittelst einer kleinen Coulisse, die an dem Bär befestigt ist, bewegt man durch einen Hebel einen besonderen Dampfschieber, der in dem Augenblicke Dampf über den Kolben läßt, wo dieser steigend die Oeffnungen o erreicht hat, und den Dampf wieder abschneidet, wenn der Kolben fallend in derselben Höhe sich befindet. Der Oberdampf entweicht nun durch die Oeffnungen o, und der Hammer folgt bei seinem ferneren Falle ebenfalls nur der Wirkung der Schwere. Betrachtet man die Wirkungsweise des Dampfes auf den Hammer, ohne die Reibungswiderstände in Betracht zu ziehen, und nimmt man an, der Dampfdruck überwiege das Gewicht des Hammers a = mal, so ist, da der Druck des Dampfes constant angenommen ist, die Beschleunigung, die der Dampf dem Hammer ertheilt, = ag. Beim Steigen des Kolbens wirkt auf den Hammer dann die Schwere mit der Beschleunigung g abwärts, der Dampf aber mit der Beschleunigung ag aufwärts, die treibende Kraft nach oben hat also eine Beschleunigung = (a – 1) g. Ist der Kolben bis zu den Oeffnungen o gelangt, so ist seine Geschwindigkeit: v¹ = √2(a – 1)gh, wenn h die Höhe von o über dem tiefsten Stande des Kolbens bedeutet. Bei der Anwendung von Oberdampf wirkt nun eine Kraft mit der Beschleunigung (a + 1) g abwärts, und der Kolben, indem er noch bis zu der Höhe Textabbildung Bd. 145, S. 327 steigt, kommt zur Ruhe, folgt dann dieser beschleunigenden Kraft, und kommt am Ende der Höhe h¹ mit derselben Geschwindigkeit an, die er beim Aufsteigen hatte. Der Oberdampf bläst nun ab, und es wirkt auf den Hammer bloß die Schwere mit der Beschleunigung g auf die Höhe h, und da der Kolben die Anfangsgeschwindigkeit v¹ = √2(a – 1)gh hat, so ist seine Endgeschwindigkeit: Textabbildung Bd. 145, S. 327 Aus der Gleichung für die Höhe h¹ ersieht man, daß diese um so größer ist, daß also der Hammer, vermöge seiner lebendigen Kraft, um so höher steigt, je größer a ist. Gewöhnlich variirt h zwischen 2 und 2,5. Nimmt man a = 2, so ist h¹ = 1/3 h. Man ersieht aus der Entwickelung ferner, daß durch die Anwendung des Oberdampfes weiter nichts erlangt wird, als daß die Steighöhe h¹, die der Hammer durch seine lebendige Kraft durchläuft, abgekürzt wird. Dasselbe erlangt man auch durch die Anwendung von Luftpuffern, ja man kann durch dieselben die Höhe h¹ noch mehr abkürzen, als dieß durch Oberdampf geschehen kann, wenn man nur den oberen Theil des Dampfcylinders klein genug macht, man hat nur den Nachtheil, daß der Dampfcylinder durch Einströmen von kalter Luft zu sehr abgekühlt wird. Die Anordnung mit Oberdampf läßt sich nun aber bedeutend verbessern, wenn man letzteren expandiren läßt. Wie dieß erreicht werden kann, zeigt Fig. 4. Die Oeffnungen o bleiben hierbei ganz weg, das Ausströmen des Dampfes geschieht nur durch die Steuerung und den Auslaßcanal u, der in die Atmosphäre mündet. e ist der Canal, durch welchen frischer Dampf unter den Kolben geführt, und d ein kleiner Canal, der mit dem oberen Theile des Cylinders in Verbindung steht, und der beim höchsten Stande des Dampfschiebers von dem Rande desselben bedeckt wird, so daß niemals frischer Dampf in ihn gelangen kann, der jedoch beim tiefsten Stande des Schiebers mit dem Ausgangscanale communicirt, so daß nach dem Aufschlagen des Hammers und der darauf erfolgten Umsteuerung der Oberdampf durch ihn entweichen kann. Das Einlassen des Dampfes über den Kolben und das Abschließen desselben erfolgt wie sonst. Bei dieser Einrichtung kann also der Oberdampf bis zu Ende des Kolbenlaufes expandiren, und dann in die Atmosphäre entweichen. Durch die Expansion erlangt man eine Geschwindigkeit des Hammers beim Aufschlagen von Textabbildung Bd. 145, S. 328 denn der Kolben hatte beim Fallen da, wo die Einströmung des Oberdampfes aufhört, eine Anfangsgeschwindigkeit von v¹ = √2(a – 1)gh, und es wirkt von da an niederwärts auf ihn eine Beschleunigung mindestens = g + 3/5 ag. Nimmt man nämlich a zwischen 2 und 2,5 und h¹ = 1/3 h an, so erhält man als mittlere Spannung bei der Expansion, nach den Pambour'schen Formeln mindestens 3/5 der Gesammtspannung. Aus obiger Formel ergibt sich v = 4√1/5 agh Ohne Anwendung von Expansion ergab sich: v = √2 agh. Vergleicht man beide Formeln durch ein Beispiel, und nimmt a = 2 und √gh = 9 Fuß, so ergibt sich in ersterem Falle v = 22,5 Fuß und im letzteren v = 18 Fuß. Demnach ist die Geschwindigkeit des Hammers nicht unbedeutend größer, und also dadurch schon vortheilhafter, abgesehen davon, daß der Hammer bei Anwendung von Expansion auch weit schneller fällt. Die Zeit des Fallens nun für die Höhe h beträgt bei Anwendung von Expansion Textabbildung Bd. 145, S. 328 und ohne Expansion t = √2h/g. Nimmt man wieder a = 2 und √h/g = 0,3 Fuß, so erhält man in ersterem Falle t = 0,270 Secunden, in letzterem t = 0,423 Secunden. Erfolgt in jeder Secunde ein Schlag bei dem Hammer ohne Expansion, so macht bei 1000 Schlägen desselben der Expansionshammer unter gleichen Bedingungen 153 Schläge mehr. Schließlich mag noch bemerkt werden, daß bei der Construction des Dampfschiebers darauf geachtet werden muß, daß im Canal d derselbe Druck bei der Wirkung des Oberdampfes herrscht, wie im Schieberkasten.

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