Titel: | Zur Rauchverbrennungsfrage bei Dampfkesselfeuerungen; von Hrn. Professor Dr. Rühlmann. |
Fundstelle: | Band 145, Jahrgang 1857, Nr. XCIV., S. 412 |
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XCIV.
Zur Rauchverbrennungsfrage bei
Dampfkesselfeuerungen; von Hrn. Professor Dr. Rühlmann.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1857 S. 145.
Mit Abbildungen aus Tab.
VI.
Rühlmann, zur Rauchverbrennungsfrage bei
Dampfkesselfeuerungen.
Mein Aufsatz über eine Gattung von Dampfkesseln der gräflich Stolberg'schen
Maschinenfabriken, nach Principien des Hrn. Fabrikbesitzers Stephan in Berlin (polytechn. Journal Bd. CXLIII S. 332), hat letzteren Herrn veranlaßt, mich gütigst auf
Mängel der erstgenannten Kessel, sowie auf seine neuesten Kessel für Braunkohlenfeuerungen
aufmerksam zu machen,
zugleich aber auch mir neuerdings angebrachte, nicht unwesentliche Verbesserungen an denselben mitzutheilen.
In Bezug auf die früher in Bd. CXLIII S. 332 beschriebenen und in Fig. 15 bis 20 auf Tab. V
daselbst abgebildeten Kessel rügt Hr. Stephan
hauptsächlich Folgendes:
1) Daß die Mittel- oder Scheidewand auf einem besonders construirten Gußstücke
c steht. Hierzu würden vier bis fünf alte, nur
gehörig starke Roststäbe bessern Dienst geleistet haben, da sich solche in der Hitze
nicht (?) werfen und leicht ausgewechselt werden könnten.
2) Daß hinter dem Roste auf einer eisernen Platte m vor
der Feuerbrücke noch eine Mauerung k ruht. Erstere würde
sich wohl sehr bald werfen und senken, und letztere stehe um 12 Zoll vor den
Prellpfeilern vor, wozu der Grund nicht wohl einzusehen wäre.
In Bezug auf seine Dampfkessel für Braunkohlenfeuerungen, die auf Tab. VI Fig.
23–26 durch Abbildungen vollständig erläutert sind, setzt Hr. Stephan die Bekanntschaft mit einem von ihm verfaßten
Artikel in den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in
Preußen, Jahrg. 1856, S. 97, voraus (der hier in untenstehender Note Platz finden
mag)Zur Verbrennung staubiger, feuchter Braunkohlen werden schon seit einigen
Jahren sogenannte Vorfeuerungen mit Vortheil
angewendet. Diese bestehen in einem, einem Backofen ähnlichen Gewölbe,
welches durch das darunter verbrennende Feuerungsmaterial bis zur Glühhitze
erwärmt wird und der frischen Aufschüttung durch Zurückstrahlung so viel von
seiner Wärme abgibt, daß dieses rascher abgetrocknet und zur Gasentwickelung
gebracht wird, als es der Fall ist, wenn man es nur von der Uebergluth in
Brand bringt.Meine durch Abbildung auf Tab. VI Fig.
23–26 erläuterte
Einrichtung, welche ich seit Monaten mit dem günstigsten Erfolge anwende,
besteht in einem Backofen, und ist, wie bei meinen andern Feuerungen, durch
eine auf den Rost gesetzte Mittelwand in zwei Theile räumlich getheilt. Der
Kessel liegt nicht unmittelbar hinter diesem Backofen, sondern in einer
Verbrennungskammer (zwischen den vier Buchstaben K); dieselbe bildet einen Haupttheil der Einrichtung. Hier werden
die über die Brücke gestiegenen Gase des eben beschütteten Rostes mit der
hellen Gicht des andern vermittelst der großen Prellpfeiler P, P gekreuzt Sowohl dadurch, als durch die
Erhitzung von den glühenden Schamottpfeilern erlangt man eine lebhafte
Verbrennung der Gase und somit starke Heizung Um das eben beschriebene
Gewölbe vor Abkühlung zu schützen, ist über demselben in einem dem Locale
angemessenen Abstande noch ein zweites Gewölbe λ. angelegt und mit loser Asche und eisernen Platten
bedeckt. Dieß Gewölbe ist etwas hoch gelegt, um zwischen beiden hindurch zu
den Seitencanälen C, C des Kessels gelangen
können; doppelte Thüren verschließen die Canäle und den Raum zwischen den
Gewölben. Rechts und links von der Mittelwand sind zwei Schaufenster
eingesetzt.Jede Aufschüttung von etwa 12 Wurfschaufeln Braunkohle ist schon nach
ungefähr 10 Minuten in Brand gesetzt, während es auf gewöhnlichem Roste 15
bis 18 Minuten dauert, bis die Kohlen eben so lebhaft brennen, oder man
müßte die Entzündung durch theuere Steinkohlen befördern, die man bei meiner
Einrichtung ganz entbehren kann, selbst um Weißglühhitze zu erzeugen.; und hebt hervor, daß er seit dieser Veröffentlichung noch folgende
Veränderungen angebracht habe:
a) Entfernung der kleinen Master oder Gitter (vier
Stück), die nach links von den Prellpfeilern P bei 2,
Fig. 24,
angebracht waren.
b) Freilassung des Raumes unter dem Kessel hinter dem
Roste, mit Ausnahme mehrerer Brücken, deren Durchgang S mit losen Steinen zugesetzt wird.
c) Entnehmung von Luft durch einen Canal T, Fig. 23, aus der freien
Atmosphäre außerhalb des Kesselhauses.
d) Vertiefung des früher schräg angelegten Aschenloches
U, wodurch man die Asche besser herausnehmen kann,
indem man die Platten W und den Winkelbalken V entfernt, auf welchem die Fußbodenplatten W ruhen. Ein Blechvorsetzer schließt ziemlich dicht das
Aschenloch und schützt vor Hineinfallen des Brennmaterials beim Werfen.
e) Verstärkung der Eisentheile der Einsatzthürzarge, um
dadurch das Werfen am hintern Ende zu beschränken.
f) Verdoppelung (durch ein angegossenes Stück) der
Einheizthüren β der Art, daß auf drei Seiten ein
Anschluß entsteht, unten aber eine Oeffnung gebildet ist. Werden nun in der
Vorderwand y' einige kleine Löcher eingebohrt, so strömt
etwas Luft durch, erwärmt sich und tritt unten aus, um kleine Partien Kohle auf der
todten Platte zu verbrennen.
Andere besondere Erklärungen der Zeichnungen Tab. VI Fig. 23 bis 26 der Stephan'schen Kesselanordnung werden jedenfalls durch die
Vollständigkeit der Abbildung, so wie auch dadurch überflüssig, daß gleiche Theile
überall mit denselben Buchstaben bezeichnet sind.
Anderweitige Nachrichten über Kessel (für Braunkohlen) mit backofenartigen
Vorfeuerungen sind mir durch die besondere Gefälligkeit des Hrn. Bürgermeisters Sombart zu Arnstein bei Ermsleben zugekommen, der mir
über solche Kessel in der dortigen Zuckerfabrik u.a. Nachstehendes mittheilte:
„Unsere Kessel haben 26 1/2 Fuß (preuß.) Länge, 5 Fuß Durchmesser und ein
durchgehendes Feuerrohr von 2 Fuß Weite, welches 1/2 Fuß von der untern Wandung
entfernt liegt. Das Feuer befindet sich auf einem 6 Fuß langen und 4 Fuß breiten
Roste vor dem Kessel, und zwar in einem backofenähnlichen Gewölbe von
Schamottsteinen. Die Flamme tritt von hier aus zunächst ins Feuerrohr, theilt
sich hinten und bestreicht den Kessel von beiden Seiten, während sie zuletzt
unter den Kessel tritt und dann in den gemeinschaftlichen Fuchs entweicht. Der
Schornstein, für 5 dergleichen Kessel berechnet, ist 120 Fuß hoch und hat im
Lichten von oben bis unten 4 Fuß Weite. Die möglichste Rauchverbrennung wird nach meinem
Dafürhalten dadurch erreicht, daß beim Aufwerfen der Kohle die aufsteigenden
Gase sofort von den fortwährend in Weißglühhitze befindlichen Schamottsteinen
des Feuerraums entzündet und verbrannt werden, während bei der Feuerung in oder
unter dem mit Wasser gefüllten Kessel dieser Fall nie eintreten kann. Möglichst
starker Zug ist ein weiteres Erforderniß bei dieser Feuerungsanlage, damit die
Flamme als Stichflamme mit stärkster Hitze weit in das Feuerrohr
hineinfährt.“
„Eine andere Einrichtung, die von mir herrührt, sich bereits bewahrt und
mehrfach Nachahmung gefunden hat, besteht darin, daß die Feuerthüren durch
Schieber ersetzt sind.Die Maschinenfabrik der HHrn. Seele u. Comp.
in Braunschweig ordnet mit entschiedenem Erfolge die Thüren neben
einander liegender Feuerungen ebenfalls mit Schiebern, aber derartig an,
daß der Heizer nie mehr als eine Thür auf einmal offenstehen lassen
kann. Ein solcher Schieber ist durch eine Kette, welche über einige Rollen
geht, mit dem Rauchschieber am Ende des Kessels verbunden und zwar so, daß,
während derselbe zum Aufwerfen von Kohlen hochgeschoben wird, der Rauchschieber
bis auf 1–2 Zoll die Oeffnung am Fuchse verschließt. Nachdem das Feuer
besorgt ist, zieht der Heizer den Schieber wieder nieder, der Rauchschieber
öffnet sich hierdurch und das Durchströmen der bereits entzündeten Gase kann
erfolgen. Wenn auf diese Weise das Feuer ordentlich beschickt, das Abschlacken
– beiläufig alle 12 Stunden-regelmäßig besorgt und der Zug im
Aschencanale nach dem jedesmaligen Winde regulirt wird, so habe ich eine normale
Rauchverbrennung, und nur ein wasserdampfähnlicher Dunst entsteigt dem
Schornstein.“
Schließlich ist nur zu bedauern, daß die meisten der oben hervorgehobenen
Rauchverbrennungs-Anordnungen, ganz so wie die von Gall, an dem Uebel der Unbrauchbarkeit für Steinkohlenfeuerungen leiden,
da sich die feuerfesten Steine, die dabei eine Hauptrolle spielen, unter allen
Umständen nicht halten.