Titel: | Untersuchung der verschiedenen im Handel vorkommenden Stärkesorten; von Justus Wolff. |
Fundstelle: | Band 145, Jahrgang 1857, Nr. CIX., S. 451 |
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CIX.
Untersuchung der verschiedenen im Handel
vorkommenden Stärkesorten; von Justus
Wolff.
Aus dem Journal für praktische Chemie, Bd. LXXI S.
86.
Wolff, Untersuchung der verschiedenen im Handel vorkommenden
Stärkesorten.
Aus der Stärkefabrik des Hrn. Franz Xaver Mayer in Ansbach
erhielt ich sechs verschiedene Stärkesorten, um dieselben (unter Leitung des Hrn.
Prof. Fresenius im chemischen Laboratorium zu Wiesbaden)
auf ihren Gehalt an reiner Stärke zu prüfen.
In Deutschland wird die Stärke größtentheils aus Kartoffeln und Weizen bereitet, und
die verschiedenen Stärkesorten zerfallen demnach in zwei Classen, in Kartoffelstärke und in Weizenstärke. Die Weizenstärke ist beliebter im Handel als die
Kartoffelstärke, wovon der Grund darin liegen mag, daß der Kleister der Weizenstärke
beim Stehen an der Luft längere Zeit unverändert kleisterartig bleibt, während der
Kartoffelstärkekleister schon nach einigen Tagen einen gelatinösen Niederschlag
absetzt, auf dem oben eine klare säuerlich schmeckende Flüssigkeit schwimmt. Diese letztere
Eigenschaft ist besonders unangenehm für Tapezirer und Buchbinder, da der gelatinöse
Niederschlag im Kartoffelstärkekleister bei weitem nicht mehr die Pappfähigkeit
besitzt, als der frische Kleister, und sie denselben deßhalb öfter bereiten müssen.
Auch zum Wäschesteifen eignet sich aus dem eben angeführten Grunde der
Kartoffelstärkekleister nicht so gut als der andere; hier hindert aber diese
Eigenschaft weniger als bei den vorher angegebenen Geschäften. Die Weizenstärke ist
darnach also besser als die Kartoffelstärke, und würde dieselbe längst aus dem
Handel verdrängt haben, wenn sie ihr an Schönheit, Reinheit, Weiße und Billigkeit
gleich käme. Man kann trotz aller Mühe und Sorgfalt und mit allen Mitteln die
Weizenstärke nie so rein erhalten als die Kartoffelstärke, weil die Körnchen der
letzteren viel größer als die der ersteren sind. Der frische Kartoffelstärkekleister eignet sich gerade so gut wie jeder andere
zu Papparbeiten und zum Wäschesteifen. Ihre ganz besondere Anwendung findet die
Kartoffelstärke als Kartoffelmehl (Kraftmehl) bei den Zuckerbäckern, welche niemals
andere als diese nehmen und zwar nur wegen ihrer Schönheit und Weiße; aber auch
viele Wäscherinnen, Buchbinder und Tapezirer operiren damit sehr gern.
I. Darstellung der Stärke. Die Gewinnungsmethoden dieser
beiden Stärkesorten beruhen im Wesentlichen auf denselben Principien, und die eine
erfordert nicht viel mehr Mühe und Fleiß als die andere. Da die in obiger Fabrik
angewandten Methoden von den in den Lehrbüchern der Technologie beschriebenen in
Manchem abweichen, so scheint es mir nicht uninteressant, zunächst eine kurze Skizze
der Bereitungsweise zu geben.
Um Weizenstärke aus dem Weizen zu gewinnen, wird derselbe
in großen Bottichen, die damit bis zu zwei Drittel ihrer Höhe gefüllt sind, mit
Wasser von 70 bis 80° C. übergossen, wodurch er gewaschen wird, aufquillt und
die gehörige Weichheit erhält, um weiter verarbeitet werden zu können, worauf er auf
die Trotte gebracht wird. Diese Trotte besteht aus einem
aus Stein gemeißelten horizontal liegenden Teller mit senkrecht aufstehendem Rande,
aus dessen Mitte sich eine verticale Achse erhebt. Die Achse steht durch ein
conisches Rad mit der bewegenden Maschine in Verbindung, dreht sich um sich selbst
und setzt eine mit ihr verbundene horizontale Stange und mittelst dieser zwei
Mühlsteine in Bewegung, welche sich auf dem Teller wälzen. Während der Operation
läßt man auf die in den Teller gebrachte weiche gequollene Masse fortwährend eine
reichliche Menge Wasser fließen. Das tellerförmige Bassin, dessen Durchmesser
ungefähr 10' ist, ruht auf steinernen Pfeilern 2' hoch über der Erde, und hat in
seinem Boden 6 Quadratzoll große Oeffnungen, die sich gegen unten pyramidal verjüngen und mit
gußeisernen klein durchlöcherten Platten bedeckt sind. Die sich wälzenden Mühlsteine
haben den Zweck, die Weizenkörner zu zerquetschen und die daraus ausgepreßte Brühe
mit der Stärke durch die Oeffnungen der gußeisernen Platten zu drängen, von wo aus
sie in eine unten befindliche Kufe gelangt. Aus derselben wird die Stärkebrühe in
verschiedene andere Kufen gebracht, in denen sie durch Auswaschen, Schlämmen und
Bleichen gereinigt wird. Da das Reinigen die Hauptsache bei der Stärkefabrication
ist und fast jede Stärkefabrik eine andere Methode besitzt und dieselbe als
Geheimniß betrachtet, so ist es mir unmöglich, die genaueren Details dieser
Operationen anzuführen. Um den Klebergehalt der Weizenstärke so viel als möglich zu
verringern, überläßt man die von der Trotte ablaufende Brühe vor der Reinigung noch
der Selbstgährung, wodurch ein großer Theil des Klebers gelöst wird und durch
Auswaschen entfernt werden kann. Nach dem Reinigen wird in der oben benannten Fabrik
die Weizenstärke noch einem besonderen Läuterungsproceß unterworfen, dessen Princip
und Ausführung jedoch von dieser Fabrik geheim gehalten wird.
Der gereinigte und geläuterte Stärkeabsatz der Kufen wird nun in dichte leinene
Tücher, die sich in 1 1/2' langen, 1' breiten und 5'' hohen, mit durchlöchertem
Boden versehenen Kästen befinden, gebracht, die mit den Tüchern nun wie
ausgeschlagenen Kästen damit vollgefüllt, die Enden des Tuches darüber gedeckt, ein
in den Kasten genau passender Deckel darauf gelegt und aus der Stärke durch starkes
Pressen das Wasser entfernt. Die so erhaltenen, aus den sie umhüllenden Tüchern
herausgenommenen Stärkeballen werden in Brocken zerbrochen, auf Hürden gelegt und
getrocknet, wodurch man je nach der Schönheit und Weiße die verschiedenen
Weizenbrockenstärkesorten erhält. Durch Mahlen der schönsten dieser Stärkesorten in
einer gewöhnlichen feinen Mahlmühle erhält man den reinen Weizenpuder.
Um die Stärke aus den Kartoffeln zu gewinnen, werden
dieselben zuerst kalt gewaschen und dann mittelst eines sich sehr schnell um eine
horizontale Achse drehenden, mit horizontal liegenden Sägeblättern reichlich
versehenen, in einem oben und unten offenen Kasten befindlichen Cylinders gemahlen,
indem sie durch die obere Oeffnung in den Kasten kommen und mittelst eines Bretes an
den Cylinder gedrückt werden. Der erhaltene Brei wird auf Haarsieben so lange
ausgewaschen, bis keine Stärke mehr davon abgeht und in dem erhaltenen Waschwasser
die Stärke absitzen gelassen. Der frühere Besitzer der oben genannten Fabrik hat
eine Kartoffelstärkemaschine construiren lassen, die alle bisher besagten
Operationen schnell, sicher und reinlich zusammen ausführt. Mittelst dieser Maschine können innerhalb
zwei Stunden 30 Centner Kartoffeln zermahlen, deren Brei ausgewaschen und der reine
Absatz der Stärke erhalten werden, während dieselbe in dieser Zeit nur zwei Personen
zur Bedienung nöthig hat. Die so erhaltene unreine Kartoffelstärke wird nun
denselben Reinigungsprocessen wie die Weizenstärke unterworfen, hat aber nicht die
Selbstgährung und den Läuterungsproceß durchzumachen. Das Formen in Ballen und
Gewinnen der Brocken und des Stärkemehls geschieht bei der Kartoffelstärke gerade so
wie bei der Weizenstärke.
Seit langer Zeit kommt die Stärke in Form von Stängeln in den Handel. Diese
Stängelstärke gewinnt man dadurch, daß man die noch feuchten Stärkeballen mit
Stärkekleister und Wasser zu einem mäßig dicken Brei verknetet und anrührt und
diesen Brei durch Trichter mit vielen engen Oeffnungen (Zotten), die über Hürden
durch Maschinen oder von Hand in constantem Abstand herumgeführt werden, durchlaufen
läßt. Auf diesen Hürden wird die Stärke getrocknet, dann von den Trichtern
abgenommen und in leichten hölzernen Fäßchen, die mit Strohpapier innen ganz beklebt
sind, versendet.
II. Sorten der zum Verkauf gebrachten Stärke. Die
verschiedenen Sorten, die obige Fabrik zum Verkaufe bringt und die ich zur
Untersuchung erhielt, sind folgende:
Nr. I.
Patentstärke, feinste, weiße, in Stängeln.
„ II.
Patentstärke, feinste, blaue, in Stängeln
(Patentblau).
„ III.
Reiner Weizenpuder.
„ IV.
Feine Weizenstärke in Brocken.
„ V.
Mittelfeine Weizenstärke in Brocken.
„ VI.
Ordinäre Weizenstärke in Brocken.
Nr. I hatte ein sehr weißes, glänzendes, dem Krystallinischen fast ähnliches
Aussehen; es bestand aus runden, 1–2'' langen und 1–1 1/2''' dicken
Stängeln. Die Stärke erwies sich unter dem Mikroskope als reine Kartoffelstärke.
Nr. II zeigte sich unter dem Mikroskope als Kartoffelstärke, die mit einem aus blauen
Körnchen bestehenden Pulver, das durch Behandlung mit Säuren seine Farbe verlor,
gefärbt war, die darnach also ihre Färbung beigemengtem Ultramarin zu verdanken
hatte.
Nr. III bestand aus einem schön weißen Pulver, dessen Weiße jedoch nicht der von Nr.
I gleich kam, und das unter dem Mikroskope nur Weizenstärke zeigte.
Nr. IV bestand aus Brocken, die gerade so weiß waren wie Nr. III und sich unter dem
Mikroskope als reine Weizenstärke erwiesen.
Nr. V war eine aus gelblich-weißen Brocken bestehende, unansehnliche Stärke,
die unter dem Mikroskope nur Weizenstärkekörnchen zeigte.
Nr. VI bestand aus graulich-gelben, großen Brocken, die sich unter dem
Mikroskope als Kartoffel- und Weizenstarke enthaltend erwiesen. Lille diese
Stärkesorten hatten eine vollkommen trockene Bruchfläche, waren hart und benetzten
Löschpapier beim Pressen nicht; sie bildeten alle beim Kochen mit Wasser einen
durchscheinenden, mehr oder weniger gefärbten, zähen, pappfähigen Kleister.
Ihr Geschmack war rein, nur der der zwei letzten Sorten ein wenig unangenehm
(säuselnd, schwach ranzig).
III. Analyse. A. Zuerst suchte
ich in diesen Stärkesorten die Wassermenge zu bestimmen,
was dadurch erreicht wurde, daß eine leer gewogene Kugelröhre mit der entsprechenden
Stärkesorte gefüllt, gewogen, im Luftbade so lange einer Temperatur von 100 bis
110° C. ausgesetzt wurde, bis nach mehrmaligem Wägen kein Gewichtsverlust
mehr stattfand, während mit Hülfe eines Brunner'schen
Aspirators langsam Luft durch die Kugelröhre gezogen wurde. Erhalten wurden dadurch
folgende Resultate:
Nr. I.
17,8314 Proc. Wasser,
„ II.
15,3683
„
„
„ III.
14,5274
„
„
„ IV.
17,4484
„
„
„ V.
14,2088
„
„
„ VI.
17,4942
„
„
Merkwürdig ist, daß bei allen auf diese Art von Wasser befreiten Stärkesorten durch
Benetzen mit Wasser eine ziemlich bedeutende Temperaturerhöhung hervorgebracht
werden konnte.
B. Der Aschengehalt wurde
durch andauerndes Glühen in einem offenen Platintiegel, bis alle Kohle verbrannt
war, bestimmt. Darnach enthielt:
Nr. I 0,2115 Proc. einer Asche, die größtentheils aus kohlensaurem Kalk und
Kieselerde (in Form von Sand) bestand.
Nr. II 0,5376 Proc. einer Asche von tiefblauer Färbung, die beim Uebergießen mit
verdünnter Salzsäure unter Schwefelwasserstoffentwickelung verschwand; diese Asche
bestand demnach größtentheils aus Ultramarin; die anderen Bestandtheile waren
kohlensaurer Kalk und Sand.
Nr. III 0,0115 Proc. Asche, welche größtentheils aus phosphorsaurem Kalk bestand.
Nr. IV 0,0286 Proc. Asche, die fast nur phosphorsaurer Kalk war.
Nr. V 0,5562 Proc. Asche, deren Hauptbestandtheile Sand und phosphorsaurer Kalk
bildeten.
Nr. VI 1,2919 Proc. Asche, die sich als Gemenge von Sand, phosphorsaurem Kalk,
Eisenoxyd, Magnesia und Kieselerde zeigte.
C. Der Kleber wurde dadurch
bestimmt, daß in eine vorher titrirte Schwefelsäure das aus der kleberhaltigen
Stärke beim Glühen mit Natronkalk entweichende Ammoniakgas eingeleitet und nachher
die Schwefelsäure wieder zurück titrirt wurde; die Bestimmung des Klebers geschah
also vermittelst der Peligot'schen Modification der Varrentrapp-Will'schen
Methode der Stickstoffbestimmung. Aus dem auf diese Weise erhaltenen
Stickstoffgehalte wurde nach der Kleberanalyse von Mulder, der in demselben 15,66 Proc. Stickstoff fand, der Klebergehalt
berechnet. Auf diese Art ergab sich, daß in Nr. I und II kein, in Nr. IV aber nur
eine unbestimmbare Quantität Kleber enthalten war.
Ferner, daß
Nr. III.
0,1022 Proc. Kleber,
„ V.
1,8282
„
„
„
VI.
4,9651
„
„
enthielten.
Das sind die Resultate, die als Mittel von je zwei Kleberbestimmungen erhalten
wurden.
D. Der Fasergehalt der verschiedenen Stärkesorten wurde
dadurch bestimmt, daß man die gekochten Stärkesorten mit Diastase, die im Jahre 1853
von mir dargestellt worden war, längere Zeit bei 40° C. digerirte, bis mit
Jod keine Bläuung mehr stattfand. Die dadurch erhaltene trübe Flüssigkeit wurde
durch gewogene Filter filtrirt, der Niederschlag ausgewaschen und so lange
getrocknet, bis kein Gewichtsverlust mehr statt fand. In dem erhaltenen Rückstande
war nun alle Faser, aller Kleber und alle Asche der Stärke enthalten, und es mußten
also diese beiden letzten Körper vom ganzen Rückstande abgezogen werden, um den
Gehalt an reiner Faser zu erhalten. Nach zweitägiger Maceration bei 40° C.
war bei jeder Sorte die Stärke schon vollständig in Zucker übergeführt.
Dadurch erhielt ich folgende Resultate:
Nr. I.
0,4811 Proc. reine Faser,
„ II.
0,5016
„ „ „
„ III.
1,4484
„ „ „
„ IV.
1,2030
„ „ „
„ V.
3,7726
„ „ „
„ VI.
2,4715
„ „ „
Zu jeder dieser Stärkesorten wurde zur Umwandlung in Zucker ungefähr 1/500 Diastase
zugesetzt.
E. Zieht man nun die Summe der Procentgehalte aller
Bestandtheile der verschiedenen Sorten von 100 ab, so erhält man die entsprechenden
Procente des Stärkemehls dieser Sorten. Demnach
enthält:
Nr. I.
81,4760 Proc. Stärke.
„ II.
83,5935
„ „
„ III.
83,9105
„ „
„ IV.
81,3201
„ „
„ V.
79,6342
„ „
„ VI.
73,7774
„ „
Zusammenstellung. Faßt man die aus der Analyse sich
ergebenden Resultate tabellarisch zusammen, so erhält man folgende, die procentische
Zusammensetzung der verschiedenen Stärkesorten darstellende Uebersicht:
Stärkesorten:
Nr. I.
Nr. II.
Nr. III.
Nr. IV.
Nr. V.
Nr. VI.
Wasser
17,8314
15,3683
14,5274
17,4484
14,2088
17,4942
Kleber
–
–
0,1022
Spur
1,8282
4,9651
Faser
0,4811
0,5016
1,4484
1,2030
3,7726
2,4715
Asche
0,2115
0,5376
0,0115
0,0285
0,5562
1,2919
Stärke
81,4760
83,5935
83,9105
81,3201
79,6342
73,7774
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Summa
100,0000
100,0000
100,0000
100,0000
100,0000
100,0000
Demnach enthält Nr. III am meisten Stärke, obgleich es nicht die reinste Sorte ist;
als die reinste dieser Sorten kann wohl nach ihrer procentischen Zusammensetzung Nr.
I gelten, hierauf folgt in ihrer Reinheit Nr. II, dann Nr. IV, hierauf Nr. III, dann
Nr. V und zuletzt Nr. VI, welches die unreinste dieser Sorten ist.
V. Vergleichung des Stärgehaltes mit dem Preise. Da der
Preis der verschiedenen Stärkesorten sich nach der Schönheit und Güte derselben
richtet, so scheint es nicht uninteressant, den Stärkegehalt und Preis der
verschiedenen Sorten neben einander zu stellen. In folgender Tabelle findet man
daher auf der einen Seite den Stärkegehalt in Procenten, auf der anderen den Preis
der dabei angegebenen Sorte für den bayerischen Centner im 24 Gulden-Fuß.
Stärkesorte
Stärkegehalt in
Procenten
Preis für den
bayerischen Centner
Nr. I.
81,4760
17 Fl. 30 kr.
„ II.
83,5935
18 „ –
„
„ III.
83,9105
20 „ –
„
„ IV.
81,3201
17 „ 30 „
„ V.
79,6342
12 „ 30 „
„ VI.
73,7774
8 „ –
„
Demnach kosten 100 Pfund reine Stärke:
In Nr. I.
Reine Kartoffelstärke: 21 Fl. 24 Kr.
„
„ II.
Blaue Kartoffelstärke: 21 Fl. 30 Kr.
„ „
III.
Reiner Weizenpuder: 23 Fl. 48 Kr.
„ „
IV.
Feine Weizenstärke in Brocken: 21 Fl. 30 Kr.
„
„ V.
Mittelfeine Weizenstärke. 16 Fl. 54 Kr.
„ „
VI.
Ordinaire Weizenstärke: 10 Fl. 48 Kr.
Hieraus ersieht man, daß man in der schlechtesten und billigsten Sorte die Stärke bei
weitem am billigsten bezahlt.
Nr. II, Nr. V und Nr. VI sind die gangbarsten Sorten im Handel.
Die oben genannte Fabrik versendet auch Stärke in Form von kleinen Kügelchen unter
dem Namen Perlstärke, welche dieselbe Zusammensetzung hat wie Nr. I, und von der es
auch blaue und weiße gibt.
Nr. II war wie Nr. I mit Ultramarin gefärbt, wie man aus ihrer Zusammensetzung leicht
ersehen kann; denn zieht man den Aschengehalt der Stärkesorte Nr. I von dem der Nr.
II ab, so erhält man eine Zahl, die so ziemlich den Ultramaringehalt angeben wird,
und zieht man diese so erhaltene Zahl von derjenigen Summe ab, die man erhält, wenn
man den Faserstoff und Aschengehalt von Nr. II addirt, so erhält man eine Zahl, die
ziemlich nahe derjenigen steht, die den Fasergehalt und Aschengehalt von Nr. I
angibt.
Die schlechteste Sorte Nr. VI wird von den Tapezirern sehr gerne benutzt, obgleich
sie ein Gemenge von unreiner Kartoffelstärke und Weizenstärke ist.
Man sieht aus dieser Untersuchung, daß keine absichtliche Verfälschung und
Verunreinigung bei diesen Stärkesorten stattgefunden hat, indem alle
Verunreinigungen darin nur von den Rohmaterialien herstammen, und es die Sache eines
Stärkefabrikanten nicht ist, für Wäscherinnen, Buchbinder und Tapezirer chemisch
reine Stärke zu fabriciren.
VI. Versuche über die Trennung der Weizen- und
Kartoffelstärke. Bringt man Kartoffelstärke in viel Wasser, Weizenstärke
eben so in eine andere Portion Wasser, vertheilt beide durch Umrühren in den
Flüssigkeiten und läßt nun absitzen, so findet man, daß sich die Kartoffelstärke
viel schneller niederschlägt als die Weizenstärke, und die Flüssigkeit über dem
Kartoffelstärkeniederschlag nach ungefähr 10 Minuten schon ganz klar erscheint,
während die über dem Weizenstärkeniederschlage nach tagelangem Stehen noch trübe
ist. Hat man nun ein Gemenge von Kartoffel- und Weizenstärke, so findet sich
die letztere immer in der obenstehenden Flüssigkeit und im oberen Theile des
Niederschlags vertheilt, und es müßte daher durch andauerndes Umrühren, Absitzenlassen und Decantiren die
Kartoffelstärke zuletzt ziemlich frei von Weizenstärke zu erhalten seyn. Auf diese
Beobachtung hin unternahm ich folgenden Versuch:
Drei verschiedene, selbst dargestellte Gemische von Kartoffel- und
Weizenstärke, in drei verschiedenen Portionen Wasser vertheilt, wurden so lange
ruhig stehen gelassen, bis eine in Wasser vertheilte reine Kartoffelstärke sich klar
abgesetzt hatte, hierauf die oberen Flüssigkeiten von den drei Gemischen decantirt
und dieß so lange mit einem jeden der drei Gemische fortgesetzt, bis es sich so
schnell und so klar wie die Kartoffelstärke absetzte. Die dadurch erhaltenen
breiigen Niederschläge wurden auf Papier lufttrocken gemacht, gewogen und hernach
bei 100° C. so lange getrocknet, bis keine Verminderung ihres Gewichtes mehr
wahrzunehmen war.
Gemisch Nr. I. Genommen wurden 10 Grm. reiner weißer Kartoffelstärke (Nr. I) und 10
Grm. reiner Weizenstärke (Nr. IV). Erhalten bei 100° C. 15,5808 Grm.
getrocknete Kartoffelstärke, welche entsprechen (nach der vorhergegangenen Analyse)
12,87 Grm. genommener Kartoffelstärke.
Gemisch Nr. 2. Genommen 10 Grm. Weizenstärke und 5 Grm. Kartoffelstärke. Erhalten bei
100° C. getrocknet 6,4 Gr. Kartoffelstärke, welche 7,78 Grm. angewandter
Kartoffelstärke entsprechen.
Gemisch Nr. 3. Genommen 10 Grm. Kartoffelstärke und 5 Grm. Weizenstärke. Erhalten bei
100° C. getrocknet 9,45 Grm., die 11,5 Grm. angewandter Kartoffelstärke
entsprechen.
Stellt man diese drei Versuche zusammen, so erhält man folgende Uebersicht:
Textabbildung Bd. 145, S. 459
genommen; erhalten; genommen;
Kartoffelstärke; Weizenstärke
Man sieht aus diesen Versuchen, daß diese Methode umständlich und auch nicht genau
ist, nichtsdestoweniger möchte sie der bloßen mikroskopischen Schätzung vorzuziehen
seyn. Je mehr die Kartoffelstärke in dem Gemische vorherrscht, um so genauer wird
das Resultat dieser Methode, je mehr Weizenstärke, um so ungenauer, wie aus der
Zusammenstellung der drei letzten Versuche zu ersehen ist.