Titel: | Schwimmer-Bürette; von Professor L. O. Erdmann. |
Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. XXIX., S. 116 |
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XXIX.
Schwimmer-Bürette; von Professor L. O. Erdmann.
Aus dem Journal für praktische Chemie, 1857. Bd. LXXI S.
193.
Mit Abbildungen.
Erdmann's Schwimmer-Bürette.
Mohr's Quetschhahn-Bürette, deren zweckmäßige und
bequeme Einrichtung die älteren Büretten immer mehr verdrängt, theilt mit den
letzteren noch den Nebelstand, daß ein genaues Ablesen der Scalentheile auch bei
Anwendung des von Mohr empfohlenen Verfahrens sehr
schwierig ist. Ich habe versucht, mittelst eines in die Bürette gebrachten
Schwimmers die Ablesung genauer zu machen. Die in Folgendem beschriebene Einrichtung
der Schwimmer – Bürette macht die Ablesung sowohl von den durch die Krümmung
der Oberfläche der Flüssigkeit, als von den durch die Parallare veranlaßten Fehlern
unabhängig. Dieselbe ist im Laboratorium der Universität zu Leipzig seit einem Jahre
eingeführt, und hat sich bei fortwährendem Gebrauche so gut bewährt, daß ich glaube,
durch Beschreibung derselben einen nützlichen Beitrag zur Vervollkommnung des
Titrirverfahrens zu liefern.
Der Schwimmer ist ein hohler Glaskörper von beistehender Form.
Textabbildung Bd. 146, S. 117
In der Mitte seiner Höhe ist um denselben eine ringförmige
Linie mit dem Diamant eingeschnitten. Oben ist er mit einem Oehr versehen,
welches dazu dient, den Schwimmer mittelst eines Drahtes aus der Bürette
herausziehen zu können, wenn dieselbe mit einer anderen Flüssigkeit gefüllt
werden soll. Der Schwimmer muß der Weite der Bürette so angepaßt seyn, daß, wenn
er in die gefüllte Röhre eingesetzt ist, er beim Ablaufen der Flüssigkeit mit
derselben ohne Schwankungen herabsinkt, und, wenn er in der Flüssigkeit der
geschlossenen Bürette mittelst eines Glasstabes oder Drahtes niedergedrückt
worden ist, langsam wieder emporsteigt. Die Schwere des Schwimmers muß so
regulirt seyn, daß, wenn in die gefüllte Röhre eingesetzt ist, die Flüssigkeit
mit seinem oberen Rande ringsum gleichförmig abschneidet. Die Regulirung
geschieht durch etwas Quecksilber, das man in den Schwimmer einschmilzt. Bei
kleinen Schwimmern für sehr enge Büretten läßt sich die Regulirung auch ohne
Quecksilber durch die Glasmasse allein bewirken.
Textabbildung Bd. 146, S. 117
Das wesentlichste Erforderniß des Schwimmers ist, daß die
Achse des Schwimmers möglichst genau mit der des Büretten-Rohres
zusammenfällt, und daß demnach die Theilstriche der Bürette mit der Kreislinie
des Schwimmers stets parallel sind. Die Herstellung passender Schwimmer wird am
besten bei Anfertigung der Büretten erfolgen, indem man zu beiden die in
einander passenden Röhren auswählt. Es ist aber auch leicht, zu schon
vorhandenen Büretten passende Schwimmer zu erhalten, wenn man aus gut
cylindrischen Röhren von etwas kleinerem Durchmesser als die Büretten eine
Anzahl Schwimmer vor der Lampe herstellen läßt, aus diesen die passenden
aussucht und dann erst mit der Kreislinie versieht. Um die Schwere zu reguliren,
öffnet man die Spitze vor dem Löthrohr und bringt die erforderliche Menge von
Quecksilber hinein, die man leicht durch einige Versuche findet, während welcher
man die Spitze mit etwas Wachs verschließt, bis sie zuletzt nach Ermittelung der
richtigen Schwere wieder zugeschmolzen wird.
Die nebenstehende Figur stellt den Schwimmer nach der Einsetzung in die gefüllte
Bürette dar. Das Quecksilber ist in der Zeichnung nicht angegeben. Wenn nach dem Einsetzen an dem unteren
in eine stumpfe Spitze auslaufenden Ende des Schwimmers Luftblasen sich zeigen, so
drückt man ihn mittelst eines Glasstabes in die Bürette hinab, bis die adhärirenden
Luftblasen nach oben entwichen sind.
Die Art des Gebrauches der mit Schwimmer versehenen Bürette ergibt sich ohne
Weiteres. Der Schwimmer wird in die bis über 0 gefüllte Bürette eingesetzt und so
viel Flüssigkeit durch den Quetschhahn abgelassen, bis die Kreislinie des Schwimmers
mit dem Nullpunkte oder irgend einem Theilstriche zusammenfällt. Dabei muß zugleich
die nach dem Auge zugekehrte Hälfte der Kreislinie des Schwimmers die andere Hälfte
decken. Dasselbe muß der Fall seyn beim Ablesen nach Beendigung des Versuchs. Auf
diese Weise wird der Fehler der Parallare vermieden und eine Schärfe der Ablesung
erreicht, wie sie bei dem gewöhnlichen Verfahren nicht möglich ist. Selbst bei
Anwendung weiterer Büretten, die bei der gewöhnlichen Länge 100 Kubikcentim. fassen
und in 1/5 Kubikcentim. getheilt sind, kann man 1/10 Kubikcentim. mit völliger
Sicherheit ablesen, ohne daß es einer besonderen Einübung bedürfte.
Hr. Mechanikus Hugershoff in Leipzig liefert Büretten zu
50 bis 60 Kubikcentim. Inhalt in Zehntel-Grade getheilt mit Schwimmer zum
Preise von 1 1/2 Thlr.In den Annalen der Chemie und Pharmacie, September 1857, bemerkt Hr. Prof. v.
Liebig über dieses Instrument:
„Jedermann, der den Schwimmer zum Ablesen kennen gelernt hat,
wird Hrn. Prof. Erdmann für diese wahre
Verbesserung der Quetschhahn-Pipette Dank wissen; letztere wird
dadurch zu einem in jeder Hand genauen und sicheren
Instrumente.“
A. d. Red.