Titel: | Ueber die Prüfung der beim Zeugdruck angewendeten Gummisorten; von Dr. Sacc in Wesserling. |
Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. XCIII., S. 368 |
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XCIII.
Ueber die Prüfung der beim Zeugdruck angewendeten
Gummisorten; von Dr. Sacc
in Wesserling.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, 1857, Nr. 139.
Sacc, über die Prüfung der beim Zeugdruck angewendeten
Gummisorten.
Die zum Verdicken der Farben gebräuchlichen Gummisorten, welche sämmtlich dem Arabin,
d.h. dem in Wasser löslichen Gummi angehören, sind das arabische Gummi, das
Senegalgummi und das Salabredagummi. Die beiden ersteren sind hart, mehr oder
weniger weiß, und bilden mehr oder weniger große Stücke; die größten Stücke bildet
das Senegalgummi, welches im Allgemeinen hygroskopischer und mehr gefärbt ist als
das arabische Gummi; letzteres zieht nämlich die Feuchtigkeit so wenig an, daß es,
an einem trocknen Orte aufbewahrt, spröd und leicht zerbrechlich ist. Das arabische
Gummi löst sich leichter in Wasser als das Senegalgummi, und gibt eine viel weniger
saure Lösung, weßhalb es zum Verdicken schwacher Mordants und zarter Dampffarben
besonders geeignet ist. Das Salabredagummi, welches im Allgemeinen am wenigsten
gefärbt ist und größere oder kleinere, den Fadennudeln ähnliche, mehr oder weniger
gewundene Stücke bildet, gibt eine Lösung, die anfangs farblos ist, sich aber an der
Luft so rasch bräunt, daß sie oft schon nach einigen Stunden einer Lösung von
Lakritzensaft sehr ähnlich sieht.
Das Salabreda- und das Senegalgummi sind oft mit Gummiarten gemengt, die,
ähnlich dem Traganth, im Wasser nur aufquellen, ohne sich wirklich aufzulösen. Diese
Verfälschung ist leicht zu erkennen, wenn man das Gummi in ganzen Stücken mit Wasser
in Berührung bringt, wobei das eigentliche Gummi sich auflöst, während das
unlösliche Gummi (Pflanzenschleim) als eine aufgequollene, in der Flüssigkeit leicht
erkennbare Masse übrig bleibt.
Damit eine Gummisorte beim Zeugdruck zu allen Zwecken anwendbar ist, muß sie: 1) die
zarten Dampffarben nicht trüben oder matt machen, auch die Mordants nicht
abschwächen; 2) mit gewissen Farben sich nicht coaguliren; 3) das Wasser, worin man
sie auflöst, so stark als möglich verdicken.
Was die erste dieser Bedingungen, und zwar zunächst den Einfluß des Gummis auf die
Farbstoffe betrifft, so wählt man zur Beurtheilung des Gummis die zarteste
Dampffarbe, nämlich das Cochenille-Rosenroth für den Wollendruck, welches
dargestellt wird mit:
1
Liter Abkochung von ammoniakalischer Cochenille, mit 30
Grm.
Cochenille per Liter Wasser
bereitet;
24 Grammen
gepulvertem Alaun;
16
„
Oralsäure;
375 „
gepulvertem Gummi.
Man passirt diese Farbe durch ein Seidensieb, und druckt sie auf einen ganzwollenen
Zeug, dämpft und wascht. Die erhaltene Dampffarbe muß ein schönes zartes Rosenroth
ohne allen gelblichen Ton seyn.
Was die abschwächende Wirkung der Gummisorten auf die Mordants betrifft, so ist sie
ungemein verschieden; sie läßt sich aber im Voraus beurtheilen, denn ein Gummi wird
natürlich die Mordants um so stärker angreifen, je saurer es ist. Diese Wirkung,
welche beim arabischen Gummi selten vorkommt, veranlaßt oft großen Schaden, wenn man
saures Gummi zum Verdicken der Mordants für sehr helles Krapp-Rosa benutzt.
Um die auflösende Wirkung des Gummis auf die Mordants zu beurtheilen, wenden wir in
Wesserling folgende Druckfarbe an:
1/32 Liter
essigsaure Thonerde, mit 500 Grm. Alaun per LiterWasser bereitet;
15/32 „
Wasser;
250 Grm.
gepulvertes Gummi.
Das Ganze wird unter gutem Umrühren gekocht und hernach bis zum vollständigen
Erkalten umgerührt. Nachdem der mit dieser Farbe bedruckte Kattun 12 Stunden lang an
der Luft hing, wird er (vom nicht fixirten Mordant und Verdickungsmittel) gereinigt,
in Krapp gefärbt und geseift; man muß dadurch ein schönes und sehr lebhaftes Rosa
erhalten, während von dem mit saurem Gummi verdickten Mordant oft beinahe nichts auf
dem Zeug zurückbleibt.
Den zweiten der oben erwähnten Punkte anbelangend, gibt es Gummisorten, welche zum
Verdicken gewisser Substanzen, z.B. Bleisalze und namentlich Catechu, angewendet,
coagulirte Druckfarben liefern. Wir benutzen daher das Catechu, um das Gummi in dieser
Beziehung zu prüfen, wozu wir die Druckfarbe folgendermaßen darstellen:
135 Grm.
in kleine Stücke zertheiltes Catechu,
127 „
Holzessig,
360 „
Wasser,
werden im Wasserbade unter Umrühren bis zur Auflösung erhitzt,
worauf man hinzufügt:
90 Grm.
Salmiak,
97 „
Lösung von essigsaurem Kalk von 15°
Baumé. DasGanze gießt man auf:
250 „
Gummi, rührt gut um, und setzt nach dem Erkalten
zu:
37 „
einer Lösung von salpetersaurem Kupferoxyd von
50°Baumé.
Diese Druckfarbe passirt man durch ein Seidensieb und läßt sie dann 24 Stunden lang
stehen; wenn sie nach dieser Zeit nicht coagulirt hat, ist das angewendete Gummi von
guter Qualität.
Das Gummi muß endlich dem Wasser, worin man es auflöst, eine große Klebrigkeit
ertheilen, welche schwierig genau zu messen ist. Gleichwohl ist die Erlangung eines
möglichst genauen Urtheils hierüber von Wichtigkeit, da es Gummiarten gibt, die um
1/10 bis 1/4 weniger verdicken als andere, und man von solchen Gummiarten natürlich
entsprechend mehr nehmen muß. Um zu zeigen, daß der hierdurch veranlaßte Mehraufwand
bedeutend seyn kann, brauche ich nur anzuführen, daß die Fabrik zu Wesserling in der
Campagne von 1855/56 an Gummi 6000 Kilogr. verbraucht hat, welche 88000 Francs
kosteten. Dieses Gummi war von ausgezeichneter Qualität; wäre sein
Verdickungsvermögen um 1/10 geringer gewesen, so hätte man 6600 Kilogr. nöthig
gehabt, also bei gleichem Preise des Gummis 8800 Francs mehr ausgeben müssen.
In Mülhausen bedient man sich, um das Verdickungsvermögen der Gummisorten zu
bestimmen, allgemein des Viscosimeters, welches ein Trichter ist, in dessen
Ausflußöffnung man einen mit einer durchgesteckten Glasröhre versehenen Kork
eingesetzt hat. Man gießt die immer in demselben Mengenverhältniß von Gummi zum
Wasser bereitete Gummilösung in den Trichter und beobachtet die Geschwindigkeit
ihres Ausfließens durch die Glasröhre; natürlich ist diese Geschwindigkeit um so
größer, je geringer das Verdickungsvermögen der betreffenden Gummisorte ist.
In Wesserling beobachtet man dagegen bloß die Dichtigkeit der Gummilösung, und zwar
mittelst des Baumé'schen Aräometers.
Um beurtheilen zu können, welche von diesen beiden Prüfungsmethoden den Vorzug
verdient, habe ich eine Reihe von Versuchen angestellt, die ich hier mittheile.
Die Geschwindigkeit des Ausfließens aus dem Viscosimeter variirt je nach dem
Verdünnungsgrade der Lösung, ihrer Reinheit und der Temperatur. Ich studirte
zunächst den Einfluß der Verdünnung, indem ich für die
zusammen gehörenden Versuche ein und dasselbe Viscosimeter benutzte.
I
bedeutet Gummiwasser, mit 1 Kilogr. Gummi per Liter Wasser bereitet.
II
ist eine Mischung von 3/8 Liter Nr. I und 1/8 Liter
Wasser.
III
ist eine Mischung von 1/4 Liter Nr. II und 1/4 Liter
Wasser.
IV
ist eine Mischung von 1/8 Liter Nr. III und 3/8 Liter
Wasser.
Die Geschwindigkeit des Ausfließens war bei
I.
II.
III.
IV.
Null.
55 Minuten.
3 Minuten.
30 Secunden.
Hiernach ist die Geschwindigkeit des Ausfließens nicht dem Verdünnungsgrade
proportional, sondern wächst in viel größerem Verhältniß. Dieses Ergebniß wurde
durch eine zweite Reihe von Versuchen bestätigt, bei denen man ein Viscosimeter mit
weiterer Röhre anwendete und bei 26° C. operirte. Hier ist:
I
eine Lösung, bereitet mit 1 Kilogr. Senegalgummi per Liter Wasser.
II
ist eine Mischung von 7/16 Liter Nr. I und 1/16 Liter
Wasser.
III
eine Mischung von 6/16 Liter Nr. I und 2/16 Liter
Wasser.
IV
eine Mischung von 5/16 Liter Nr. I und 3/16 Liter
Wasser.
V
eine Mischung von 4/16 Liter Nr. I und 4/16 Liter
Wasser.
Die Geschwindigkeit des Ausfließens war bei
I.
II.
III.
IV.
V.
7 St. 50 Min.
1 St. 45 Min.
46 Min.
17 Min.
6 Min.
Die Flüssigkeiten I und II flossen in Tropfen, die übrigen drei Flüssigkeiten in
einem continuirlichen Strahl aus.
Nachdem ich so gefunden hatte, daß die Angaben des Viscosimeters nicht dem zwischen
Gummi und Wasser stattfindenden Mengenverhältniß entsprechen, prüfte ich die zuletzt
erwähnten fünf Gummilösungen bei 26° C. mittelst des Baumé'schen
Aräometers auf ihre Dichtigkeit; sie zeigten folgende Dichtigkeitsgrade:
I.
II.
III.
IV.
V.
29
26
23
19
16
Diese Zahlen entsprechen den zwischen Gummi und Wasser vorhandenen
Mengenverhältnissen besser, denn nach denselben hätte man, wenn die Bruchtheile
weggelassen werden, finden sollen:
I.
II.
III.
IV.
V.
29
26
23
18
15
Durch besondere Versuche überzeugte ich mich auch, daß es auf die Geschwindigkeit des
Ausfließens der Gummilösung aus dem Viscosimeter keinen Einfluß hat, ob die Wand des
Instruments naß oder trocken ist.
Um den Einfluß der Temperatur auf die Klebrigkeit, sowie auf die Dichtigkeit des
Gummiwassers zu ermitteln, stellte ich folgende Versuche an, bei denen jedesmal ein
halbes Liter einer aus 500 Grm. Gummi per Liter Wasser
bereiteten Gummilösung genommen und ein und dasselbe Viscosimeter, Thermometer und
Aräometer benutzt wurde.
Temperatur
Zeit des
Ausfließens.
Grade nach Baumé.
+ 15° C.
10 Minuten
17°
+ 20° C.
9 „
17°
+ 25° C.
8 „
17°
Diese Resultate scheinen zu beweisen, daß die Klebrigkeit regelmäßig abnimmt in dem
Maaße als die Temperatur steigt, und daß letztere innerhalb der in den Laboratorien
der Zeugdruckereien gewöhnlich vorkommenden Schwankungen auf die Dichtigkeit des
Gummiwassers keinen merklichen Einfluß hat.
Um die vorhergehenden Versuche zu vervollständigen, suchte ich noch den Einfluß zu
ermitteln, welchen das Gewicht des Gummis auf das Volum, die Dichtigkeit und die
Ausflußgeschwindigkeit der Gummilösung ausübt. Zu jedem der hierauf gerichteten
Versuche wurde 1/2 Liter Wasser genommen und darin die betreffende Menge gepulvertes
Gummi aufgelöst. Die Ergebnisse waren folgende:
Gewicht
des Gummis.
Volum der Lösung
bei 17° C.
Grade nach
Baumé.
Zeit desAusfließens.
10 Grm.
510 Kubikcentim.
1°
1/2 Minute
20 „
520
„
2°
1/2 „
25 „
522
„
3°
1/2 „
50 „
538
„
5°
3/4 „
100 „
575
„
9°
1
„
250 „
670
„
17°
9 „
Nach diesen Ergebnissen kann man wohl annäherungsweise annehmen, daß eine Lösung von
gutem Gummi in Wasser in einem Liter so vielmal 20 Grm. Gummi enthält, als sie
zwischen 15 und 20° C. Grade nach Baumé zeigt.
Es fragte sich nun noch, ob die Gummiarten welche im Wasser bloß aufquellen, wenn sie
mit den löslichen Gummiarten gemengt sind, auf die Angaben des Aräometers einen
bedeutenden Einfluß äußern. Um hierüber Gewißheit zu erhalten, bereitete ich
Traganthwasser mit 25 Grm., 20 Grm., 10 und 5 Grm. Traganth per Liter Wasser; in die zwei ersteren sinkt das Aräometer nicht ein; in
die zwei folgenden dringt es ein und zeigt darin 0°, ungeachtet ihrer
beträchtlichen Klebrigkeit. Die Gegenwart der unlöslichen Gummiarten modificirt also
die Angaben des Aräometers für das Gummiwasser nicht wesentlich.
Nach dem Vorstehenden betrachte ich das Aräometer als das sicherste Mittel, um die
Klebrigkeit der Gummilösungen zu ermitteln, wenn deren Concentration das Verhältniß
von 200 Grm. Gummi auf 1 Liter Wasser (9 bis 10° Baumé) nicht
überschreitet; über diese Gränze hinaus werden aber die Angaben des Aräometers um so
fehlerhafter, je mehr Gummi aufgelöst ist, weil die Cohäsion der Lösung dem Spiel
des Instruments hinderlich ist.
Bericht über die vorstehende Abhandlung; der Mülhauser
Industrie-Gesellschaft erstattet von Iwan Schlumberger.
Das Viscosimeter, welches Dr. Sacc in seiner Abhandlung beschreibt, wird in Mülhausen nicht allgemein
angewendet; es gibt ein anderes, welches von dem verstorbenen Ochs, Colorist bei den HHrn. Dollfus-Mieg und
Comp. eingeführt wurde, und für den Walzendruck ein sehr bequemes
Instrument ist. Dieses Viscosimeter besteht aus einem Cylinder von Weißblech, von 9
Centim. Länge und 45 Millim. Durchmesser, welcher an dem einen Ende durch einen
flachen Boden, der in der Mitte ein 4 Millim. weites Loch hat, geschlossen ist. 7
bis 8 Centimeter unterhalb des Bodens befindet sich ein Gewicht, welches durch zwei
Messingdrähte an dem Cylinder befestigt ist, so daß es an demselben hängt. Wenn man
eine Druckfarbe auf ihre Consistenz untersuchen will, stellt man den Cylinder mit
seinem Boden darauf; das Gewicht hält ihn dabei in verticaler Lage und zieht ihn
abwärts, so daß er sich mehr und mehr, und zwar in dem Maaße als die Farbe durch das
Loch des Bodens in das Innere des Cylinders tritt, in die Farbe einsenkt. Je dünner
die Farbe ist, desto schneller sinkt das Instrument ein, je klebriger oder dicker
sie ist, desto mehr
Secunden sind für das Einsinken erforderlich; für dieselben Farben und denselben
Druck (das gleiche Walzenmuster) kann die Anzahl von Secunden welche verstreicht,
bis der Cylinder sich ganz mit der Farbe gefüllt hat, mit befriedigender Genauigkeit
als Maaß der Verdickung benutzt werden.
Hr. Sacc macht dem Viscosimeter den Vorwurf, daß es je
nach der Temperatur der verdickten Flüssigkeit verschiedene Resultate gibt, aber
dieser Uebelstand findet auch beim Aräometer statt. Insofern als er das Aräometer
nur benutzt, um die Klebrigkeit der Lösungen verschiedener Gummiarten in Wasser zu
vergleichen, erreicht er mit diesem Instrument allerdings den beabsichtigten Zweck;
wenn man aber für den Walzendruck die Klebrigkeit verschiedener Farben welche
Metallsalze enthalten, ermitteln will, so äußert die Dichtigkeit dieser Salze auf
das Aräometer den entsprechenden Einfluß, und das Instrument ist also in diesem
Falle nicht mehr mit Sicherheit anwendbar.
Das oben beschriebene Viscosimeter von Ochs füllt sich,
auf reines Wasser gestellt, in 12 Secunden; stellt man es dagegen auf eine nur
schwach verdickte Gummifarbe, so verstreichen 40 bis 50 Secunden bis es sich füllt.
Je nach der Art der Gravirung, welche gedruckt werden soll, muß die Farbe einen
verschiedenen Verdickungsgrad haben, so daß die Zeit, in welcher sie das
Viscosimeter füllen muß, von 80 bis 200 Secunden variirt.