Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. , S. 313 |
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Miscellen.
Miscellen.
Die amerikanische Dampf-Orgel.
Seit ungefähr einem Jahre erregt eine Dampf-Orgel (steam organ) „Kalliope“ genannt, in den Vereinigten
Staaten von Nordamerika allgemeines Aufsehen. Nachdem sie alle größeren Städte der
Reihe nach besucht und die lauschende Menge im Norden, Süden, Osten und Westen mit
ihren grellen Tönen erfreut hat, nahm sie jetzt in den Räumen des Krystallpalastes
zu New-York während der neunundzwanzigsten Ausstellung des
Franklin-Instituts einen mehrwöchentlichen Aufenthalt und hilft den Besuchern
die gegenwärtige Geldkrisis vergessen, denn sobald ihre dumpfe Stimme erschallt,
drängt sich Alt und Jung in ihre Nähe, um sich keinen ihrer süßen Laute entgehen zu
lassen, obgleich ihre Töne bis in die äußersten Winkel des Palastes laut und
vernehmlich dringen.
Leider eignet sich die Kalliope weniger zur Aufspielung heiterer Weisen, als z.B. des
Yankee doodle, der unharmonischen Nationalhymne,
die, wie bekannt, das gesammte Muskelsystem der Amerikaner, so oft sie gespielt
wird, förmlich elektrisirt und ihren Körper in eine eigenthümliche lebhaft hüpfende
Bewegung versetzt, als vielmehr zu ernster Musik. Es ist deßhalb der Vorschlag
gemacht worden, die Dampf-Orgel in großen Kirchen in Anwendung zu bringen und
zu diesem Zwecke hat sich eine Dampfmusik-Actiengesellschaft (American
Steam Music Company) in Worchester im Staate Massachusetts gebildet, deren
Agent A. S. Denny daselbst ist.
Die Einrichtung der Dampforgel ist übrigens sehr einfach: Auf eine starke Dampfröhre,
welche mit einem Dampfkessel in Verbindung steht, ist eine Anzahl nach der Tonleiter
gestimmter Dampfpfeifen aufgeschraubt. Jede dieser Dampfpfeifen ist mit einem
Ventil, auf welches eine Feder wirkt, verschlossen. An dem Ventile sind Drähte
befestigt, welche durch Hebel auf einer Seite mit Tasten verbunden sind, auf der
andern mit einer drehbaren Stiftwalze in Communication gesetzt werden können, so daß
man entweder Melodien ableiern oder nach Belieben auf der Claviatur spielen kann;
das Instrument ist also zugleich Leierkasten und Orgel.
Ein Vortheil der Kalliope besteht jedenfalls darin, daß ihre Töne von einer
bedeutenden Menschenmenge auf einmal gehört werden können. B. H.
Beseitigung zerbrochener Kohlenwagen von den Eisenbahngeleisen
in Amerika.
Wenn auf den Kohlenbahnen ein Unglücksfall eintritt, so
wird der erste umgestürzte Wagen an den Schwellen so fest als möglich verankert und
der hinterste Wagen mit einem Seil an die Locomotive befestigt, und mit letzterer
vorwärts gezogen. Auf diese Weise werden sämmtliche zerbrochene Wagen kopfüber vom
Geleise weggeschafft und hierdurch so zerbrochen, daß die noch im Wege liegenden
Trümmer leicht auf die Seite geworfen werden können.
Der Grund zu diesem Lynchverfahren ist, daß die Zerstörung einiger Kohlenwagen und
der Verlust ihrer Ladungen weniger Schaden verursacht, als der durch regelrechtes
Wegräumen der Wagen entstehende Aufenthalt der nachfolgenden geladenen Kohlenzüge.
B. H.
Die Uchatius'sche Stahlerzeugung
und ihre neuesten Fortschritte.
Die Beilage zu Nr. 327 der Allg. Zeitung vom 23. Nov. d.
J. enthält in diesem Betreff von einem Correspondenten in Wien folgende verläßliche
Mittheilungen:
„Mit Beschreibung des Uchatius'schen
Stahlerzeugungsprocesses halten wir uns hier nicht weiter auf.Wir verweisen auf die Abhandlung im polytechn. Journal Bd. CXLII S. 34. Bekanntlich wurde das Uchatius-Patent sowohl in England als in
Frankreich und in jüngster Zeit endlich auch in Oesterreich selbst durch den
Gesellschafter und Bevollmächtigten des verdienten Hauptmanns, Hrn. K. Lenz, wie es scheint, unter sehr vortheilhaften
Bedingungen, veräußert, während die preußische Patent-Gesetzgebung einem
ähnlichen Schritt im Zollverein bisher noch nicht zu überwindende
Schwierigkeiten entgegenstellte. Sogleich nach dem Verkauf des Patents in
England bemühte sich Hr. Lenz die
Uchatius-Methode in einigen englischen Werken einzuführen. Der Erfolg,
wenigstens nach den mannichfachen Proben zu urtheilen welche nach Wien gebracht
wurden (wo man bereits früher die verschiedensten Sachen, und zumal schöne
Schneidewerkzeuge, aus Uchatius-Stahl verfertigt hatte), entsprach mehr
und mehr allen Erwartungen.
Vor allem waren in England noch zwei wichtige Hindernisse zu beseitigen, nämlich
einmal die Methode auf die Verwendung von Kohkseisen
statt Holzkohleneisen auszudehnen; sodann das durch die Beimischung von Oxyden
zu den (dem Uchatius'schen Verfahren eigenthümlichen) Eisenkörnern verursachte
schnelle Abschmelzen der Tiegel zu verhindern. Die
Versuche in beiden Richtungen führten schließlich zu dem gewünschten Erfolg.
Wie man weiß, wird in allen stahlerzeugenden Ländern nur Holzkohleneisen,
mindestens für die mittleren und feineren Stahlsorten, verwendet. So besitzen
heute noch das schwedische, russische, rheinpreußische, steierische und in
neuester Zeit das an der französisch-piemontesischen Gränze erzeugte
Holzkohleneisen den ausschließenden Vorzug zu Stahl verarbeitet zu werden, und
es stehen darum die Preise solcher Eisensorten an manchen Orten doppelt so hoch
als die bei Kohks erzeugten. Beim Uchatius-Verfahren auch Kohkseisen
vollkommen verwenden zu können, ist mithin von ganz besonderem Vortheil für
England, welches bekanntlich gar kein Holzkohleneisen mehr erzeugt. Das von Hrn.
Lenz mit Erfolg verwendete Kohkseisen war aus
Spatheisensteinen erzeugt. Die dabei gebrauchten Kohks waren sehr hart und fast
gänzlich schwefelfrei, und hatten kaum 4 Procent Aschengehalt. Der Zuschlag zu
den Erzen, welche natürlich etwas verwittert waren, bestand aus ziemlich
phosphorfreiem Kalk. Es war daher voraussichtlich aus diesem Material ein gutes
schwefel- und phosphorfreies Eisen zu bekommen, und dieß sind wesentliche
Bedingungen des Erfolgs.
Der Stahl, aus solchem Kohkseisen bei Anwendung von gleichen Verhältnißmengen
entkohlender Stoffe erzeugt, ist, wie auch leicht zu begreisen, um ein geringes
härter als jener aus Holzkohleneisen. Dieß ist jedoch der einzige Unterschied
welcher sich bisher herausgestellt hat. Eine Sendung von 11 Centnern solchen
Stahls, bestehend in einer 300 Pfund schweren Eisenbahnwagenachse, 30 Duzend
Fellen verschiedener Größe, einigen Federn und Stahlstäben zu Werkzeugen, ist
hier in Wien angekommen, und bei den gegenwärtigen Patenteigenthümern für
Oesterreich, den HHrn. Kreeft und Lenz, zu besichtigen. Auch im niederösterreichischen
Gewerbeverein, wo diese Proben großentheils ausgestellt waren, gab Hr. Lenz darüber die befriedigendsten Aufschlüsse.
Ein anderer wichtiger Uebelstand, an welchem der Stahlfabricant Hr. Fr. Hut in Hagen, der die Einführung des
Uchatius-Verfahrens im Zollverein übernommen hatte, vorübergehend
gescheitert zu seyn scheint, betraf das schon oben erwähnte Abschmelzen der
Tiegel, welches bisher auch bei andern verbesserten Methoden der
Stahlfabrication die größten Schwierigkeiten bewirkt hat. Auch diesem Uebel
wurde, nach Versicherung des Hrn. Lenz, alsbald
vollkommen gesteuert.
Tiegel aus Graphit erzeugt, sind den Einflüssen der Oxyde viel weniger
unterworfen als Thontiegel. Indeß ist die Verfertigung der ersteren, an vielen
Plätzen wo man Graphit aus weiter Ferne herbeischaffen muß, eine kostspieligere.
Wir legen daher den größten Werth auf die Anfertigung vollkommen entsprechender
Thontiegel. Nähere Einzelnheiten über die Art und Weise wie die HHrn. Uchatius und Lenz das
Abschmelzen der Thontiegel verhindern, sind wir außer Stande zu geben. Jedoch
soll dieselbe
theilweis in einer Präparation der entkohlenden Stoffe, so wie in einer Mischung
von gewissen Thonsorten mit Graphit bestehen. Hier liegt vorläufig für uns noch
der dunkle Punkt. Jedenfalls scheint gewiß zu seyn, daß die gedachten
Uebelstände gegenwärtig gänzlich gehoben sind, und sonach der Anwendung der
Uchatius-Methode für Stahlbereitung nirgends mehr etwas im Wege steht.
Daß es andern welche bei der neu auftauchenden Erfindung alsbald Versuche in
gleicher Richtung anstellten, noch nicht gelungen ist alle Schwierigkeiten
hinwegzuräumen – was oft genug an einer Kleinigkeit hängen mag –
kann natürlicherweise jener Thatsache keinen Abbruch thun, und es zeigt sich nun
daß die auch hier schon lautgewordene Schadenfreude verfrüht war. Die
vervollkommnete Präparirung der Thontiegel zur Stahlbereitung dürfte übrigens
auch andern Methoden zu gute kommen.
Wie oben schon angedeutet, ist im verflossenen September das österreichische
Patent des Uchatius-Stahlbereitungsverfahrens von einer aus Engländern
und einigen Oesterreichern bestehenden Gesellschaft angekauft worden. Außer dem
Hrn. Lenz gehören zu dieser Gesellschaft auch mehrere
Engländer, welche gleichfalls an demselben Unternehmen in England betheiligt
sind, und dort bereits Versuche im Großen ausgeführt haben. Die gedachte
Gesellschaft befindet sich gegenwärtig in Unterhandlung mit der kaiserl.
Staatsverwaltung wegen Pachtung oder Ankaufs des ganz neu angelegten ärarischen
Stahlwerks zu Reichenau an der südlichen Staatsbahn. Dieses in wenigen Stunden
von Wien aus zu erreichende Werk ist mit mehreren Hämmern, Walzgarnituren, Oefen
und allen Maschinen versehen, groß genug um 40 – 60,000 Centner Stahl
jährlich erzeugen zu können.“
Verfahren zur Trennung des Eisens vom Mangan; von Fr. Field.
Wenn man ein Eisenoxydsalz mit Bleioxyd oder kohlensaurem Blei bei mäßiger Temperatur
digerirt, so wird sämmtliches Eisen gefällt; in der Wärme erfolgt die Zersetzung
rascher. Auflösungen der Manganoxydulsalze werden hingegen bei dieser Behandlung
nicht zersetzt. Wenn man die Auflösung des käuflichen Braunsteins in Salzsäure mit
Bleioxyd (Bleiglätte) kocht, so wird die Flüssigkeit nach wenigen Minuten farblos,
und es schlägt sich ein basisches Eisensalz nieder. Es ist jedoch nothwendig, das
Blei von dem Mangan zu trennen, was am besten dadurch geschieht, daß man vor dem
Filtriren einen schwachen Ueberschuß von schwefelsaurem Natron zusetzt; dem Filtrat
setzt man dann noch ein wenig Schwefelwasserstoff-Wasser zu (oder leitet das
Gas hinein), denn es ist fast unmöglich alles Blei mittelst Schwefelsäure oder eines
auflöslichen schwefelsauren Salzes abzuscheiden.
Um die Genauigkeit dieser Methode zu erproben, wurden 10,0 Gran Eisen und 1,0 Gran
Manganoxyd-Oxydul in verdünnter Salpetersalzsäure aufgelöst. Nachdem das
Eisen vollständig auf das Maximum der Oxydation gebracht war, wurde die Lösung
abgedampft, um die überschüssige Säure größtentheils auszutreiben, und dann mit
beiläufig 100 Gran Bleiglätte gekocht. Nach dem Erkalten wurde eine Auflösung von
schwefelsaurem Natron in Ueberschuß zugesetzt, die Flüssigkeit hierauf filtrirt und
der Niederschlag vollkommen ausgewaschen.
Man leitete nun einen schwachen Strom Schwefelwasserstoffgas durch die Flüssigkeit,
welches einen geringen Niederschlag von Schwefelblei veranlaßte. Nach vorherigem
Filtriren wurde dann die Flüssigkeit gekocht, um den überschüssigen
Schwefelwasserstoff auszutreiben, worauf das Mangan mit kohlensaurem Natron gefällt
und nach dem Auswaschen und Trocknen zum Rothglühen erhitzt wurde, um es in
Manganoxyd-Oxydul umzuwandeln.
Man erhielt 0,97 Gr. Manganoxyd-Oxydul (Mn³O), während 1,00 Gr. angewandt
worden war. Dasselbe war vollkommen rein. Die kohlensauren Alkalien fällten aus
seiner Auflösung schneeweißes kohlensaures Manganoxydul. Schwefelammonium fällte
reines fleischfarbiges Schwefelmangan, ohne die geringste Schwärzung, und
Blutlaugensalz bewirkte nicht die geringste blaue Färbung. Ein eben so günstiges
Resultat lieferte die Bestimmung des Eisens.
Die Anwendung von Schwefelwasserstoff ist bei diesem Verfahren nicht zu umgehen. Wenn
man nämlich Eisenchlorid und Bleioxyd mit schwacher Salzsäure kocht, so entsteht auf Zusatz
von Schwefelsäure oder Glaubersalz kein Niederschlag. Beim Abkühlen der Flüssigkeit
bilden sich große Krystalle von Chlorblei, und wenn man dieselbe durch Abdampfen
concentrirt, so erhält man mehr von diesem Salz. Es entsteht also kein
schwefelsaures Blei. Kocht man schwefelsaures Eisenoxyd und Chlorblei mit Salzsäure,
so löst sich alles auf, und beim Abkühlen scheidet sich Chlorblei ab.
Man kann der beschriebenen Methode den Vorwurf machen, daß ein drittes Metall behufs
der Trennung der zwei schon vorhandenen eingeführt wird; dagegen kommt in Betracht,
daß man, um reines Manganoxyd aus dem käuflichen Braunstein zu erhalten, stets einen
Strom Schwefelwasserstoff durch die saure Flüssigkeit leiten muß, um vorhandene
Spuren von Kupfer etc. zu fällen. Bei der beschriebenen Methode wird der
Schwefelwasserstoff erst nach der Abscheidung des Eisens
eingeleitet, anstatt vorher, und es werden daher mit der
kleinen Menge von Blei, welches der Fällung durch Schwefelsäure entging, zugleich
Spuren von Kupfer etc. abgesondert. (Chemical Gazette,
October 1857, Nr. 359.)
Neue Quelle für Selen.
Nach einer Mittheilung des Hrn. Apotheker L. Giseke in
Eisleben (Archiv der Pharmacie Bd. CXL S. 298) wird auf dem Entsilberungswerke der
Mannsfelder Gewerkschaft Selen in solcher Menge gewonnen, daß es zu 8 Rthlr. pro Unze verkäuflich ist und der Verfasser den Vertrieb
übernommen hat.
Es findet sich das Selen als Flugstaub in dem hohen Schornstein der Röstöfen, in
denen die aus dem Kupferschiefer gewonnenen Kupfer- und Spursteine der
gelinden Röstung behufs der nachmaligen Silberextraction mittelst Wasser unterworfen
werden. Der Flugstaub fällt von Zeit zu Zeit herab und wird beim jedesmaligen
Kaltlegen der Oefen gesammelt. Er besteht aus fein vertheilter Kohle, schwefelsauren
Salzen, freier Schwefelsäure und fein vertheiltem Selen. Dr. Böttger gewinnt letzteres daraus auf
folgende Art: Nach erfolgtem Abschlämmen wird die Lauge filtrirt, der getrocknete
Rückstand mit einem gleichen Theil Potasche oder calcinirter Soda im hessischen
Tiegel geschmolzen und die pulverisirte Schmelze auf einem Colatorium mit heißem
Wasser ausgelaugt.
Aus der dunkelbraunrothen Colatur läßt man an der Luft das Selen sich ausscheiden,
trocknet dieses, destillirt es aus einer Porzellanretorte, schmilzt das Destillirte
in einem Porzellantiegel und gießt es in Stengelform. (Journal für praktische
Chemie, 1857, Nr. 16.)
Mittel gegen den schädlichen Einfluß des Schwefelkohlenstoffs
auf die Gesundheit bei der Verarbeitung des Kautschuks.
Hr. Delpech hat bereits die Aufmerksamkeit der
französischen Akademie der Wissenschaften auf die Gefahren gelenkt, welchen die
Gesundheit der Arbeiter durch die Schwefelkohlenstoff-Dämpfe beim
Vulcanisiren des Kautschuks ausgesetzt ist (polytechn. Journal Bd. CXXXIX S. 79). Der Schwefelkohlenstoff
wirkt zwar langsam, aber sehr schädlich, es tritt eine sehr große Schwäche ein, die
Gesichtsfarbe wird leichenartig, das Gedächtniß verschwindet etc.
Nach der Science pour tous hat die Erfahrung bereits
bewiesen, daß eine Auflösung von kohlensaurem Eisenoxydul in Wasser ein wirksames
Mittel gegen diese Folgen ist. Es genügt hierzu, Nägel oder Eisenfeile in Wasser
liegen zu lassen, um ein Eisenwasser zu erzeugen und dasselbe dann mit Selterwasser
gemischt zu trinken.
Verfahren, um behufs der Fabrication geistiger Flüssigkeiten
den Rohrzucker in Fruchtzucker umzusetzen; von Ch. Garton
und J. Parsons in Bristol.
100 Pfd. Rohrzucker werden in so viel Wasser aufgelöst, daß ein Syrup von 30 bis
33° Baumé entsteht; diesem setzt man 1 bis 2 Pfd. concentrirte
Schwefelsäure (von 1,84 spec. Gewicht) zu und erhält die Lösung 48 bis 96 Stunden
lang auf einer Temperatur von 54 bis 82° C. (44 bis 66° R). Nach
Verlauf dieser Zeit ist die gewünschte Veränderung in der Zusammensetzung und den
Eigenschaften des Rohrzuckers bewerkstelligt; man kann sich davon mittelst des
Polariskops überzeugen, indem der Zucker, welcher vorher das polarisirte Licht nach
rechts ablenkte, es nun nach links ablenkt; man sollte jedoch diese Umsetzung nicht weiter treiben, als
auf 12 bis 15° nach dem Zeiger des Polariskops. Man neutralisirt nun die
Säure mit Kreide, läßt den gebildeten Gyps sich absetzen oder filtrirt ihn ab; dann
kann man die Flüssigkeit noch abdampfen um den Zucker zu körnen.
Will man den Syrup entfärben, so filtrirt man ihn auf gewöhnliche Weise durch
Thierkohle. Sollte nach dem Neutralisiren der Schwefelsäure überschüssiger Kalk
zurückbleiben, so kann er aus dem Syrup durch Weinsteinsäure, Citronensäure oder
einen großen Ueberschuß von Weinstein abgeschieden werden. – Patentirt in
England am 2. November 1856. (London Journal of arts,
Oct. 1857, S. 212.)
Verfahren zur Flachsveredlung oder zum Vorbereiten des
Flachses für das Bleichen; von J. G. Marshall in
Leeds.
Der Erfinder bereitet zu dieser Behandlung des Flachses eine eigenthümliche Seife,
deren Lösung er Steinkohlentheeröl oder Terpenthinöl beimischt, um die den Fasern
anhängenden gummigen oder harzigen Substanzen aufzulösen.
Zur Bereitung der erwähnten Seife dient die durch Destillation von Fetten erhaltene
Oelsäure, welche in gewöhnlicher Weise verseift wird; die so erzeugte Seife wird mit
oder ohne Ueberschuß von Alkali angewendet. Man kann derselben auch eine Quantität
Glycerin zusetzen. Der Flachs wird mit dieser Seife nach dem Princip behandelt,
welches sich Fr. Montgomery Jennings am 15. Novbr. 1852
patentiren ließ (man s. polytechn. Journal Bd.
CXXXV S. 72). Das mit der Seife zu benutzende Steinkohlentheeröl oder
Terpenthinöl wird in rohem Zustande derselben zugesetzt und durch Umrühren
beigemischt, unmittelbar vor dem Eintauchen der Faser in die Mischung. Das
Verhältniß von flüchtigem oder wesentlichem Oel, welches man der Seife beimischt,
kann ein sehr verschiedenes seyn und hängt von der Beschaffenheit des zu
behandelnden Materials ab. – Patentirt in England am 22 Januar 1857. (London Journal of arts, Octbr. 1857, S. 231.)
Steinkohlengewinnung und Verbrauch in Europa.
Dem Bericht des östereichischen Handels- und Gewerb-Statistikers Hrn.
Noback über die Pariser Ausstellung entnehmen wir
nachfolgende Zusammenstellung und Notizen.
Die gesammte Kohlenproduction in Großbritannien im Jahre
1854 auf 2397
Werken
betrug 64,661,401 Tonnen oder
1,313,971,397 Zoll-Ctr.
Belgien producirte 1853 über 7 Mill. Tonnen,
genauer
143,431,000 „
Frankreich producirte 1852 auf 286
Steinkohlengruben
98,078,518 „
Preußen producirte 1854 auf 392
Steinkohlengruben
136,250,000 „
überdieß an
Braunkohlen auf 384 Werken
25,000,000 „
Sachsen producirte
1853
17,783,706
Zoll-Ctr.
Oesterreich
producirte 1853 (Stein- u.
Braunkohlen) circa
9,000,000 „
Im übrigen Europa (wovon über 1 Mill. auf
Hessen und etwa 1/2 Mill. auf Hannover
kommen)
4,420,000 „
Von den in Großbritannien gewonnenen Kohlen wurden
3,680,000 Ton. ansgeführt und blieben beinahe 61 Millionen Tonnen für den
einheimischen Verbrauch, wovon mindestens 6 Millionen bei der Eisenindustrie
verwendet werden. Den Verbrauch der Gaswerke schätzte man schon im Jahre 1850 auf
1,100,000 Ton. woraus in 775 Gasbereitungsanstalten 9000 Millionen Kubikfuß
Leuchtgas erzeugt wurden, wovon aber nach Abzug des Verlustes durch Entweichen etc.
nur 7200 Millionen von den Consumenten zu bezahlen waren. Hierdurch wurden etwa 33
Millionen Gallons Brennöl ersetzt, die 13 Millionen Pfd. St. gekostet hätten,
während das Gas nur 1 1/2 Millionen Pfd. St. kostete.
Bei der Kohlengewinnung waren im Jahre 1854 etwa 230,000 Arbeiter, bei dem
Kohlentransport etwa 60,000 (meist Matrosen) Menschen und 8000 Schiffe
beschäftigt.
Von Belgien wurden 1854 über 2 1/2 Millionen Tonnen (à 20 Zollcentner) meistens auf Canälen nach
Frankreich ausgeführt.
Frankreich führte im Jahre 1852 überhaupt 62 Millionen
Zollcentner Kohlen ein, wovon 42 1/2 Millionen aus Belgien, 13 Millionen aus
England, 6 1/2 Millionen aus Rheinpreußen. Aus Mittelfrankreich wurden nur 827,200
Zollcentner nach der Schweiz, Sardinien, Algier etc. ausgeführt; im Jahre 1854 stieg
die Einfuhr weit über 76 Millionen Zollcentner.
In Preußen hat sich seit einem Vierteljahrhundert die
Gewinnung der Steinkohlen verfünffacht, der Braunkohlen mehr als versiebenfacht,
welche letztere man vorzugsweise in den Provinzen Sachsen und Brandenburg gewinnt.
(Zeitschrift des hannoverschen Architekten- und Ingenieurvereins, 1857, Bd.
III S. 245.)
Volumsverminderung des Holzes durch Verkohlung.
Die Volumsverminderung des Holzes durch Verkohlung wird von Einigen auf 8 bis 10
Proc, von andern auf 20 bis 25 Proc. angegeben, lufttrockenes Holz vorausgesetzt; das Unsichere im Messen des Holz-
wie des Kohlen-Volumens, sowie die Ungleichheit des Resultats nach
Verschiedenheit der Größe von Holz- wie Kohlenstücken ist so bedeutend, daß
jene enorme Differenzen kaum überraschen können.
Eine Klafter von 144 Kubikfuß würde demnach mindestens 108 Kubikfuß und höchstens 132
Kubikfuß Kohle geben. (A. a. O.)
Vorrichtung zum Transport lebender Fische.
Bekanntlich gehen im Wasser, welches keine Luft enthält, die Fische bald zu Grunde,
weßhalb die Schweizer Bauern das Wasser von einer gewissen Höhe in die Kästen fallen
lassen, in welchen sie die Forellen am Markte feil bieten; während seines Falles
nimmt das Wasser Luft in sich auf.
Noël, ein Fischer in den Vogesen, erdachte sich
folgende Vorrichtung, um Fische in einem kleinen Volum Wasser mehrere Tage lang am
Leben zu erhalten. Ein Kasten wird mittelst einer beweglichen Hürde in zwei Theile
abgetheilt; die untere Abtheilung enthält die Fische, und die obere eine durch eine
Kurbel in Bewegung zu setzende Eimerkette ohne Ende. Die Eimerchen schöpfen beim
Umdrehen das Wasser aus dieser Abtheilung und gießen es nach jedem Umgang wieder
aus, wodurch es, hinlänglich mit Luft imprägnirt, wieder in den Kasten fällt.
Mittelst dieser Vorrichtung kann man die Fische nicht nur auf den Märkten am Leben
erhalten, sondern auch auf große Entfernungen transportiren. Coste. (Comptes rendus, März 1857, Nr.
11.)
Das Schnellpökeln des Fleisches im Kleinen.
Man nimmt, wie Hr. Prof. Runge angibt, auf 16 Loth
Kochsalz 1/2 Loth Salpeter und 1 Loth Zucker und wälzt, ebenso wie es auch schon
früher die Hausfrauen thaten, das Stück Fleisch so darin, daß alle Seiten desselben
ihr gehöriges Salz bekommen. Darauf hüllt man dasselbe in ein Stück, vorher gut
gebrüheter, aber wieder getrockneter Leinwand fest ein und legt es in einen
Porzellan- oder anderen Napf und obendrauf einen möglichst dicht schließenden
Teller. Diese Leinwandhülle ist das Wesentliche beim Schnellpökeln im kleinen
Maaßstabe, was, wie Prof. Runge meint, nicht allen
Hausfrauen bekannt seyn wird. Man kann nach 12 Stunden schon die Wirkung sehen. Hat
man nämlich das Fleischstück mit dem Salzgemenge ohne
Leinwandhülle in den Napf gelegt, so findet man den größten Theil des Salzes zu Lake
zerflossen am Boden desselben. Sonach kann es keine Wirkung mehr auf den Theil des
Fleisches äußern, der daraus hervorragt. Bei der Leinwandumhüllung ist dem nicht so,
hier finden wir gar keine Lake in den ersten 10 Stunden, dafür ist sie selbst aber
durch und durch mit den aufgelösten Salztheilen getränkt, und gibt nun, da ihre
Berührung mit dem Fleisch fortdauert, stets Salz an dasselbe ab, als es dafür
Feuchtigkeit von ihm erhält. Später, nach etwa 16 Stunden, findet man unten etwas
Lake, nun ist es Zeit das Fleisch mit seiner Hülle umzukehren und dieß täglich
einmal zu wiederholen.
Ein so behandeltes Stück Fleisch von 6 Pfund wurde schon nach 6 Tagen aus seiner
salzigen Umhüllung genommen. Es hatte nur 10 Loth an Gewicht verloren; denn die
wenige freie Lake betrug mit der, welche die Leinwand aufgenommen hatte, nur 27
Loth. Das Fleisch wurde nun in bloßem Wasser gekocht und zeigte sich wohlschmeckend
und hinreichend gepökelt.
Alles hier Gesagte gilt vom Pökeln in kleinen Mengen. Sobald man das Drei-
oder Vierfache pökelt, kann die Leinwandhülle wegbleiben. Höchstens daß man ein
Stück Leinwand als Decke obenauf legt. Denn da 6 Pfund Fleisch 27 Loth Lake geben,
so geben (wenn man dieselbe Menge Pökelsalz anwenden würde, was hier aber zu viel
seyn könnte) 24 Pfund Fleisch 108 Loth Lake, was übergenug ist, das Fleisch mit Lake
zu bedecken.
Es kommt hiebei nur auf das richtige Einlegen der in dem Pökelsalz gewälzten
Fleischstücke an. Es dürfen keine leeren Räume bleiben. Durch kleine Fleischstücke
kann man sie zwar ausfüllen. Aber man schneidet nicht gern ein ansehnliches Stück zu
diesem Zweck entzwei. Es ist auch nicht nöthig, da glatte wohlgewaschene Kieseloder
Feldsteine in allen möglichen Größen hier dasselbe thun und jeden Raum aus füllen,
wo müßige Lake sich ansammeln könnte.
In Hamburg soll man beim Schnellpökeln im Großen das Fleisch in großen Stücken mit
Holz geschichtet, in eiserne Cylinder bringen, welche luftdicht verschließbar sind.
Mittelst einer Luftpumpe soll die Luft dann aus denselben gepumpt und durch eine
andere Pumpe die Pökellake hineingetrieben werden. Durch dieses Verfahren soll die
Pökelung in 12 Stunden vollendet seyn. Prof. Runge
bemerkt dazu, daß dieß Verfahren ganz gut, und der richtige Verstand darin sey, d.h.
wenn die zum Schichten dienenden Holzstücke stets gebraucht würden. Müßten jene
dagegen einige Tage ruhen, so daß sie also an diesen nicht gebraucht würden, so sey
es besser, wenn man sich, statt der Holzstücke, glatter Kiesel- oder
Feldsteine bediene. Es sey hierbei nämlich die Erfahrung zu beobachten, welche man
jüngst in Frankreich gemacht habe, wonach die Pökellake nach längerer Aufbewahrung
giftige Eigenschaften annehmen soll. In Berührung mit der Holzfaser könne dieß auch
der Fall seyn. (Böttger's polytechn. Notizblatt, 1857, Nr. 21.)
Rolland's Tabaksdörrapparat.
Rolland's Apparat, der in der Tabakfabrik zu Straßburg
schon in Anwendung und dessen Einführung auch in den übrigen französischen Fabriken
bereits beschlossen ist, hat die Bestimmung, in einer bestimmten Phase der
Tabaksfabrication den
Tabak einer Temperatur von 100° C. auszusetzen, was bisher in den
französischen Fabriken auf von unten her erhitzten Metallplatten oder mittelst durch
Dampf geheizter Röhren geschah.
Es besteht der Rolland'sche Apparat der Hauptsache nach
aus einer horizontalen Trommel, die im Innern schraubengangartige Rippen hat und
sich gleichförmig um ihre Achse dreht. Der an dem einen Ende regelmäßig eingebrachte
Tabak wird mittelst der Rippen in der Richtung der Achse fortgeführt, dabei durch im
Innern der Trommel vorhandene Gabeln fortwährend umgewendet und zertheilt, und
endlich am zweiten Trommelende durch eine daselbst sich öffnende Klappe, die sich
gleich darauf wieder schließt, herausfallen gemacht. Die Erhitzung der Trommel
geschieht von einem unter ihr befindlichen Herde her in der Art, daß die heißen Gase
die ganze Trommel umziehen und die Temperatur darin durch einen kleinen außerhalb
des Ofens angebrachten selbstwirkenden Apparat (Thermoregulator) stets auf einer
constanten Höhe erhalten wird. Dieser Thermoregulator besteht im Wesentlichen aus
einem im Dörrapparate angebrachten kupfernen Rohre, das mit Luft gefüllt ist deren
mit der Temperatur wachsender und abnehmender Druck durch Vermittlung der Luft in
einer sehr engen Röhre auf einen kleinen Apparat übertragen wird, der einen
Waagbalken zu größerer und geringerer Neigung bringt, so daß mittelst an den Enden
dieses Balkens vorhandener Scheiben, wovon die eine über, und die andere unter zwei
durch sie mehr oder weniger verschließbaren Oeffnungen angebracht ist, und welche
demnach als Klappen wirken, der Zutritt der Luft durch diese Oeffnungen zum Feuer so
vermehrt oder vermindert, und mithin der Verbrennungsproceß immer gerade so regulirt
wird, wie es die Unterhaltung einer constanten Temperatur erfordert. – Der
ganze Rolland'sche Apparat läßt sich offenbar sehr
vortheilhaft auch für viele andere Substanzen benützen, die eine gewisse Zeit
hindurch einer bestimmten, einen gewissen Grad nicht überschreitenden Temperatur
auszusetzen sind. Ebenso leuchtet für sich ein, daß der Rolland'sche Thermoregulator auch in vielen anderen Fällen, wo es sich um
Fixirung der Temperatur innerhalb gewisser Gränzen handelt, sehr nützliche Anwendung
finden kann. (Oesterr. Bericht über die Pariser Industrie-Ausstellung, Heft
11.)
Ueber falsche Zobelfelle; von J. B. Friedreich.
Aus England sind falsche Zobelfelle, aus Hamsterfellen
bereitet, in den Handel gekommen. Das Verfahren bei diesem Betruge ist folgendes:
die Hamsterfelle werden mit einer Beize von Kalkmilch überzogen, welche aus 1 Pfd.
gebranntem Kalk und 10 Pfd. Wasser bereitet wird; dieselbe wird auf die Haarseite
des Hamsterfelles leicht mit einer Bürste aufgetragen und 12 Stunden lang darauf
gelassen; hierauf bekommt das Fell eine Lage der färbenden Composition, welche aus
folgenden Stoffen besteht: 3 Pfd. geröstete Galläpfel, 4 Unzen Salmiak, 14 Unzen
Sumach, 12 Unzen Schwefelantimon, 2 Unzen Grünspan, 10 Unzen Eisenschlacken, 4 Unzen
Kupferasche und 10 Unzen Thon. Diese Stoffe werden zu einem Pulver gerieben und dann
allmählich mit 90 Pfd. Wasser versetzt und das Ganze gut gemischt; man trägt nun
mittelst einer Bürste eine Lage dieser Composition auf das Hamsterfell auf und läßt
es 24 Stunden darauf, wobei man immer zwei Felle so zusammenlegt, daß sie sich mit
ihrer Haarseite berühren; nach 24 Stunden werden die Felle geklopft, und der Proceß
wird wiederholt, bis die Felle die gewünschte Farbe erhalten haben; hierauf werden
sie gereinigt, indem man sie in einen geschlossenen Cylinder mit Sand und Sägespänen
von Mahagoniholz bringt, welchem man 2 Stunden lang eine drehende Bewegung gibt.
(Würzburger gemeinnützige Wochenschrift, 1857 S. 46.)