Titel: | Ueber den Betrieb der Drahtziehereien; vom Civilingenieur August Gillon. |
Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. XIII., S. 26 |
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XIII.
Ueber den Betrieb der Drahtziehereien; vom
Civilingenieur August Gillon.
Aus der Revue
universelle, Bd. II S. 51.
Gillon, über den Betrieb der Drahtziehereien.
Die Wichtigkeit der Drahtfabrication ist in der letzten Zeit sehr gestiegen. Das
Gedeihen eines Industriezweiges hat fast immer mehr oder minder wichtige
Veränderungen und Verbesserungen der dabei angewendeten Processe im Gefolge, denn
die starte Nachfrage nach einem Artikel veranlaßt Concurrenz, und diese ist der
mächtigste Sporn zu Fortschritten. Andererseits vermindern Fortschritte in der
Fabrication den Preis des Productes und begünstigen daher die Zunahme des
Verbrauchs.
Die vielfachen Anwendungen des Eisens haben die Processe geschaffen, durch welche man
jetzt mit aller Sicherheit verschiedene Eisensorten, wie körniges, festes, sprödes
erzeugt, je nach dem davon zu machenden Gebrauch. So hat die gedeihliche
Entwickelung der Eisendrahtfabrication auf die Erzeugung einer körnigen Eisensorte
geführt, welche das Durchziehen durchs Zieheisen besonders gut verträgt.
Während aber in der neuesten Zeit die Fabrication des für verschiedene Zwecke
dienenden Eisens sich vervollkommnet hat, und namentlich auch die des Drahteisens,
des Materials für die Drahtziehereien, blieb das eigentliche Ziehen des Drahtes,
worunter wir diese Arbeit, das Ausglühen und das Scheuern verstehen, bei dem
merkwürdigen Aufschwung aller Industriezweige fast stationär.
Die Zeit liegt freilich fern, wo das Drahtziehen darin bestand, durch eine Maschine
Zangen bewegen zu lassen, welche den in das Zieheisen eingeführten Eisenstab faßten
und ihn durch ein Loch von jenem zogen, dann den Stab los ließen, sich dem Zieheisen
näherten, ihn darauf wieder faßten u.s.f. Man konnte auf diese Weise grobe Nummern
anfertigen, aber der Draht zeigte an den entsprechenden Stellen die Zangenbisse.
In den letzten 25 Jahren ist die Drahtzieherei allerdings verbessert worden, jedoch
nur in einigen besondern Zweigen; dahin gehört z.B. die Fabrication des
Eisen- oder vielmehr des Stahldrahtes für mathematische Instrumente, so wie
für musikalische Instrumente. Hier ist die Gleichförmigkeit des Kalibers von großer
Wichtigkeit, einerseits für den Gang des Instruments und andererseits für die
Schwingungen der Saiten, sowie für deren Klang, und ungeachtet des weit geringen
Preises der gewöhnlichen stählernen Zieheisen, berücksichtigt man doch die Vortheile
welche das Product durch die Anwendung eines härtern Materials erlangt, und scheut
die höheren Kosten nicht, weil sie durch das vorzüglichere Product compensirt
werden. So hat man in England zu diesen Zwecken Zieheisen angewendet, deren Löcher
mit sehr harten Edelsteinen, wie Diamant, Rubin, Saphir, gefuttert sind. Zum
Ausziehen der edlen Metalle für Posamentierarbeiten, wobei ein constantes Kaliber
des Drahtes auf ausgedehnte Längen ebenfalls fehr wesentlich ist, leisteten diese
Zieheisen sehr gute Dienste, und man hat z.B. 200 Kilometer Silberdraht ausziehen
können, ohne daß sich der geringste Unterschied in der Dicke wahrnehmen ließ. Gleich
lange Stücke vom Anfang und vom Ende dieses Drahtes hatten genau gleiches Gewicht.
Ein solches Resultat könnte man durch stählerne Zieheisen nicht erlangen; man wird
sich um so mehr von demselben entfernen, je härter das in Draht auszuziehende Metall
ist; und wenn man z.B. nur Messing ausziehen wollte, so würde es schon schwierig
seyn, mit einem und demselben Zieheisen 25 Kilometer Draht von einigermaßen gleicher
Dicke anzufertigen.
Diese und andere Verbesserungen wurden in speciellen Zweigen gemacht; aber der
wichtigste Theil, die gewöhnliche Drahtzieherei, ist fast auf dem frühern Standpunkt
stehen geblieben, obgleich sich dieser Industriezweig in der neuesten Zeit sehr
ausdehnte. Der Drahtbedarf wurde nämlich bedeutend größer durch die Herstellung
vieler und ausgedehnter Telegraphenlinien, die jetzt sehr bedeutende Fabrication von
Stiften, die Fabrication der Holzschrauben, der Meubles-Springfedern, der
Musketen-Ladestöcke, der Drahtseile für die Marine und den Bergbau, sowie zum
Ersatz der Laufriemen bei der Bewegungsmittheilung auf weite Strecken, die Fabrication von Kratzen für
Wolle und Baumwolle, dann von Gitterwerk etc. Belgien, welches vor 10 Jahren kaum
1/2 Million Kilogr. Eisendraht jährlich producirte, erzeugt jetzt 3 1/2 Millionen
Kilogramme (70,000 Zollctr.). Wie bedeutend dieser Fabricationszweig in England ist,
erhellt daraus, daß ein einziges Haus in Manchester jährlich über 6 Millionen
Kilogr. (120,000 Ctr.) Eisendraht in den Handel bringt.In Preußen belief sich im Jahre 1855 die Drahtfabrication auf 372,000 Ctr.,
hatte aber 1854 schon 186,000 Ctr. betragen. Von jener Summe lieferte der
schlesische Hauptbergdistrict 8000 Ctr., der sächs.-thüringische 400
Ctr., der westphälische 240,000 Ctr. und der rheinische 126. 000 Ctr. In der
Grafschaft Mark producirten drei Werke 80,000 Ctr., davon das von Thomée zu Uetterlingsen bei Wordol a. d.
Lenne 44,500 Ctr., das von Hobrecker zu Hamm 4000
Ctr. und das von Kissing und Schmöle zu Minden 32,000 Ctr. In der Nähe von
Altona fabricirten 90 kleine Drahtziehereien mit 300 Arbeitern 57,000 Ctr.;
außerdem die beiden Werke der Firma Quinde und
Opderbeck bei Altona mit 35 Arbeitern 35,000
Ctr. – Im Siegen'schen producirten fünf Werke zusammen 88,000 Ctr.,
darunter das zu Hüsten bei Arnsberg 28,000 Ctr, das zu Rödinghausen 27,200
Ctr., das zu Allagon 21,000 Ctr. – Wir verweisen auf des preußischen
Regierungsraths Jacobi treffliches Werk:
„Das Berg-, Hütten-
und Gewerbewesen des Regierungsbezirks
Arnsberg.“ Iserlohe, 1857.H.
Das Drahtziehen ist eine rein mechanische Arbeit; der Einfachheit derselben sowie der
dazu angewendeten Apparate dürfte es zuzuschreiben seyn, daß es schwierig ist,
Verbesserungen dabei anzubringen, und daß hauptsächlich bei der Herstellung des zum
Drahtziehen dienenden Materialeisens Fortschritte gemacht werden konnten. Das
Durchnehmen des Drahtes durch das Zieheisen ist eine höchst einfache Operation. Wenn
das Eisen seine Streckbarkeit durch wiederholtes und auf einander folgendes
Durchziehen verloren hat, so wird ihm dieselbe durch Ausglühen und darauf folgendes
langsames Erkalten wieder ertheilt, um es von Neuem bearbeiten zu können; dieß ist
das Wesentlichste bei der Arbeit des Drahtziehens. Die Nebenarbeiten verdienen aber
ebenfalls Beachtung; ihre Bedeutung läßt sich daraus ermessen, daß auf den
belgischen Hütten 1 Tonne (20 Zollcentner) Stabeisen als Material zur
Drahtfabrication durchschnittlich 230 Fr., 1 Tonne feines Rundeisen von 0,0045 Met.
Durchmesser (entsprechend Nr. 7 der englischen Drahtklinke) 350 Fr., Draht von 1
Millimeter Durchmesser (Nr. 20 der engl. Klinke) 750 Fr. per Tonne kostet.
Verfahren bei der Drahtfabrication in Belgien. –
Zu Lüttich bereiten die Drahtfabrikanten jetzt ihr Materialeisen selbst. Sie wenden
dazu ein gutes graues Roheisen an, welches man auf feinkörniges Stabeisen
verarbeitet. Die Reparaturen der Puddelöfen werden mittelst violetten Erzes oder
Rotheisensteins (oolithischen Eisenglanzes) ausgeführt. Das gute Product ist ein
feinkörniges Eisen, ohne stahlartiges Ansehen. Dieses Eisen wird in quadratische
Stäbe von 0,04 bis 0,045 Met. Stärke ausgewalzt. Dieselben werden in Stücken oder
Kolben von 0,60 bis 0,70 Met. Länge zerschlagen, welche man in einem Schweißofen
wärmt und dann mittelst des Feineisenwalzwerkes verarbeitet. Jener Schweißofen ist
ein Flammofen mit einem sehr niedrigen Gewölbe; er wird mit Steinkohlen gefeuert.
Seine Construction muß der Art seyn, daß er in kurzer Zeit eine sehr starke Hitze
gibt. Das Verhältniß der Rostfläche zu derjenigen des Herdes muß daher sehr groß
seyn. Die Dimensionen von einem solchen Ofen sind folgende:
Die Herdsohle ist 2,32 Met. lang und 1,28 Met. breit.
Der Rost oder Feuerraum ist 0,90 Met. lang und 0,75 Met. breit.
Die Breite des Herdes ist 1,28 Met., von der Arbeitsthür aus gemessen; sie vermindert
sich bis zum Fuchs, wo sie nur 0,32 Met. beträgt.
Die größte Höhe des Gewölbes über der Sohle beträgt über der Brücke 0,49 Met.; sie
vermindert sich nach deck Fuchs zu und beträgt dort nur 0,30 Met. über der Sohle.
Die Höhe der Brücke ist 0,15 Met. über der Sohle.
Man setzt beiläufig 225 Kilogr. oder 25 bis 30 Stück Kolben in einen Ofen; um 1000
Kilogr. oder eine Tonne derselben auszuschweißen, verbrennt man 500 bis 700 Kilogr.
Steinkohlen. Wenn die Kolben weißglühend geworden sind, wozu 10 bis 12 Minuten
erforderlich sind, nimmt man sie nacheinander heraus und bringt sie zum
Streckwalzgerüst.
Die Walzwerke müssen die Drahteisenkolben in Walzdraht von 0,006, 0,0055 und selbst
0,0045 Met. Stärke verwandeln; letztere ist die äußerste Gränze, bis zu welcher man
das Ausstrecken mittelst Walzen beim gewöhnlichen Betrieb bewirkt hat. Je geringer
die Stärke des Walzdrahtes ist, desto länger kann derselbe, bei gleichen Kolben,
seyn. Damit dieser lange Stab durch alle Kaliber des ganzen Walzwerks gehen kann,
muß er eine gewisse Temperatur behalten, weil er sonst durch die Wirkung der immer
enger werdenden Kaliber zerdrückt werden würde, und es muß daher das Durchwalzen in
möglichst kurzer Zeit bewirkt werden. Die Walzwerke sind zu diesem Zweck auf einen
schnellen Betrieb eingerichtet (sie werden in Deutschland Schnellwalzwerke
Eine Beschreibung der in Westphalen angewendeten Schnellwalzwerke mit
Abbildungen hat der Hüttendirector Simmersbach zu
Siegen in der Berg- und hüttenm. Zeitung, 1857, Nr. 42
mitgetheilt.H. genannt). Ein solches besteht aus mehreren Gerüsten, von denen das erste
drei übereinander liegende Walzen hat, so daß der Kolben von beiden Seiten
durchgeführt werden kann,
wodurch an Zeit erspart wird; die anderen Gerüste haben jedes nur zwei Walzen. Der
Stab windet sich durch diese verschiedenen Gerüste und kommt mehrmals in ein und
dasselbe zurück, um nach und nach durch kleinere Kaliber zu gehen. Auf diese Weise
kann man den Stab auf seiner ganzen Länge zu gleicher Zeit durch drei Kaliber
verschiedener Gerüste gehen lassen. Die Geschwindigkeit dieser Walzen, deren
Durchmesser von 0,22 bis 0,24 Met. variirt, beläuft sich auf 250 bis 380 und selbst
400 Umgänge in der Minute. Je länger, d.h. je dünner oder schwächer der
auszuwalzende Stab ist, um so nothwendiger ist es für den Erfolg, den Walzenbetrieb
zu beschleunigen. Aber dieser Durchmesser des Stabes und folglich auch diese
Schnelligkeit der Walzen sind durch die Geschicklichkeit der Arbeiter beschränkt,
denn je schneller die Walzen umgehen, desto schwieriger wird es für die Abnehmer,
den Stab, wenn er aus den Kalibern vortritt, mit ihren Zangen zu fassen; auch können
leichter Unfälle eintreten und mehr Abgang erfolgen, weil der lange Stab bei der so
schnellen Bewegung, sobald der Arbeiter ihn nicht gehörig führt, sich mehr oder
weniger biegt und sogar verschürzt. Diese Rücksichten haben viele Fabriken
veranlaßt, auf die Anfertigung von 4,5 Millimeter starkem Walzdraht (welcher Nr. 7
der englischen Klinke entspricht) Verzicht zu leisten; in einer Lütticher
Drahtzieherei wird er hingegen fortwährend fabricirt. Dieß ist ein Fortschritt,
welcher bedeutende Vortheile gewährt, da sich z.B. Telegraphendraht von 4 Millim.
Durchmesser mittelst eines Durchzuges durch das Zieheisen darstellen läßt.
Fabricirt man Draht von 4 1/2 Millimeter Stärke, so geht der Kolben durch 11 Kaliber
der Streck- oder Vorwalzen, und durch 8 Kaliber der Schlichtwalzen, von denen
3 oval, 3 kantig oder quadratisch, 1 oval und das letzte, das der Fertigwalzen, rund
ist. Der Arbeiter hinter den letzteren, welcher das Ende des Drahtstabes gefaßt hat,
beeilt sich, ihn noch rothglühend an einen Haspel mit horizontaler Welle zu hängen,
der in ziemlicher Entfernung von dem Gerüst der Fertigwalzen angebracht ist und den
man mit Hülfe einer Kurbel umdreht. Der Stab wickelt sich auf der Trommel auf; man
nimmt den so gebildeten Ring unmittelbar ab und legt ihn in einen blechernen, zur
Abkühlung dienenden Kasten, dessen Deckel sich nach Einbringung jedes Ringes durch
ein Gegengewicht schließt. Man schützt auf diese Weise das Eisen gegen eine zu
starke Oxydation und eine zu rasche Abkühlung; es wird hierbei so lange in seiner
eigenen Hitze erhalten, daß es gewissermaßen dem Ausglühen unterworfen ist, was
seinen Durchgang durch das Zieheisen nur erleichtern kann.
Das Auswalzen einer Ofencharge dauert 12 bis 15 Minuten. Ein 0,60 bis 0,70 Met.
langer Kolben wird binnen 45 Secunden in einen Rundeisenstab von etwa 60 Met. Länge
ausgestreckt. Die 100 Met. des Stabes von 4 1/2 Millimeter Dicke wiegen 12,96
Kilogr.
Nachdem sich der Walzdrahtring in dem erwähnten Kasten abgekühlt hat, entfernt man
den darauf sitzenden Glühspan mittelst einer Beizarbeit. Man bringt die Ringe zu dem
Ende in einen mit Blei gefutterten Bottich, welcher verdünnte Schwefelsäure,
bestehend aus etwa 250 Kil. Wasser und 3 Kil. Säure, enthält. Die Flüssigkeit wird
durch eingeleitete Dämpfe siedend gemacht. Man legt 300 bis 500 Kilogr. Drahtringe
in den Bottich, deren Beizen 20 bis 30 Minuten dauert, je nach dem Grade der
Oxydation oder Glühspanbildung. Wenn das Beizen beendigt ist, muß man den Draht von
der ihn benetzenden Säure befreien, zu welchem Zweck man die Ringe in Kalkwasser
steckt, oder besser noch, in siedendem Wasser abspült. Nach dem Herausziehen
trocknet das Eisen sogleich an der Luft.
1100 Kilogr. Kolben geben durchschnittlich 1000 Kilogr. Walzdraht von 4 1/2
Millimeter Dicke.
Der fertige Walzdraht kommt zur Zieherei.
Die Zieheisen sind starke Stahlplatten, welche mit einer Reihe conischer Löcher
versehen sind, deren Durchmesser nach und nach abnimmt. Manchmal bestehen die
Zieheisen aus Stahlplatten, welche auf Eisenplatten geschweißt sind. Es ist sehr
wahrscheinlich, daß man sie aus gutem weißem Roheisen darstellen könnte. Das
Material der Zieheisen muß sehr hart, darf jedoch nicht spröde seyn, damit es dem
starken Druck und der unaufhörlichen Reibung des durchgehenden Drahtes widerstehen
kann. Die Ziehlöcher müßen polirt und gehörig kalibrirt seyn, damit der Draht recht
rund und glatt wird und keine Streifen erhält.
Der auszuziehende Walzdrahtring wird auf einen Haspel mit freier Drehung gelegt. Um
das Drahtende in die conischen Löcher des Zieheisens gelangen zu lassen, spitzt man
es mit dem Hammer oder mit der Feile zu, worauf man es in das größte Loch einführt.
Dann faßt man das Ende auf der andern Seite mit einer, an der Rolle, Leier oder Scheibe angebrachten Zange,
deren Maul sich schließt, wenn sie angezogen wird. Indem nun die Rolle eine drehende
Bewegung um ihre Achse erhält, zieht sie den Draht mit sich durch das Loch des
Zieheisens, so daß er sich verlängert und dessen Durchmesser annimmt. Die Rollen
haben 0,30 bis 0,60 Met. Durchmesser; diejenigen für die gröberen Nummern haben
liegende, und diejenigen für die feineren Nummern stehende Wellen; sie laufen etwas
conisch ab, wodurch das Abnehmen des darauf gewickelten Drahtes erleichtert wird; auch lassen sie sich
leicht ein- oder ausrücken, um ihre drehende Bewegung unterbrechen oder
wieder herstellen zu können, je nachdem es der Betrieb erfordert. Um den Durchgang
des Drahtes zu erleichtern und zugleich die Abnutzung des Zieheisens zu vermindern,
schmiert man dasselbe sowie den Draht, für diese Operation, wozu man an dem
Zieheisen und um den Draht einen Klumpen Talg anbringt, der natürlich nicht zu
leicht schmelzen darf und am besten aus altem Unschlitt besteht. In England hat man
den Vorschlag gemacht, das Zieheisen in einem Oelbade zu erhalten; man hält dieses
Verfahren für ökonomischer, und glaubt daß es den Zweck besser erfüllt, weil das
flüssige Oel mit dem Zieheisen und dem Draht in genauere Berührung kommt als der
starre Talg. Bei diesem Verfahren ist das Zieheisen in einem Rahmen mit Coulissen
angebracht, welcher in einem mit Oel gefüllten Troge untertaucht. Die Wände des
Troges haben Einschnitte, um den Draht aufnehmen zu können; jeder Einschnitt ist
durch ein Schieberpaar verschlossen. Während sich der obere Schieber für das
Einführen des Drahtes hebt, geht der andere auch in die Höhe, um das Ausfließen des
Oeles zu verhindern. Nachdem der Draht durch das Zieheisen geführt worden ist,
schiebt man das Ganze niederwärts, bis es in das Oelbad getaucht ist, und setzt
alsdann die Rollendank in Betrieb.
Das Verfahren, wodurch man das Ende des Drahtes anspitzt, was bisher mittelst des
Hammers oder der Feile geschah, ist sehr langsam, weßhalb man es durch das
nachstehende ersetzt hat: man schmiedet am Ende des Drahtes einen Hals, eine
Verdünnung, die man in ein getheiltes Zieheisen einführt; darauf zieht man das Ende
in einer geringern Stärke aus, als sie das Loch des Zieheisens hat, durch welches
der Draht gezogen werden soll. Man erlangt auf diese Weise ein Drahtende, welches
die Zange weit sicherer fassen kann, als ein abgeschärftes Ende, von welchem
letztern das Zangenmaul abgleiten kann, während man eine hinlängliche Drahtlänge
durchzieht um den Verbindungspunkt auf der Rolle zu erreichen. Uebrigens ist diese
Operation nur von geringer Wichtigkeit, und die vorgeschlagene Abänderung scheint
bei groben Nummern nicht anwendbar zu seyn, weil das Ausziehen des Endes eine zu
bedeutende Kraft erfordern würde.
Nachdem der Draht vollständig durchgezogen und auf eine Rolle aufgewickelt ist, nimmt
man den Ring von derselben ab, und wenn der Draht noch nicht den letzten Grad der
Feinheit, den er haben soll, erlangt hat, was der gewöhnlichste Fall ist, so legt
man den Ring abermals auf einen Haspel und führt das Ende durch ein kleineres Loch
im Zieheisen. Auf diese
Weise wird so lange fortgefahren, bis der Draht das gewünschte Kaliber erlangt
hat.
Soll der Draht Glanz und eine helle Farbe erhalten, so zieht
man ihn naß durch, d.h. man legt den Ring auf einen Haspel, der in einem
Troge angebracht ist, welcher Wasser, Bierhefe, etwas Schwefelsäure und etwas
Kupfervitriol enthält. Aus dieser schwachen Beize geht der Draht zum Zieheisen, und
gelangt dann auf die Rolle mit einem sehr schönen Ansehen. (Man gießt etwas Baumöl
auf diese Flüssigkeit, und nahe am Zieheisen geht der Draht noch über einen mit Oel
getränkten Lederlappen, damit sich der Draht nicht nur reinigt, sondern auch von
selbst schmiert.)
Der Draht läßt sich nicht oft hintereinander durchziehen ohne spröde zu werden, daher
er bei weiterm Durchziehen zerreißen und auch das Zieheisen stark angreifen würde.
Um nun den Draht von Neuem ziehen zu können, muß man ihn ausglühen, wodurch er seine
erlangte Sprödigkeit und Elasticität verliert; er nimmt dabei etwas an Volum zu.
Seine Festigkeit (Zähigkeit) vermindert sich bedeutend, aber ehe er nun zerreißt,
verlängert er sich viel mehr als unausgeglühter Draht, und gerade die Eigenschaft
sich leicht zu verlängern, soll ihm für das Ziehen ertheilt werden.
Die Anzahl der Glühungen, welche mit einem Draht vorgenommen werden müssen, und das
Verhältniß in welchem die Weite der von ihm zu passirenden Ziehlöcher abnehmen kann,
sind Größen, die nothwendig von der Beschaffenheit des Drahteisens abhängen.
Walzdraht aus gutem Eisen von 4 1/2 Millim. Stärke, welcher Nr. 7 der englischen
Drahtklinke entspricht, könnte z.B. mittelst zweier Durchzüge in Nr. 10 verwandelt
werden, d.h. der Walzdraht kann zuvörderst von 4 1/2 Millim. auf 3,7 Millim. Dicke,
und von dieser auf 3,2 Mill. = Nr. 10 ausgezogen werden. Man könnte ihn sogar, ohne
Glühung, mittelst vier Zügen, = 3,7, 3,2, 3,0 und 2,8 Millim. Stärke, in Draht Nr.
12 verwandeln. Dann müßte er ausgeglüht und gebeizt werden. Von Nr. 12 könnte man
ihn, mittelst acht Durchzügen, ohne Glühen, in Nr. 20 verwandeln, nämlich Nr. 13 =
2,5 Millim., Nr. 14 = 2,1, Nr. 15 = 1,9, Nr. 16 = 1,7, Nr. 17 = 1,5, Nr. 18 = 1,35,
Nr. 19 = 2,25, Nr. 20 = 1,0 Millimeter. Von Nr. 20 gehen etwa 164 Meter Länge auf 1
Kilogr.
Während man aber mit gutem, gehörig behandeltem Eisen bei einem einzigen Ausglühen
Draht Nr. 20 der engl. Klinke darstellen kann, muß man, wenn die Beschaffenheit des
zu verarbeitenden Materialeisens geringer ist, die Ausglüh- und Beizprocesse nothwendig
wiederholen. Ein schlechteres Eisen kann z.B., um zu Nummer 20 verarbeitet zu
werden, drei oder vier Ausglühungen und Beizen erfordern, und wenn das Materialeisen
stahlartig ist, noch mehrere. Nun veranlassen aber diese Arbeiten viel Kosten und
Zeitverlust; daher müssen sich die Drahtfabriken bemühen, diese Processe möglichst
zu vermindern. Man würde sich aber täuschen, wenn man annehmen wollte, daß hierbei
Alles von der Qualität des Eisens abhängt; diese ist allerdings das Hauptelement; je
weicher das Eisen, um so weniger oft braucht der Draht ausgeglüht zu werden. Soll
aber der Drahtzieher ein gegebenes Eisen verarbeiten, so kann er in der bloßen
mechanischen Bearbeitung mehrere Elemente auffinden, welche er mit Intelligenz
combiniren sollte, denn ihr Einfluß ist durch directe Versuche erwiesen. Aus diesen
Versuchen geht hervor, daß je beträchtlicher die auf einander folgenden Ziehlöcher
an Größe abnehmen, um so spröder der auf eine gewisse Nummer ausgezogene Draht seyn
wird; bei übrigens gleichen Verhältnissen wird das Eisen um so spröder, je größer
die Zuggeschwindigkeit der Rollen ist; und diese Geschwindigkeit muß man um so mehr
vermindern, je stärker der Draht und je bedeutender die Abnahme in der Größe der
Ziehlöcher ist.
Eine zu große Beschleunigung der Arbeit würde eine rasche Verschlechterung des
Zieheisens und beim Draht Brüche, Längenrisse, Bärte und Streifen veranlassen.
Ueberdieß hat man zu berücksichtigen, daß wenn der Draht schon fein ausgezogen ist,
er beim fernem Durchziehen in seiner ganzen Masse wärmer wird, also gewissermaßen
ein Ausglühen erleidet; daraus folgt, daß man für die feinen Nummern die Rollen
schneller umgehen lassen, und dadurch das öftere Ausglühen ersparen kann. Diesen
Punkt muß man stets im Auge behalten, überhaupt den Zweck mit den wenigsten
Ausglühungen zu erreichen bemüht seyn, um an Arbeitslöhnen und sonstigen Kosten zu
ersparen.
Der in Belgien zum Ausglühen angewendete Apparat besteht aus einem blechernen
Cylinder von 1,65 Met. Höhe und 0,86 Met. Durchmesser. Er steht senkrecht auf einer
Mauer, damit die Herdflamme seinen Boden nicht treffen kann. Der Rost ist
kreisförmig und um die aus Mauerwerk bestehende Basis, etwa 0,35 Meter unter dem
Boden des Cylinders angebracht. – Um die Hitze vollständiger zu benutzen, hat
man auch solche Ausglühcylinder mit einem innern concentrischen Cylinder
vorgerichtet, der ebenfalls aus Blech besteht, etwa 0,25 Met. Durchmesser und
dieselbe Höhe wie der äußere Cylinder hat; beide stehen alsdann auf einem Gewölbe
von 0,50 Met. Dicke und der quadratische Rost ist 0,45 Met. unter diesem Gewölbe
angebracht. Die Herdflamme zieht durch den centralen Canal hinauf, und durch acht Seitencanäle,
welche in dem Mauerwerk des Gewölbes angebracht sind und die Flamme um die Wand des
äußern Cylinders führen. Die Mauer, welche den Ausglühcylinder in einiger Entfernung
umgibt, läuft nach oben hin etwas conisch zu, um die Flamme in dem obern Theile
dieser ringförmigen Esse besser zusammen zu halten.
Man legt in einen solchen Glühofen 1500 bis 1800 Kil. Drahtringe auf einmal ein,
worauf der Cylinder mit einem gut schließenden ringförmigen Deckel geschlossen wird,
dessen Fugen man mit Lehm verstreicht, so daß das Glühen mit Ausschluß der Luft (im
verschlossenen Raume) erfolgt. Der mittlere Canal wird natürlich von dem Deckel
nicht verschlossen. Ueber diesen Ofendeckel legt man einen zweiten Deckel auf den
gemauerten Ofenmantel, eine Art Kuppel, welche die Flamme über der auszuglühenden
Masse einer Esse zuführt, die in der Mitte, über dem centralen Canal des
Ausglühcylinders angebracht ist.
Jeder Glühproceß dauert etwa 4 Stunden und erfordert 200 bis 250 Kil. Steinkohlen.
Die Abkühlung des Ofens erheischt etwa 18 Stunden. Man nimmt an, daß ein solcher
Ofen zu 120 Glühungen benutzt werden kann, dann aber unbrauchbar geworden ist.
Diese Glühöfen haben mehrere Nachtheile. Zuvörderst ist der Betrieb ein
unterbrochener, denn man muß nach jedem Glühen den Ofen erkalten lassen. Nachdem der
Ofen erkaltet ist und man die Charge herausgenommen hat, muß man ihn von Neuem
anfeuern, um den Betrieb wieder zu beginnen. Dadurch wird ein bedeutender
Zeit- und Brennmaterialverlust veranlaßt, besonders wenn die Production eine
beträchtliche ist. Man müßte in letzterm Falle mehrere Glühöfen anwenden, so daß der
eine beladen wird, während der andere abkühlt und der dritte im Betriebe steht.
Dadurch würde aber der unnütze Brennmaterialaufwand nicht vermieden, den die
Unterbrechung des Betriebes veranlaßt.
Hr. Cocker in Liverpool hat diese Nachtheile durch einen
Glühofen von folgender Einrichtung zu vermeiden gesucht: – Der Ofen besteht
aus einem starken gußeisernen Cylinder, der in horizontaler Lage auf der Mauer eines
Herdes angebracht ist; die beiden Enden sind durch senkrechte Schieberthüren
verschlossen. Oben hat der Cylinder einen der ganzen Länge nach laufenden Falz,
welcher als Führer einer Kette ohne Ende dient; an dieser Kette sind Haken zum
Anhängen der zu glühenden Drahtringe angebracht. Am Ende des Ofens befinden sich
Kammern, welche, wie der Ofen, einen Falz haben und Schieberthüren, die herunter
gelassen werden, um die Ringe durchzulassen. Der Gang der Arbeit ist folgender:
Nachdem der Ofen eine hinreichend hohe Temperatur erreicht hat, belastet der Arbeiter
einen Theil der endlosen Kette mit einer Anzahl von Drahtringen, welche hinreicht um
den Ofen zu füllen. Dann wird die Ofenthür geöffnet und die Kette so bewegt, daß die
Drahtringe in den rothglühend gemachten Ofen gelangen, in welchem sie 3/4 bis 1
Stunde der Rothglühhitze ausgesetzt werden, je nach der Dicke des Drahtes. Hält man
das Ausglühen für genügend, so öffnet man die Ausgangsthür und bewegt die Kette der
Art, daß die Drahtringe in eine benachbarte Kammer gelangen, welche einen ersten
Kühlofen bildet, worauf die Verbindung zwischen derselben und dem Glühofen mittelst
einer Thür unterbrochen wird. Darauf wird eine zweite Reihe von Haken an der
Eingangsthür des Ofens mit Drahtringen behängt; hierauf öffnet man die Thür, welche
die erste Kühlkammer von der zweiten trennt, und schafft durch eine Bewegung der
Kette den Draht in diese zweite Kammer; hernach öffnet man die Eingangsthür des
Ofens, bringt die zweite Charge in denselben und schließt die Thür wieder. Darauf
unterbricht man die Communication zwischen den beiden Kühlkammern und läßt die erste
Charge sich vollständig abkühlen. Man versichert, daß eine Charge, welche in den
alten, in England gebräuchlichen Oefen zum Ausglühen und Abkühlen 36 bis 48 Stunden
erforderte, in dem neuen Apparat nur 3 oder 4 Stunden erheischt. Ist die Masse des
auszuglühenden Drahtes eine bedeutende, so wird mit dem neuen Apparat viel Zeit und
Brennmaterial erspart, während man sicher ist, daß die ganze Masse vollkommen
gleichförmig ausgeglüht wird.
Der Draht ist nach dem Ausglühen stets mit Glühspan überzogen, den man beseitigen
muß, weil er sonst eine Reibung in den Ziehlöchern veranlassen und dieselben sehr
bald erweitern und unrund machen würde. Man beizt den Draht dadurch, daß man ihn
einige Minuten lang in Bottiche taucht, die mit Blei gefuttert sind und Wasser
enthalten, welchem Schwefelsäure und auch Bierhefe beigemischt sind. Aus der Beize
kommend, werden die Drahtringe in siedendem Wasser abgespült, oder es wird die
haftend gebliebene Säure dadurch neutralisirt, daß man jeden Ring in Kalkwasser
taucht.
Während aber das Ausglühen dem Metall seine Geschmeidigkeit wiedergibt, hat die in
der Beizflüssigkeit enthaltene Säure das Bestreben das Metall spröde zu machen,
daher diese beiden Operationen sich gewissermaßen entgegen arbeiten. Es ist daher
zweckmäßig und nothwendig, den Draht mit der sauren Flüssigkeit nur so lange in
Berührung zu lassen, als es zu seinem Abbeizen durchaus erforderlich ist. Dabei
zeigt sich jedoch eine Schwierigkeit: wenn man die Ringe einen auf den andern in den
Beizbottich gelegt hat, so können die zuerst eingebrachten erst zuletzt wieder herausgenommen werden,
daher eine Ungleichheit in der Dauer der Einwirkung der Beizflüssigkeit stattfindet.
Diesem Nachtheil ließe sich dadurch abhelfen, daß man die Drahtringe auf ein
hölzernes Kreuz legt, welches an einer Kette hängt; hierbei könnte man die ganze
Ladung mit einem Male untertauchen und wieder herausziehen; vielleicht würde aber
das Gewicht der oberen Ringe die Windungen der unteren Ringe zusammendrücken, so daß
nicht die ganze Oberfläche der Drahtmasse gebeizt werden könnte.
Am zweckmäßigsten würde es seyn, das Beizen mit Säure ganz zu unterlassen und es
durch irgend ein anderes Verfahren zu ersetzen, wozu man in England folgendes
vorgeschlagen hat:
Der mit Hammerschlag überzogene Draht müßte durch einen Reiber, eine mit Schmirgel
gefüllte Büchse, geführt werden. Indem dieselbe eine rasche schwingende Bewegung
erhielte, während die Rollen, welche den Draht aufwickeln, sich langsam drehen,
würde auf der zu reinigenden Oberfläche eine sehr starke Reibung bewirkt, ähnlich
dem Poliren welches man mit der Hand ausführt. Ueber den Erfolg und die Kosten
dieses trockenen Reinigens hat die Erfahrung noch nicht entschieden.