Titel: | Ueber die durch das Eintauchen von Kohlen- und Zinkstücken in Wasser erzeugten elektrischen Ströme; von A. Palagi. |
Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. XVIII., S. 56 |
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XVIII.
Ueber die durch das Eintauchen von Kohlen-
und Zinkstücken in Wasser erzeugten elektrischen Ströme; von A. Palagi.
Aus den Comptes
rendus, Novbr. 1857, Nr. 19.
Palagi, über die durch das Eintauchen von Kohlen- u.
Zinkstücken in Wasser erzeugten elektrischen Ströme.
Seit Kemp zu Edinburgh im Jahre 1828 zuerst das
elektromotorische Vermögen der Erde erkannte, haben sich viele Physiker mit diesem
interessanten Gegenstande beschäftigt, ohne ihn jedoch zu erschöpfen.
Bei der experimentellen Untersuchung dieser Frage erkannte ich im April 1856 die
Unbeständigkeit des Stromes, welcher durch Metallplatten von gleicher oder
verschiedener Beschaffenheit, die man in stehendes oder fließendes Wasser taucht,
erzeugt wird. Die Intensität dieses Stromes ist unregelmäßig, und seine Richtung
ändert sich (wie Becquerel in einer Mittheilung an die
französische Akademie der Wissenschaften vom 14. April 1856 nachgewiesen hat) nicht
nur mit den Eintauchungsstellen, sondern auch mit der Zeit bei unverändertem
Orte.
Ich hatte in zwei Brunnen, welche 20 Meter von einander entfernt waren, zwei gleiche
kupferne Platten getaucht und dieselben durch einen 170 Meter langen Kupferdraht
verbunden. Mit Hülfe eines Multiplicator-Galvanometers beobachtete ich den
diese Kette durchlaufenden Strom, und sah seine Richtung sich ändern, ohne daß ich
während dreimonatlicher Beobachtungen, welche regelmäßig viermal des Tags angestellt
wurden, einen regelmäßigen Gang dieser Erscheinung hätte entdecken können. Die
atmosphärischen Zustände schienen keinen unmittelbaren Einfluß auf den Strom zu
haben.
Ich wiederholte diesen Versuch mit einer Kupferplatte einerseits und einer Zinkplatte
andererseits, und fand die nämliche Unregelmäßigkeit, die nämlichen Aenderungen der
Richtung, diese Platten mochten in das Wasser getaucht oder bloß in die Erde gesenkt
seyn.
Wegen dieser beständigen Aenderungen der auf diese Weise erhaltenen Ströme war es
nicht möglich dieselben in der Praxis zu benutzen, wie Hr. Bain gehofft hatte.
Die von mir angestellten und der Akademie zu Bologna am 27. März 1856 mitgetheilten
Versuche über die elektrischen Eigenschaften der Kohle brachten mich auf den
Gedanken, eine jener Metallplatten durch ein Kohksstück zu ersetzen und die neuen
Erscheinungen zu studiren, welche den Gegenstand vorliegender Abhandlung bilden. Im
Mai 1857 tauchte ich in eine Brunnen A ein ungefähr 3
Kilogr. schweres Kohksstück von unregelmäßiger Gestalt, und in einen andern Brunnen
B eine 23 Centimeter lange, 17 Centimeter breite und
2 Millimeter dicke Zinkplatte. Bei diesen neuen Versuchen bedurfte ich unter
gleichen übrigen Umständen wegen der verhältnißmäßig bedeutenden Intensität des
entstandenen Stromes eines weit weniger empfindlichen Galvanometers, als bei den
ersten Versuchen.
Ich versetzte die Kohle in den Brunnen B und das Zink in
den Brunnen A, und erhielt einen Strom von gleicher
Intensität wie im ersten Falle, welcher gleichfalls in dem Draht von der Kohle zum
Zink seinen Weg nahm.
Mehrere Tage hintereinander maß ich zu verschiedenen Stunden die Stärke des Stroms;
ich fand sie unveränderlich. Nur im Augenblick des Eintauchens zeigte sie sich etwas
größer, nach einiger Zeit nahm sie jedoch ihr bestimmtes Maaß an. Diese Thatsachen
haben sich bei allen Versuchen, die ich seit jener Zeit machte, bestätigt.
Ich fand hernach, daß, wenn ich das angewandte Kohlenstück durch ein von demselben
abgelöstes Bruchstück ersetzte, die Stromstärke beinahe die nämliche blieb; den
nämlichen Versuch machte ich mit dem Zink und fand das gleiche Resultat.
Ohne die Masse der Kohle oder des Zinks zu ändern, tauchte ich dieselben nur
theilweise ins Wasser; so klein auch der eingetauchte Theil war, die Ablenkung
änderte sich nicht merkbar, wenigstens so lange die ganze Masse der Kohle feucht
blieb.
In der Absicht, die erhaltene Stromstärke zu vermehren, befestigte ich die zwei
Kohlenstücke zusammen an das Ende des Metalldrahtes. Sie mochten nun mehr oder
weniger mit einander in Berührung oder von einander entfernt seyn, so erhielt ich
keine bedeutendere Ablenkung als mit der ganzen Kohle; ich versuchte es mit drei Kohlenstücken
und gelangte zu dem nämlichen Resultat.
Endlich kam ich auf den Gedanken, das zweite Kohlenstück mittelst eines Kupferdrahtes
unterhalb des erstem aufzuhängen, und erhielt einen kräftigeren Strom. Auf gleiche
Weise hienghing ich ein drittes, viertes und noch mehrere Kohlenstücke eines unter das
andere, und sah die Intensität stufenweise wachsen.
Das nämliche Verfahren befolgte ich nun mit den Zinkplatten und beobachtete
gleichfalls eine progressive Zunahme der Stromstärke.
Durch eine Reihe von Versuchen, deren nähere Beschreibung zu weitläufig wäre, bin ich
zu folgenden Resultaten gelangt:
1) Ein Stück Kohle oder Zink von gewissen Dimensionen gibt nur eine um Weniges
größere Intensität, als ein kleines Stück.
2) Der elektrische Strom nimmt zu mit der Anzahl der auf angegebene Weise zu einer
Kette vereinigten Kohlenstücke, deßgleichen mit der Anzahl der die zweite Kette
bildenden Zinkplatten.
3) Die durch Kupferdrähte zu einer Kette vereinigten Theile eines Kohlenstückes geben
einen stärkern Strom als dieses Kohlenstück, bevor es in Stücke zerschlagen wurde,
lieferte, und diese Zunahme rührt nicht von der Vergrößerung der Oberfläche her,
denn man kann die neuen Bruchflächen mit Gummilack überziehen, ohne daß sich das
Resultat ändert.
4) Wenn die Zinkstücke die Erde berühren, so hört der Strom ganz auf oder wird sehr
schwach und ändert seine Richtung. Die Kohlenstücke dagegen können ohne Aenderung
des Stromes die Erde berühren, sie verstärken ihn vielmehr; wenn jedoch einer der
Drähte, welche sie vereinigen, den Boden berührt, so wird die Intensität die
nämliche, wie wenn man die an diesen Draht gereihten Kohlen wegließe.
5) Je weiter die eine Kette bildenden Zink- oder Kohlenstücke von einander
entfernt sind, desto kräftiger ist der Strom.
6) Wenn die Zinkplatten sich unter einander berühren, so hört der Strom vollständig
auf. Berühren sich dagegen die Kohlenstücke, so nimmt der Strom nur merklich ab,
bleibt jedoch immer noch stärker, als wenn die Kohlen nur ein einziges Stück
bildeten.
7) Werden die Zinkplatten aus dem Wasser gezogen und, ohne getrocknet worden zu seyn,
von Neuem eingetaucht, so nimmt die Stromstärke ab; der Strom erlangt seine frühere
Stärke erst dann, wenn die Zinkplatten abgetrocknet und dann wieder eingetaucht
werden. Die Kohlen können aus dem Wasser gezogen und dann naß wieder eingetaucht
werden, ohne daß eine Aenderung stattfindet.
8) Die Amalgamirung der Zinkplatten veranlaßt eine Vermehrung der Stromstärke.
9) Die Kette der Kohlenstücke und die der Zinkplatten kann man in einen und denselben
Brunnen, oder in mehr oder weniger weit von einander entfernte Brunnen, oder in
Bäche tauchen; mittelst Schwimmern kann man sie in verticaler oder horizontaler Lage
erhalten.
10) Die Ablenkung der Magnetnadel wird nicht vermindert, wenn man die Kohlenkette aus
dem Wasser nimmt, vorausgesetzt daß sie alle feucht sind und wenigstens das letzte
Kohlenstück ganz oder theilweise eingetaucht ist.
11) Die Ketten können sogar in Gefäße mit reinem Wasser, welche von dem Erdboden
isolirt sind, getaucht werden.
Ich habe einige gelungene Versuche gemacht, um diese Elektricitätsquelle zu benutzen.
Sie läßt sich z.B. zur Galvanoplastik anwenden; es ist mir ferner gelungen, Pendel
und elektrische Glockenapparate damit in Gang zu bringen. Folgende drei Versuche
wurden mit telegraphischen Apparaten angestellt:
1) Am 20. September 1857 wurden in einen Brunnen zu Batignolles 12 Zinkplatten von
ungefähr 20 Centimeter Länge und 10 Centimeter Breite eingesenkt; zu Asnières
wurden 12 Bunsen'sche Kohlencylinder, 20 Centimeter lang
und 4 im Durchmesser haltend, in die Seine getaucht. Diese beiden Ketten wurden mit
den beiden Enden eines Drahtes der ungefähr 3 Kilometer langen Telegraphenlinie in
Verbindung gesetzt. Zwei in die Leitung eingeschaltete Breguet'sche Apparate verrichteten ihren Dienst auf befriedigende
Weise.
2) Am 16. October verwendete man zu Asnières eine Kette von 45
Kohlencylindern, während man zu Chatou eine Kette von 24 Zinkplatten in die Seine
senkte. Der Telegraphendraht zwischen diesen beiden Punkten hat eine Länge von
ungefähr 12 Kilometern. Der Breguet'sche Apparat spielte
unvollkommen, während der Wheatstone'sche Nadelapparat
seinen Dienst vollkommen versah. – Eine Sinusboussole zeigte mit einem
einzigen Kohlencylinder eine Ablenkung von 7 Grab, und mit der ganzen Kette von 45
Kohlencylindern eine Ablenkung von 15 Grad; zwischen diesen beiden Extremen nahm die
Ablenkung mit der Anzahl der eingetauchten Kohlencylinder stufenweise zu.
3) Am 31. Oct. wurde eine Kette von 24 Zinkplatten zu Pont d'Oissel bei Rouen und
eine Kette von 40 Kohlencylindern zu Asnières in die Seine gesenkt; die
Entfernung betrug 120 Kilometer. Der Wheatstone'sche
Telegraph spielte; er wirkte sogar mit einem einzigen Kohlencylinder. Dieser Versuch
wurde am Tag bei schönem Wetter angestellt; ein anderer am 22. October Nachts bei sehr schlechtem
Wetter angestellter Versuch lieferte das gleiche Resultat.
Berechtigen die von mir mitgetheilten Thatsachen nicht zu der Hoffnung, daß man in
kurzer Zeit die durch eine derartige Erdbatterie ohne Kosten erzeugte dynamische
Elektricität werde nutzbar machen können?