Titel: | Direct wirkende Woolf'sche Dampfmaschine; von G. Hambruch, Vollbaum und Comp., Maschinenbauanstalt in Elbing. |
Autor: | G. Hambruch , Vollbaum |
Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. XXIII., S. 81 |
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XXIII.
Direct wirkende Woolf'sche Dampfmaschine; von G. Hambruch, Vollbaum und
Comp., Maschinenbauanstalt in Elbing.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Direct wirkende Woolf'sche Dampfmaschine.
Als bedeutender Fortschritt der neuern Zeit im Maschinenwesen ist unbedingt der
Uebergang von dem Constructionsprincip der Balancier-Maschinen zu dem der
horizontal oder direct wirkenden Dampfmaschinen zu betrachten. Beim Vergleich
zwischen der Kolbenstangen-Führung durch die vielen der Abnutzung
unterworfenen und einer öftern Abstimmung bedürfenden Theile des Parallelogramms,
mit der einfachen Geradführung der Rutscher – zwischen der
Bewegungsmittheilung durch den schwerfälligen Balancier und dessen Gestänge, mit der
Kraftübertragung durch eine einzige Lenkstange – wird gewiß Jeder bald die
Vortheile der direct arbeitenden Maschinen erkennen, und diesen ihrer Einfachheit
und leichten Instanderhaltung wegen den Vorzug geben.
Fast allgemein findet man daher dieses Constructionsprincip bei Hochdruck-Dampfmaschinen eingeführt, und nur bei Woolf'schen Maschinen hat man der großen Leichtigkeit
wegen, mit welcher der Anschluß beider Dampfkolben und der übrigen Apparate
herzustellen war, den Balancier beibehalten, und die Versuche direct wirkende Woolf'sche Maschinen wirklich praktisch herzustellen, stehen daher noch ziemlich vereinzelt da.
Dieß veranlaßt uns, die Construction einer horizontal arbeitenden Woolf'schen Maschine mitzutheilen, welche sich durch die
eigenthümlich einfache und übersichtliche Anordnung der verschiedenen zu einer
solchen Maschine gehörigen Apparate, bei möglichster Reducirung aller einer
Abnutzung unterworfenen Bewegungstheile, aufs vortheilhafteste empfiehlt.
Allen Theilen der Maschine ist der richtige Zusammenhang und eine unveränderliche
Lage zu einander durch ihre Befestigung an der gußeisernen, aus hohen doppelt Tförmigen Rippen gebildeten Grundplatte A gesichert, welche letztere gleichzeitig alle Wirkungen
der, bei der wechselnden Kolbenbewegung und ihrer Uebertragung zur rotirenden Kurbelbewegung
vorkommenden Kraftmomente und Stöße aufnimmt, und dieselben für das Fundament und
Gebäude unfühlbar macht.
Wie aus den Figuren
1–3 ersichtlich ist, sind die beiden mit dem Schieberkasten D zusammengegossenen Cylinder B und C über einander – der kleinere
über dem größern – und gleichzeitig so angeordnet, daß die Mittellinie des
zur Seite gelegten Schieberkastens und der zwei Schieberstangen durch die Mitte der
Kurbelwelle K geht, wodurch es möglich wurde, mittelst
der geringsten Zahl von Bewegungstheilen, ohne irgend einen Zwischenhebel, durch die
einfachen Excentricum-Zuggitter U und V, die Schieberbewegung zu vermitteln.
Die mit den Kolben B', C' verbundenen Kolbenstangen
– durch ihre Führung in den Stopfbüchsen der Cylinderböden jede einseitige Ausnutzung der Cylinder verhindernd –
sind an der vordern Seite an einen gemeinschaftlichen Kreuzkopf E angeschlossen, dessen Führungsflächen im Verhältniß
der Kolbenstangen-Entfernung eine genügende Länge haben, um jede Uebereckung,
welche durch etwaigen ungleichen Druck der Kolben erzeugt werden könnte, unmöglich
zu machen. Von dem in der Mitte dieses Kreuzkopfs befindlichen Zapfen findet in
einfacher Weise durch die Lenkstange F die
Bewegungsübertragung zur Kurbel G statt.
Zum Theil in, theilweise unter der Grundplatte sind die Condensations-Apparate
angebracht. Eine durch zwei hohe Querwände gebildete Abtheilung M der Grundplatte dient als Kaltwasser-Reservoir
und umschließt den Condensator N, dessen Inhalt bei der
aus Fig. 1 und
2
ersichtlichen Lage der Luftpumpe bereits von selbst in dieselbe übergeht. Die
Luftpumpe O hat einen hohlen sogenannten Trunk-Kolben O¹, und wirkt einerseits auf der Rückseite desselben saugend und
drückend in ihrer Function als Luftpumpe – dient aber gleichzeitig als
Kaltwasserpumpe, indem der vor dem Kolben durch den Trunk gebildete kleinere Raum mit den im Ventilkasten P befindlichen Ventilen in Verbindung steht, von welchen
das Saugrohr P¹ nach dem Brunnen und das
Druckrohr P² nach dem Kaltwasser-Reservoir
fortführt.
Die Speisepumpe R ist seitlich an dem über der Luftpumpe
befindlichen Warmwasserkasten angebracht, von welchem das Wasser durch den, diese
Verbindung herstellenden Ventilkasten von selbst in die erstere überfließt.
Die Kolben dieser beiden Pumpen, der vereinigten Luft- und Kaltwasserpumpe,
und der Speisepumpe, werden von den Hebeln O² und
R² bewegt, denen die in den Seitenwänden der
Grundplatte gelagerte Welle L als Drehpunkt dient, und
welchen durch die Zugstange J von der auf dem Kurbelzapfen befestigten Kurbel
H eine oscillirende Bewegung mitgetheilt wird.
Alle diese unter der Grundplatte angebrachten Theile sind theils durch die in dem
Fundament angelegte Grube, theils durch die zwischen den Grundplatten-Rippen
verbleibenden Zwischenräume leicht zugänglich, und jederzeit einer Untersuchung zu
unterwerfen.
Wenige Worte seyen nun noch dem der Maschine beigefügten Regulator gewidmet. Derselbe
ist ähnlich dem von Johnson construirten (in diesem
Journal Bd. CXXXV S. 86 beschriebenen) Regulator eingerichtet. S ist der Cylinder, dessen Kolben von der Maschine
(durch das Excentricum S¹) bewegt wird, und in
dem kleinern Cylinder T eine Aenderung der Luftspannung
erzeugt, durch welche der in demselben befindliche Kolben in Thätigkeit gesetzt, und
die mit demselben verbundene Drosselklappe regiert wird.