Titel: Expansionsschieber, während des Ganges veränderlich, durch ein Kreis-Excentricum und durch Dampf gesteuert; von Carl Schultz.
Autor: Carl Schultz
Fundstelle: Band 147, Jahrgang 1858, Nr. XLIII., S. 161
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XLIII. Expansionsschieber, während des Ganges veränderlich, durch ein Kreis-Excentricum und durch Dampf gesteuert; von Carl Schultz. Mit Abbildungen auf Tab. III. Schultz's Expansionsschieber. Gelegentlich des Auftrags, eine ältere Maschine auf möglichst zweckmäßige Art umzubauenDieselbe war von beiläufig 20 Pferdekräften durch die Firma Gebrüder Schultz in Mainz ausgeführt und diente in einer Rheinniederung (Besitzung des Hrn. Grafen von Oberndorff) zur Entwässerung mittelst Wurfpumpe. Die Wurfpumpe liefert per Stunde bei 65 Proc. Nutzeffect 3,600,000 Liter Wasser auf 1 Meter Höhe., namentlich ohne allzugroße Kosten zu veranlassen, stellte ich mir die Aufgabe, dieselbe mit veränderlicher Expansion zu versehen. Ich war deßhalb wirklich in Verlegenheit, da der Cylinder beibehalten werden mußte und derselbe nur mit sehr nahen Dampföffnungen versehen war, auch nur ein sehr kurzer Schieberkasten angebracht werden konnte. Nach vielem Schwanken entschloß ich mich zu folgender Art, die bereits vor wenigen Jahren mit einigen Abweichungen für eine Maschine von 12 Pferdekräften (für Reismühlen in Italien) und für eine andere von 50 Pferdekräften (auf dem Dampfer Il Lariano auf dem Comosee) von mir erdacht und ausgeführt worden war, und sich auch als zweckmäßig bewährt hatte. Zum bessern Verständniß dient Fig. 3; in derselben ist A, A ein Theil des Dampfcylinders mit Canälen und zugehörigen Oeffnungen; B, B der Schieberkasten, b eine angegossene Scheidewand in demselben, mit einer Platte e und drei Dampfwegen b'; c, c der Hauptdampfschieber gewöhnlicher Art. Das Excentricum und die Länge der Lappen d, d sind indessen so regulirt, daß der Cylinder auf 8/10 seines Volumens gefüllt wird; f ist der Schieber für die Expansion, welcher bei jeder halben Umdrehung (oder jedem einfachen Kolbenlauf) die Wege b' durch Hülfe eines Excentricums und eines Zwischenhebels aufdeckt und durch Anwendung von Dampfdruck wieder schließt, daher bei jeder Kurbelumdrehung zwei hin- und zwei hergehende Bewegungen macht. Erzielt wird dieses folgendermaßen: der Schieber f, f liegt frei auf seiner Fläche und steht durch eine Mutter g (die sich nicht drehen kann) mit passendem Gewinde mit der Stange h in Verbindung. Diese Stange h läßt sich hin- und herschieben und außerdem um nahezu eine Umdrehung verdrehen, wodurch gleichzeitig die Mutter g und der Schieber f mehr oder weniger auf h vorgeschoben wird. h trägt außerhalb der Stopfbüchse eine größere runde Scheibe. Die Stange h (von Rothguß) ist von solchem Durchmesser gewählt, daß bei 1 Atmosphäre Spannung im Schieberkasten dieselbe durch den Dampfdruck gleich einem Kolben nach außen geschoben wird. Die Scheibe l ist mit mehreren Löchern am Umfange versehen, um mittelst eines runden Stiftes derselben 1/6, 1/4, 1/3 etc. oder höchstens 1 Umdrehung zu geben. Durch eine solche Drehung wird der Schieber f, wie schon bemerkt, verschoben und dadurch der Expansionsgrad bedingt. Zur Erkennung des letztern dient eine lesbare Eintheilung an der Scheibe l; außerdem ist eine Feder (welche zufälliges Selbstdrehen verhindert) angebracht, in der Zeichnung indessen nicht angegeben. Zum Einschieben des Schiebers f dient, wie gesagt, ein Excentricum, welches einem um δ beweglichen Hebel (Fig. 4) eine abwechselnde Winkelbewegung ertheilt. Auf δ sitzen zwei Rollen j und j'. Wird die Stange h durch den Dampf in der Richtung nach δ gedrückt, so wird für eine halbe Kurbelumdrehung die Rolle j und für die zweite Hälfte der Umdrehung die Rolle j' die Stange h in den Schieberkasten zurückbewegen. Die zeitige Wirkung des Oeffnens der Dampfwege b' durch den Schieber f beruht auf einem Princip, welches aus der geometrischen Darstellung in Fig. 5 ersichtlich ist. Der Lauf der Kurbel sey durch den Kreis verzeichnet; A ist der eine todte Punkt, m der Mittelpunkt des Expansions-Excentricums, B ist der zweite todte Punkt. A, B sey der Kolbenhub; a¹, a², a³ etc., 1/10, 2/10, 3/10 etc. des Kolbenhubes; b¹, b², b³ etc. die Stellung des Kurbelzapfens bei a¹, a², a³ etc. Der Hauptschieber schneidet den Dampfzutritt bei 8/10 ab. In demselben Momente stehen Expansionshebel und die zwei Rollen senkrecht auf die Scheibe l; die Kurbel darf jetzt nur um ein geringes sich weiter bewegen, so werden Scheibe l, Stange und Schieber f zurückgedrückt. Es werden daher, wenn die Stellung von f es erlaubt, die Dampfwege b' aufgedeckt, was, wie gesagt, früher oder später, je nachdem f auf h steht, geschieht, jedenfalls aber immer bevor die Kurbel am todten Punkte oder der Kolben am Beginne des Laufes ist. Von da an wird noch ein weiteres Oeffnen von b' stattfinden, alsdann geht das Excentricum und die Rolle zurück, wobei der Dampf das Nachschieben oder Schließen des Schiebers f bewirkt. Durch die veränderliche Stellung von f gegen die Stange h wird das frühere oder spätere Aufdecken, so wie das Schließen von b' nun erklärlich seyn. Das allmähliche Oeffnen des Hauptschiebers c ist durch Fig. 6 dargestellt, in welcher die horizontale Linie αα den Kolbenlauf und die Senkrechten β' β' die dazu gehörige Aufdeckung (Oeffnen) des Schiebers bezeichnen. Fig. 7 ist eine ähnliche Zeichnung, worin 4) die Wirkung vom Expansionsschieber vorstellt bei 4/10 Füllung des Cylinders, 5) die Wirkung bei 5/10 6)  „      „  „ 6/10 7)  „      „  „ 7/10 8)  „      „  „ 8/10 β ist die ganze Bewegung des Expansionsschiebers; β' ist die Aufdeckung eines der Dampfwege b'. Ich bemerke noch, daß wenn der Hauptschieber für 7/10 Dampffüllung bei einer Maschine regulirt ist, die Expansion von 2/10 bis 7/10 stattfinden kann. Die Eigentümlichkeiten dieser Expansion bestehen: a) in dem zweimaligen Oeffnen durch Dampfdruck, und b) im zweimaligen Schließen durch ein gewöhnliches Excentricum. Die Vortheile derselben sind folgende: 1) sehr frühzeitiges Oeffnen und Schließen bei äußerst ruhigem Gang; 2) sie entspricht allen Anforderungen einer ausgedehnten, leicht verstellbaren Expansion von 2/10 bis 8/10; 3) die Veränderung der Expansion kann sehr leicht mit dem Regulator in Verbindung gebracht werden; 4) der Raum zwischen dem Expansionsschieber und dem Cylinder kann bei einer neuen Maschine leicht auf ein Minimum gebracht werden; 5) bei der schwächsten Füllung des Cylinders öffnet der Expansionsschieber bei weitem mehr als der Hauptschieber, was bei sehr vielen Expansionsvorrichtungen nicht der Fall ist. Wie ich oben bemerkt habe, machte ich die erste Anwendung von dieser Expansion bei einer Maschine von 12 und einer von 50 Pferdekräften, aber in der Weise, daß ich Cornwall'sche Ventile anwandte, welche durch eine Feder geschlossen und durch Excentricum und Hebel geöffnet wurden. Jedenfalls verdient aber der beschriebene Schieber, meiner Ansicht nach, den Vorzug. Es gereicht mir zum Vergnügen, diese Mittheilung dem maschinenkundigen Publicum zu machen, und ich werde auch gerne hören, daß eine solche Expansion anderorts ausgeführt werde, ersuche jedoch eine solche unter der Benennung Schultz's Expansion aufzuführen, um so mehr, da vorläufig vollständiger Mangel an einheitlichen Schutzgesetzen in Deutschland besteht und man sich nur durch gegenseitige Gewissenhaftigkeit wenigstens das Verdienst einer nützlichen Neuerung sichern kann. Mainz, den 12. Januar 1858.

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