Titel: | Beispiele von stationären Dampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. XLVI., S. 168 |
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XLVI.
Beispiele von stationären
Dampfmaschinen.
Aus dem Practical
Mechanic's Journal, Septbr. 1857, S. 141.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Beispiele von stationären Dampfmaschinen.
In der neuesten Zeit ist man bestrebt, die Triebkraft des Dampfes auf eine
unmittelbarere Weise anzuwenden, als es früher der Fall war; man vermeidet es so
viel als möglich, zwischen eine große Central-Dampfmaschine und die
Arbeitsmaschinen, welche sie betreiben soll, viel Räderwerk und lange Wellen zu
legen, indem dieß ein sicheres Mittel ist, an Kraft und folglich auch an
Betriebskosten zu sparen.
In vielen Zeugdruckereien z.B. wird eine jede von den Walzendruckmaschinen durch eine
besondere Dampfmaschine in Betrieb gesetzt, welche unmittelbar zur Seite des
Gerüstes der Druckmaschine angebracht ist. In solchen Fällen sind die Kessel die
Centralquellen der Triebkraft; von ihnen laufen Dampfröhren mit Verzweigungen bis zu
jeder kleinen Dampfmaschine; die älteren schweren Räderwerke oder Vorgelege und
Wellen, welche von einer Central-Dampfmaschine aus getrieben wurden, sind
also durch unbewegliche und folglich reibungslose Dampfleitungen ersetzt. Dieselbe
Einrichtung ist jetzt auch bei den Waschrädern und anderen besonders schweren
Maschinen angenommen.
Dieses neue Betriebssystem eignet sich aber eben so vortheilhaft für
Maschinenfabriken, Eisenwerke, Zuckerfabriken etc. wo schwere Maschinen fortwährend
im Betriebe sind. Wir kommen hierauf unten zurück, und wenden uns jetzt zu den Fig. 22 bis
27,
welche verschiedene Arten von Dampfmaschinen darstellen. Diese Figuren beziehen sich
sämmtlich auf stehende oder stationäre Dampfmaschinen, welche in der Construction
nichts Neues darbieten, aber speciellen Zwecken angepaßt sind.
Fig. 22, 24 und 25 sind
Darstellungen von Maschinen nach dem verbundenen Hoch- und
Niederdruck-Princip, welches in der neuesten Zeit in den (englischen)
Fabrikdistricten in Gebrauch gekommen ist. In den Baumwollen-Manufacturen zu
Manchester und in dessen Umgebung, wo sich die Spinnmaschinen so vermehrt haben, daß
die Kraft der vorhandenen Condensationsmaschinen zu ihrem Betriebe nicht mehr
hinreicht, pflegt man Hochdruckkessel anzubringen und eine neue Hochdruckmaschine in
dem Maschinenhause aufzustellen, die als Hülfsmaschine wirkt und den Dampf zuerst
benutzt, worauf derselbe in die Condensationsmaschine übergeht.
Fig. 22 ist
eine geneigte, direct wirkende Condensationsmaschine mit Hoch- und
Niederdruck-Cylinder und Expansion. Die Maschine ruht gänzlich auf einem
steinernen Fundament, auf welchem ein gleichschenklig dreieckiges Gerüst angebracht
ist, mit rautenförmigem Leistenwerk verziert. Die beiden Dampfcylinder sind in
umgekehrter Richtung auf den zwei geneigten Ebenen des Gerüstes festgeschraubt, und
auf diese sind auch die Leitrahmen zum Geradeführen der beiden Kolbenstangen
befestigt. Letztere sind direct mit den beiden Lenk- oder Kurbelstangen
verbunden, deren entgegengesetzte Enden über eine Kurbelwarze auf der liegenden
Treibwelle greifen. Die Zapfenlager dieser Welle sind auf dem Scheitel des als
Gerüst dienenden dreiseitigen Prismas angebracht.
Diese Maschine wirkt nach dem Woolf'schen System;
Hochdruckdampf strömt aus dem Kessel zuerst nach dem zur linken Seite befindlichen
kleinen Cylinder und zieht dann durch einen im Gerüst befindlichen horizontalen
Canal in den zur rechten Seite liegenden größeren Cylinder, in welchem er nach
Maaßgabe des zwischen den Durchmessern beider Cylinder bestehenden Verhältnisses
wirkt. Endlich gelangt der Dampf in den, ebenfalls in dem Gerüst oder außerhalb
desselben befindlichen Condensator, welcher wie gewöhnlich mit der Luftpumpe
verbunden ist. Der Neigungswinkel der beiden Schenkel des Dreiecks kann der
gewünschten Stellung der Maschine angepaßt werden, und es ist diese Form der
Dampfmaschine besonders bei beschränkter Höhe zweckmäßig. Sie gewährt den Vortheil,
daß nur wenige und einfache Theile erforderlich sind, die, in gutem Gleichgewicht
stehend, verbunden werden können, und überdieß ist die Form der Maschine eine sehr
hübsche.
Fig. 23 ist
eine horizontale, direct wirkende Hochdruckmaschine, mit einem einzigen Cylinder.
Sie hat eine ebene Sohlplatte, welche durch Bolzen mit einem gemauerten Fundament
verbunden ist, wie bei Fig. 22. Der
Dampfcylinder ist an dem rechten Ende der Sohlplatte fest geschraubt, und die
Zapfenlager der Kurbelwelle sind am andern Ende angebracht; über letzteren befindet
sich, wie bei der vorhergehenden Maschine, ein Regulator. Die Kolbenstange oder
vielmehr ihr Schlitten bewegt sich in horizontalen Leitrahmen, und die Lenkstange
geht direct von dem Querhaupt zu der Kurbelwelle. Die ganze Anordnung ist so einfach
als möglich.
Fig. 24 ist
eine neue Construction Woolf'scher oder doppelcylindriger
Balanciermaschine, wie sie jetzt nach großem Maaßstabe, besonders für Spinnereien
und Webereien, ausgeführt wird. Hierbei stehen auf einem massiven Fundament in der
Mitte zwei senkrechte cannelirte Säulen, welche ein gußeisernes Gebälk tragen, das
sich von einer Wand des Maschinenhauses zur andern erstreckt und auf welchem die Zapfenlager des
Balanciers befestigt sind. Der Hoch- und der Niederdruck-Cylinder,
welche verschiedene Durchmesser haben, stehen dicht neben einander auf einem
verzierten gußeisernen Fundament. Die Kolbenstange des kleinen Hochdruckcylinders
ist in zwei Drittel Entfernung des halben Balanciers von dem Drehpunkt, in das
Watt'sche Parallelogram aufgehängt, während die Kolbenstange des großen
Niederdruck-Cylinders an dem Ende desselben befestigt ist.
Die Zapfenlager der Kurbelwelle sind auf dem entgegengesetzten Ende des Fundamentes
angebracht; die Kurbel ist mit diesem Ende des Balanciers durch eine lange
Lenkstange, deren Querschnitt kreuzförmig ist, verbunden. Der Luftpumpenkolben wird
durch eine besondere Stange betrieben, die an einem Punkte zwischen dem Drehpunkt
und dem Ende des Balanciers, auf der Cylinderseite angebracht ist, während die
Kaltwasser- oder Speisepumpe auf der andern Seite sich befindet und ihre
Kolbenstange dort an den Balancier angehängt ist. Der Dampf wirkt wie in Fig. 22, indem
er mit seiner vollen Spannung zuerst in den kleinen Cylinder strömt, dann im großen
Cylinder mit Expansion arbeitet; die Hochdruckdämpfe gelangen vom untern Ende des
kleinen Cylinders in das obere Ende des großen, und umgekehrt.
Fig. 25 ist
ein Beispiel derselben Idee, nach dem Plane von W. Macnaught ausgeführt. Der Hoch- und der
Niederdruck-Dampfcylinder befinden sich auf entgegengesetzten Seiten von der
Mitte des Balanciers. Auf dem gemauerten Fundament stehen vier Säulen, welche die
Mitte eines Gebälkes tragen, das wie in Fig. 24 eingerichtet ist.
Der kleine Hochdruckcylinder ist auf einem gußeisernen Kasten zur Linken der Säulen
angebracht, und seine Kolbenstange mit einem Punkte des Balanciers, auf der Hälfte
zwischen Ende und Mitte desselben, verbunden. Der große Niederdruck-Cylinder
liegt am andern Ende des Balanciers, mit welchem feine Kolbenstange verbunden ist.
Nachdem die Hochdruckdämpfe in dem kleinen Cylinder gewirkt haben, gehen sie
mittelst eines unter der Sohlplatte befindlichen Canals in den großen Cylinder
über.
Macnaughts ursprüngliche Idee bei diesem Plane war bloß,
die Kraft einer überladenen, schon vorhandenen Maschine, durch Hinzufügen eines
zweiten Cylenders zu erhöhen, ohne die Theile zu sehr zu belasten. Man fand aber
diese Einrichtung so zweckmäßig, daß man sie auf neu zu construirende Maschinen
übertrug, welche alle mit einem guten Gleichgewicht verbundenen Vortheile
gewähren.
Fig. 26 ist
eine direct wirkende, senkrechte Hochdruckmaschine, welche für schwache Kräfte
angewendet wird, wenn eine hochliegende Kurbelwelle erforderlich ist. Das Gerüst
besteht aus einem Paar cannelirter Säulen, die ein Gebälk tragen, auf dem die
Zapfenlager der Kurbel- und Schwungradwelle befestigt sind. Der senkrechte
Dampfcylinder ist auf dem aus Quadersteinen bestehenden Fundament durch
Schraubenbolzen befestigt und oben auf zwei, einander entgegengesetzten Seiten mit
Gesimsen versehen, welche die beiden Führungen für das Querhaupt am obern Ende der
Kolbenstange tragen, von welchem ab eine Lenkstange zu der darüber befindlichen
Kurbel geht.
Fig. 27 ist
ein Beispiel einer horizontalen Maschine mit zwei Cylindern, von denen der eine mit
Hochdruck – und der andere mit Niederdruckdämpfen arbeitet. Bei dieser
Anordnung sind die beiden Dampfcylinder auf einer Sohlplatte befestigt, die
ihrerseits mit einem Fundament von Quadersteinen verbunden ist. Am entgegengesetzten
Ende von den Cylindern sind auf dem gußeisernen Fundament die Zapfenlager der
Kurbelwelle und zwischen beiden die Führungen der Kolbenstangen-Schlitten
angebracht. Die Kolbenstangen beider Cylinder sind mit einem Querhaupt versehen,
dessen Enden oder Schlitten horizontal geführt werden, während dasselbe, auf
gewöhnliche Weise, durch eine Lenkstange mit der Kurbel verbunden ist. Den beiden
Cylindern wird nacheinander Dampf durch eine senkrechte, von der eigentlichen
Dampfröhre abgehende Röhre zugeführt, und der aus dem Niederdruckcylinder
ausströmende Dampf geht durch die geneigte Röhre in den Condensator, welcher in
einer tiefern Ebene angebracht ist. Neben letzterm steht die geneigte Luftpumpe,
welche durch eine Kurbelstange von der Haupttriebwelle aus betrieben wird; das warme
Wasser wird dem Kessel zugeführt. Die Ansicht, Fig. 27, ist nach einer
Durchschnittslinie durch die Mitte zwischen beiden Maschinen genommen, und zeigt
einen von den Dampfcylindern mit Luftpumpe und Condensator.