Titel: | Ueber die Stoffe, welche zum Anfertigen der Soldatenkleider dienen; von Hrn. Coulier. |
Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. LXXVI., S. 266 |
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LXXVI.
Ueber die Stoffe, welche zum Anfertigen der
Soldatenkleider dienen; von Hrn. Coulier.
Aus den Comptes
rendus, Decbr. 1857, Nr. 24.
Coulier, über die Stoffe, welche zum Anfertigen der Soldatenkleider
dienen.
Ich habe für alle meine Versuche nur solche Stoffe angewendet, welche zum Kleiden der
Soldaten dienen; diese sind baumwollene und hanfleinene Zeuge, und verschieden
gefärbte Wollentuche. Ich habe dabei die Gewebe geprüft als Schutzmittel: 1) gegen
die Kälte; 2) gegen die Wärme; 3) als Körper welche die Producte der
Hautaussonderung zu absorbiren bestimmt sind. Bezüglich dieser letztern Frage
führten mich meine Versuche zu der Annahme, daß wenn das Wasser in hinreichender
Menge in ein Gewebe eindringt, es sich in zwei unterschiedene Portionen theilt,
welche ich hygroskopisches und zwischengelagertes Wasser nennen werde. Folgende Betrachtungen motiviren
diese Unterscheidung hinreichend: 1) Das hygroskopische Wasser kann in beträchtlicher Menge absorbirt
werden, ohne daß die physischen Haupteigenschaften des Gewebes sich ändern; es läßt
sich nur mittelst der Waage erkennen. Das zwischengelagerte Wasser modificirt
hingegen jene Eigenschaften bedeutend, und man kann dasselbe durch das Antasten des
Gewebes gewahr werden. 2) Das hygroskopische Wasser kann durch den Druck nicht
ausgetrieben werden; die Schwere sammelt es nicht in den abhängenden Theilen des
Stoffes an, wie dieß beim zwischengelagerten Wasser geschieht. 3) Das
zwischengelagerte Wasser verdunstet nach und nach stets vollständig, wenn sich der
Stoff in einem nicht mit Dampf gesättigten Medium befindet. Das hygroskopische
Wasser verdunstet hingegen nur in einem vollständig ausgetrockneten Medium gänzlich.
Sein Gewicht variirt mit dem hykroskopischen Zustande des umgebenden Mediums und der
Temperatur des Stoffes.
Um das hygroskopische und zwischengelagerte Wasser quantitativ zu bestimmen, braucht
man nur den Stoff nach 24stündigem Verweilen über gebranntem Kalk zu wiegen, und
wiederholt nach eben so langem Verweilen desselben über Wasser, nachdem im letztern
Falle das Gewebe entweder trocken oder mit Wasser vollkommen getränkt, in die Glocke
gebracht worden ist; die Gewichtsdifferenzen liefern leicht die gesuchten Resultate.
Die Quantitäten absorbirten hygroskopischen Wassers waren durchschnittlich folgende:
Baumwolle, 0,10 vom Gewicht des Stoffes; Hanfleinwand, 0,15; Wolle, 0,18 bis 0,20.
Für das zwischengelagerte Wasser erhielt ich folgende Ziffern: Hanfleinwand, 0,5;
Baumwolle, 0,8 bis 0,9; Wolle 1,5.
Ich habe gefunden, daß wenn ein Gewebe, welches mit einer befeuchteten Fläche in
Berührung ist, derselben die Flüssigkeit im Zustand hygroskopischen Wassers
entzieht, die Temperatur dieser Fläche sich nicht ändert. Das Wasser geht allerdings
in gasförmigen Zustand über; aber indem es sich unmittelbar in den Poren des Stoffes
verdichtet, gibt es die in latentem Zustande absorbirte Wärme zurück.
Die Folgerungen, welche ich aus meinen Untersuchungen ziehen zu können glaubte,
lassen sich in folgenden Sätzen zusammenfassen:
1) Die Farbe der Kleider hat keinen merklichen Einfluß auf den Abgang an
Wärmestoff.
2) Alle Gewebe können eine gewisse Menge hygroskopischen Wassers in latentem Zustande
absorbiren; diese Menge, ziemlich beträchtlich für die Wolle, ist geringer für das
Hanflinnen und besonders für die Baumwolle.
3) Diese Absorption geschieht, ohne daß der menschliche Körper unmittelbar Wärmestoff
verliert.
4) Die Farbe der Gewebe hat einen großen Einfluß auf die Absorption der Sonnenwärme,
und es genügt für Kleider aus beliebigem Stoffe, ihre äußere Oberfläche zu
modificiren, um die Vortheile zu gewinnen, welche die weißen Stoffe gewähren, wenn
man der Sonnenhitze ausgesetzt ist.