Titel: | Ueber den Kohlenstoff- und Siliciumgehalt des Roheisens; von Max Buchner, Assistent der Chemie am ständ. Joanneum zu Gratz. |
Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. LXXXII., S. 288 |
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LXXXII.
Ueber den Kohlenstoff- und Siliciumgehalt
des Roheisens; von Max Buchner, Assistent der Chemie am
ständ. Joanneum zu Gratz.
Aus den Sitzungsberichten der k. k. Akademie der
Wissenschaften, Bd. XXV.
Buchner, über den Kohlenstoff- und Siliciumgehalt des
Roheisens.
Die großen Schwankungen in den Angaben über den Kohlenstoffgehalt der
Eisenhohofenproducte veranlaßten mich, eine Reihe von Kohlenstoff- und
Siliciumbestimmungen der verschiedenen Roheisensorten nach einem Verfahren zu
unternehmen, welches sich im hiesigen Laboratorium auf Hrn. Prof. Dr. Gottlieb's Veranlassung
durch Widtermann als vollkommen verlässig und als derzeit
bestes bewährt hat.Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, 1853, Nr. 3, S. 498;
Jahresbericht von Liebig und Kopp, 1853, S. 722. Dieses Verfahren beruht auf der Auflösung des Eisens in Kupferchlorid und
Wägung des Kohlenstoffs als Kohlensäure. Man übergießt zu dem Ende einige Gramme des
mäßig verkleinerten zu untersuchenden Roheisens mit einer concentrirten wässerigen
Lösung von krystallisirtem möglichst säurefreiem Kupferchlorid und überläßt so das
Eisen einige Tage hindurch der Einwirkung des Kupferchlorids. In den meisten Fällen
ist in der eben angegebenen Zeit das Eisen ohne die mindeste Gasentwickelung unter
Zurücklassung einer mit dem Glasstabe zerdrückbaren Masse von Kupfer und Kohlenstoff
in Lösung gegangen. Man digerirt es sofort unter Zusatz von Chlorwasserstoffsäure,
filtrirt es über ausgeglühtem Asbest und wäscht aus.
Nachdem man es scharf getrocknet, bestimmt man den Kohlenstoffgehalt nach Art der
organischen Elementar-Analyse durch Verbrennen mit Kupferoxyd unter Anwendung
eines Stromes von Sauerstoffgas, wodurch sämmtlicher Kohlenstoff zu Kohlensäure
verbrannt und als solche gewogen wird.
Dieses Verfahren unterscheidet sich wesentlich von dem früheren, bei welchem man die
Kohlenstoffmenge unmittelbar durch Wägung des Kohlenstoffs bestimmte, was immer zu
hohe Resultate liefern mußte, da die Kohle stets etwas wasserstoffhaltig ist;
andererseits ist es durch Wöhler's
Nachrichten d. Gesellsch. der Wissensch. zu Göttingen 1856, S. 39–44.
– Journal für prakt. Chemie, Bd. LXVII S. 362. Entdeckung des krystallinischen Siliciums mehr als wahrscheinlich, daß sich solches auch im
Roheisen findet und häufig als Graphit bei der Kohlenstoffbestimmung mit in Rechnung
gezogen wurde.
Das obige Verfahren diente sonach zur Bestimmung des Gesammtkohlenstoffgehaltes; die
für die grauen und halbirten Roheisensorten so wichtige gesonderte Bestimmung des
ungebundenen Kohlenstoffgraphits wurde dadurch bewerkstelligt, daß die gewogene
Menge Roheisen mit mäßig concentrirter Chlorwasserstoffsäure unter Anwendung von
Wärme so lange behandelt wurde, bis keine Gasentwicklung mehr wahrnehmbar war. Die
Lösung wurde nun vom ausgeschiedenen Graphit über Asbest filtrirt, dieser mit
kochendem Wasser ausgewaschen, dann mit Kalilauge, Alkohol und schließlich Aether
behandelt, welche Agentien eine ziemliche Menge von Kohlenwasserstoffverbindungen
aufnahmen, was sich an der Färbung der Flüssigkeiten bemerkbar machte. –
Diese beiden letzteren Lösungsmittel wurden bisher meist übergangen, und noch in
neuester Zeit hat Abel
Quart. Journ. of the Chem. Soc. Bd. IX, 3.
October 1856, S. 202; polytechn. Journal, 1857, Bd. CXLV S. 40. eine Reihe von solchen Bestimmungen veröffentlicht, aus denen zu ersehen
ist, daß er sich weder des Alkohols, noch des Aethers bediente. Der auf diese Weise
nun möglichst reine Graphit, bei dem sich noch eine entsprechende Menge Silicium
befand, wurde nun wieder mit Kupferoxyd im Sauerstoffstrome verbrannt, und aus der
Kohlensäure der Kohlenstoffgehalt berechnet.
Die zur Analyse dienenden Roheisensorten waren folgende:
1) Spiegeleisen von Vordernberg von ausgezeichnet
krystallinischer Structur und von großblätterigem Gefüge.
2) Spiegeleisen, vollkommen
krystallinisch.
3) Spiegeleisen von Mosinz von eminent
krystallinischem Gefüge.
4) Spiegeleisen von Eberstein, in ganz
charakteristischen Stücken.
5) Luckiges Roheisen von Vordernberg, bläulich
weiß von strahlig körnigem Gefüge.
6) Luckiges Roheisen von Plons, Kanton St.
Gallen, den obigen ganz ähnlich, aus Rotheisenstein mit Holzkohlen
erblasen.
7) Weißes Roheisen aus Liezen, Obersteiermark,
von strahligem Gefüge.
8) Weißes grelles Roheisen von Liezen, von mehr
körniger Structur.
9) Weißes grelles Roheisen von Liezen,
körnig.
10) Weißes grelles Roheisen von Joachimsthal, strahliges Gefüge,
durch rasches Erkalten weiß geworden.
11) Halbirtes Roheisen von der Lölling.
12) Stark halbirt erblasenes Roheisen von Liezen.
13) Minder halbirt erblasenes Roheisen von Liezen.
14) Graues Gußeisen von Joachimsthal.
15) Graues Gußeisen von Blansko.
16) Graues Gußeisen von Blansko.
17) Schaumiges grobkörniges Roheisen von Blansko.
18) Ueberkohltes, schwarzgrau erblasenes Roheisen von
Liezen.
Chemisch gebundener
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
Kohlenstoff
4,14
3,80
4,09
3,75
3,31
3,03
3,40
2,70
2,13
Graphit
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Silicium
0,01
0,01
0,26
0,27
Spur.
0,15
0,14
0,10
0,10
Chemisch gebundener
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
Kohlenstoff
Graphit
3,60 –
3,34 –
2,720,20
2,172,11
1,352,47
1,182,42
0,712,79
0,383,28
0,263,83
Silicium
0,66
0,10
0,26
0,09
0,7
0,66
1,53
1,62
0,59
Das Spiegeleisen enthält nach Bromeis
Rammelsberg, Lehrb. der chemischen Metallurgie,
1850, S. 68. eine nicht unansehnliche Quantität Graphit, während der Verfasser in
verschiedenen Spiegeleisen keinen nachweisen konnte, dagegen fand, daß das
gewöhnliche Eisen, namentlich in der Nähe der Lucken oder an den Rändern, häufig
graues Roheisen eingelagert enthält, es haben aber dann die zunächst liegenden
Partien nie das Ansehen des wahren Spiegeleisens, sondern das des dickgrellen weißen
Roheisens. Stücke mit großen Krystall- oder Theilungsflächen enthalten nie
Graphit. Es ist daher sehr leicht möglich, daß Bromeis
ein solches fälschlich Spiegeleisen genanntes Stück der Analyse unterwarf. Rammelsberg
Wehrle, Lehrb. der Probir- u. Hüttenkunde,
2te Ausgabe, Bd. II S. 19. hat ebenfalls jene Angaben als einer erneuten Untersuchung würdig
dahingestellt. Schon aus dem bei der Methode der Kohlenstoffbestimmung Berührten
geht hervor, daß der Kohlenstoffgehalt des Spiegeleisens im Allgemeinen bisher immer
zu hoch angegeben wurde, was auch von der Verbrennung mit Sauerstoffgas herrühren
mag, wo in solchen Fällen, wie es scheint, versäumt wurde, den Sauerstoff in den
Apparaten durch Luft wieder zu verdrängen, was dann jedenfalls ein fehlerhaftes
Resultat liefert. Die übrigen weißen Roheisensorten haben sich ebenfalls von Graphit
frei gezeigt, was sowohl die bisherigen Erfahrungen bestätigen, als auch mit der
Theorie der Roheisengewinnung übereinstimmt. Der Siliciumgehalt verschwindet beim
Spiegeleisen zum Theil beinahe gänzlich, und ist bei dem weißen Roheisen ebenfalls
gering.
Die grauen Roheisensorten zeigen einen verhältnißmäßig constanten Graphitgehalt. Der
aus dem Roheisen erhaltene Graphit wurde früher häufig für eine Verbindung des
Kohlenstoffs mit SiliciumRammelsberg, Lehrb. der chem. Metallurgie, 1850,
S. 74. oder auch von Eisen mit Kohlenstoff gehalten. Beides beruht jedenfalls auf
einer irrigen Beobachtung. Wehrle untersuchte demnach
wahrscheinlich einen Graphit, dem krystallisirtes Silicium beigemengt war, während
im zweiten Falle der Verfasser nach sorgfältiger Digestion des Gemenges von Graphit
und Silicium mit Königswasser, nach dem Verbrennen des Graphits vor der Gaslampe mit
Gebläse immer vollkommen ungefärbte, eisenfreie Kieselsäure erhielt. Somit fände
auch jener fragliche Punkt über die Constitution des Hohofengraphits seine
Erledigung, von dem Rammelsberg sagt, daß er eine
erneuerte Untersuchung verdiene. Der höhere Siliciumgehalt des grauen Roheisens
bestätigt ferner die Ansicht, daß die Reduction des Siliciums erst bei einer
Temperatur zu beginnen scheint, wo das Roheisen grau zu werden beginnt. Das Maximum
des Siliciumgehalts tritt bei dem schaumigen grobkörnigen Roheisen aus Blansko, wo
er 1,6 Procent erreicht, ein, während Karsten in einem
anderen grauen Roheisen als Maximum 3,4 Procent gefunden hat.
Diesen Untersuchungen zufolge ist man keineswegs berechtigt, eine nur wahrscheinliche
Formel für die Zusammensetzung des Spiegeleisens aufzustellen, und der so einfache
Ausdruck des Viertelkohleneisens, welches man bisher als den Hauptbestandtheil des
Spiegeleisens betrachtet, scheint demnach kaum gerechtfertigt. Man muß im Gegentheil
annehmen, daß das Spiegeleisen die Verbindung eines noch unbekannten Kohleneisens
mit reinem Eisen sey, daher es auch auf eine so einfache Formel, wie die des
Viertelkohleneisens ergibt, keinen Anspruch machen kann. Würden nicht die
physikalischen Eigenschaften des Spiegeleisens und der Umstand, daß aller
Kohlenstoff darin chemisch gebunden enthalten ist, so sehr für die Existenz einer
wirklich chemischen Verbindung sprechen, so würde man sich gar nicht veranlaßt
sehen, darin eine nach stöchiometrischen Verhältnissen bestehende Verbindung
anzunehmen.
Indem gerade die ausgezeichnet krystallinische Structur des Spiegeleisens zur Annahme
einer chemischen Verbindung führte, so sind schon von Karsten,
Hausmann, Mitscherlich, Rammelsberg und Gurlt
Krystallmessungen ausgeführt worden, wie auch an einem ziemlich ausgebildeten
Krystalle, den ich erhielt, Winkel von ungefähr 86°, 105° und
119° gefunden wurden, ohne daß man jedoch bezüglich des Krystallsystems
daraus eine Folgerung machen könnte.