Titel: | Ueber einen dauerhaften Verschluß der gläsernen Röhrenlibellen und anderer luftdicht zu verschließenden Gefäße, von Carl Paul, Inhaber eines galvanoplastischen Instituts zu Cassel. |
Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. LXXXVI., S. 299 |
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LXXXVI.
Ueber einen dauerhaften Verschluß der gläsernen
Röhrenlibellen und anderer luftdicht zu verschließenden Gefäße, von Carl Paul, Inhaber eines galvanoplastischen Instituts zu
Cassel.
Mit Abbildungen.
Paul's dauerhafter Verschluß der gläsernen Röhrenlibellen
etc.
Veranlaßt durch eine vor Jahresfrist von dem Vereine zur Beförderung des
Gewerbfleißes in Preußen angeregte Preisaufgabe wegen eines dauerhafteren
Verschlusses der gläsernen Röhrenlibellen, stellte der Obengenannte Versuche an,
diesen Verschluß durch einen galvanisch erzeugten Kupferüberzug zu erzielen, welche
vollkommen gelungen sind. Das Verfahren besteht in Folgendem.
Die Libellenröhre Fig. 1 wird zuvörderst an beiden
Enden, und zwar innen wie außen und so weit die Kupferkappe greifen soll, rauh
geschliffen, ringsum am Ende eine Vertiefung (Rinne) eingeschliffen und sodann die
mit St bezeichnete Stelle mit Stearin oder Wachs, die eine Seite auch noch mit dem
runden hölzernen Stöpsel b verschlossen.
Um nun die fest anliegenden Kupferverschlüsse in den bei k gezeichneten Formen zu erzeugen, wird, soweit nöthig, metallisirt.
Hierzu ist ein vorsichtiges Graphitiren genügend, und es muß nur darauf gesehen
werden, daß aller überflüssige Graphit vermieden wird. So präparirt, setzt man das
Ganze in einem Kupferbade dem galvanischen Strome aus. Hierdurch wird bei
sorgfältiger Arbeit der Ueberzug von dünner Papierstärke in 24 Stunden solid hergestellt.
Fig. 1–2., Bd. 147, S. 300
Hat man sich davon überzeugt, so wird der Holzstöpsel b, um den sich ebenwohl Kupfer niedergeschlagen hat,
mit Vorsicht aus diesem entfernt, so, daß das an diesem Stöpsel gebildete
Kupferröhrchen stehen bleibt. Durch das letztere wird nun das Innere von dem
Stearin oder Wachs vermittelst Hineintrichtern heißen Terpenthinöls,
nachträglich mit etwas Schwefelsäure, Wasser oder sonstigen Mitteln, gereinigt,
hierauf die Libelle mit Aether oder Spiritus gefüllt, das zuvor bis auf die
Länge einer Linie abgefeilte Kupferröhrchen b mit
einem Metallstöpselchen fest verstopft und dann mit dem Löthkolben ein Tropfen
Zinn rasch aufgetragen. Bei einiger Uebung ist dieses alles leicht und mit
Sicherheit zu bewirken, und ein auf diese Weise erzielter Verschluß der Röhre
eben so solid, als derjenige, welcher in dem Zublasen der spitz gezogenen Enden
einer Libelle besteht. Außerdem gewährt dieses Verfahren die Sicherheit, daß
dabei keine Röhre zerspringen kann, oder daß eine sorgfaltig geschliffene
ungenau wird, wie solches bei jenem Spitzziehen und Zublasen derselben zu
befürchten ist.
Wenn man den Verschluß bereits gefüllter Libellen noch durch einen Kupferüberzug
sichern will, so ist das obige Verfahren, hierzu angewandt, natürlich einfacher. Wie
wiederholte Proben ergeben haben, genügt dasselbe auch in der unten kurz
angedeuteten Anwendungsweise vollständig bei der Fabrication neuer Libellen, und
noch weniger umständlich als jenes, läßt es sich ferner noch anwenden, um größere
Gefäße, wie z.B. die Gläser in anatomischen Cabinetten mit den conservirenden
Flüssigkeiten für animalische Substanzen etc., luftdicht zu verschließen, vor
äußerer Einwirkung zu bewahren und das Verdunsten, somit auch das öftere Nachfüllen
der Flüssigkeit, zu verhüten.
Fig. 3., Bd. 147, S. 301
Das Verfahren in letztgedachten Fällen besteht einfach darin, daß die fertig
gefüllte Röhrenlibelle, oder ein anderes Gefäß durch Aufkitten einer Glasscheibe
und Zubinden mittelst Blasenhaut verschlossen, wie Fig.
3 und 4 ersichtlich, noch mit einer
durch das oben beschriebene Verfahren erzeugten Kupferkappe überdeckt wird, und
daß dieser letztere Verschluß den ersteren an dem zuvor rauh geschliffenen Glase
um eine oder mehrere Linien breit übergreift, indem er denselben ganz
bedeckt.
Fig. 4., Bd. 147, S. 301
Die Dichtigkeit dieser Röhren kann man leicht prüfen, indem man sie in kurzer
Aufeinanderfolge den verschiedenen Temperaturgraden aussetzt, welche sie beim
Gebrauche zu erleiden haben. Damit sie aber einen hohen Temperaturgrad aushalten
können, ohne zu zerspringen, muß das Verschließen bei mittlerer Temperatur
geschehen, und ist hauptsächlich nöthig, daß die Temperatur des Kupferbades, in
welchem der Kupferüberzug erzeugt wird, auf diesen mittleren Grad gebracht
wird.
Mehrere Libellen und andere Gefäße, von Paul vor etwa
einem Jahre auf die mehrerwähnte Art gefüllt und verschlossen, befanden sich seitdem
im Besitze des Hofmechanikus G. Breithaupt, Inhaber des
rühmlichst bekannten mechanisch-mathematischen Instituts dahier, welche eine
solche Dauerhaftigkeit jenes Verschlusses, beziehungsweise Unveränderlichkeit der
Füllung, dargethan haben, daß, nach dem Gutachten des eben gedachten
Sachverständigen, durch die fragliche Erfindung einem schon lange gefühlten
Bedürfnisse auf das Vollständigste abgeholfen wird, und dieselbe nicht bloß dem Mechaniker
erwünscht ist, sondern auch dem Anatomen wie dem Naturforscher willkommen seyn
wird.
Cassel, im Februar 1858.
Aus dem Vereine für Handel und Gewerbe.A. Schwarzenberg.