Titel: | Ueber das Verfahren von Chenot zu Clichy, die Erze, insbesondere die Eisenerze, zu Metallschwamm zu reduciren. |
Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. CXIX., S. 429 |
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CXIX.
Ueber das Verfahren von Chenot zu Clichy, die Erze, insbesondere die Eisenerze, zu Metallschwamm zu
reduciren.
Aus dem Ingénieur, Februar 1857, S. 64.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Chenot's Verfahren die Eisenerze zu Metallschwamm zu
reduciren.
Callon, Bergingenieur und Professor zu Paris, schließt
seinen, der Jury der Allgemeinen Pariser Industrie-Ausstellung erstatteten
Bericht über das Chenot'sche Verfahren
folgendermaßen:
„Die Jury ist der Meinung, daß vielleicht kein anderer Aussteller ein
bemerkenswertheres Ganzes von neuen und für die Industrie wichtigeren Thatsachen
geliefert hat, und daß, wenn man auch noch nicht sagen kann, daß diese
Entdeckungen oder Erfindungen zu einer großen industriellen Ausbeute gelangt
sind, ihre Products doch wenigstens die ausnahmsweise Vollkommenheit haben,
welche wir der Wissenschaft oder der Arbeit verdanken, und welche hinreicht um
die Verleihung der Ehrenmedaille zu rechtfertigen.“
Im Allgemeinen sind die Urtheile der Jury-Mitglieder über dieses
Verfahren sehr verschiedenartig gewesen. Die Jury der XV. Classe –
für Stahl und Stahlwaaren – hat sich gar nicht damit beschäftigen
wollen, weil nach den ihr zugekommenen Notizen dasselbe sich auf Versuche
beschränkte und ihr die Ausführbarkeit im Großen zweifelhaft erschien. Ganz
entschieden dagegen hat sich auch der bekannte österr. Metallurg.
Sectionsrath und Director Tunner zu Leoben in
seinem „Bericht über die Producte des Bergbaues der Pariser
Ausstellung“ (Wien 1855), S. 46 und im polytechn. Journal Bd.
CXLIII S. 235 ausgesprochen. – Die Jury der I. Classe hingegen hat
diesem Verfahren in ihrer Majorität eine so große Wichtigkeit beigemessen,
daß sie dem Aussteller Chenot die Ehrenmedaille
zuerkannte.
Wir haben im polytechn. Journal Bd CXXXVIII S. 209 Notizen über Chenot's Etablissement zu Clichy bei Paris
mitgetheilt, nebst einer ausführlichen Beschreibung
seiner Verfahrungsarten, jedoch ohne Abbildungen der Apparate, die
wir hiemit nachtragen.
Sein Verfahren soll jetzt auf dem Eisenwerk Bogschan in Ungarn, welches der k. k.
Staatseisenbahn-Gesellschaft gehört, in Anwendung gebracht werden, da
man dort die dazu erforderlichen reichen Erze leicht beziehen kann,
A. d. Red.
Auf der Ausstellung befanden sich die Producte des Chenot'schen Verfahrens mit folgenden Ueberschriften:
1) Zusammendrücken und Formen der zertheilten metallischen Substanzen, insbesondere
derselben im Schwammzustande, bei gewöhnlicher Temperatur;
2) Cementation bei gewöhnlicher Temperatur, und Gegencementation;
3) Oxydations- und Reductionswirkungen;
4) Normalisation der Erze;
5) elektromagnetische Sortirung oder Separation der Erze etc. Diese Ueberschriften
umfassen das neue System der Eisen- und Stahlfabrication.
Hr. Chenot hat gezeigt, daß die oxydirten und durch diese
Verbrennung in Erze verwandelten Metalle wieder reducirt und auf den Zustand von
Metallschwamm zurückgeführt werden können, welcher nichts anderes als reines Metall
ist.
So gelangt das Eisenoxyd durch Reduction in den schwammigen Zustand, welchen er
benutzt um Stabeisen oder, mittelst neuer Reactionen, Stahl darzustellen.
Bei dieser Zugutemachung behält, da die Reduction nicht mit einer Schmelzung endigt,
das reducirte Erz seine Form und seine Textur bei. Der Schwamm entspricht der
Beschaffenheit und Güte des Oxydes, und die Natur des erzeugten Eisens hängt also
lediglich von der Qualität des angewandten Erzes ab. Chenot nennt dieß die Normalisation der
Erze.
Die Reduction wird auf folgende Weise bewirkt:
Das zerschlagene und geröstete Erz gibt man in einen runden oder prismatischen Ofen
(Fig. 3)
von 13 Meter Höhe, welcher mit äußeren Feuerräumen versehen ist, die 7 Meter von der
Gichtöffnung entfernt sind.
Indem dieses Erz im Ofenschaft niedersinkt, wird es einer zunehmenden Hitze
ausgesetzt, und gelangt zu dem Punkt, wo das Kohlenoxyd auf das Eisenoxyd einwirkt,
und es ebenso wie in dem Schacht eines Hohofens reducirt.
Das in den Zustand des Schwammes umgewandelte Erz kühlt sich beim Niedersinken in dem
Ofen immer mehr ab. Beim Herausnehmen aus dem Ofen muß der Schwamm die gewöhnliche
Temperatur haben, weil er sich sonst wegen seiner pyrophorischen Natur wieder
oxydiren würde.
Die Chenot'schen Apparate sind daher Hohöfen, die an dem
Punkte endigen, wo die Schmelzzone beginnt, folglich ohne Herd.
Der Schwamm hat zwei sehr charakteristische Eigenschaften:
1) ist er sehr zerreiblich, so daß er sich leicht pulverisiren läßt;
2) backt er unter einem sehr starken Druck fest zusammen. Hr. Chenot hat diese letztere Eigenschaft benutzt um bei gewöhnlicher
Temperatur Wulste zu bilden, welche dann weiter verarbeitet werden können.
Ehe wir die Reductionsapparate beschreiben, wollen wir Chenot's Reductionsproceß mit der gewöhnlichen Methode vergleichen, und
die wesentlichen Verschiedenheiten angeben.
Bei den gewöhnlichen Eisenhüttenprocessen gelangt das Erz im schwammigen Zustande in
den untern Theil des Schachtes, sinkt in demselben nieder, erleidet eine zunehmende
Erhitzung und kommt unter dem Einfluß der Kohlensäure in Fluß, wobei das Eisen
Kohlenstoff aufnimmt, und endlich fällt es als Roheisen in den Herd.
Bei dem Chenot'schen Verfahren kühlt sich das reducirte
Erz langsam ab, und kommt als Schwamm aus dem Ofen.
Unsere Hohöfen sind der Sitz zahlreicher Reactionen, der Kohlensäure auf den
Kohlenstoff, des Kohlenoxydes auf das Erz, des Cyans auf das Kali der Asche etc.
Während dieser Reactionen wird das Erz reducirt, aber bald durch den Kohlenstoff,
bald durch die Kieselerde; das erlangte Product hat daher keinen gleichartigen Charakter,
keine im voraus zu bestimmende Beschaffenheit.
In den Chenot'schen Hohöfen findet so zu sagen nur eine
Reaction statt, nämlich die des Kohlenoxydgases auf das Eisenoxyd, so daß also das
Product stets eine, derjenigen des Erzes vollkommen entsprechende Beschaffenheit
hat.
In den gewöhnlichen Hohöfen werden 2/5 des Brennmaterials zum Schmelzen verwendet. Da
dieses bei dem Chenot'schen Verfahren wegfällt, so wird
bedeutend an Brennmaterial erspart.
Endlich haben auch unsere Hohöfen seit einigen Jahren kolossale Verhältnisse erlangt
und kosten daher sehr viel, während die Chenot'schen nur
10 bis 15 Meter hohe Kupolöfen sind, welche also geringe Anlagekosten
verursachen.
Man muß gestehen, daß zu Gunsten des Chenot'schen Systems
sehr Vieles spricht; denn bei dem jetzigen System des Zugutemachens der Eisenerze
wird das durch Reduction des Oxydes erhaltene Metall als solches nicht benutzt,
sondern im Gegentheil in eine Kohlenstoffverbindung umgewandelt, welche, ehe sie
verkäufliches Stabeisen bildet, wiederum entkohlt werden muß.
Die Erzreduction durch Kohlenoxyd kann auf zweierlei Weise bewirkt werden: 1) indem
man Erze und Brennmaterialien mit einander vermengt; 2) durch Cementation.
Wir wollen nun die Apparate beschreiben, welche zu diesen beiden Processen
dienen.
Reduction durch Cementation.
Fig. 3 stellt
den Ofen mit Seitencanälen in einem senkrechten Durchschnitte dar: – A Verschluß mit Wassercirculation. – B Kernschacht von feuerfesten Ziegelsteinen. –
C Dampfkessel, welcher durch die entweichenden Gase
gefeuert wird. – n senkrechte Feuercanäle.
– Y Kühlraum mit Luftzug. – R unterer Theil des Ofens, welcher nur aus Eisenblech
besteht, um die Abkühlung des reducirten Erzes zu erleichtern. – F Roste, auf denen Brennmaterial verbrannt wird.
– F' Raum, in welchem die Erzröstung bewirkt
wird. – K Rost. – M Kolben, welcher die Erzcharge trägt. – k Gitter. – T Verschluß mit
Wassercirculation, am untern Ende.
Fig. 4 ist der
Grundriß des Rostes K in dem Flammofen F. – k Rahmen des
Rostes. – b, b bewegliche Stäbe. p, p Balken, auf denen die Roststäbe aufruhen.
Fig. 5 ist der
senkrechte Durchschnitt von dem untern Theile des Ofens. – k, k Rahmen auf welchem die beweglichen Stäbe ruhen.
– T Boden, der durch Wassercirculation dicht
erhalten wird und weggenommen werden kann.
Fig. 6 zeigt
den Kolben, welcher zur Entleerung des Ofens dient. – P beweglicher Boden, der in dem Cylinder durch den Kolben N wirkt. – D ist die
Verbindung des Kolbens mit dem Boden des Ofens.
Fig. 7 zeigt
den Schlüssel zum Entleeren des Ofens. – C Achse,
auf der sich der Schlüssel dreht. – E Schlüssel
mit Vertiefungen, um die Substanzen durchgehen zu lassen. – R ist die innere Oberfläche des Ofens.
Das Entleeren des Ofens ist eine ziemlich schwierige Arbeit, weil dabei jeder
Luftzutritt vermieden werden muß.
Reduction durch gasförmiges Brennmaterial.
Chenot's zweiter Apparat, welcher in Fig. 8 im senkrechten
Durchschnitt abgebildet ist, unterscheidet sich von den gewöhnlichen Hohöfen: 1)
dadurch, daß das Brennmaterial nur im gasförmigen Zustande mit dem Erz gemischt ist;
2) dadurch daß man das reducirte Erz zur geeigneten Zeit herausnehmen kann, entweder
aus D oder aus D' etc.
C Ofen. – H Verschluß
der Gicht. – o, o Stellen wo das Gas in den Ofen
strömt. – s, s Oeffnungen, durch welche das Gas,
nachdem es die Erzschichten durchströmte, aus dem Ofen tritt. – B Oeffnungen, durch welche das Brennmaterial eingebracht
wird. – K Stelle wo es verkohlt ist. – F Herd. – T Form zum
Einführen von Gebläseluft.
Chenot hat auch einen Gasgenerator vorgeschlagen, der in
Fig. 9
abgebildet ist und folgende Einrichtung hat. – A
senkrechte Röhre, durch welche das Brennmaterial eingeladen wird. – H Deckel, mit Wasser abgeschlossen. – D Schieber zum Herausziehen der Rückstände. – T Formen. – B Röhren,
durch welche die erzeugten Gase ausströmen.
Elektromagnetischer Separations-Apparat.
Dieser ist in Fig.
1 im senkrechten Längendurchschnitt und in Fig. 2 in der
Seitenansicht dargestellt. – A natürliche
permanente, oder künstliche Magnete. – C kupferne
Trommel. – T endloses Tuch zum Zuführen der Erze.
– T' Sieb. – P
geneigte Ebene zur Separation. – Q Zinkplatte zum
Reinigen der Trommel. – X Gangart und Kohlen.
– Y geschiedenes Erz.
Man begreift, daß das bei Y geschiedene Erz ein fast
reines Eisen liefern muß, welches man dann nur mit der für jede Stahlart
erforderlichen Kohlenstoffmenge zu verbinden braucht.
Es fragt sich nun, ob das Chenot'sche Verfahren wirklich
im Großen anwendbar ist. Diese Frage werden die vier oder fünf Hütten entscheiden,
welche (der Sohn des im vorigen Jahre verstorbenen Erfinders) Hr. Adrian Chenot gegenwärtig zu errichten beschäftigt ist. –
Das Verfahren wird übrigens auf solche Erze beschränkt bleiben müssen, welche aus
fast reinem Eisenoxyd bestehen.