Titel: | Ueber den Einfluß eines auf die Eischale aufgetragenen Firniß- oder Oel-Ueberzuges auf die Entwickelung des Hühnchens; von Hrn. C. Dareste. |
Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. CXXXI., S. 458 |
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CXXXI.
Ueber den Einfluß eines auf die Eischale
aufgetragenen Firniß- oder Oel-Ueberzuges auf die Entwickelung des
Hühnchens; von Hrn. C. Dareste.
Aus den Comptes
rendus, Decbr. 1857, Nr. 25.
Dareste, über den Einfluß eines auf die Eischale aufgetragenen
Firnißüberzuges auf die Entwickelung des Hühnchens.
Es wird Réaumur's Versuchen zufolge allgemein
angenommen, Haß bei Eiern, deren Schale man mit Firniß überzogen hat und die man
dadurch bisher vor der Einwirkung des Sauerstoffs der Luft vollkommen geschützt
hielt, der Embryo sich nicht entwickelt. Ich selbst theilte diese Meinung; aber
eigene Beobachtungen und einige von den HHrn. Baudrimont
und Martin Saint-Ange
veröffentlichte Thatsachen brachten mich auf den Gedanken, daß sie unrichtig seyn
könnten, weßhalb ich Versuche darüber anstellte, welche sie auch als unbegründet
herausstellten.
Ich überzog Eier ganz mit Collodium und Stiefellack (Firniß) und ließ sie bebrüten.
Die Embryone entwickelten sich wirklich. Der Firniß-Ueberzug war jedoch nicht
ohne auffallenden Einfluß auf deren Entwickelung geblieben, denn diese hielt
unmittelbar nach dem Eintreten des ersten Dotterkreislaufs stets inne.
Zahlreiche Versuche, die ich anstellte, um diese physiologische Beobachtung in
Einklang zu bringen mit den gewöhnlichen Ansichten über die nothwendigen Beziehungen
zwischen den lebenden Wesen und der atmosphärischen Luft, belehrten mich, daß die
von mir angewandten Firnisse kein absolutes Hinderniß sind für das Eindringen der
Luft in das Innere der Schale. Ich habe mich davon durch drei ganz verschiedene
Methoden überzeugt: 1) indem ich die gefirnißten Eier in das Vacuum der Luftpumpe
brachte, wobei die im Ei enthaltenen Gase auszutreten veranlaßt werden; 2) indem ich
mich versicherte, daß die gefirnißten Eier sowohl während als außer der Bebrütung
einen Gewichtsverlust erfahren, wie die nicht gefirnißten Eier, der jedoch in beiden
Fällen geringer ist; 3) indem ich mich von der Bildung des Luftraums (im dickeren
Ende) in einem, unmittelbar nach dem Legen überfirnißten Ei überzeugte.
Der Embryo athmet sonach im gefirnißten Ei wie im nicht gefirnißten; allein die durch
die Schale hindurchgehende Luftmenge ist wegen des zwischengelagerten Firnisses eine
viel geringere. Man begreift daher daß zur Zeit, wo die gefäßreiche Blase in der
Beckengegend (Allantois) sich zu bilden beginnt, die durch den Firniß
hindurchfiltrirende Luft nicht mehr hinreicht, um eine intensiver werdende Athmung
zu unterhalten und daß die Folge dieser unzulänglichen Respiration Asphyxie und der
Tod sind.
Zur Ergänzung dieser Resultate und als Gegenprobe mußte ein für die Luft beinahe
undurchdringlicher Ueberzug gefunden werden. Reaumur's
Angaben als Richtschnur befolgend, begann ich meine Versuche von vorn, indem ich die
Eier mit Oel einrieb. Ich ließ sie bebrüten und konnte in keinem Fall eine
Entwickelung bemerken. Ueberdieß fand ich den Gewichtsverlust dieser Eier im
Vergleich mit jenem der gefirnißten Eier höchst unbedeutend. Es ist sonach
anzunehmen, daß das Einölen der Schale das Eindringen der Luft ins Innere der Eier
fast ganz verhindert, und daß dieß die Ursache ist, welche sich der Entwickelung des
Embryo entgegenstemmt.
Da der Gewichtsverlust der Eier mir als der sicherste Maaßstab der Wirkung jener
Ueberzüge erschien, so stellte ich in dieser Hinsicht vergleichende Versuche an, von
welchen ich jedoch, der vorgerückten Jahreszeit wegen, in Bebrütung begriffene Eier
ausschließen mußte. Der mittlere tägliche Verlust durch Verdampfung war bei natürlichen
Eiern 0,051 Grm., bei gefirnißten Eiern 0,032 Grm., bei mit Oel eingeriebenen nur
0,008 Grm. Diese Wägungen stimmen mit meinen physiologischen Beobachtungen
merkwürdig überein, indem bei den gefirnißten Eiern die Entwicklung wohl beginnt,
sich aber nicht vollendet, bei den mit Oel eingeriebenen Eiern aber nicht einmal
beginnt.